REZENSION
STONE AGE
- Genre: Strategie-/ Taktikspiel
- Jahr: 2008
- Verlag: Hans im Glück
- Autor: Bernd Brunnhofer
- Grafik: Michael Menzel
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 60 bis 90 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 7/10
Die Herausforderungen der Steinzeit
Rohstoffe sammeln, für Nahrung sorgen, Werkzeuge bauen, Gebäude errichten, den Acker bearbeiten: Klingt nach einer Menge Arbeit - ist es auch, zumal ihr auch noch stets auf Fortunas Unterstützung beim Würfeln hoffen müsst!
SPIELKULT CLASSICS
In dieser Rubrik findet ihr Rezensionen früherer SPIELKULT-Jahre, die es bislang nicht auf unsere 2021 neu gestaltete Webseite geschafft haben, die wir euch aber nun nach und nach, so wie ihr es euch gewünscht habt, noch einmal vorstellen möchten.
REGELN
Als Steinzeitmensch haben Sie einen arbeitsreichen Alltag vor sich: Damit die Zivilisation voranschreitet, müssen Sie Rohstoffe sammeln, Werkzeuge bauen und ihr Dorf erweitern. Dass Ihr Volk auch ernährt werden will, versteht sich ja von selbst...
Jeder Spieler erhält ein Tableau mit fünf Spielfiguren in seiner Farbe sowie 12 "Nahrungseinheiten". In jeder Runde verteilen die Spieler zuerst ihre Figuren auf dem Spielplan. Dieser besteht aus einem Steinzeit-Szenario mit verschiedenen Orten, die unterschiedlich viel Platz für die Figuren bieten. An jedem Ort symbolisieren Ringe die maximale Anzahl an Figuren, die sich an diesem Ort gleichzeitig aufhalten dürfen.
Der Startspieler beginnt und setzt eine beliebige (gültige) Anzahl seiner Figuren auf einen Ort. Anschließend ist sein Nachbar an der Reihe. Dieses Verfahren geht so lange, bis jeder Spieler alle seine Figuren auf dem Plan verteilt hat. Hierbei ist zu beachten, dass man bei jedem neuen Einsetzen von Figuren stets einen neuen Ort wählen muss. Ein "Nachsetzen" zusätzlicher Figuren an einen bereits mit eigenen Personen besetzten Ort ist somit nicht möglich. Zudem bestimmt die Spielerzahl, wie viele unterschiedliche Spieler einen Ort mit mehreren Einsetzfeldern belegen dürfen.
Sind alle Figuren verteilt, beginnt der Startspieler mit dem "Aktivieren". Das heißt, er führt jetzt Aktionen mit seinen Figuren durch. Die Reihenfolge der Aktionen ist ihm selbst überlassen. Erst wenn der Spieler alle Aktionen, die er durch seine Figuren auslösen kann, abgewickelt hat, ist sein linker Nachbar an der Reihe. Jederzeit darf auf eine Aktion verzichtet werden, an der Figuren eingesetzt wurden.
Die folgende Aufstellung erläutert die einzelnen Orte und die dazugehörigen Aktionen:
Werkzeugmacher (1 freier Platz):
Der Spieler erhält ein Werkzeug-Plättchen, das er auf ein entsprechendes Felder seines eigenen Tableau legt. Zunächst werden bis zu drei 1er-Plättchen gesammelt. Sind alle Felder auf der eigenen Tafel belegt, wird ein bestehendes Werkzeug auf die nächsthöhere Stufe aufgewertet, also aus einem 1er ein 2er-Werkzeug. Wurden alle Werkzeuge zur 2, geht es weiter mit der Aufwertung zur 3 usw.
Hütte (2 freie Plätze):
Möchte ein Spieler in die Hütte, so muss er beide freien Plätze mit seinen Figuren belegenm denn jetzt wird Nachwuchs gezeugt. Der Spieler erhält aus dem Vorrat eine weitere Figur seiner Farbe, die er ab der nächsten Runde einsetzen kann.
Acker (1 freier Platz):
Der Spieler kann seinen Marker auf der Nahrungsleiste ein Feld vorziehen.
Wald, Lehmgrube, Steinbruch und Fluss (je 7 freie Plätze):
Hier werden Rohstoffe gesammelt. Der Spieler nimmt den Würfelbecher und würfelt mit so vielen Würfeln, wie er Figuren auf den Ort gestellt hat. Die gewürfelten Augenzahlen werden addiert. Anschließend wird die Summe im Wald durch 3, in der Lehmgrube durch 4, im Steinbruch durch 5 und im Fluss durch 6 geteilt (immer abrunden) und der Spieler erhält entsprechend viel Holz, Lehm, Stein oder Gold.
Bei jedem Wurf können zusätzlich eigene Werkzeug-Plättchen verwendet werden. Für jedes eingesetzte Werkzeug erhöht sich das Wurfergebnis um 1 bzw. eine höhere Anzahl, wenn bereits stärkere Werkzeug-Plättchen im eigenen Besitz sind. Jedes Werkzeug darf pro Runde nur einmal benutzt werden.
Jagd (beliebig viele freie Plätze):
Auf das Jagdfeld kann jeder Spieler beliebig viele Figuren setzen. Der Aktion ist die gleiche wie bei den Rohstoffgebieten, jedoch wird das Ergebnis durch 2 geteilt und man erhält entsprechend viele Nahrungseinheiten. Auch bei der Jagd können die Werkzeuge eingesetzt werden.
Gebäude (1 freier Platz pro Gebäude):
Es gibt zwei bis vier Stapel (je nach Spielerzahl) mit je sieben Gebäuden, von denen jeweils nur das oberste Plättchen aufgedeckt ist. Möchte ein Spieler ein Gebäude errichten, so muss er die auf dem Gebäude abgebildeten Rohstoffe in einer bestimmten Kombination bezahlen. Auf einigen Plättchen wird nur die Anzahl und die Variation der Rohstoffe vorgegeben, die Rohstoff-Arten können dann frei gewählt werden. Der Wert eines Gebäudes errechnet sich immer aus der Wertigkeit der verwendeten Rohstoffe (Holz: 3, Lehm: 4, Stein: 5, Gold: 6). Der Spieler zieht seinen Marker auf der Punkteleiste entsprechend viele Felder vor.
Zivilisationskarten (1 freier Platz pro Karte):
In jeder Runde liegen 4 Zivilisationskarten aus, die immer unterschiedlich viele beliebige Rohstoffe (1 bis 4) kosten. Jede Karte ist zweigeteilt. Der obere Teil gibt an, welchen Bonus der Spieler beim Aufnehmen der Karte erhält (beispielsweise direkt Rohstoffe, Nahrung, Punkte oder eine Würfel-Aktion, die dann Rohstoffe und andere Boni ausschüttet). Der untere Teil der Karte bestimmt, wie viele zusätzliche Punkte der Spieler bei der Schlusswertung erhält, denn hier sind verschiedene Symbole oder Zusatzwertungen zu sehen.
Hat jeder Spieler alle seine Aktionen ausgeführt, endet eine Runde. Nun müssen alle Spieler ihre Personen ernähren. Dazu muss jeder Spieler so viele Nahrungseinheiten abgeben, wie er Figuren besitzt. Der erreichte Wert auf der Nahrungsleiste wird dabei von den benötigten Nahrungseinheiten abgezogen; diese Leiste liefert also permanent Nahrung, die sich auch nicht verbraucht und somit in jeder weiteren Runde erneut zur Verfügung steht. Besitzt ein Spieler zu wenig Nahrung, kann er alternativ Rohstoffe abgeben. Hat ein Spieler auch zu wenig Rohstoffe, kostet ihn das 10 Punkte auf der Punkteleiste. Dann beginnt eine neue Runde.
Das Spiel endet, wenn entweder einer der Gebäudestapel aufgebraucht ist oder wenn keine neue Zivilisationskarte mehr nachgelegt werden kann. Es kommt zur Schlusswertung und die Spieler errechnen ihre Zusatzpunkte durch ihre Zivilisationskarten. Eine Karte bringt beispielsweise Punkte für jedes Werkzeug, jedes gebaute Gebäude oder für jede eigene Figur. Andere Karten liefern unterschiedliche Symbole, die als Sets dann zusätzliche Punkte bringen. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- rundum gelungener Mix aus Taktik und Glück
- Worker Placement mit eigenem Kniff
- spannendes Zocker-Element
- Karten liefern starke Bonus-Möglichkeiten
- hochwertiges Spielmaterial
CONTRA
- das Glück entscheidet teilweise auch mal über den Sieg
MEINUNG
Ja, ich finde es immer noch schade, dass es im Jahr 2008 noch nicht den Titel „Kennerspiel des Jahres“ gab, denn den hätte Stone Age mit Sicherheit gewonnen. Nominiert war das Steinzeit-Spiel damals für den roten Pöppel, also zum „Spiel des Jahres“, und letztlich erhielt dann Keltis den Titel, was erfahrenere Spieler aufschreien ließ. Nun gut, seitdem sind einige Jahre vergangen, und letztlich zeigte sich, welches Spiel dann tatsächlich zum Dauerbrenner wurde. Stone Age hat eine eigene Fangemeinde aufgebaut. Es folgten diverse Erweiterungen.
Werfen wir zunächst einmal einen Blick aufs Material. Das ist überaus gelungen, sowohl optisch als auch von der Qualität. Dass dem Spiel sogar ein hochwertiger Würfelbecher spendiert wurde, ist wirklich ein schönes Gadget.
Spielerisch sind es dann durchaus bekannte Konzepte, die hier aufeinander treffen. Wir sammeln Rohstoffe und tauschen diese über Gebäude-Aufträge in Siegpunkte. Gleiches machen wir auch durch die Karten, die an individuelle Bonus-Wertungen und Set-Collecting-Elemente geknüpft sind. Soweit, so bekannt. Bekannt war auch im Jahr 2008 bereits der Worker-Placement-Mechanismus, aber Stone Age lieferte da einen wunderbaren neuen Kniff. Das Einsetzen der Figuren reihum erfordert nicht nur eine gute Planung, sondern führt auch dazu, dass man die Mitspieler „lesen“ können muss. Schnell kann es sonst passieren, dass ein begehrter Platz bereits belegt ist bzw. ich auf bestimmte Aktionen keinen Zugriff mehr habe - oder einfach nicht eine ausreichende Anzahl an Figuren platzieren kann, weil ein Mitspieler sich da bereits vor mir stärker engagiert hat.
Die Orte des Dorfes sind dann wichtig für dauerhafte Vorteile. Die Nahrungsleiste ist eine unglaubliche Erleichterung im Spiel, um sich nicht ständig um neue Nahrung kümmern zu müssen. Wer Zugriff auf dieses eine Einsetzfeld hat, der wird es auch meistens sofort belegen. Nun sollte man auch nicht glauben, dass man allein mit dem Erfüllen der Gebäude-Aufträge gewinnen wird. Ja, diese Strategie sieht in der ersten Partie erst einmal nach vielen Punkten aus, wenn man da Plättchen für Plättchen für sich ergattert, aber bei der Schlusswertung kommt dann oft das böse Erwachen. Die Karten nämlich sind es, die unglaublich viele Punkte am Spielende generieren können, wenn man sie klug einkauft: unterschiedliche Symbole für Sets, vor allem aber auch Multiplikatoren für den eigenen Fortschritt auf der Nahrungsleiste, bei den Werkzeugen oder beim „Nachwuchs zeugen“... Während ich in Erstpartien schon stolz auf 150 Punkte war, zeigte sich später in einer 2-Spieler-Partie, dass da durchaus auch Punkte jenseits der 300 möglich sind. Also, niemals die Karten unterschätzen!
Für Gebäude und Karten benötige ich Rohstoffe. Karten kann ich leicht mit billigem Holz bezahlen, Gebäude hingegen steigern sich im Wert, je wertvoller der eingesetzte Rohstoff ist. Natürlich ist da jeder scharf auf Gold, aber das zu bekommen ist nicht einfach. Und da wären wir dann auch endlich bei dem Spielelement, dass Stone Age für mich so besonders macht: Das Zocken mit Würfeln. Klar ist das ein großer Glücksfaktor, aber ein sehr spannender, denn ich spiele hier mit Wahrscheinlichkeiten und kann meine Chancen über die Anzahl der eingesetzten Figuren an einem Ort entsprechend steigern. Einen einzigen Würfel fürs Schürfen von Gold zu verwenden, wäre nicht besonders klug, wird die Würfelsumme doch durch 6 geteilt, um dann lediglich ein Goldnugget auszuschütten. Mit einem einzigen Würfel stehen die Chancen da bei 1:6, dass mir das überhaupt gelingt. Mit jeder weiteren Figur und jedem weiteren Würfel erhöhen sich die Chancen entsprechend, mit etwas Glück sind auch gleich größere Erträge möglich. Ja, das ist schon spannend, was man dann letztlich unter dem Würfelbecher vorfindet. Da ist dann auch immer gut, wenn man noch die Absicherung über Werkzeuge besitzt, die einen auf die nächste Ertragsstufe bringen können. Übrigens kann auch Holz sehr begehrt sein, einfach, weil man damit günstig Karten kaufen kann. So werden die Plätze im Wald auch schnell rar.
Bei all dem ist dann Timing wichtig. Da ich meine eigenen Aktionen in einer von mir gewünschten Reihenfolge en bloc ausführe, sollte ich mir gut überlegen, welche Aktion zu Beginn sinnvoller ist, mit welcher Aktion ich vielleicht weitere Möglichkeiten erhalte, meine Chancen zu erhöhen, mit welcher Aktion ich sogar Rohstoffe auf direkte Weise generieren kann, wenn mir das Würfelglück nicht hold ist. Es kann dabei sogar ein taktisches Element sein, einen Auftrag zu belegen, ohne dass ich die Rohstoffe dafür im Vorrat habe, einfach um das Plättchen für die Konkurrenz zu blockieren. Da verschenke ich dann zwar eine Figur in dieser Runde, aber vielleicht kann ich dann in der nächsten Runde zuschlagen, wenn ich bis dahin mehr Rohstoffe angesammelt habe ... Auch das Blockieren von Rohstoff-Orten ist eine gängige Strategie, um die Konkurrenz von bestimmten Erträgen fernzuhalten.
Zwei Punkte könnte ich bei Stone Age vielleicht ein wenig kritisieren. Zum einen kann es ein gewisses Frustrationspotenzial geben, wenn ich wiederholt nur Einsen werfe und mein Konkurrent nur Sechsen. Mehr Rohstoffe bedeuten halt einfach auch mehr Möglichkeiten. Meistens gleicht sich das im Spiel aber aus, es sei denn, man hat wirklich das Pech an den Händen kleben. Zum anderen kann es in Vollbesetzung auch mal zu längeren Wartezeiten kommen, wenn die Mitspieler ihre Aktionen ausführen. Zu zweit geht das alles flotter, dafür ist die Ortsauswahl dann eingeschränkter. Belegt mein Kontrahent einen Rohstoff-Ort, kann ich diesen im Spiel zu zweit in der laufenden Runde nämlich nicht mehr besuchen. Schön ist es aber, dass ich als passiver Spieler durch Karten auch in den Zügen anderer Spieler mit eingebunden bin, wenn ich mir bei einem gegnerischen Würfel-Bonus auch eine Belohnung aussuchen darf.
Die kleinen Kritikpunkte schmälern meine Euphorie für Stone Age nur minimal. Ich finde das Spiel großartig; es ist ein ideales Gateway-Spiel, um weniger erfahrene Spieler an komplexere Spiele heranzuführen, gleichzeitig bleibt es aber auch für Vielspieler interessant. Das Zockerelement, bei dem ich mit Würfeln um Rohstoffe pokere, wird von Hardcore-Strategen mitunter verachtet, aber gerade darin sehe ich den größten Spielspaß. Das ist einfach immer wieder spannend, und gleichzeitig auch beeindruckend, wie ich am Ende doch noch viele Punkte generieren kann, selbst wenn mir der ganz große Rohstoff-Reichtum ausbleibt. Für mich ist Stone Age auch im Jahr dieser Classic-Rezension (2023) immer noch das nahezu perfekte Kennerspiel, dem ich daher fantastische 9 Kultpunkte verleihe, je nach Spielerzahl und Schnelligkeit meiner Mitspieler sogar mit der persönlichen Tendenz zur Höchstpunktezahl von 10!
KULTFAKTOR: 9/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 10/10
Spielablauf: 9/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 13.07.2023
Bildnachweis:
Coverfoto: Hans im Glück
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