REZENSION

TIME BOMB EVOLUTION

  • Genre: Kartenspiel
  • Jahr: 2021
  • Verlag: iello / im Vertrieb von Hutter Trade
  • Autor: Yusuke Sato
  • Grafik: Biboun
  • Spieler: 4 bis 6
  • Alter: ab 8 Jahren
  • Dauer: ca. 15 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Taktiklevel: 7/10

Bloß nicht die Nerven verlieren!

 Time Bomb Evolution entführt euch nach London im Jahre 1890. Der fiese Moriarty hat in der Metropole an der Themse zahlreiche Bomben gelegt, die erwartungsgemäß für helle Aufregung sorgen. In ihrer unerschrockenen Art widersetzt sich Sherlock Holmes (hier von einer Frau verkörpert!) dem Erzrivalen und macht sich auf, die Sprengsätze noch vor Mitternacht zu entschärfen, ehe das ganze Land in heilloses Chaos gestürzt wird. Doch Vorsicht: Wie es sich für einen zünftigen Agentenkrimi gehört, ist Vertrauen eine ganz heikle Angelegenheit. Wer steht auf eurer Seite und wer spielt ein falsches Spiel? 

REGELN

Bevor es losgeht, werden die sechs Rollenkarten – vier davon zeigen Mitglieder des Teams Sherlock und zwei stehen für das gegnerische Team Moriarty – gemischt und den Spielern verdeckt ausgeteilt. Welcher Spieler sich auf der guten und welcher auf der bösen Seite befindet, ist so für alle Teilnehmer von vornherein unklar. Die Aufgaben sind dann klar verteilt: Wem ein Platz im Team Sherlock zugeteilt wurde, muss Bomben entschärfen, wohingegen Team Moriarty das Gegenteil verlangt, nämlich die explosiven Objekte hochgehen zu lassen. 


Sind die Rollen verteilt, wird der Stapel an Drahtkarten vorbereitet. Diese Drahtkarten, die es in unterschiedlichen Farben gibt, werden – nachdem gemäß der Spielerzahl einige Karten aussortiert wurden – mit so vielen Entschärfungskarten, wie Spieler teilnehmen, vermengt. Jeder Spieler erhält dann fünf verdeckte Karten – dies können entweder Draht- oder Entschärfungskarten sein. 


Jeder Spieler schaut sich seine eigenen fünf Karten geheim an, mischt anschließend seinen Stapel und legt sie in einer Reihe vor sich ab. Ihr wisst zwar somit, welche Karten ihr besitzt, kennt jedoch deren genaue Position nicht. Startspieler wird nun derjenige, der zuletzt London besucht hat. Mit der filigranen Drahtschere (oder wahlweise einer simplen Drahtscherenkarte) in der Hand, beginnt nun die Hatz nach den tickenden Zeitbomben. Werdet ihr die Nerven behalten?


Wer an der Reihe ist, legt die Drahtschere auf eine beliebige Karte eines Mitspielers und fordert diesen auf, die gewählte Karte offenzulegen. Bevor es dazu kommt, hat die Gruppe nun die Gelegenheit, den Spieler durch Bluffen auf die falsche Fährte zu locken, denn wir bereits erwähnt, haben die Teams Sherlock und Moriarty höchst unterschiedliche Ziele. 


Ist die Entscheidung getroffen, wird die Karte offen gezeigt und in die Tischmitte gelegt. Handelt es sich um die erste Bombe einer bestimmten Farbe, passiert zunächst einmal nichts. Auch bei der zweiten und dritten Bombe kommt es noch nicht zu einer Zündung. Doch wehe, wenn die vierte Bombe einer Farbe ausgewählt wird und ihr im Team Sherlock sein. Dann gilt die Partie als verloren und Team Moriarty geht als Sieger hervor.


Generell wird eine Runde so lange gespielt, bis so viele Karten aufgedeckt wurden, wie es Spieler gibt. Die Partie endet ebenfalls nach vier gespielten Runden, wenn alle Entschärfungskarten aufgedeckt wurden oder wenn sich am Ende der vierten Runde noch verdeckte Entschärfungskarten im Spiel befinden (auch dann heimst Team Moriarty den Sieg ein).


Darüber hinaus ist eine Sonderregel enthalten, in der jede aufgedeckte Bombenfarbe einen speziellen Effekt hervorruft. So explodiert die grüne Bombe mit Wackelkontakt etwas früher als die übrigen oder die pinkfarbene Bombe geht hoch, wenn zwei davon hintereinander aufgedeckt werden. 

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • einfache Grundregeln, schnell erklärt
  • hübsche Karten-Illustrationen
  • detailverliebte Ausstattung (Drahtschere aus Pappe)
  • variantenreich dank Sonderregel


CONTRA

  • nur für größere Spielrunden geeignet (ideal ab 5 Spielern)

MEINUNG

Time Bomb Evolution ist ein flottes und äußerst interaktives Bluffspiel, das in einer größeren Gruppe ab fünf Mitspielern besonders gut funktioniert. Es erinnert zwar an Genrekollegen wie Die Werwölfe von Düsterwald, überzeugt dabei aber mit einem frischen und unverbrauchten Setting und einer rasanten Spielweise. Da stetes Misstrauen euer ständiger Begleiter ist, geht die Auswahl der Bombenkarten, die ihr entweder entschärfen oder hochgehen lassen wollt, stets mit Nervenkitzel einher. Nie kann man sich zu 100 Prozent sicher sein, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, besonders wenn Spieler mit Pokerface am Tisch sitzen. Für ein optimales Spielerlebnis sollte das auch die Grundvoraussetzung sein. Wer durch einen unglücklichen Kommentar oder durch offensichtliche Ehrlichkeit auffällt, der hat buchstäblich schlechte Karten. 


Besonders die sehr gute Ausstattung für ein Spiel dieser Art hat mir sehr gut gefallen. Dass man die Drahtkarten entweder ganz herkömmlich via Drahtscherenkarte auswählen kann oder hierfür eine "richtige" extravagante Drahtschere (aus Pappe) zücken kann, mag vielleicht nur als nettes Goodie erscheinen, doch für eine stimmige Atmosphäre ist so jedenfalls gesorgt. Auch die optional einsetzbaren Zugplättchen, mit denen man die Anzahl der bereits gespielten Züge anzeigen kann, zeugen von viel Liebe zum Detail. Puristen können natürlich auch einfach so gedanklich mitzählen. Ebenso überzeugt der Artstyle der Bomben- und Rollenkarten. Und dass Sherlock Holmes ganz untypisch eine Frau ist, sorgt zumindest bei der ersten Partie für große Überraschungen.

Wem das klassische Spielprinzip irgendwann keine Varianz mehr bietet, der findet eine integrierte Fortgeschrittenen-Variante, die aber zumindest in unseren Runden gar nicht allzu großen Anklang fand. Das Ding ist nämlich folgendes: Time Bomb Evolution kommt erst in einer größeren Gruppe so richtig in Fahrt. Für typische Spieleabende zu zweit oder dritt ist es ohnehin nicht konzipiert. Und wenn dann doch einmal eine größere Runde zusammenkommt, ist die Wahrscheinlichkeit vermutlich recht groß, dass auch Neulinge dabei sind, die zunächst einmal mit der Einsteigervariante an das Spiel herangeführt werden sollten. Somit ist die Profiregel wirklich in erster Linie für Kenner gedacht, die sich regelmäßig treffen und Abwechslung suchen. Doch die kommen garantiert auf ihre Kosten. 


Tick, tack, tick, tack ... Ich sollte diese Rezension wohl besser zum Ende bringen, ehe die Bombe hochgeht. Daher vergebe ich noch schnell 8 Kultpunkte. Und jetzt: In Deckung!

KULTFAKTOR: 8/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10

EUER REZENSENT

CHRISTOPH

Kinder- und Kennerspiel-Spieler, Stefan-Feld-Fan, Im-Sommer-in-jeden-See-Springer

Eine Rezension vom 09.11.2021

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: iello
Weitere Fotos: Spielkultisten