REZENSION

ANUNNAKI

  • Genre: Strategiespiel
  • Jahr: 2023
  • Verlag: Cranio Creations
  • Autoren: Simone Luciani, Danilo Sabia
  • Grafik: Paolo Vicenzi, Jara Zambrano
  • Spieler: 1 bis 4
  • Alter: ab 13 Jahren
  • Dauer: ca. 90 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: hoch
  • Taktiklevel: 9/10

Göttliche Astronauten

Wähle deine Aktionen mit Bedacht, um in diesem 4X-Euro-Crossover Planeten zu bereisen und verschiedene Götter zu beschwören. Egal ob ägyptisch, babylonisch, griechisch oder nordisch - alle göttlichen Familien wollen ihren Planeten verlassen und auf Leisten nach vorne wandern.

Hinweis: Zum Test stand uns die englischsprachige Version des Spiels zur Verfügung. Unter dem Titel Anunnaki - Götterdämmerung ist das Spiel auch in deutscher Sprache erhältlich.


REGELN

In Anunnaki versucht ihr die wichtigsten Regionen mit den meisten Rohstoffen einzunehmen, bevor die Konkurrenz dies tut. Rohstoffe könnt ihr nutzen, um Handelsverträge zu erfüllen, Siedlungen zu bauen, oder ihr baut damit Waffen und holt euch die Regionen der anderen Götter. Punkte gibt es für gewonnene Kämpfe, erfüllte Verträge, bestimmte Götter, aber besonders für euren Fortschritt auf der Kampf-, Handels-, Technologie- und Dominanzleiste.

Ihr seid immer reihum am Zug, bis jemand alle seine Aktionssteine platziert hat oder jemand das Ende der Kampf-, Technologie- oder Handelsleiste erreicht hat.

In deinem Zug durchläufst du 5 Phasen.
In der ersten Phase bewegst du deine Spielfigur auf dem Pentagramm deines Tableaus. Die Figur muss auf eine andere Aktion gestellt werden. Sind deine alte und dein neue Aktion benachbart, so legst du einen Aktionswürfel auf die Verbindung der zwei Aktionen. Dies kann dir Mana bringen und später vielleicht Götter.

Die gewählte Aktion führst du dann durch. Dabei gibt es Aktionen zum Bewegen der Anhänger und Götter auf dem Spielplan. Der Spielplan besteht aus einem Heimatplaneten für jede teilnehmende Götterfamilie und dem Planeten Gaia. Es gibt Bewegungen auf und zwischen den Planeten. Dann gibt es die Möglichkeit, Felder mit Rohstoffe abzuernten. Dabei werden die Rohstoffe auf einem Feld immer weniger. Es gibt eine Aktion, die neue Anhänger auf den Spielplan bringt. Die Anzahl der Anhänger hängt von den gebauten Siedlungen ab. Handelsverträge werden auch mit einer Aktion genommen. Die dafür benötigten Rohstoffe können nicht nur durch ernten, sondern auch durch eine Aktion erschaffen oder ertauscht werden. Auch für den Fortschritt auf der Dominanzleiste gibt es eine Aktion.

Nach der Hauptaktion kannst du eine Mana-Aktion ausführen. Diese kostet immer Manakristalle. Damit kannst du Aktionen aus der Hauptaktionsphase kopieren, oder, wenn du noch ein paar Rohstoffe drauf legst, Siedlungen, Anhänger, Waffen oder Aktionsverbesserungen kaufen. Letztere bringt dir auch Fortschritt auf der Technologie-Leiste.

Im nächsten Schritt kannst du einen Gott beschwören und oder einen Handelsvertrag erfüllen. Letzterer verlangt das Bezahlen bestimmter Rohstoffe. Dafür bekommst du andere Rohstoffe oder Aktionen und sowohl Punkte als auch Fortschritt auf der Handelsleiste. illst du einen Gott beschwören, dann brauchst du ein Götterplättchen, das von Aktionswürfeln umschlossen ist. Für einen niederen Gott reichen dabei drei Würfel, aber der Hauptgott braucht fünf Würfel. Wähle einen Gott und ersetze einen deinen Anhänger durch die Miniatur des Gottes. Niedere Götter bringen unterschiedliche Effekte, die sofort einmalig, permanent oder nur am Spielende aktiv sind. Aber niedere Götter haben eine Stärke von 2, während Anhänger nur eine Stärke von 1 haben. Und jeder beschworene niedere Gott bringt einen Fortschritt auf einer der Leisten. Dein Hauptgott verbessert immer die Fähigkeit, die er dir eh schon gegeben hat und bringt Fortschritt auf jeder Leiste. Außerdem hat der Hauptgott eine Stärke von 3.

Sollten sich jetzt Einheiten verschiedener Farben oder du und ein Zivilisationsplättchen auf demselben Territorium befinden, dann muss gekämpft werden. Wenn du angreifst, musst du eine Waffe gebaut haben. Du wählst eine gebaute Waffenkarte verdeckt aus. Dein Gegenüber macht das ebenfalls. Nach dem Aufdecken der Waffenkarte wird die Stärke der Einheiten auf dem Feld und der Waffenkarte addiert, vielleicht hat die Waffenkarte noch weitere Effekte. Beim Gegenüber passiert das gleiche. Ist dein Gegenüber ein Zivilisationsplättchen, so wird dieses einfach aufgedeckt. 

Hast du gleichviel oder mehr Stärke, gewinnst du den Kampf. Jetzt erhältst du die Belohnung deiner Waffe und ggf. von dem Zivilisationsplättchen. Hast du gegen jemand anderen gekämpft, dann müssen alle gegnerischen Einheiten zurück zu ihrer Hauptstadt. Die Waffenkarten werden wieder abgegeben.

Als letztes in deinem Zug schaust du, ob ein Kulturplättchen auf allen drei Seiten besetzte Gebiete besitzt. Sollte dies der Fall sein, bekommt jeder, der an das Kulturplättchen angrenzt, egal wie oft, einmal die darauf sichtbare Belohnung. 

Es gibt auf dem Planeten Gaia, der keiner Spielerfarbe zugeordnet ist, noch Atlantis-Felder. Diese sind etwas schwerer zugänglich, aber bieten bei Eroberung ein einzigartiges Artefakt mit starkem Bonus als Belohnung.

So wird gespielt, bis du oder jemand anderes alle Aktionswürfel verbraucht hat oder das letzte Feld einer der Leisten für Handel, Kampf oder Technologie erreicht hat. Ihr beendet die Runde, und dann wird ausgewertet. Nun gibt es Punkte. Technologie-, Handels- und Kampfleiste haben eine Bedingung, die dir Punkte bringt, z.B. Anzahl besetzter Schreine oder für je 3 Einheiten. Dieser Wert wird mit dem Multiplikator verrechnet, den du auf dieser Leiste überschritten hast. Die Dominanzleiste gibt einfach die darauf sichtbaren Punkte und Götterkarten geben die Punkte, die in ihrem Kartentext beschrieben sind, z.B. 2 Punkte pro besetztem Feld, das Gold produziert. Dann gibt es noch ein paar Trostpunkte für je 5 Rohstoffe. Wer jetzt die meisten Punkte besitzt, ist der beste Astronaut unter den Göttern.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • 4X mit interessanter Aktionswahl
  • Asymmetrie


CONTRA

  • viele Regeln

MEINUNG

Seit Blood Rage oder wahrscheinlich sogar seit Chaos in der alten Welt versuchen Autoren Mechanismen im Stil des europäisches Spieledesigns mit Aspekten der nordamerikanischen Schule zu vereinen. Da kommen dann Dungeon Crawler mit strategischer Aktionswahl (Gloomhaven) oder auch 4X-Spiele mit weniger zufälligen Elemente bei heraus. Anunnaki ist so ein 4X-Spiel, wobei die 4X fürs Erforschen (Explore), Ausdehnen (Expand), Ausbeuten (Exploit) und Auslöschen (Exterminate) stehen. Klassische Vertreter dieses Genres sind Civilization oder Twillight Imperium.

In Anunnaki spielen wir weltraumfahrende Götter, und das passt zum Namen des Spiels. Die Anunnaki sind Götter aus dem mesopotamischen Schöpfungsmythos, aber auch Gegenstand vieler Pseudowissenschaften bzw. Phantastereien. Diese Götter sollen prähistorische Astronauten gewesen sein, die die Menschen als Sklaven erschaffen haben, obwohl es auch die These gibt, dass es Reptilien-Vampire sind, die noch unter uns leben … Leute, ich denke mir diesen Kram nicht aus, das steht so bei Wikipedia!

Wie auch immer ... Im Spiel sitzen wir jetzt auf unserem Planeten mit unserer Götterfamilie und wollen andere Planeten besuchen, da es dort mehr Rohstoffe gibt. Besonders attraktiv finden wir Gaia, die Erde, wo Atlantis uns mit seinen Artefakten lockt. Die Rohstoffe brauchen wir, um Aktionen durchzuführen, die uns auf einer von vier Leisten nach vorne bringt, was uns viele Punkte beschert. Und jetzt gibt es hier schon viel Spannendes auszupacken.

Die Aktionen sind auf meinem Tableau verteilt. Bewege ich mich zu einer benachbarten Aktion, und ich habe diese Verbindung noch nicht benutzt, wird die Verbindung markiert. Dafür bekomme ich Mana, das essentiell für viele Aktionen ist, und ich kann später Götter beschwören.

Ich kann auch einfach irgendeine Aktion machen, aber meist versuche ich so zu planen, dass meine Aktionen mir auch etwas bringen und ich eben Götter beschwören kann. Die Planung der Aktionen und die Reaktion auf neue Gegebenheiten sind eine interessante Optimierungsaufgabe. Jedes Mal, wenn ich doch einfach irgendwohin springe, riskiere ich weniger Götter als die Konkurrenz zu beschwören.

Die beschworenen Götter können wichtig für den Spielverlauf oder die Endwertung sein. Dabei variiert der Einfluss der verschiedenen Götter. Es gibt Götter, deren Eigenschaften sich ändern, wie ich spiele, aber es gibt viele, die sich nicht so wichtig anfühlen. Hier hätte ich es cool gefunden, wenn jeder beschworene Gott viel weitreichender in das Spiel eingreift. Schließlich beschwöre ich hier Wesen, die sich als Götter bezeichnen.

Die Asymmetrie der Götterfamilien regte mich dazu an, jede Familie auszuprobieren, denn schon bei Spielbeginn verleiht der Hauptgott eine individuelle Fähigkeit. Vier von sieben niederen Göttern spielen pro Familie pro Partie mit. In meinen Testpartien beschlich uns dabei das Gefühl, dass verschiedene Fähigkeiten nicht so stark wie andere sind, bzw. deren Potential nicht so einfach zu verstehen ist wie bei anderen.

Natürlich müssen wir in Anunnaki Punkte jagen. Die meisten Punkte kommen von der Endwertung basierend auf vier Leisten. Jede Leiste ist mit einer bestimmten Aktion assoziiert, um auf ihr voranzuschreiten. Wer Handelsabkommen erfüllt, schreitet beim Handel voran, und wer kämpft, auf der Kriegsleiste. Allerdings bringt die Leiste nur einen Multiplikator für eine bestimmte Bedingung, z.B. für jede Siedlung gibt es Punkte je nach Fortschritt auf der Technologieleiste. Dabei werden die Bedingungen zufällig verteilt, sodass diese meistens nicht zu Leiste passen.

Da Kämpfe viel Vorbereitung erfordern (Metall sammeln, Mana sammeln, Waffe schmieden, bewegen, kämpfen) und dabei potentiell auch verloren werden können, sind andere Methoden, wie Handelsverträge erfüllen, meist beliebter. Wer also auf ein sehr konfrontatives Spiel hofft, dem würde ich Anunnaki nicht empfehlen. Wer sehen will, wie Götter sich ordentlich einen drauf geben, der sollte sich besser Kemet (von Matagot) ansehen.

Die Wertung der Leisten mit den Aktionen auf dem Tableau in Einklang zu bringen, ist dabei nicht immer leicht, weswegen es immer mal wieder Wartezeiten gibt, was leider dazu führt, dass ich die versprochenen 90 Minuten Spielzeit, welche auf der Schachtel zu finden sind, bisher nur im Spiel zu zweit geschafft habe, sonst waren es immer eher so 180 Minuten. Ich bin aber recht überzeugt davon, dass erfahrene Spieler es durchaus schaffen können, Anunnaki in 90 Minuten zu spielen, allerdings nur, wenn der Aufbau oder eine Regelerklärung nicht mit einberechnet werden. Annunaki hat viel Material und viele Regeln für die verschiedenen Aktionen. Die Regeln sind recht logisch, und das Spiel selber ist nicht zu komplex, aber beim Erklären wirkt es sehr umfangreich. So umfangreich ist auch die Fläche, die Anunnaki beansprucht. Ihr solltet schon einen großen Tisch haben.

Bei einer Runde Anunnaki habe ich Spaß am Planen, und ich plane, wie ich meine Fähigkeiten am besten nutze, die passende Götter beschwöre und Fortschritt mache. Manchmal plane ich auch Konflikte, aber in großen Teilen fühlt sich Anunnaki weniger abenteuerlich an. Obwohl ein Kampf möglich ist, ist dieser meist erst gegen Ende des Spiels relevant und nicht sehr häufig. Somit ist das Spiel am Anfang hauptsächlich von indirekter Interaktion geprägt, indem ich anderen Götterfamilien unbesetzte Gebiete wegschnappe.

KULTFAKTOR: 7/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 6/10

EUER REZENSENT

LUTZ

Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast

Eine Rezension vom 01.09.2024

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Cranio Creations
Weitere Fotos: Spielkultisten