REZENSION
SWINDLER
- Genre: Familienspiel
- Jahr: 2022
- Verlag: Edition Spielwiese / Pegasus Spiele
- Autor: Matthias Cramer
- Grafik: Lisa Forsch
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: 45 bis 60 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 4/10
Beutelschneider im viktorianischen London
In diesem Spiel bewegen wir uns auf eher dunklem Terrain, denn als Meisterdiebe versuchen wir, den Reichen ein wenig Ballast abzunehmen. Wie nett. Die Beute können wir bestens verhökern. Doch so mancher Schnösel hat dann doch etwas gegen unsere Machenschaften einzuwenden ...
REGELN
Der große Spielplan wird zunächst in der Tischmitte ausgelegt. Von den 40 Auftragskarten werden (in Abhängigkeit der Spielerzahl) einige Aufträge genommen und auf dem Spielplan platziert. Die Symbolik des Spielplans erleichtert dabei den Spielaufbau deutlich. Alle Komplizen-Karten werden als verdeckter, gut gemischter Stapel auf dem Spielplan platziert. Die Hehler-Plättchen werden gemischt und ebenfalls als Stapel ausgelegt. Davon werden drei Plättchen gezogen und offen platziert. Die Beute-Beutel werden mit Beuteplättchen gleicher Farbe bestückt. Die neutralen Beuteplättchen bleiben verdeckt neben dem Spielplan liegen. Jeder Spieler nimmt sich ein Charaktertableau, eine zufällige Meisterdieb-Karte, eine Münze und die drei Reservierungsmarker, passend zum eigenen Spielcharakter und dessen Spielfigur. Letztere wird auf dem Spielplan auf der Siegpunktleiste platziert. Mit der Bestimmung des Startspielers beginnt bereits das Spiel.
Wer am Zug ist, folgt einer Aktionsreihenfolge:
- (optional) Mittels eines oder mehrerer Reservierungsmarker kann der Spieler ausliegende Aufträge für sich reservieren. Bereits liegende Marker fremder Spieler werden an die Besitzer zurückgegeben. Zusätzlich dazu verliert jeder dieser Spieler zwei Siegpunkte.
- (verpflichtend) Der Spieler muss aus einem beliebigen farbigen Beutel Sachen stehlen. Dazu zieht der Spieler blind Beuteplättchen aus dem Beutel:
- Beute: Der Spieler darf weiterziehen oder sich dazu entscheiden, aufzuhören.
- Schädel: Alle bereits in diesem Zug gezogenen Beuteplättchen müssen in den Beutel zurückgesteckt werden. Damit endet das Stehlen aus dem Beutel sofort. Sonderfall: Wird der Schädel als erstes gezogen, erhält der Spieler als Trost eine Münze.
- (optional) Der Spieler kann entweder beliebig viele reservierte Aufträge erfüllen und/oder beliebig viele Gegenstände beim Hehler verkaufen.
- (verpflichtend) Leere Hehlerplättchen- und Auftragskärtchen-Felder werden aufgefüllt.
- (optional) Ein Komplize kann, mittels Bezahlung durch Münzen, angeheuert werden. Die Karte wird verdeckt gezogen und auf die Hand genommen. Sie kann, entsprechend des Kartentextes in passenden Situationen verwendet werden (z.B. für zusätzliche Diebstähle, Beteiligung an fremden Gewinnen, Erzwingen von weiterem Ziehen aus dem Beutel usw.
Interessante Sonderregeln:
- Hat man eine gewisse Anzahl an Aufträgen erfüllt, kann die Sonderfähigkeit des Meisterdiebes genutzt werden.
- Polizei-Razzien erfolgen aufgrund entsprechender Kärtchen unter den Aufträgen. Werden diese sichtbar, wird die Razzia sofort abgehandelt. Dabei werden die Diebesgüter und die Steckbriefe auf den fertigen Auftragskarten gezählt und ggf. dezimiert.
- Hehlerplättchen, die mittels Beute komplett erfüllt wurden, schenken dem Spieler zwei Siegunkte zusätzlich.
Hat ein Spieler seinen Zug beendet, folgt der nächste Spieler.
Das Spiel endet, sobald ein Spieler die für das Spielende nötige Anzahl an Aufträgen erfüllt hat. Dann wird die Runde noch zu Ende gespielt, und die Endwertung folgt. Jede Münze bringt am Ende einen Siegpunkt. Jeder nicht erfüllte, noch reservierte Auftrag kostet zwei Punkte (Minuspunkte). Wessen Spielfigur dann am weitesten vorn steht, gewinnt.
GALERIE
Anklicken / Antippen für Komplettansicht
CHECKPOINT
PRO
- aktionsreicher Spielablauf
- rundes Spielgefühl
CONTRA
- Frustmomente möglich
- sehr glückslastig
MEINUNG
Wer würde nicht gern mal den einen oder anderen Superreichen um ein wenig Geld erleichtern? Muss ja nicht mal für den eigenen Bedarf sein ... Im viktorianischen London waren statt der Geldkarten noch schicke Geldbeutel in Mode. Ein leichtes Spiel also für die Beutelschneider, die Diebe und Diebinnen der damaligen Zeit. Einmal kurz ins fremde Säckel greifen und hoffen, dass man was Gutes herauszieht.
In Swindler schlüpfen wir nun in die Rolle einer Diebesgilde, die mehr oder weniger gezielt stiehlt, Aufträge erfüllt oder die Beute dem Hehler anbietet. Wir entscheiden uns für Aufträge und versuchen, alles was wir aus dem Beutel ziehen, zu Geld und Siegpunkten zu machen. Das Wissen um den möglichen Inhalt der verschiedenen Beutel hilft dabei genauso, wie die Reservierung des richtigen Auftrags zum Erfüllen.
Dem guten Spielgefühl entgegen aber stehen die lieben Mitspieler und das fehlende Quäntchen Glück. Ja, die anderen können bewusst stänkern. Reservierte Aufträge können von den anderen gezielt übernommen werden. Zum Verlust des Auftrages kommen dann auch noch Minuspunkte dazu. Dem Ersten kann, und sollte, also immer wieder kräftiger Gegenwind entgegen wehen.
Das auf einem Push-Your-Luck-Prinzip basierende Ziehen aus dem Beutel wird zudem immer wieder von den in den Beuteln befindlichen Schädeln abgebrochen, was wiederum zu reiner Schadenfreude bei den Anderen führt. Naja gut, ich kann ja selbst entscheiden, ob ich ins Risiko gehen möchte. Wer gerade noch vorn lag, landet auch schnell wieder ganz hinten. Aber auch der Letzte kann noch an die Spitze gelangen. Diese Schwankungen müssen „ertragen“ werden, machen aber auch viel Spaß.
In einer Gruppe, die das Spiel nicht zu ernst nimmt, dafür aber das Gerangel hochhält, kann die angegebene Spielzeit überzogen werden. Allerdings stört das in solchen Gruppen nicht. Hier kommen die feindseligen Angriffe der mitspielenden Komplizen-Karten richtig zum Tragen. Sie teilen fremde Siege zu den eigenen Gunsten, verschenken Siegpunkte mittels Wette, vertauschen Beute usw. - und alles nur für den eigenen Sieg. Dabei ist es durchaus möglich, eine Spielrunde mit 0 Punkten abzuschließen. Das Leben kann hart sein.
Alle mitspielenden Charaktere der Figuren sind in beiden Geschlechtern erhältlich. Sie sind durch die ähnliche und recht dunkle Grafik bei schlechtem Licht nicht so gut zu unterscheiden. Dafür ist das restliche Spielmaterial sehr gut durchdacht und logisch aufgebaut.
In den Testgruppen spalteten sich die Gemüter in „total cool“ und „nö, nicht noch mal“, je nach eigener Schmerzgrenze. Ich selbst schwanke nach jeder Runde neu. Ich mag gern Spiele mit Push-Your-Luck-Faktor, weiß aber, dass ich da eigentlich nur verlieren kann, denn mich verfolgt schon immer das Pech beim Ziehen und Würfeln.
Fazit: Swindler ist ein flottes Push-Your-Luck-Spiel mit verwegenem Thema und mit hohem Stänkerfaktor, ideal für angriffslustige Spieler.
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 7-8/10
EURE REZENSENTIN
GABI
Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester
Eine Rezension vom 02.02.2023
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Edition Spielwiese / Pegasus Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten