REZENSION

VILLAGE GREEN

  • Genre: Taktikspiel
  • Jahr: 2020, deutsche Version: 2021
  • Verlag: Osprey Games / dt. Version: Kobold Spieleverlag
  • Autor: Peer Sylvester
  • Grafik: Joanna Rosa
  • Spieler: 1 bis 5
  • Alter: ab 14 Jahren (besser: ab 10 Jahren)
  • Dauer: ca. 30 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: mittel
  • Taktiklevel: 7/10

Unser Dorf soll grüner werden

Jedes Jahr im Frühling zeichnet eine Fachjury das grünste, ja, schönste Dorf aus, dem es gelungen ist, mit Bäumen, Blumen, Teichen, Dekorationen und Wiesen den wechselnden Vorgaben der Experten am meisten zu entsprechen.

NATUR-SPECIAL-TAGE 23.05.-04.06.2021


REGELN

Village Green besteht zum größten Teil aus zwei Kartenstapeln: den grünen Karten sowie den Wertungskarten. Außerdem erhält jeder Spieler eine Dorfkarte, die er oben links in sein virtuelles 4x4-Raster legt. Dann zieht jeder Spieler drei zufällige Wertungskarten und legt sie rechts neben sein Dorf. Dazu zieht jeder Spieler drei grüne Karten auf die Hand. Außerdem wird eine allgemeine Auslage vorbereitet: Sowohl vom Wertungs- als auch vom grünen Stapel werden je 3 Karten offen in die Tischmitte gelegt.

Ziel für jeden Spieler ist es, ein möglichst effizientes 4x4-Raster aus Karten entstehen zu lassen. Dabei bilden je 3 Wertungskarten die obere und linke Begrenzung neben dem Dorf. Das verbleibende leere 3x3-Raster kann dann mit grünen Karten gefüllt werden; die verschiedenen Symbole auf diesen Karten sollten dabei die Vorgaben der Wertungskarten in der jeweiligen Reihe bzw. Spalte möglichst gut erfüllen.

Gespielt wird reihum. Wer an der Reihe ist, hat stets zwei Möglichkeiten:
(1) Eine grüne Karte auf die Hand nehmen und dann eine grüne Karte in die eigene Auslage spielen. Dabei gilt: Es muss nicht angrenzend gelegt werden, ABER: Die meisten Karten zeigen oben links eine bestimmte Blume in einer bestimmten Farbe. Karten, die waagrecht und / oder senkrecht nebeneinander liegen, müssen entweder die gleiche Blume und / oder die gleiche Farbe zu allen Nachbarkarten zeigen, um hier abgelegt werden zu dürfen! Grüne Wiesenkarten gelten als Platzhalter. Sie können überall abgelegt werden, bzw. neben sie darf eine beliebige Karte ausgespielt werden, sofern sie keine der zuvor genannten Bedingungen zu anderen Nachbarkarten verletzt. Das Besondere: Die Wiesenkarten können später mit grünen Karten überbaut werden. Aber auch hier gilt: Wird eine grüne Karte an diesen Platz gespielt, muss sie zwingend die Legebedingungen zu allen waagrecht und senkrecht angrenzenden Karten erfüllen.

Sollte ein Spieler eine grüne Dekokarte spielen (Brunnen etc.), so muss er danach direkt die zweite Option ausführen.

Sollte ein Spieler nach dem Ausführen dieser Option keine Karte regelkonform auslegen können oder wollen, muss er eine Karte von seiner Hand zurück unter den Nachziehstapel legen.

(2) Eine Wertungskarte nehmen und in die eigene Auslage spielen. Wertungskarten müssen entweder auf einen freien Platz am Rand des Rasters abgelegt oder aber auf bereits liegende Wertungskarten gespielt werden.

Wurde eine Karte aus der Auslage genommen, egal ob eine grüne oder eine Wertungskarte, wird ihr Platz direkt vom Stapel nachgefüllt. Karten können sowohl bei Option (1) als auch bei Option (2) alternativ zufällig vom Stapel gezogen werden.

(Z) Die Dorfkarte umdrehen. Zusätzlich kann jeder Spieler einmal in der gesamten Partie seine Dorfkarte auf die Rückseite drehen. Mit dieser Aktion lässt sich das Kartenangebot in der Tischmitte austauschen oder aber eine grüne Karte (wie es bei den Wertungskarten stets möglich ist) auf eine andere (bereits ausliegende) grüne Karte spielen, wobei die verdeckte Karte dann bei der Wertung nicht mehr beachtet wird.

Das Spiel endet, wenn ...

  • keine grünen Karten mehr verfügbar sind ODER
  • keine Wertungskarten mehr verfügbar sind ODER
  • ein Spieler seine 9. sichtbare grüne Karte in die eigene Auslage gespielt hat, also also Slots des 3x3-Rasters für grüne Karten belegt sind.


Die Runde wird nun noch zu Ende gespielt, sodass jeder Spieler gleich oft am Zug war. Dann wird gewertet. Bei der Schlusswertung erhält jeder Spieler für seine Auslage ...

  • 1 Punkt für die eigene Dorfkarte, sofern sie nicht auf die Rückseite gedreht wurde.
  • 2 Punkte für jede Teichkarte.
  • Punkte entsprechend der Wertungskarten. Jede Wertungskarte zählt dabei immer nur für die maximal drei Karten, die in der jeweiligen Reihe oder Spalte dieser Wertungskarte liegen.


Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.


Das Spiel bietet auch eine Solo-Variante.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • schöne Optik
  • herausforderndes Legepuzzle
  • individuell bestimmbare Wertungen
  • Timing in der Balance bestimmt das Spielende


CONTRA

  • kann sehr einschränkend sein
  • Symbole teils schwer zu unterscheiden

MEINUNG

Grüne Wochen bei SPIELKULT - wir schauen uns verschiedene Spiele zum Thema „Flora und Fauna“ mal genauer an. Village Green wird im Jahr 2021 beim Kobold Spieleverlag auch auf deutsch erscheinen, zum Test lag uns noch die englischsprachige Originalausgabe vor.

Wie auch bei Flourish geht es bei Village Green darum, einen möglichst punkteträchtigen Garten aus Karten zu errichten. Dabei besitzt das Spiel zwei spannende Kniffe: Zum einen lassen sich hier die Wertungsbedingungen für jede Zeile und Spalte selbst bestimmen und während des Spiels auch verändern, zum anderen gibt es eine knifflige Legeregel für die grünen Karten, die eben die Grundlage für die Wertungen bilden.

Die grünen Karten sind hübsch illustriert, als Naturliebhaber geht mir bei diesen frühlingshaften Illustrationen ja direkt das Herz auf. Man spürt die Sonne, man riecht das Gras, man hört die Vögel zwitschern, Romantik kann so schön sein ... Ach, könnten das doch die Symbole auf den Karten auch sein. Die sind nämlich leider teils schwer zu unterscheiden. Währen die Kartenart noch gut zu identifizieren ist, sind dann die drei verschiedenen Baumarten (Birke, Eiche, Weide) auf den ersten Blick auf den Wertungskarten schon nicht mehr so gut auseinanderzuhalten. Gleiches trifft aber vor allem auch auf die Blumen in den oberen linken Ecken der meisten Karten zu. Von jeder Blumenfarbe gibt es drei verschiedene Blumenarten (angedeutet durch eine Kreis-, Dreieck- und Rautenform), aber da passieren dann im Eifer des Spiels echt schnell ungewollte Legefehler. In den Blumen liegen ja die Legeregeln begründet, und da ist es schon schade, dass man sie nicht leichter unterscheiden kann.

Als klaren Designfehler muss man da schon die Farbwahl der gelben Blumen ansehen. Die lassen sich nämlich auf den weißen Karten nochmals schwerer erkennen, was auf unseren kontrastreichen Fotos vielleicht nicht so rüberkommt wie es auf dem Spieltisch erscheint. Ich würde mir wünschen, wenn man bei einer neuen Auflage vielleicht diese Illustrationen invertiert: Klare farbige geometrische Formen, die Blumen als kleine weiße Illustrationen in diese Farbform gesetzt, schon wäre hier vieles einfacher. Zudem wäre es wirklich schön, wenn das Gelb vielleicht zumindest zu einem leichten Orange werden könnte, damit die Farbe besser hervorsticht.

Die Legeregeln, die es beim doch ähnlichen Flourish nicht gibt, sind bei Village Green auf jeden Fall dann auch eine spielerische Herausforderung. Mir gefällt dieses Puzzle-Element, das mich dazu zwingt, Karten nicht nur nach ihrer Funktion und der Kartenart auszuwählen, sondern eben immer genau schauen zu müssen, wohin ich welche Karte überhaupt spielen kann. Gerade anfangs passieren da Denkfehler. Wenn ich zwei Karten Eck an Eck liegen habe und diese unterschiedliche Farben und Symbole aufzeigen, kann ich den Verbindungsslot nicht mehr regelkonform mit einer Karte füllen. Einmal im Spiel kann man so einen Fehler mit dem Umdrehen der Dorfkarte vertuschen, dann nämlich darf man eine grüne Karte ausnahmsweise überdecken. Aber natürlich sollte einem das nicht zu oft passieren, da die rettenden Wiesenkarten, die wie Joker zählen, zum einen nicht immer verfügbar sind und zum anderen ja auch viele Wertungen ausbremsen können.

Ja, da sind wir an einem Punkt, der dann auch ab und zu mal etwas frustrierend sein kann. Die Legeregeln schränken mich natürlich stark in meinen Möglichkeiten ein. Umso wichtiger ist es, passende Karten zu erhalten und hier ist dann immer Glück im Spiel. Da gibt es Spieler, die finden in ihren Spielzügen immer genau die für sie nötigen Karten in der Auslage, während andere das Pech geradezu gebucht haben. Ich kenne dieses Gefühl aus unzähligen Partien Splendor mit meiner Lieblings-Anke ... (kleiner Insider). Damit muss man leben bzw. umgehen können. Da Village Green ja auch eine Art Wettrennen ist, kann man da schon vermeintlich vom Glücksfaktor ausmanövriert werden.

Das heißt aber glücklicherweise nicht, dass man dadurch direkt verliert. Das Element, das mir an Village Green wirklich gut gefällt, sind die Wertungskarten. Außer den Teichkarten, die stets 2 Punkte bringen, und dem einen Punkt für eine nicht umgedrehte Dorfkarte, gibt es keine gemeinsamen Wertungen. Jeder Spieler bestimmt seine Wertungen selbst. Vorhandene Wertungen können durch neue ersetzt werden. Auch muss gar nicht in jeder Reihe oder Spalte zwingend eine Wertungskarte liegen. Lücken können teils sogar besser sein, wenn ich stattdessen mit einer Wertung Minuspunkte generieren würde. Dieses Balancing der Wertungen in Abhängigkeit von den eigenen grünen Karten ist wirklich reizvoll. Das Prinzip erinnert ein wenig an Punktesalat, ist jedoch noch deutlich trickreicher und taktischer. Daumen hoch für dieses schöne Spielelement!

Insgesamt gefällt mir Village Green spielerisch gut, wenngleich es eben die zuvor beschriebenen Einschränkungen im praktischen Teil des Spiels geben kann. Das Glück spielt mit, und ein gut beleuchteter Tisch sollte auch Voraussetzung für eine einigermaßen problemlose Partie dieses Spiels sein, damit Farben und Formen besser zu erkennen sind. Das originelle Wertungsprinzip und auch das Timing fordern eine taktische Denkweise. Wie schnell eine Partie vorbei ist, können die Spieler letztlich selbst bestimmen. Selbst wenn ich eine neunte grüne Karte in meine Auslage spielen könnte, um das Spiel zu beenden, so muss ich da ja nicht zwingend tun, sofern noch genügend Wertungskarten vorhanden sind. Vielmehr kann ich dann auch noch Wertungen optimieren, um das Beste aus meiner Auslage herauszuholen.

So vergebe ich dann alles in allem gute 7 Kultpunkte, was ja fast schon ein wenig schade ist. Mit ein wenig grafischer Optimierung und vielleicht etwas abgeschwächten Legeregeln (z.B. dass zumindest eine der Kartenseiten nicht zwingend die Symbol-Voraussetzungen erfüllen muss) hätte das Spiel für mich nämlich definitiv das Potenzial zu satten 8 Kultpunkten! Aber auch so ist das Spiel für Fans solcher taktischen Optimierungsaufgaben und für Naturliebhaber auf jeden Fall mehr als einen Blick wert!

KULTFAKTOR: 7/10

Spielidee: 9/10
Ausstattung: 6/10
Spielablauf: 7/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 24.05.2021

Bildnachweis:
Coverfoto: Osprey Games
Weitere Fotos: Spielkultisten