REZENSION

REALLY?

  • Genre: Wissensspiel
  • Jahr: 2021
  • Verlag: HUCH!
  • Autoren: Natalie Podd, Ceri Price
  • Spieler: 3 bis 6 (oder Teams) / ohne Variante auch ab 2
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: ca. 30 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Initiativlevel: 8/10

Bitte nicht überspannen!

In diesem Schätzspiel werden euch Quizfragen gestellt, die ihr mit Zahlen beantworten müsst. Und weil hier niemand etwas ganz genau wissen muss, könnt ihr die Spanne, in der sich die vermeintlich richtige Antwort befindet, selbst festlegen. Aber Vorsicht! Wenn ihr nicht mutig genug seid, schnappt euch die Konkurrenz die sicher geglaubten Punkte weg!

REGELN

Jeder von euch bekommt eine beschreib- und abwischbare Antworttafel. Ihr könnt auch in Teams spielen. Zudem wird die Wertungstafel mit euren Namen beschriftet und bereit gelegt.

Nun wird euch die erste Quizfrage vorgelesen. Notiert nun eure Schätzwerte auf eurer Antworttafel, legt dabei ein Minimum und ein Maximum fest. Die Differenz wird als Spanne eingetragen. Natürlich macht das jeder für sich, ohne dass jemand abgucken kann.

Habt ihr alle eine Lösung notiert, deckt eure Tafeln auf. Lest anschließend die Lösung der Frage auf der Rückseite der Karte vor. Zunächst wird nun kontrolliert, wer an der Wertung teilnimmt. Alle, bei denen die richtige Antwort nicht innerhalb der notierten Spanne liegt, erhalten keine Punkte. Wer die kleinste Spanne notiert hat, in der die richtige Antwort liegt, erhält 3 Punkte (bei einem Gleichstand können das auch mehrere Spieler sein). Alle anderen Spieler mit richtiger Spanne erhalten 1 Punkt. Sollte alle von euch richtig getippt haben, erhält derjenige mit der größten gewählten Spanne keine Punkte.

Wischt eure Antworttafel leer und lest nun die nächste Frage vor. Es gewinnt, wer als Erster 15 Punkte sammeln konnte.

Varianten:
Spielt ihr mit den Boosts, hat jeder von euch drei verschiedene Sonderaktionen, die jeweils einmal pro Partie und Spieler genutzt werden können. Beim „Tauschen“ notiert ihr zwei Mitspieler, die ihre Tafeln vor der Wertung einer Frage tauschen müssen. Beim „Verdoppler“ setzt ihr auf eure vermeintlich richtig notierte Antwort, im Idealfall mit der kleinsten Spanne. Stimmt die Antwort, erhaltet ihr die doppelte Punktezahl. Und beim „Kopieren“ schreibt ihr den Namen eines Mitspielers auf, dessen Antwort ihr übernehmt.

Die Anleitung schlägt weitere Regel-Optionen vor. So kann z.B. eine Abstufung bei den notierten Spannen vorgenommen werden (Punkte nur für die kleinste und zweitkleinste richtige Spanne), auch kann man sich darauf verständigen, 5 Punkte zu vergeben, wenn jemand als Spanne nur eine Zahl notiert, also eine Punktlandung bei der richtigen Antwort erzielt etc. 

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • interessanter Fragenkatalog
  • niemand muss hier etwas exakt wissen
  • zum Teil erstaunliche Lösungen
  • alle spielen gleichzeitig
  • Raum für Hausregeln


CONTRA

  • Fragenanzahl ist nicht sonderlich hoch
  • der Tausch-Boost kam bei uns nicht sonderlich gut an

MEINUNG

Einen positiven Effekt der Corona-Pandemie zu benennen, dürfte schwer sein. Dennoch: Bei uns hat sich in den Zeiten der Kontaktbeschränkungen eine Online-Gruppe gebildet, die wöchentlich über eine Videokonferenz quizzt. Quizspiele waren zuvor irgendwie immer das rote Tuch bei unseren gemischten Spieletreffs im Real Life. Niemand blamiert sich gern mit Nicht-Wissen, und so wurde dieses Spielgenre leider immer von vielen Teilnehmern direkt abgeblockt. Nun haben sich bei uns dann letztlich, während Lockdown und Ausgangssperre, doch sieben Personen gefunden, die Fan dieses Genres sind. Und so sind wir auch froh um jedes neue Wissensspiel, das auf den Markt kommt. Auch Really? kann man übrigens auf Distanz (per Videokonferenz) spielen, wenn jeder die Antworten für sich notiert, wobei die Stimmung am echten Spieltisch natürlich trotzdem noch einmal eine andere ist.

Really? gehört zu einer Untergruppe der Quizspiele, deren Zugang sich meistens als etwas leichter erweist, denn hier muss niemand exakte Antworten liefern - es ist halt ein Schätzspiel. Auch wird keine einzelne Person bloßgestellt, da alle gleichzeitig spielen und ihre Mutmaßungen notieren. Ja, auch hier gibt es natürlich Mitspieler, die in so etwas besser sind als andere. Da der Fragenkatalog aber doch sehr bunt gemischt ist, kann man davon ausgehen, dass es in den meisten Gruppen wohl keinen Alphaspieler gibt, der die anderen deklassiert. Bei uns jedenfalls waren die Ergebnisse immer eng.

Die Fragen allein sind dabei schon ein interessantes Element des Spiels. Das sind zum größten Teil keine Wissensfragen, bei denen man eine Punktlandung bei einer Antwort erzielen wird. Solche Fragen sind zwar auch mit dabei (ob ihr das mit 5 Bonuspunkten aus der vorgeschlagenen Variante belohnen wollt, müsst ihr selbst entscheiden), aber bei einem Großteil der Fragen zählt einfach eine gute Schätzung. Und da wären wir auch schon beim nächsten Kniff. Die "Range", also die Spanne, in der die Antwort liegt, bestimmt jeder für sich. Wer sie enger wählt, kann auf mehr Punkte hoffen, wer sich nicht traut, kann trotzdem noch einen Punkt mitnehmen, auch wenn die Spanne mal größer ausfällt. Damit sich niemand einen Punkt erschleicht, indem er völlig überdimensionierte Spannen notiert, gibt es die wichtige Regel, dass derjenige leer ausgeht, der die größte Spanne notiert hat, wenn alle anderen mit richtiger Antwort kleinere Zahlen-Abstände aufgeschrieben haben. Das ist gut durchdacht.

Ob es die Boosts als Variante nun wirklich gebraucht hätte, liegt auch wieder im persönlichen Empfinden. Der Verdoppler- und der Kopier-Joker machen durchaus taktisch Sinn, der Tausch-Joker hingegen ist in meinen Augen Nonsens, den braucht kein Mensch, bringt er doch eine Glückskomponente ins Spiel, die zudem noch ziemlich chaotisch wird, wenn sich mehrere Spieler gleichzeitig dazu entschlossen haben, sie zu nutzen. Da waren sich übrigens alle Mitspieler einig. Wir lassen diesen Boost nun einfach weg. Dann ist das Spiel übrigens auch bereits zu zweit spielbar, wenngleich die Schachtel 3 Spieler als Mindestzahl vorgibt.

Ansonsten lässt sich positiv hervorheben, dass es quasi kaum Wartezeiten gibt, da alle gleichzeitig spielen. Und es gibt bei vielen Lösungen auch einen Aha- und Oho-Effekt am Tisch. Ein Grund, warum man sich schnell neue Fragekarten wünscht. 200 Karten (auf der Vorderseite mit der Frage, auf der Rückseite mit der z.T. detaillierten Lösung) reichen nicht für viele Partien. Um 15 Punkte zu machen, braucht man im Idealfall 5 Fragekarten, wenn man stets die besten Antworten notiert. Meistens läuft es jedoch darauf hinaus, dass man, je nachdem, wie viele Spieler teilnehmen, nur 1 Punkt pro Frage erhält - oder gar keinen, weil man die Spanne nicht klein genug gehalten oder völlig daneben getippt hat. Lasst es dann also auch mal 20 oder mehr Fragekarten sein, die man verbraucht, um ins Ziel zu gelangen.

Bei völlig planlosen Spielern wäre es sogar theoretisch möglich, dass eine Partie endlos dauert und am Ende alle Fragekarten aufgebraucht sind, da es kein zusätzliches Fangnetz gibt. Unser Tipp: Um ein schnelleres Spiel zu ermöglichen und die Fragen nicht in großer Menge zu verbrauchen, macht es sich gut, 10 Karten pro Partie abzuzählen. Dann heißt die Regel: Es gewinnt, wer als Erster 15 Punkte machen konnte bzw. derjenige, der nach den 10 gestellten Fragen die meisten Punkte gesammelt hat. Dennoch: Ein Fragen-Nachschub wäre auf längere Sicht schon schön!

Insgesamt empfinde ich Really? jetzt nicht als die ganz große Quiz-Innovation, aber das Spiel bietet neue Aspekte und vor allem interessante Fragen mit noch interessanteren Antworten. Gepaart mit dem schönen Kniff der eigenen Risikoabwägung ist dieses Wissens-Wettrennen für mich ein gutes 7-Punkte-Spiel (sofern man die Tausch-Option streicht), das allerdings, um den Langzeitspielreiz oben zu halten, in der Zukunft Add-Ons benötigen wird. 

KULTFAKTOR: 7/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 7/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 27.12.2021

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: HUCH!
Weitere Fotos: Spielkultisten