REZENSION
RAGUSA
- Genre: Strategiespiel
- Jahr: 2019
- Verlag: Giant Roc
- Autor: Fabio Lopiano
- Grafik: Bartlomiej Roczniak
- Spieler: 1 bis 5
- Alter: ab 12 Jahren
- Dauer: ca. 60 Min.
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 7/10
Die nächste Runde geht auf den Neuen
Ragusa ist ein alter Name für die (heute kroatische) Hafenstadt Dubrovnik. Wir befinden uns in Dubrovnik zur Blütezeit als Handelszentrum. Um dort schnell ein florierendes Geschäft für Siegpunkte zu eröffnen, platzieren wir Häuser, erschließen uns so neue Rohstoffe und schenken den andere Aktionen.
REGELN
Ein mit Hexagonen versehendes Spielbrett und eine Stadt, in der wir Handel im Mittelalter betreiben sollen - damit wären recht viele Spiele beschrieben, aber "Ragusa" hat einen netten Kniff.
Zunächst wird das Spielbrett bereit gelegt und die drei Anzeiger für den Warenwert der drei Waren Öl, Silber und Wein werden auf die Startwerte platziert. Dann werden die Schiffskarten gemischt und die Schiffsleiste aufgefüllt. Die Rückseiten der Karten geben an, wie sich die Werte der Waren dabei verändern.
Die Mauerstücke werden bereit gelegt. Die Bonuskarten gemischt, und jeder Spieler erhält 2 Stück. Jeder Spieler sucht sich eine Karte aus und wirft die andere ab. Diese Karten zeigen Elemente, die dem Spieler am Ende des Spiels Extrapunkte geben.
Jeder Spieler sucht sich eine Spielerfarbe aus. Er bekommt das Tableau, die Häuser und Türme der entsprechenden Farbe sowie drei Chips, um seinen Bestand der drei Waren, Öl, Wein und Silber, anzuzeigen.
Am Rand des Tableaus finden sich die 6 Rohstoffe, Fisch, Holz, Stein, Oliven, Trauben und Silbererz. Um den Zugang zu diesen Rohstoffen anzuzeigen, gibt es Karten in der Spielerfarbe, die ans Tableau angelegt werden. Rohstoffe sind tatsächlich kein Bestand und reduzieren sich, sondern es wird der Zugang zu diesem Rohstoff angezeigt. Mehr dazu gleich.
Ein Startspieler wird festgelegt und beginnt. Die Spieler platzieren reihum je Zug ein Haus auf einen Knotenpunkt zwischen den Hexfeldern in ihrem Zug. Wenn ein Haus platziert wurde, führt der Spieler die drei Aktionen der angrenzenden Hexfelder aus. Dann ist der nächste Spieler an der Reihe bis alle ihre Häuser platziert haben. Dann endet das Spiel.
Es gibt Felder außerhalb der Stadt, welche alle Zugang zu bestimmten Rohstoffen gewähren. Wird ein Haus angrenzend zu so einem Feld gesetzt, so erhöht der Spieler seinen Zugang zu dem entsprechenden Rohstoff. Wer also ein Haus so setzt, dass er neben zwei Holz- und einem Stein-Hexfeld gebaut hat, dann erhöht er den Holzzugang um 2 und den Steinzugang um 1.
Nachdem das Haus gewertet wurde, wird kontrolliert, ob der Spieler maximal so viele Häuser an den drei Hexfeldern platziert hat wie er Holzzugang besitzt. Will ich an demselben Hexfeld ein zweites Haus haben, so muss ich 2 Holz haben.
Die Stadtfelder bieten individuelle Aktionen, aber auch hier gibt es eine Baubedingung. Wer an ein Stadthexagon bauen möchte, muss Steinzugang statt Holzzugang haben, gezählt wird hierbei aber genau wie bei den Rohstofffeldern.
Es kann an der Stadtmauer gebaut werden, was sofort Punkte bringt und am Ende des Spiels nochmal Punkte für das längste eigenen Mauerstück. Wird ein Haus zum Maurer gesetzt, so wird jedes zuvor dort platzierte Haus auch aktiviert, auch die der Gegner.
Beim Baumeister kann ein Turm platziert werden. Türme können entlang der Stadtmauer auf den gleichen Feldern wie Häuser gebaut werden. Ein Feld kann sich einen Turm und ein Haus teilen, sodass es leichter für Spieler wird, ihren Teil der Stadtmauer zu verlängern. Aber auch beim Baumeister werden alle zuvor dort platzierten Häuser aktiviert.
Beim Olivenbauern produziert jedes Haus (ja auch gegnerische) so viele Einheiten Öl, wie der Spieler Zugang zu Oliven hat. Die Hexfelder für Silber und Wein funktionieren genauso.
Beim Kai wird für jedes Haus (ja auch hier dürfen eure Gegner mitmachen) eine Ware für ihren aktuellen Wert am Markt verkauft, hierbei werden Siegpunkte ausgeschüttet.
Beim Fischmarkt gibt es einen Siegpunkt für je 2 Zugang zu Fisch, die ein Spieler hat.
Beim Markt kann der Spieler eine Bootskarte pro eigenem Haus aus der Auslage kaufen. Die Kosten ergeben sich aus der Position und der Art des Schiffes. Die Kosten können so 1 Öl bis zu 2 Silber betragen. Schiffe geben sofort Siegpunkte und sind oft für Bonuskarten relevant. Wird ein Schiff gekauft, so sinkt der Marktwert der bezahlten Ware. Beim Auffüllen der Schiffsleiste steigen die Marktwerte der Waren aber wieder.
Bei der Kathedrale wird gar keine Aktion sofort ausgelöst. Jedes Haus dort bringt erst bei Spielende Punkte. Jedes Haus erlaubt es ein Warenset aus den drei Waren zu werten, als würden sie verkauft. Dementsprechend wird hier mal nichts den anderen Spieler geschenkt.
Auch beim Rathaus agiert nur der setzende Spieler. Hier gibt es eine weitere Bonuskarte, wobei aus 2 Karten ausgewählt werden darf.
Wurden alle Häuser platziert, so gibt es noch Punkte für das eigene längste Mauerstück, welches nicht durch eine gegnerische Farbe unterbrochen wird, für Häuser bei der Kathedrale und für die Bonuskarten. Letztere geben oft Punkte für bestimmte Schiffe, bestimmte Rohstoffe oder auch Waren. Wer dann die meisten Punkte hat, der gewinnt "Ragusa."
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- starke Varianz mit Spieleranzahl
- leichte Zugstruktur
- gutes Material
- angenehme Spieldauer
CONTRA
- Karten passen nicht in Aussparungen
MEINUNG
Das Thema und das Cover sind eher klassisch. Wir befinden uns am Ende des Mittelalters in Dubrovnik, welches zu dieser Zeit "Ragusa" hieß. Das Cover zeigt eine malerische und auch gemalte Ansicht von der Stadt. Dies lockt sicherlich keinen Hund hinter dem Ofen hervor. Auch ist ein Spielfeld mit Hexagonen und kleinen Holzhäuschen nicht sehr originell. Allerdings sind das Material, das Spielbrett und die Karten von guter Qualität, und besonders die kleinen Türme wirken mit ihren perfekten Aussparungen für die Häuser sehr wertig. Jedoch gibt es auch Aussparungen, die bei allen Spielern fragende Blicke hinterlassen haben: Die Aussparungen am Spielertableau sind eine Winzigkeit zu klein für die Rohstoffkarten. Dies ist aus irgendeinem Grund für alle immer wieder ein Grund gewesen, irritiert zu sein, vielleicht weil das restliche Material so gut zusammen passt.
Das Spiel selber hat auch viele Mechanismen, die gut und elegant zusammenpassen. Der eigene Zug ist recht simpel: Setze ein Haus und mache, was die drei Hexfelder um das Haus sagen. Dies verstehen fast alle sofort. Das Sammeln der Rohstoffe und die Produktion von Waren sowie deren Verkauf auch.
Ein bisschen kniffliger zu erklären sind die zwei Elemente mit dem besonderen Kniff. Zum einen darf ein Spieler am selben Hexfeld nur maximal so viele Häuser haben, wie er Zugang zu Holz (außerhalb der Stadt) oder Stein (innerhalb der Stadt) hat. Zum anderen werden an vielen Stadtfeldern alle dort platzierte Häuser wieder aktiviert, wenn dort ein weiteres Haus platziert wird.
Die wiederholte Verwendung eines platzierten Hauses ist das andere besondere Element. Möchte man sich spezialisieren, sollte dafür schnell Stein besorgt werden, und die Häuser sollten früh platziert werden. Aber vielleicht wollen die anderen Spieler dann gar nicht so häufig das schon von einem behauste Hexfeld nutzen ...
Während es bei zwei Spielern auf einen guten Rhythmus zwischen Rohstoffbesetzung und Stadtfelder-Auswahl ankommt, muss bei drei Spielern schon versucht werden, dass man durch die Platzierungen der anderen Spieler ein paar Extraaktionen bekommt. Das Spaßige hierbei ist, wenn man es schafft, Aktionen zu aktivieren, die für andere gar nicht so nützlich sind. Vielleicht besuchen eure Mitspieler intensiv die Olivenmühle, wenn ihr gar kein Olivenöl mehr lagern könnt. Oder ein neues Mauerstück ist gar nicht mehr zu eurem Vorteil.
Bei 4 Spielern gibt es plötzlich ganz viel Konkurrenzdruck, denn bei nur sechs Plätzen für Silbererz, dem wertvollsten Rohstoff, wird es auf einmal recht eng dort. Außerdem hat man mit steigender Spielerzahl immer weniger Häuser, weswegen die geschenkten Aktionen der anderen Spieler auch wichtig sind. Es wollte mir leider nicht gelingen, 5 Spieler für "Ragusa" aufzutreiben, da dies in der Pandemiezeit leider schwierig ist.
So ergibt sich bei "Ragusa" ein spannender Konflikt in fast jedem Zug. Ist es wichtiger, sich erst Stein zu besorgen, um mehr Häuser an Stadtfelder zu legen? Oder ist es besser, schon an andere Stadtfelder zu legen? Erst mal noch ein paar Oliven besorgen, bevor es zur Mühle geht? Was haben die anderen vor? So viel zu tun und so wenig Häuser!
Es gibt verschiedene Wege, Siegpunkte zu bekommen, und wer einen davon ignoriert, der sollte in den anderen besser recht gute Fortschritte machen, um dies auszugleichen.
Mit 60 bis 90 Minuten Spieldauer stört es bei "Ragusa" nicht, dass die Schiffs- und Bonuskarten fürs Spielende relativ zufällig ins Spiel kommen. Es gibt schon eine Auswahl, aber wer Glück hat, bekommt vielleicht eine Karte, die direkt 12 Punkte bringt, während jemand anderes für 8 Punkte noch was erledigen muss. Diese Zufallsmomente sind hier eher etwas auflockernd und setzen den Spieler wieder etwas unter Druck. Liegen die Schiffe, die ich brauche, aus, aber ich wollte dringend zum Maurer, bevor es alle anderen tun, dann muss ich abwägen. Bei den Bonuskarten kann ich mich am besten auf diese einstellen, wenn ich diese früh hole.
FAZIT: Auch wenn vieles an "Ragusa" recht bekannt wirkt, so sind die Baubeschränkung und die wiederholte Aktivierung genug, um ein interessantes Spielgefühl zu wecken. Die Entscheidungen in jedem Zug sind wichtig, und durch die wiederholte Aktivierung der Häuser ist die Interaktion durchaus hoch.
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
LUTZ
Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast
Eine Rezension vom 02.12.2020
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Braincrack Games / Capstone Games / Giant Roc
Weitere Fotos: Spielkultisten