REZENSION
AFTERMATH
- Genre: Strategie
- Jahr: 2020
- Verlag: Plaid Hat Games / Asmodee
- Autor: Jerry Hawthorne
- Grafik: Tregis, Jimmy Xia
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 14 Jahren
- Dauer: ca. 60 - 120 Min.
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 3/10
Tapfere Nager
Die Menschen sind plötzlich und ohne Vorwarnung von der Erde verschwunden. All ihre Arbeit wurde ohne Vorwarnung zurückgelassen. Einige Haustiere konnten sich aus ihren Gefängnissen befreien und streifen nun umher. Die vier Nager Grummel, Meziah, Ringo und Whisper gehören zu einer Kolonie von Kleintieren, die seit dem ums Überleben kämpft ...
REGELN
Die Truppe von vier mutigen Tieren stürzt sich in kleine Abenteuer, um das Überleben der Kolonie zu sichern. Sie machen sich auf die Reise, um Nahrung für die Truppe zu suchen, und um das Verschwinden einiger Koloniemitglieder aufzuklären. Dabei treffen sie auf verschiedene Feinde, wie zum Beispiel die Katze Smokey, andere Nager oder Reptilien.
Anmerkung: Aftermath ist ein Kampagnenspiel, bei dem eine Geschichte durchgespielt wird. In dieser Rezension werden ausschließlich Bilder aus der ersten Mission gezeigt, möglichst spoilerfrei. Ansonsten wird nur die grundlegende Spielmechanik an kleinen gestellten Beispielen gezeigt - spoilerfrei!
Die Miniaturen auf den Fotos wurden von uns handbemalt!
Das Spielbrett von "Aftermath" ist ein Abenteuerbuch. Die Seite, auf der gespielt wird, entscheidet sich durch den Ort, an dem wir uns befinden. Gestartet wird jede Runde in der Abbigail Lane. Von dort aus kann sich die Abenteuergruppe in eine benachbarte Ortschaft zu Fuß bewegen. Die entsprechende Seite, auf der gespielt werden soll, ist auf einem Ortsbogen markiert. Die Spieler dürfen die Orte, zu denen sie reisen, völlig frei wählen. Das einzige, was durch die Missionen bestimmt wird, ist der Zielort - wie die Gruppe dorthin gelangt, ist völlig frei. Es empfiehlt sich allerdings, immer den direkten Weg zu nehmen, um nicht zu viel Zeit zu verbrauchen.
Sobald wir die entsprechende Seite aufgeschlagen haben, gibt es einen Einführungstext, der die Umgebung oder auch die Vorgeschichte des Ortes erklärt. Anschließend wird der Aufbau für die aktuelle Seite beschrieben und es kann losgehen. Bei den Orten wird auf der linken Buchhälfte der Ort grafisch dargestellt, und auf der rechten Seite sind die Texte, die zu dem Ort gehören. Es gibt einen Buchwächter, der immer wechselt, sobald zur nächsten Seite umgeblättert wird. Der Buchwächter bekommt die Kampagnentafel, auf der der aktuelle Stand festgehalten wird (gefundene Nahrung, Bevölkerungsgröße usw.). Der Buchwächter darf in der aktuellen Runde immer anfangen.
Nach dem Aufbau sind die Spieler der Reihe nach dran. Wer am Zug ist, kann zwischen verschiedenen Aktionen wählen: Bewegen, Kämpfen, Kommunizieren, Ausrüsten, Fähigkeit aktivieren oder Suchen. All diese Aktionen erfordern das Ausspielen von Aktionskarten von der Hand. Die Aktionskarten gibt es in verschiedenen Farben: Weiß, gelb, blau, grün und rot sowie in den Werten von 1 bis 3. Zum Bewegen dürfen alle Karten verwendet werden. Die Bereiche in den Ortschaften sind getrennt durch verschiedene Linien. Eine weiß gestrichelte Linie darf mit einem Aktionspunkt beliebiger Farbe übertreten werden, während durchgezogene weiße Linien nicht überquert werden können. Farbige Linien hingegen benötigen mehr Aktionspunkte beim Überqueren oder eine entsprechende Aktionskarte der selben Farbe.
Die Farben haben einen weiteren Nutzen. Bei Angriffen, Verteidigung, Suchaktionen und Verhandlungen müssen Proben durchgeführt werden. Dabei muss jede Probe mit einer Karte der richtigen Farbe begonnen werden - Nahkampf mit rot, Fernkampf mit grün, Verteidigung mit blau, Suchen und Verhandeln mit gelb. Wenn der Spieler weitere Karten der Probe hinzufügen möchte, müssen die folgenden Karten entweder den gleichen Wert oder die gleiche Farbe aufweisen. Außerdem können Fähigkeiten von der Charakterkarte und Ausrüstungsgegenständen hinzuaddiert werden. Im Anschluss wird, je nach Probe, mit einem oder zwei Würfeln gewürfelt, um sowohl den eigenen Wert als auch den Schwierigkeitswert der Probe anzupassen. Die Schwierigkeit der Probe steht auf der Karte der Kreatur, mit der verhandelt oder gekämpft werden soll. Und auch auf den Suchplättchen ist der Schwierigkeitsgrad angegeben.
Beispiel einer Kampfprobe: Es soll ein Gecko besiegt werden, der eine Verteidigung von 6 hat. Dafür legt das Meerschweinchen Grummel drei Karten von der Hand ab. Es beginnt die Probe mit einer roten 1. Die grüne 1 darf es legen, da die Karten den gleichen Wert hat, und die rote 2 hat die richtige Farbe. Das ergibt einen Kampfwert von 4. Außerdem hat Grummel auf der Charakterkarte und der Waffe "Steakmesser" noch 3 Punkte, die hinzu addiert werden dürfen. Damit steht Angriff 7 gegen Verteidigung 6. Jetzt wird gewürfelt. Der Wert des weißen Würfels wird zum Angriffswert hinzuaddiert und der des schwarzen zur Verteidigung des Geckos. Damit steht es in dem Beispiel 8 gegen 6, und das Meerschweinchen gewinnt.
Ob mit einer Kreatur gekämpft oder verhandelt werden kann, entscheidet die aktuelle Situation. Diese kann entweder sicher oder gefährlich sein. War eine Kampfprobe erfolgreich, wird die besiegte Kreatur entfernt. Sobald alle Kreaturen einer Begegnung besiegt wurden, gibt es eine Belohnung. Ist die Verhandlung bei sicherer Situation mit einer Kreatur erfolgreich, wird sie ebenfalls vom Spielplan entfernt. Die Bevölkerung der Kolonie steigt um 1, was auf der Kampagnentafel festgehalten wird. Alle Karten der Kreaturen, die sich auf dem Spielplan befinden, werden an einer Bedrohungsleiste angelegt. Ebenfalls dort angelegt werden die Bedrohungskarten, die sich im gleichen Stapel wie die Aktionskarten befinden. Die Karten werden angelekgt, sobald sie gezogen werden. Liegen dort so viele Bedrohungskarten wie Gegnerkarten, und die Situation ist unsicher, führen die Gegner einen Zug durch und greifen an.
Jede Mission hat ein Ziel. Es müssen Orte durchsucht oder bestimmte Gegenstände gefunden werden. Sobald das Kampagnenbuch angibt, dass die Mission geschafft wurde, oder dass die Gruppe gescheitert ist, wird zu einem bestimmten Abschnitt im Buch geblättert. Dort wird erklärt, wie weiter vorgegangen wird, und was die Belohnung bzw. Bestrafung für das Schaffen oder Scheitern der Mission ist. Alle gefundenen Gegenstände dürfen in den folgenden Runden gegen Bezahlung der Reparaturkosten wieder ausgerüstet werden. Der aktuelle Stand auf der Kampagnentafel (Bevölkerung, Nahrung usw.) wird beibehalten.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- tolle Geschichte
- Kampagne mehrfach spielbar
- selbstbestimmte Kampagne
- tolles Spielmaterial
CONTRA
- schlechte Anleitung
- viel Glück, weniger Spiel
MEINUNG
Ein Meerschweinchen, eine Ratte, eine Maus und ein Hamster, die sich zusammen in ein Abenteuer stürzen - das klingt kurios, macht aber wirklich Spaß! Die Geschichte, die sich der Autor ausgedacht hat, ist wirklich sehr gelungen. Die Charaktere werden liebevoll dargestellt, und die Spieler können sich super in sie hinein versetzen. Auch die Buchseiten sind toll gestaltet. Die Geschichte ist nicht für Kinder erdacht, nein, auch Erwachsene mit Interesse für Fantasiegeschichten können bei "Aftermath" Spaß haben.
Ein riesengroßer Reiz an "Aftermath" ist, dass die Kampagne ohne Probleme mehrfach gespielt werden kann. Beim nächsten Mal kann ein anderer Weg gewählt werden, denn am Anfang jeder Runde darf aus einem Pool von Kampagnen gewählt werden. Es wird eine Hauptmission gewählt, die den Zielort festlegt und eine Nebenmission. Dadurch müssen die Spieler jede Runde Entscheidungen treffen und die Kampagne selber leiten. Dadurch entsteht das Gefühl, mehr Freiheiten zu haben als in anderen Spielen, in denen die Reihenfolge der Missionen vorher fest bestimmt wurde. Ebenfalls variabel sind die Begegnungen auf den einzelnen Seiten. Am Anfang der Runden werden Begegnungskarten gezogen. Dadurch kann die selbe Mission und die gleiche Buchseite beim nächsten Mal eine komplett andere Begegnung hervorbringen.
Ein weiterer großer Pluspunkt ist das Material. Die Buchseiten sind wunderschön gestaltet. Außerdem beinhaltet das Spiel hochwertige Miniaturen. Die Miniaturen zu bemalen hat uns wirklich viel Spaß gemacht.
Der größte Kritikpunkt bei "Aftermath" ist die Anleitung. Leider lässt die Anleitung sehr viele Fragen offen. Beim Spielen sind wir häufiger zu Situationen gekommen, bei denen wir nicht mehr weiter wussten. Manchmal hat ein Blick in die Anleitung gereicht. Meistens leider nicht. Asmodee hat bereits ein zweiseitiges FAQ auf der Homepage hochgeladen - das leider auch viele der Fragen nicht geklärt hat. Um nicht noch mehr Zeit in die Suche zu verschwenden, blieb uns häufig nichts anderes übrig, als mit ungeklärten Fragen und eigenen Lösungen weiterzuspielen. Das ist leider nicht sehr gelungen und da kam doch zwischendurch die Frage auf, ob hier eigentlich komplett auf Testspieler verzichtet wurde?!
Wir fanden die Geschichte toll und hatten viel Spaß dabei, die einzelnen Seiten zu erkunden. "Aftermath" sollte auch als genau das gesehen werden: Eine Geschichte, die es zu entdecken gibt. Es steckt nicht viel Spiel in "Aftermath". Es wird viel über Proben gelöst. Die einzigen Entscheidungen, die wir treffen können, ist die Wahl der Kampagne und ob wir angreifen / verhandeln oder nicht. Wir können entscheiden, ob und welche Plättchen wir durchsuchen wollen. Das war es dann aber auch schon. Eine weitere Entscheidung besteht darin, wie viele Karten wir zu einer Probe beisteuern. Über den endgültigen Erfolg oder Misserfolg entscheiden dann aber trotzdem die Würfel. Wer hier ein taktisches Spiel erwartet, wird enttäuscht. Wer eine Geschichte entdecken möchte, ist hier vollkommen richtig.
Von den maximal 10 möglichen Kultpunkten ziehe ich bei "Aftermath" 2 Punkte ab - einen Punkt für die wirklich extrem schlechte Anleitung, die uns vor allem am Anfang den Einstieg schwer gemacht und den Spielspaß eingeschränkt hat. Den zweiten Punkt zieht die kleine Spielerin in mir ab ... Ein bisschen mehr Spiel und Taktik hätte dem Spiel nicht geschadet und es doch auch noch ein bisschen "erwachsener" gemacht - einfach etwas weniger würfeln! Die restlichen 8 Punkte bleiben für ein wirklich tolles Erlebnis einer besonderen Geschichte und für die niedlichen Nager!
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 10/10
Spielablauf: 8/10
EURE REZENSENTIN
CAROLA
Strategiespielerin, Ork-Flüsterin, Miniaturenbemalerin
Eine Rezension vom 28.09.2020
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Plaid Hat Games / Asmodee
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