REZENSION

ALMA MATER

  • Genre: Strategiespiel
  • Jahr: 2020
  • Verlag: Eggertspiele / Plan B Games / im Vetrieb von Asmodee
  • Autoren: Acchittocca, Flaminia Brasini, Virginio Gigli, Stefano Luperto, Antonio Tinto
  • Grafik: Chris Quilliams
  • Spieler: 2 bis 4
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: ca. 90 bis 150 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: mittel bis schwer
  • Taktiklevel: 8/10

Buntes Campus-Leben im 15. Jahrhundert

In diesem Strategiespiel für zwei bis vier Kennerspieler, die den Ruhm ihres eigenen Lehrinstitutes immer weiter mehren wollen, werden Professoren angeheuert, Studenten klug verwaltet und mit Büchern gehandelt. Welche Universität verschafft sich das größte Ansehen?

REGELN

Zunächst wird der Spielplan errichtet. Auf ihm finden die Forschungskarten, die Studentenplättchen, die Professoren, die Ruhmesplättchen, Büsten, Rektoren sowie Runden- und Phasenmarker einen Platz. Jeder Spieler nimmt sich ein eigenes Universitätstableau und die Materialien der eigenen Farbe (7 Bücherregale, 4 Magister). Die Marker für die Wertungsleisten werden auf die jeweiligen 0-Felder platziert. Die Gründungskarten bleiben als verdeckter Stapel neben dem Spielplan, ebenso verschiedene weitere Spielteile (Münzen, Lexika, Lehrbücher, Tutoren, Preisplättchen, Magister). Das Spiel verläuft in mehreren Runden und Phasen. 


In der Gründungsphase werden die Grundlagen zum Spiel geschaffen:

  • Gründungskarten. Je vier Karten werden für jeden teilnehmenden Spieler verdeckt gezogen. Per Drafting werden diese Karten nun verteilt: anschauen – eine wählen – weitergeben. Am Ende dieser Phase besitzen alle Spieler vier Karten, von denen sie drei behalten und eine ablegen. Dann werden alle Karten gleichzeitig aufgedeckt und die weißen Zahlen in den Ecken jeweils addiert. Der Spieler mit der niedrigsten Punktezahl stellt seine Scheibe auf den ersten Platz der Spielerreihenfolge usw. 
  • Rektorenkarten: In der eben ermittelten Spielerreihenfolge wählt jeder jetzt einen Rektor vom Spielplan. 
  • Bibliothek: Sechs Bücherregale werden mit der bunten Seite nach oben in die Bibliothek gelegt. Das siebte Regal kommt auf das Feld auf der rechten Seite und gilt im Spielverlauf als Verkaufsregal für die anderen Spieler. Leere Regalfächer können nachgefüllt werden.
  • Nun werden noch die Startressourcen aufgeteilt, die auf den Gründungskarten ersichtlich sind: Vorteile auf den Leisten, neue Bücher, Münzen usw. Diese Karten werden ab jetzt nicht mehr gebraucht.


Hier lohnen sich nun noch ein paar allgemeine Vorab-Infos:

  • Der Buchvorrat gilt als unbegrenzt.
  • Das eigene Buchlager ist begrenzt. Alle Bücher anderer Spielerfarben gehören zunächst ins Lager. Bücher der eigenen Farbe dürfen direkt in der Bibliothek platziert werden oder im Lager. 
  • Mit gelben Lexika können Professoren oder die besten Studenten angeworben werden. 
  • Bücher in der eigenen Bibliothek gelten als verkaufbare Ware. Sie bringen beim Verkauf Geld und die Anzahl an Siegpunkten, die auf dem Regalfach ersichtlich ist. Am Ende der Runde noch übrige Bücher werden in der Einkommensphase wichtig.
  • Werden Bücher mit Stern, also eigene Bücher, in die Bibliothek sortiert, werden die Fächer immer von rechts nach links belegt.
  • Man sollte auf Prestige und Forschung achten. Erhält man Forschungsschritte, können diese nicht aufbewahrt werden. Sie sollten also im eigenen Zug verbraucht werden usw.


Ist die Gründungsphase vollendet, verläuft das Spiel über 6 Runden à 3 Phasen:

(1) Aktionsphase

  • Hier werden entweder Magister auf ein Aktionsfeld eingesetzt oder eine Vorlesung gehalten. 
  • Ist ein Feld bereits von einem anderen Magister besetzt, müssen entsprechend mehr Magister eingesetzt werden, um die Aktion ausführen zu können. Weitere Magister kann man erhalten, indem man in der Ruhmeshalle die Anforderungen des Ruhmesplättchens erfüllt, indem man mindestens 15 Prestige-Punkte erreicht oder einen Studenten in einen Hörsaal des Campus' setzt.
  • Um eine Vorlesung zu halten, muss ein Buch gezahlt werden, damit der Effekt eines Professors (vor den Spielern liegende Karten) ausgelöst wird. Hat ein Professor eine Vorlesung gehalten, erschöpft er sich. Seine Karte wird dann um 90 Grad gedreht und steht erst wieder in der nächsten Runde zur Verfügung.


Folgende Aktionsfelder gibt es im Spiel für den Magister-Einsatz:

  • Campus: Im Campus kann man Studenten erwerben. Sie bringen Vorteile im Spiel mit, teilweise auch Sofortboni oder Endwertungsboni. Der Campus ist in Spalten und Reihen gerastert. Jede Reihe ist mit einem Magister-Einsatzfeld markiert. Für den Erwerb eines Studenten gilt die ganze Reihe als erwerbbar. In den Spaltenköpfen ist der Preis sichtbar. Hier wird generell mit eigenen und fremden Büchern (auch Lexika) bezahlt. Eigene Bücher kann man auf dem eigenen Tableau (Start-Student) per Magister-Einsatz erwerben. Fremde Bücher erwirbt man entweder im Antiquariat oder beim gegnerischen Spieler – je nach Aktionsfeld.
  • Akademie: In der Akademie kann man Professoren erwerben. Sie kosten für den ersten erwerbenden Spieler die entsprechende Anzahl an Büchern und Geld. Jeder weitere Käufer zahlt genau die Bücher, die der Vorgänger auch bezahlt hat, ohne Geld. Professoren bringen Boni während des Spiels und Siegpunkte in der Endwertung. Sie können statt eines Magisters aktiviert werden (Vorlesung halten) und kosten jeweils ein Buch für ihren Einsatz. 
  • Im Antiquariat kann man Bücher und Lexika aus dem Vorrat kaufen für 3 bis 9 Geld.
  • Im Labor kann man Forschung betreiben. Ein grüner Schritt auf der Forschungsleiste (Karten-Leiste) kostet nichts. Für den schwarzen Forschungsring darf der Spieler bis zu 3 Schritte machen, die er aber, je Aufstiegsfeld, bezahlen muss. Die Kosten können Minuspunkte, Geld, Grundvoraussetzungen (z.B. drei Studenten im eigenen Hörsaal) usw. beinhalten.
  • Im Park kann man direkt Siegpunkte kaufen.
  • Im Bischofssitz gibt es Geld je eingesetzter Magisteranzahl. Die Anzahl und Reihenfolge der eingesetzten Magister bestimmt dann die Spielerreihenfolge.
  • Im Kolloquium sind Bücher von Mitspielern aus deren Regal zu erwerben. Es wird von rechts nach links gekauft. Jedes Buch kostet so viel, wie die Zahl darüber anzeigt (2 bis 4 Geld). Das Geld erhält der Verkäufer direkt. Auch ein Lexikon kann dort gekauft werden.
  • Das letzte Aktionsfeld ist die Ruhmeshalle. Hier können Büsten erworben werden. Der Preis wird vor dem Spiel verdeckt durch die platzierten Ruhmeskärtchen ausgelost. Hat ein Spieler alle Voraussetzungen für eine der Rektorenkarten erfüllt, erhält er die entsprechende darunter liegende Büstenkarte und kann deren Vorteil ab jetzt nutzen. Es muss keine Reihenfolge eingehalten werden, und die Voraussetzungen müssen auch nur für diesen Moment erfüllt sein.


Haben alle Spieler diese Phase in Spielerreihenfolge beendet, folgt die:

(2) Verwaltungsphase

Hier werden nacheinander verschiedene Abläufe abgehandelt:

  1. Die Spielerreihenfolge wird neu bestimmt anhand der eingesetzten Magister. Je mehr Magister ein Spieler eingesetzt hat, desto weiter vorn in der Reihe wird er platziert.
  2. Dann wird die Lagergröße kontrolliert. Sie wird bestimmt durch den zuletzt besetzten Hörsaal des eigenen Tableaus (6/7/8/ …12). Hat ein Spieler mehr Bücher in seinem Lager, muss er überzählige Bücher in den Vorrat zurücklegen.
  3. Es folgt die Bücherreputation. Sie wird anhand der Wertungssteine auf der Forschungsleiste ermittelt. Die Reputation bestimmt den Wert der Bücher bis zur nächsten Runde.
  4. Die eigenen Professoren werden als Karten wieder senkrecht gelegt. 
  5. Alle Magister-Figuren werden wieder eingesammelt für die nächste Runde.
  6. Der Rundenmarker wird weiterbewegt.


(3) Einkommensphase

Jetzt ermittelt jeder Spieler nacheinander sein Einkommen. Dazu…

  • …räumt er die Bibliothek um. Er erhält 1 Geld pro Buch in der Bibliothek. Dann wird das 7er-Regal von rechts nach links eingeschoben. Das herausfallende Regal wird geleert und als neues siebtes Regal vorbereitet.
  • …nimmt er sich für die vorhandenen Studenten, die Einkommen mitbringen, Geld oder Bücher (je nach Symbol).
  • …nimmt er sich Geld für die Bücherreputation der eigenen Buchfarbe.


Spielende / Wertung
Nach Ende der sechsten Runde endet das Spiel, und die finale Wertung wird durchgeführt. Hierzu gibt es eine (grüne) Hilfeleiste auf dem eigenen Universitätsboard. Folgendes wird gewertet:

  • Jedes Lehrbuch (in Spielerfarbe) bringt ein Geld.
  • Je vier Geld gibt es einen Siegpunkt.
  • Für jedes gelbe Buch (Lexikon) gibt es einen Siegpunkt.
  • Je nach Platz der eigenen Bücher in der Bücherreputation erhält der Spieler Siegpunkte: 12 / 7 / 3. Das variiert jedoch im 2-Personen-Spiel. 
  • Die Meilensteine auf der Forschungsleiste werden gezählt (Häkchen auf den Feldern unterhalb des eigenen Forschungssteins. Diese Anzahl wird mit der Anzahl der vorhandenen Professoren-Karten multipliziert. Das Ergebnis ist gleich der Siegpunkte, die der Spieler dafür erhält. Also z.B. drei Häkchen mal vier Professoren sind 12 Siegpunkte.
  • Jeder Professor bringt die aufgedruckten Siegpunkte mit.
  • Mathematik-Studenten bringen Siegpunkte mit.
  • Im Hörsaal liegende Studenten sind in die obere Reihe A und die Reihe darunter B eingeteilt. Die Anzahl der Studenten in A mal die Anzahl der Studenten in B ergibt die Anzahl der dafür erhältlichen Siegpunkte.
  • Je Anzahl der Büstenkarten gibt es bei 1/2/3 Büsten 3/7/12 Siegpunkte.



Es gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten (Prestigepunkten).

 GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • tolles Thema
  • spannende Buch-Mechanik
  • interaktiver Spielablauf
  • viele Möglichkeiten


CONTRA

  • recht hohe Downtime zu viert, Verwaltungsarbeit durch imaginären Spieler zu zweit
  • Gestaltung wirkt anfangs etwas unübersichtlich 

MEINUNG

Universitäten und deren Campus kann man grafisch in unterschiedliche Zeitepochen einordnen. Altehrwürdig mit dunklem Holz, großen Bibliotheken und beeindruckenden Professoren mit langen weißen Bärten - oder neuzeitlich bunt mit freundlichen Farben. Beides hat seine Berechtigung, auch wenn das allzu bunte Setting von Alma Mater gerade anfangs ein wenig verwirrend wirkt. 


Hat man sich einen Überblick verschafft, tritt die Grafik in den Hintergrund und das Spiel zeigt, was es kann. Generell handelt es sich um ein Worker-Placement-Spiel, d.h. ich setze meine Figuren (Magister) auf Aktionsfelder und führe deren Möglichkeiten aus. Dabei gilt bei besetzten Feldern: Wenn ich es unbedingt will, muss ich mehr Figuren auf den Platz setzen als mein Vorgänger. Oder aber ich entscheide mich für etwas anderes, und da bietet das Spiel viele Möglichkeiten, auch wenn die eigene Strategie von den Gründungskarten beeinflusst wird. 


Spannend ist, dass die Regeln nach einer Runde gut verständlich sind, jedoch jeder Professor und jeder Student seine eigenen Boni mitbringt. Und die sind mit Symbolik auf den Karten und Kärtchen sichtbar. Auch wenn die Symbole logisch sind, muss doch das eine oder andere nachgeschlagen werden. Das kann in der ersten Runden ein wenig mühsam sein, wobei jede Karte in der Anleitung Platz gefunden hat und klar beschrieben ist. 


Als sehr positiv wird die erzwungene Interaktion mit dem privaten Buchhandel empfunden. Ausweichen kann man dem nicht, dazu werden Bücher aller Farben überall gebraucht. Doch überlegt man schon, wann man zu welchem Preis bei wem kauft und diesem Spieler Geld überlässt. Insgesamt spielt das Timing eine große Rolle. Fehler in den ersten Runden zeigen sich durchaus auch später, zumal die sechs Runden tatsächlich zum Aufbau knapp bemessen sind. 


Als zweite Einsatzmöglichkeit gibt es dann noch die Professoren, die ihre Vorlesungen praktischerweise zu meinem Vorteil halten. So kann man auch ohne Magister noch einen Zug machen. Ja, das Personal unterliegt schnöden, schnörkelfreien Strategie-Überlegungen, die sowohl der Sammlung wertvoller Ressourcen für spätere Aktionen als auch der kurzfristigen Reaktion auf aktuelle Spielstände dienen. Die Uni wird zur Denkfabrik im übertragenen Sinn.


Die eigenen Züge wollen gut durchdacht sein. Das bedeutet aber auch, dass die Downtime vor allem zu viert entsprechend lang werden kann. Zu zweit spielt eine imaginärer dritter Spieler mit. Das funktioniert sehr gut, beinhaltet allerdings etwas Fleißarbeit. Insgesamt gilt es im Spiel die einzelnen Komponenten für die Endwertung nicht aus den Augen zu lassen: Forschungsleiste mal Professoren ergibt Siegpunkte. Es gibt verschiedene Siegpunkt-Generatoren, die aber eben immer bezahlt werden müssen mit Geld und Büchern. 


Ebenfalls positiv zu bewerten sind die vielen Variablen, die den Spielspaß auch nach vielen Runden immer noch hochheben. Austauschbare Forschungsmodule, neue Professoren, immer neue Ruhmesvoraussetzungen. Ja, eine zukunftsträchtige Universität muss sich immer wieder an neue Gegebenheiten anpassen.

Und so lautet mein Fazit: Alma Mater ist ein wirklich gelungenes Worker-Placement-Strategiespiel für Kenner, das für viele Runden taktisch-strategisches Spielvergnügen verspricht. Je nach Spielerzahl gibt es von mir 8 bis wirklich fabelhafte 9 Kultpunkte!

KULTFAKTOR: 8-9/10

Spielidee: 9/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10

EURE REZENSENTIN

GABI

Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester

Eine Rezension vom 06.04.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Eggertspiele / Plan B Games
Weitere Fotos: Spielkultisten