REZENSION
ART GALLERY
- Genre: Familien-/ Taktikspiel
- Jahr: 2023
- Verlag: Piatnik
- Autor: Francesco Frittelli
- Grafik: Fiore GmbH
- Spieler: 2 bis 6
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 45 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 6/10
Dürer, Da Vinci oder Degas?
Als Museumsführer planen wir eine möglichst harmonische Tour durch die Ausstellungsräume, um den Besuchern weltberühmte Gemälde zu zeigen. Im Shop können darüber hinaus kleine Andenken erworben werden, die uns zusätzliche Aufmerksamkeit bescheren, wenn sie zu den von uns gezeigten Gemälden passen. Doch welcher Tour-Guide sichert sich das Wissen über welches Gemälde?
REGELN
Puzzelt zunächst den Spielplan entsprechend eurer Spielerzahl zusammen. Legt jeweils eine zufällige der verdeckt gemischten Gemäldekarten auf jeden Gemäldeplatz. Stapelt zudem die Gemäldeplättchen in vier Stapel und legt sie in den Shop, wobei der Stapel neben Feld 1 am höchsten ist und der neben Feld 7 am niedrigsten. Stellt eure Spielfiguren auf die Bank im Shop. Nehmt euch eurer Spielermarker und außerdem ein Start-Set aus neun Aktionskarten mit den Werten von 0 bis 8. In jeder der gespielten Runden ist jeder viermal am Zug, denn pro Spielzug werden immer zwei der anfangs neun Karten ausgespielt.
Bist du am Zug, bestimmst du mit deiner offen ausgespielten Aktionskarte die Schritte, die du im Museum von Bank zu Bank (von Platz zu Platz) machst; die Bewegungsrichtung bestimmst du selbst, darfst aber nicht die Richtung während eines Zuges wechseln. Nun spielst du eine weitere Aktionskarte auf das entsprechende Feld neben der Bank, verdeckt, als Gebot. Lege einen Marker deiner Farbe auf das niedrigste freie Zahlenfeld an diesem Ort. Weitere Personen können ebenfalls Gebote am selben Ort abgeben, dann werden die Karten gestapelt. Die Spielerzugehörigkeit kann hinterher immer noch über die Marker festgestellt werden. Maximal sechs Marker können sich an einem Ort befinden, auch mehrere einer Farbe.
Nach jedem Spielzug ist der nächste Spieler dran. Das geht nun reihum so lange weiter, bis jeder nur noch eine Karte auf der Hand besitzt. Wer nun mit seiner letzten Karte den höchsten Kartenwert vorweisen kann, wird Startspieler, bei einem Gleichstand derjenige, der im Uhrzeigersinn am nächsten zum bisherigen Startspieler sitzt.
Jetzt kommt es zur Verteilung. Dreht zunächst den Stapel im Shop um. Anhand der eingesetzten Marker weiß jeder, welche Karte zu wem gehört. In dieser Reihenfolge wählt ihr nun ein oder zwei Gemäldeplättchen pro Marker aus, wobei innerhalb einer Auswahl keine zwei Plättchen vom selben Stapel gezogen werden dürfen. Beachtet dabei den Wert eurer Aktionskarte. Mit einer ausgespielten 4 lässt sich beispielsweise ein Plättchen vom Stapel mit der 1 und ein Plättchen vom Stapel mit der 3 nehmen (Summe 1+3= 4). Wer hingegen eine 5 ausgespielt hat, könnte ein Plättchen vom Stapel mit der 5 nehmen oder einen Aktionspunkt verfallen lassen und lieber ebenfalls je ein Plättchen von Stapel 1 und 3 nehmen. Die Plättchen werden vor jedem Spieler gesammelt.
Die Gemälde wertet ihr danach einzeln aus. Schaut, ob es Spieler gibt, die mehrere Karten an einen Ort gespielt haben. In diesem Fall werden die Kartenwerte addiert. Wer eine 0 ausgespielt hat, macht daraus eine 10, sofern an diesem Ort mindestens zwei eigene Karten platziert wurden. Wer nun den höchsten Kartenwert erzielt, erhält die Gemäldekarte und bildet daraus den Anfang der eigenen Auslage. Weitere Karten werden dann immer rechts angelegt.
Sowohl im Shop als auch bei den Gemälden gilt nach der Verteilung: Ausgehend vom Spieler mit dem Marker auf dem niedrigsten Zahlenfeld und dann aufsteigend, sucht sich jeder eine der dort ausgespielten Aktionskarten aus, die er auf die Hand nimmt. So ist es nicht vorgegeben, dass man seine eigene Karte zurücknimmt. Es stehen alle dort ausgespielten Karten zur Verfügung! Wurden alle Orte abgehandelt und alle Karten neu verteilt, besitzt nun jeder wieder neun Karten auf der Hand, allerdings nun nicht mehr zwingend gleichverteilt wie zum Spielbeginn, was die Werte angeht.
Am Rundenende deckt ihr neue Gemäldekarten auf, während die Spielfiguren an ihren Plätzen stehen bleiben. Der aktuelle Startspieler eröffnet die nächste Runde.
Das Spiel endet, wenn
- nicht mehr genügend Gemäldekarten zum Aufdecken verfügbar sind
oder
- 2 Stapel im Spiel zu zweit / zu dritt bzw. 3 Stapel im Spiel zu viert / zu fünft oder zu sechst im Shop aufgebraucht sind.
Nun kommt es zur Schlusswertung:
- Jede Gemäldekarte hat bis zu vier Werte bzgl. bestimmter Eigenschaften (z.B. Porträt, Landschaft etc.) am linken Rand aufgedruckt. Die eigene Kartensammlung wird nun auf die jeweils längste zusammenhängende Reihe jeder Symbolart (ohne Lücke) überprüft. Die addierten Werte liefern dann die Punkte für dieses Symbol.
- Jedes gekaufte Andenken im Shop (also jedes Gemäldeplättchen, das einen Ausschnitt eines der großen Gemälde zeigt) bringt 1 Punkt. Darauf werden 3 Punkte, wenn sich das passende Gemälde in der eigenen Sammlung befindet. Zur leichteren Übersicht sind Karten und Plättchen nummeriert.
- Die Werte der Handkarten nach der letzten Runde werden abgerundet durch 4 geteilt und liefern dann die entsprechenden Punkte.
- Der aktuelle Startspieler erhält noch 3 Bonus-Punkte.
Alle Punkte werden addiert, und wer die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- ein optischer Leckerbissen für Kunstliebhaber
- doppelte Kartenfunktion (bewegen und bieten) fordert taktische Entscheidungen
- zunehmende Asymmetrie in der Kartenverteilung
CONTRA
- Set-Collecting und Plättchen-Bingo wirken etwas beliebig
- "Wenn zwei sich streiten, ..."-Situationen
MEINUNG
Art Gallery versetzt mich spontan zurück in meine Abi-Zeit vor, ähm, *hüstel* Jahren, gefühlt war das gestern. In Jahrgangsstufe 13 war ich tatsächlich der Einzige im Kurs, der Kunst als schriftliches Fach gewählt hatte und dementsprechend in den Klausuren Bild-Analysen zu Papier bringen durfte. Damals wurde ich immer gefragt: „Warum?“ - und auch heute kann ich dazu noch sagen: „Weil es mir Spaß macht“. Ja, Art Gallery ist ein optischer Leckerbissen für alle Kunstliebhaber, denn die großen Gemäldekarten zeigen die berühmtesten Werke von vielen bekannten Künstlern, ob nun Botticellis „Geburt der Venus“, ob Munchs „Der Schrei“ oder Da Vincis „Mona Lisa“ - insgesamt 48 Abdrucke der Original-Gemälde warten im Spiel auf uns, und sie werden in der Anleitung auch mit kleinen Zusatz-Informationen bedacht. Da hat Art Gallery direkt einen Pluspunkt bei mir gesammelt.
Spielerisch bietet Art Gallery dann auch einen schönen Kniff, der in den Aktionskarten zu finden ist. Die muss man nämlich immer geschickt kombinieren, um an einen gewünschten Ort zu gelangen, aber auch, um noch ein erfolgsversprechendes Gebot abzugeben. Was zu dritt einfacher ist, da das Spielbrett dann kleiner ist, wird zu sechst schon schwieriger, da die Wege weiter sind und man entsprechend höhere Zahlen benötigt, um schnell von A nach B zu gelangen. Diese Idee, gepaart mit der anschließenden Auflösung und der zunehmenden Asymmetrie durchs Aufsammeln fremder Karten, ist taktischer Natur, wobei man sich schon auch dabei ertappt, lieber einen sicheren Ort anzusteuern, als sich irgendwo einzumischen, wenn an diesem Ort schon vier Marker liegen. Wer da zu viel will oder einfach Pech hat bei der Auswahl, der kann auch mehrfach leer ausgehen bei der Verteilung der Gemälde, was sich dann nicht so gut anfühlt.
Ja, überhaupt wirkt das thematisch aufgesetzte Set-Collecting etwas beliebig. Natürlich möchte ich gern zusammenhängende Symbolketten - am besten noch mit hohen Werten - in meine Sammlung bekommen, doch nicht immer liegen überhaupt dazu passende Karten aus. Und wenn, dann kann es sein, dass gleich mehrere Spieler interessiert sind an so einer Karte, die vielleicht einen Fortschritt in allen Reihen erlaubt. Da kann es dann auch zu „Wenn zwei sich streiten"-Situationen kommen, die dazu führen, dass man am Ende gar keine so gute Sammlung vor sich ausliegen hat. So ganz steuerbar ist das nicht immer. Nur so viel: Startspieler zu sein, ist auf jeden Fall ein nicht zu unterschätzender Vorteil, den man sich aber mehr oder weniger erspielen kann.
Die zusätzlich angebotenen Gemäldeplättchen im Shop wirken dann wie ein einfaches Lotteriespiel. Da ist nicht mehr viel an Taktik vorhanden. Eher sind es beliebige oder offensichtliche Entscheidungen. Liegt da gerade ein Plättchen, das zu einem Gemälde meiner Sammlung passt, nehme ich es. Liegt da kein passendes Plättchen, kann ich versuchen, destruktiv zu spielen, indem ich Mitspielern ein für sie passendes Plättchen wegschnappe, wobei es mit der Übersicht über die bereits gesammelten Gemälde, besonders in Vollbesetzung, nicht immer so gut bestellt ist. Meistens ist es dann eher ein Zocken ins Blaue.
Das Spiel lebt von schnellen Spielzügen. Achtet darauf, nie zu vergessen, einen eurer Marker an einem angesteuerten Ort zu platzieren. Da haben wir uns tatsächlich mehrfach ertappt, das im Eifer des Spiels zu vergessen, aber dafür kann das Spiel nichts. Art Gallery ist spielerisch dann schon eher ein Leichtgewicht, nichts für den anspruchsvollen Vielspieler, ganz kurzweilig, aber nicht immer komplett zu kontrollieren, 6 Punkte nur für den Spielablauf, aber eben mit dem Plus für alle Kunstfreunde. Wer sich - wie ich - an den Gemälden erfreuen kann, der wird meine Kultwertung von 7 Punkten sicher nachvollziehen können.
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 6/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 6/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 18.09.2023
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Piatnik
Weitere Fotos: Spielkultisten