REZENSION
ZWERGAR
- Genre: Strategiespiel
- Jahr: 2021
- Verlag: Granna / Asmodee
- Autor: Jan Madejski
- Grafik: Piotr Sokołowski
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 12 Jahren
- Dauer: 60 bis 120 Min.
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 7/10
Bergzwerg wechsel dich
Es herrscht eine glühende Hitze in den Stollen des Bergwerks, das die Zwerge betreiben. Stein, Eisen, Gold und Juwelen finden sie in den dunklen Tiefen, doch die abgebauten Ressourcen müssen ans Tageslicht ... der Aufzug ist da sehr behilflich, denn schließlich müssen diverse Projekte verwirklicht werden. So herrscht munteres Treiben an allen Stellen und die Spezialisten wechseln ständig ihre Arbeitsorte.
REGELN
Von den Spezialisten werden sechs zufällige Figuren aussortiert. Jeder Spieler zieht eine Figur, die restlichen werden, ebenfalls zufällig, auf die Aktionsorte verteilt. Diese Experten-Figuren gibt es in drei Farben (orange = Bergmann, weiß = Schmied, violett = Ingenieur). Die Farben sind wichtig für spezielle Bonusaktionen an den Orten.
Jeder Spieler erhält ein Spielertableau mit zwei inaktiven Öfen, einem Wärme-Marker sowie einem Vorarbeiter in Spielerfarbe.
Gespielt werden 10 Runden. In jeder Runde absolviert jeder Spieler immer drei Aktionen, dann folgt der nächste, bis alle Spieler an der Reihe waren.
Um eine Aktion auszuführen, muss der Spieler eine Figur aus seinem Vorrat (Spezialist oder Vorarbeiter) auf den gewählten Aktionsort stellen. Eine dort zuvor platzierte Figur wandert im Austausch in den Besitz des Spielers. Die Spezialisten werden dadurch in ständiger Rotation durchgetauscht. Einzig Vorarbeiter kommen beim Austausch zurück zu ihrem Besitzer.
Haupt-Schauplatz auf dem Spielplan ist die Mine. Die besteht aus mehreren Ebenen, auf denen jeder Spieler immer eine Lore seiner Farbe besitzt. Vor Spielbeginn werden erste Loren, entsprechend der Spielerreihenfolge, schon mit Ressourcen befüllt. Je weiter unten sich eine Lore befindet, umso wertvoller ist der Ertrag, allerdings dauert es auch entsprechend länger, bis eine Lore aus einer unteren Etage ans Tageslicht befördert wird. Das ist nämlich der Clou des Spiels.
Wer einen Worker in der Mine einsetzt, entscheidet sich für eine Etage, auf der er noch eine freie Lore besitzt. Die befüllt er mit den angegebenen Ressourcen. Sollte ein Spieler seinen Vorarbeiter einsetzen, rückt der mit in die Lore, muss also erst wieder freigespielt werden, bis er erneut zum Einsatz kommen kann.
Ein anderer wichtiger Aktionsort ist der Aufzug. Mit ihm können die Loren jeweils um eine Etage nach oben verschoben werden - das betrifft immer alle Spieler, denn die Loren befinden sich pro Etage auf einem verbundenen Tableau. Gelangen Loren ans Tageslicht, werden sie geleert, d.h. die Spieler bekommen die Ressourcen, die sie in ihrer Lore finden, egal, wer die Lore nach oben befördert hat. Beim Aufzug können auch gleich mehrere Bewegungen nacheinander erkauft werden.
An den weiteren Orten wiederum können Ressourcen getauscht, neue Öfen gebaut oder Öfen entzündet werden. Für viele Dinge im Spiel benötigt man nämlich Wärme. Um Wärme zu „bezahlen“, kann ein aktiver Ofen auf die inaktive Seite gedreht werden. Manche Aktionsorte liefern auch temporäre Wärme, die mit dem eigenen Marker festgehalten wird. Diese kann oder sollte immer zuerst verwendet werden, denn sie verschwindet nach einer Runde wieder.
Setzt ein Spieler einen Vorarbeiter an einem Ort ein, so hat er noch eine zusätzliche Option. Er kann - gegen Bezahlung der angegebenen Ressourcen - einen Ofen an dieser Stelle installieren. Der bringt Siegpunkte, aber auch einen dauerhaften Nutzen:
- In der Mine erhält der Spieler immer eine Bonus-Ressource, wenn er einen Arbeiter auf dieser Ebene platziert.
- An allen anderen Orten erhält der Spieler immer eine temporäre Wärme, wenn ein anderer Spieler diesen Ort besucht.
Oft besucht wird das Ingenieurbüro. Wer diese Aktion nutzt, darf ein Projekt verwirklichen. Dazu liegen Projektkarten aus, die vor Spielbeginn aus mehreren Sets zusammengestellt wurden. Zunächst müssen die Ressourcen-Kosten oben auf der Karte entrichtet werden, dann gibt es schon einmal Punkte. Im gleichen Spielzug kann diese Karte durch die Abgabe zusätzlicher Ressourcen auch aufgewertet werden (untere Kartenseite). Dafür gibt es zusätzliche Punkte, Ressourcen oder Punkte am Spielende für bestimmte Bedingungen. Aufwertungen können auch noch später im Spiel nachträglich durchgeführt werden, dazu braucht es dann aber einen passenden Aktionsort samt Spezialisten.
Ein grundlegendes Konzept im Spiel sind dann noch die Bonus-Aktionen, die es an jedem Ort (außer der Mine) gibt. Platziert ein Spieler eine zum Bonus farblich passende Figur, darf er den Bonus aktivieren. Das können zusätzliche Aktionen sein, verbesserte Aktionen oder z.B. Punkte-Boni.
Hat jeder Spieler seine drei Aktionen durchgeführt, endet die Runde. Ab Runde 2 gilt nun immer eine zufällig aufgedeckte Ereigniskarte. Diese kann ein Sofort-Ereignis auslösen (z.B. einen einmaligen Effekt oder Bonus) oder sie kann ein dauerhaftes Ereignis, das für die ganze Runde gilt, vorgeben. So können sich Regeln verändern bzw. den Spielern Boni an bestimmten Orten bescheren, auch können z.B. Bonus-Orte gesperrt werden.
Wer am Ende einer Runde noch mindestens einen aktiven Ofen vor sich ausliegen hat, darf nun ein weiteren anzünden.
Nach Runde 10 werden noch einmal Punkte für manche gesammelten Projektkarten verteilt, die explizit Punkte am Spielende für bestimmte Bedingungen offerieren. Diese Punkte kommen zu den Punkten hinzu, die ein Spieler während des Spiels (z.B. durchs Installieren von Öfen, aber vor allem auch durchs Erfüllen von Projekten) gemacht hat. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- interessanter Worker-Placement-Mechanismus
- Ressourcen-Förderung als zusätzliches taktisches Element
- ideal für Spielzug-Optimierer
- schöne Gestaltung, tolles Ressourcen-Material
CONTRA
- fühlt sich wie ein guter Bekannter an
- mit Grüblern längere Wartezeiten
MEINUNG
Was passierte eigentlich mit den Wikingern, die bei Räuber der Nordsee ihre Beutezüge erfolgreich überlebt haben? So genau weiß man das nicht. Gerüchte besagen jedoch, sie haben sich in Zwerge verwandelt und betreiben nun ein Bergwerk ... Ja, in der Tat erinnert Zwergar an das bekannte Erfolgsspiel.
Der Worker-Placement-Mechanismus von Zwergar orientiert sich definitiv an Räuber der Nordsee. Auch da gab es verschiedene Figurenfarben, die wichtig für bestimmte Aktionen waren. Und auch da wurden Figuren hingestellt und im Austausch vom Ort weggenommen. Genau diesen Mechanismus greift Zwergar auf. Schnell zeigt sich: Wer seine Spielzüge optimal gestalten möchte, muss planen. Da die Spieler immer drei Aktionen am Stück ausführen, ist eine gut gewählte Abfolge beim Besuchen der Aktionsorte von immenser
Bedeutung. Hinzu kommt das spannende Element der Bonus-Aktionen, die nur dann ausgelöst werden, wenn die Figuren-Farbe passt. Doch manchmal empfiehlt es sich auch, seinen Vorarbeiter zu nutzen, um einen Ofen, und damit Punkte und einen dauerhaften Nutzen zu generieren. Auf jeden Fall ein schönes planerisches Element, wenn auch in ähnlicher Form schon mal gesehen.
Ein Eyecatcher ist dann die Mine mit dem Förderaufzug für die Ressourcen. Das ist das zweite taktische Element im Spiel, das Planung erfordert. Welche Loren belege ich? Welche Ressourcen benötige ich wie schnell? Wie oft bemühe ich den Aufzug? Mit jeder Förderung kann ich eigene Ressourcen nach oben bringen, beliefere aber automatisch auch meine Mitspieler. Und während es im Belegen der Aktionsorte keine beschränkende Interaktion gibt (alle Orte stehen immer zur Verfügung), so ist das beim Wegschnappen der Projektkarten dann doch noch einmal eine andere Sache. Da muss ich im Blick behalten, was ich selber mit meinen Ressourcen anfangen kann, aber auch, was meine Mitspieler wohl vor mir vollenden. Nichts wäre blöder als teuer gesammelte Ressourcen, zu denen es plötzlich kein passendes Projekt mehr gibt. Ich kann mich zwar nie an die Wand spielen, denn es gibt immer Alternativaktionen, die mich zurück ins Spiel bringen, aber jeder Zusatzschritt kostet Effizienz.
Die grundlegenden Aktionen sind dabei eher klassisch. Heißt: Ressourcen sammeln, tauschen, Aufträge erfüllen, weitere Ressourcen für Aufwertungen bezahlen - kennen wir. Die zusätzliche Währung im Spiel für viele Ressourcen ist die Wärme. Auch hier heißt es: gut haushalten. Öfen bauen, anzünden, sich nicht an Wärme leer spielen. Für sich sind die Aktionen jetzt nichts völlig Neuartiges, es sind Abwandlungen bekannter Konzepte, aber die Gesamtkomposition ist überaus stimmig.
Mit gefällt Zwergar alles in allem wirklich gut - gute 7 Kultpunkte sind da auf jeden Fall drin, sogar mit Tendenz zur 8, denn ich mag ja solche Worker-Placement-Spiele mit Ressourcenmanagement. Das Spiel eignet sich dabei besonders für diejenigen, die gern Spielzüge planen und optimieren. Wer ins Blaue spielt, wird schnell abgehängt, was die Punkte angeht. Ja, das Spiel besitzt auch eine gewisse Lernkurve. Wer es öfters spielt und die Verzahnungen verstanden hat, wird bestimmte Abläufe in Folgepartien wiederholen - zumindest den Versuch dazu starten, denn die Figuren-Kombinationen ergeben sich ja in jeder Partie auf eine neue Weise, sodass immer eine Varianz vorhanden ist. Für mich also auf jeden Fall eine Empfehlung wert, einzig Extrem-Grübler können die Wartezeiten doch nach oben treiben. Wie so oft, mein Tipp: Sucht euch eure Mitspieler gut aus, wenn ihr sie nicht minutenlang beim Durchdenken aller Optionen beobachten wollt, schließlich gehört die gute Planung hier definitiv zum Konzept.
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/UXfJJS_R3IQ
KULTFAKTOR: 7-8/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 10.12.2021
Bildnachweis:
Coverfoto: Granna / Asmodee
Weitere Fotos: Spielkultisten