REZENSION
DIE VERLORENEN RUINEN VON ARNAK
- Genre: Strategiespiel
- Jahr: 2020
- Verlag: CGE / HeidelBÄR Games
- Autoren: Elwen, Mín
- Grafik: Jiří Kůs, Ondřej Hrdina, Jakub Politzer, František Sedláček, Milan Vavroň
- Spieler: 1 bis 4
- Alter: ab 12 Jahren
- Dauer: 30 bis 120 Min.
- Schwierigkeitsgrad: schwer
- Taktiklevel: 7/10
Arnak bietet Archäologen so allerlei
Wir sind an unserem Ziel angekommen: Arnak, das Heim einer unentdeckten Zivilisation. Jetzt gilt es durch geschickten Einsatz unserer Handkarten, Aufbauen unseres Kartenstapels und Platzieren unserer gerade mal zwei Forscher die Ausgrabungsorte zu untersuchen, die Insel zu erforschen, unsere Ausrüstung zu erweitern, Artefakte einzusammeln und natürlich alles zu dokumentieren sowie zu publizieren.
REGELN
Besuchen Sie das wunderschöne Arnak! Entdecken Sie unbekannte Orte oder entspannen Sie im Camp. Es gibt viel zu entdecken und für den Aktivurlauber viel zu tun, besonders für Archäologen.
Bei den "verlorenen Ruinen von Arnak" handelt es sich um ein Spiel, bei dem wir unseren Kartenstapel erweitern und verwalten müssen, kombiniert mit Personaleinsatz (Worker-Placement) von gerade mal 2 Arbeitern. Interessanterweise steckt dabei weniger das Risiko im Kartenstapel als beim Personaleinsatz und dem, was in Arnak auf uns wartet.
Mir lag zur Besprechung die englische Version vor, also falls ich einen Begriff nicht so wie in der deutschen Übersetzung der Anleitung verwende, möge mir der werte Leser verzeihen.
Zum Aufbauen gibt es allerhand. Das Spielbrett zeigt Arnak mit Camp-Ausgrabungsorten, unentdeckten Ausgrabungsorten und einem verlorenen Tempel samt Forschungsleiste. Je nach gewählter Seite endet die Forschungsleiste mit dem Phönix- oder Schlangentempel. Die Steintafeln, Pfeilspitzen, Edelsteine, Münzen und Kompasse werden bereit gelegt. Einiges Material wird in verdeckten gemischten Stapeln bereit gelegt: Ausrüstungskarten, Artefaktkarten, Ortsplättchen, Wächterplättchen und Assistenten. Die unentdeckten Orte werden mit Idolen versehen, wobei die weit entfernten Orte sogar zwei bekommen.
Die Spieler bekommen ein Tableau, zwei Arbeiter ihrer Farbe, ihre Startkarten (zwei Kompasskarten, zwei Geldkarten, zwei Furchtkarten) und ein paar Kompasse oder Münzen als Startguthaben abhängig von der Spielerposition.
Und schon geht es los. In 5 Runden versuchen wir die meisten Punkte zu holen, indem wir ganz viele verschiedene Sachen machen werden ...
Erleben Sie das ungezähmte Arnak! Selbst direkt am Camp finden Sie außergewöhnliche Ruinen mit beeindruckenden Fundstücken oder nutzen Sie gegen einen kleinen Aufpreis unsere Ausrüstung, um die Insel zu erkunden. Bitte halten Sie sich von der lokalen Fauna fern.
In seinem Zug führt der Spieler eine Hauptaktion aus und so viele Nebenaktionen, wie er mag. Nebenaktionen sind meist dafür da, die Rohstoffe zu besorgen, die der Spieler für seine Hauptaktion benötigt. Alles, was ein Blitzsymbol trägt, ist eine Nebenaktion. Dies gilt für viele Karten, die Assistenten, welche später erworben werden können, und einige andere Dinge.
Eine wichtige Hauptaktion ist das Platzieren eines Forschers. Jeder Ort in Arnak zeigt bestimmte Reisesymbole, die beim Platzieren bezahlt werden müssen. Dieser Ort muss obendrein noch unbesetzt sein. Die Symbole können meist durch das Legen von Handkarten bezahlt werden, aber es gibt auch ein paar anderen Wege. Flugzeuge sind zum Beispiel Joker und können jedes andere Symbol ersetzen. Praktischerweise sitzen scheinbar auf Arnak jede Menge Piloten, die uns für kleines Geld ihr Flugzeug zur Verfügung stellen. Stiefel-Symbole können mit jedem anderen Reisesymbol bezahlt werden.
Nutzen Sie den bequemen Luft-Taxi Service der Arnak-Aviatoren für nur einen geringen Aufpreis.
Orte schütten dann die dort gezeigten Rohstoffe aus. Während die Orte im Camp schon bekannt sind und fußläufig zu erreichen sind, so sind die anderen Orte unentdeckt und verlangen Schiffe, Jeeps oder sogar Flugzeuge. Wer sich an einen unentdeckten Ort begibt, muss zusätzlich drei oder sechs Kompasse abgeben. Er kassiert die Idole (3 Punkte pro Stück), die an diesem Ort liegen ein. Dann wird ein zufälliger Ort aufgedeckt und an dem Platz des Forschers platziert. Der Spieler bekommt dann auch direkt die Belohnung des Ortes, in der Regel wieder irgendwelche Rohstoffe.
Leider wird der Ort auch mit einem Wächter belegt. Diese monströsen Tiere bewachen den Ort, bis sie gezähmt werden. Dies ist eine andere Hauptaktion. In seinem Zug kann ein Spieler die Rohstoffe abgeben, die auf dem Wächter zu sehen sind, aber nur, wenn der Wächter neben einem eigenen Abenteurer steht. So kassiert er den Wächter ein. Dieser bietet einen einmaligen Vorteil und ist 5 Punkte wert.
Erleben Sie die faszinierenden Wächter! Jedes Tier ist eine Sensation, und wer es richtig macht, kann ihr Vertrauen gewinnen. Aufgrund möglicher Misserfolge bei der Zähmung raten wir Gästen zu guten Laufschuhen.
Eine andere Hauptaktion ist das Kaufen einer Ausrüstungs- oder Artefaktkarte. Die Ausrüstungskarten kosten Geld und werden unter den eigenen Zugstapel gelegt. Artefaktkarten kosten Kompasse, werden direkt ausgespielt, und der Spieler führt den beschrieben Effekt aus. Karten haben verschiedene Effekte, die darauf beschrieben sind. Viele Karten generieren mehr Rohstoffe und haben Reisesymbole, andere haben ganz individuelle Effekte.
Beruf ist für den Wissenschaftler auch Berufung. Dies ist uns in Arnak klar und so bieten wir annehmliche Home-Office-, oder besser Expedition-Office-Möglichkeiten, die Ihnen erlauben, Ihre Dokumentation entspannt vorzunehmen. Vergessen Sie aber nicht ihr Notizbuch, Schreibutensilien, Nachschlagewerke, Schreibunterlage und Sitzgelegenheit.
Als weitere Hauptaktion können die Spieler auf der Forschungsleiste voranschreiten. Auf der Leiste wird angegeben, wie viele und welche Rohstoffe der nächste Schritt kostet. Der Spieler bezahlt diese und setzt seine Lupe voran. Dies bringt einen Bonus, der für den ersten auf diesem Feld etwas höher ausfällt. Der Lupe folgt das Buch, dieses kann alternativ zur Lupe bewegt werden, darf aber die Lupe nicht überholen.
Die letzte Hauptaktion ist ganz trivial das Ausspielen einer Karte, die kein Nebenaktionssymbol zeigt. Die Karte wird abgehandelt und bleibt vorm Spieler liegen.
Die Spieler spielen reihum Züge mit einer Hauptaktion. Wer keine Hauptaktion mehr spielen kann oder will, darf die restlichen Handkarten abwerfen und passen. Haben alle gepasst, so endet die Runde. Jeder Spieler holt seine Abenteurer vom Spielplan zurück. Steht ein Abenteurer bei einem Wächter, bekommt der Spieler eine Furchtkarte (-1 Punkt). Die Spieler nehmen alle gespielten bzw. abgelegten Karten, mischen diese und legen sie unter den eigenen Ziehstapel. Sie ziehen wieder auf 5 Karten auf. Das Artefakt und die Ausrüstung direkt neben dem Stab werden abgeworfen. Der Rundenzähler (Mondstab) wird ein Feld weiter bewegt, alle Felder vor dem Stab werden mit Artefakten aufgefüllt und alle dahinter mit Ausrüstungen, sodass mit jeder Runde weniger Ausrüstung und mehr Artefakte zur Auswahl stehen.
Nach der fünften Runde ist das Spiel vorbei und die Spieler erhalten Punkte für die Position des Buchs und der Lupe auf der Forschungsleiste, die Punkte auf Ausrüstungs- sowie Artefaktkarten, die Punkte auf gesammelten Idolen, gezähmten Wächtern und für nicht eingesetzte Idol-Nebenaktionen. Der Archäologe mit den meisten Punkten gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- Strategie und Zufall in Harmonie
- Deckbau
- Personaleinsatz
- wertig und sieht super aus
CONTRA
- kann sich unfair anfühlen
- niemals Forschung vergessen!
- fade mit Feiglingen
MEINUNG
Meine Schwester hat Archäologie studiert, was mich überhaupt nicht zu irgendwas Archäologischen qualifiziert, trotzdem erinnere ich mich an einen Tag, an dem sie erzählte, dass sie 3 Münzen in einem Römerlager gefunden hätten, wo sie sonst froh sind, wenn überhaupt irgendetwas in zwei Wochen gefunden wird ... Da wird deutlich: Das Leben der Archäologen ist doch recht mühsam und überhaupt gar nicht so wie in den "Indiana Jones"- Filmen. Jetzt verstehen wir gleich, warum eine Insel voller archäologischer Wunder einer unentdeckten Zivilisation der Traum jedes Archäologen ist. Eine Insel in internationalen Gewässern ohne menschliche Bewohner hätte auch den Vorteil, dass es keine Diskussion gibt, wem die Fundstücke denn nun gehören. Somit wirkt Arnak wie eine Wunderwelt.
Auch spielerisch werden hier Wunder versprochen. Deckbau, der ja den Zufall eingebaut hat, soll mit Personaleinsatz (Worker Placement) kombiniert werden, das meist eher Planung verlangt, gerade bei nur zwei Arbeitern. Interessanterweise dreht "Arnak" hier den Spieß um. Durch die Art, wie neue Karten ins Spiel kommen, kann der Spieler sehr gut kontrollieren, wie stark er sich aufs Glück verlässt. Es können wenig oder viele Karten gekauft werden. Die Karten mit ihren individuellen Fähigkeiten können aber den Spielstil der Partie stark beeinflussen. Wer günstig die Insel erkunden kann, wird vielleicht den einen oder anderen Wächter ignorieren und den Minuspunkt in Kauf nehmen, aber dafür fleißig Idole sammeln. Wer Wächter leicht durch einen Revolver überwindet, der wird wenig Angst vorm Betreten neuer Orte haben. Andere haben vielleicht Wege, mehr aus platzierten Abenteurern zu holen oder unerforschte Orte zu nutzen usw.
So schaffen die Karten Abwechslung. Aber Vorsicht, denn so oft sieht man seine Karten nicht. Drei- bis viermal sieht man die Karten, die man am Anfang des Spiels kauft, wenn man sich beim Kaufen nicht zu weit aus dem Fenster lehnt. Geschickt ist deswegen, dass es gegen Ende des Spiels immer mehr Auswahl an Artefakten gibt, denn diese werden beim Kauf direkt einmal ausgelöst. Außerdem sind Karten auch eine Quelle für Punkte.
Einen wichtigen Teil der Punkte gibt es auf der Forschungsleiste. Schließlich gilt für Wissenschaftler heutzutage "Publish or perish" (etwa: "Veröffentliche oder verrecke"); da ist ordentliches Studium und Dokumentation wichtig. Diese komplett zu vernachlässigen wird sich vermutlich bald rächen. Wenn dann noch jemand dort alleine vorprescht und die Boni für das erste Betreten des Feldes bekommt, sieht es schon gut für diesen Spieler aus.
Ist es möglich, ohne die Forschungsleiste zu gewinnen? Ich glaube kaum; vielleicht mit sehr vielen Kompassen, um richtig viel zu erforschen und Artefakte zu kaufen, aber es wird schwierig, denn zum einen gibt die Forschungsleiste Assistenten, welche jede Runde Einkommen oder andere Effekte bringen, und meist ist sie der effizienteste Weg überzählige Rohstoffe in Punkte umzuwandeln.
Ist jetzt ein Fokus auf die Forschungsleiste der Königsweg? Nein, das ist er nicht. Nach ein paar Spielen wurde deutlich, dass das Spiel aus gutem Grund nicht die "Schreibstuben von Arnak", sondern eben "die verlorenen Ruinen von Arnak" heißt. Das Erforschen von Arnaks unentdeckten Orten ist der Schlüssel. Hier gibt es den größeren Anteil der Punkte. Die Gewinner meiner Partien haben sowohl Idole und Wächter durchs Erkunden gesammelt, als auch die Forschungsleiste nach oben getrieben. Eure Entdeckungen sollten eure Forschung finanzieren.
Das Erkunden hat ein deutliches Glückselement. Der neue Ort ist vorher unbekannt und der Wächter ebenfalls. Manchmal bringt der neue Ort direkt die Rohstoffe für den Wächter, was effektiv 8 bis 11 Punkte bedeutet. Manchmal passiert dies eben nicht, aber ist das so schlimm? Meist findet sich ein Weg, die benötigten Rohstoffe aufzutreiben - oder man muss wirklich eine Furchtkarte nehmen, das ist ein Minuspunkt. Für ein Spiel seines Ausmaßes ist "Arnak" angenehm kurz. Mit 2 Spielern kann man in einer Stunde fertig sein und sonst meist in unter 2 Stunden … nur - Corona geschuldet - auf der Online-Plattform Tabletopia brauchte ich eher so 4 Stunden. Mittlerweile halte ich das nicht für repräsentativ, obwohl "Arnak" sicherlich auch Analyse-Paralyse zulässt. "Arnak" sollte deswegen eher nicht mit Grüblern oder Hasenfüßen gespielt werden. "Arnak" zeigt meines Erachtens erst richtig, was es kann, wenn die Spieler die Insel entdecken und den Spielplan mit mehr Orten füllen. Dann bietet der Besuch von Orten mehr Rohstoffe und jedes Reisesymbol ist wichtig. Damit Fortuna mit den Kundschaftern auf Arnak nicht einfach machen kann was sie will, bieten die Orte meist einfach nur verschiedene Rohstoffe und spiegeln nicht die Varianz, die die Artefakte und Ausrüstung zeigen; dies macht das Aufdecken etwas weniger aufregend.
Obwohl manchmal die Mechanik ein bisschen durchscheint und es sich zeigt, dass doch wieder nur Rohstoffe geholt und in Punkte umgetauscht werden, so ist "Arnak" sehr thematisch. So darf auf der Forschungsleiste das Buch die Lupe nicht überholen, weil ich erst etwas entdecken muss, bevor ich es dokumentieren kann. Wer die Insel erforschen will, braucht Kompasse, also Kenntnis von der Insel. Ausrüstung kostet Geld. Die Rohstoffe sind Steintafeln, Pfeilspitzen und Juwelen. Wer rausgeht, um eine neue Ruine zu entdecken der weiß nicht, was er finden wird.
Und dabei ist alles so hübsch anzusehen, mit verständlichen Symbolen versehen und recht wertig. Die Wächter sind oft monströse Kombinationen aus anderen Tieren, wie ein Wildschwein und Nilpferd. Die Orte haben oft Illustrationen, die zu den Eigenschaften passen. So gibt es eine Furchtkarte mit Skeletten. Auch die Landschaft auf der Karte sieht toll aus, ebenso das Spielertableau. Das Spielbrett ist außerdem doppelseitig bedruckt, sodass es noch mehr Abwechslung gibt. Der Phönixtempel auf der einen Seite wird für die ersten Spiele empfohlen, und der Schlangentempel auf der Rückseite macht die Forschungsleiste etwas schwieriger zu erklimmen und das Erkunden ein bisschen anders durch gemischte Reisesymbole. Hier gibt es also nochmal ein bisschen Abwechslung obendrauf.
Fazit: "Die verlorenen Ruinen von Arnak" nutzt Elemente des Personaleinsatzes und des Deckbaus, um diese Mechanismen interessant und neu zu kombinieren. Es handelt sich nicht um den Deckbau, bei dem alle Handkarten einfach so runter gespielt werden, sondern hier wird geplant, aber beim Personaleinsatz sollten die Spieler beherzt den Weg ins Ungewisse einschlagen. Das tolle Material bietet dabei ein wirklich rundes Spielerlebnis.
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 8/10
EUER REZENSENT
LUTZ
Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast
Eine Rezension vom 29.01.2021
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: CGE / HeidelBÄR Games
Weitere Fotos: Spielkultisten