REZENSION
PIEPMATZ
- Genre: Kartenspiel
- Jahr: 2018
- Verlag: Lookout Spiele
- Autoren: Matt Riddle, Ben Pinchback
- Grafik: Klemens Franz, Mike Langman
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 30 Min.
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 7/10
Schlange stehen vorm Vogelhäuschen
Das Vogelhäuschen lockt mit seinem Futter allerlei Vögel an, Männchen und Weibchen mit unterschiedlich hohem Durchsetzungsvermögen. Um die Vögel in den eigenen Garten zu bringen, braucht es Taktik und etwas Glück, insbesondere, weil Eichhörnchen und Krähen die Fütterung stören können.
NATUR-SPECIAL-TAGE 23.05.-04.06.2021
REGELN
Mischt alle Vogelkarten (im Spiel zu zweit wird eine Vogelart aussortiert) und bildet daraus einen verdeckten Stapel. Sechs verschiedene Vogelarten sind im Spiel vertreten: Amseln, Buchfinken, Goldammern, Grünfinken, Spatzen und Gimpel, jeweils mit den Werten von 1 bis 6 in einer männlichen und in einer weiblichen Gestalt.
Legt das Vogelhäuschen in die Mitte. Bei 2 oder 3 Spielern finden sich dort zwei Futterplätze, mit 4 Spielern sind es drei Futterplätze. An jeden Futterplatz wird ein zufälliger Vogel angelegt. Außerdem wird noch eine Reihe aus 3 Vögeln in die Tischmitte gelegt - als Angebot für alle Spieler. Jeder Spieler erhält 4 Vogelkarten vom Stapel auf die Hand.
Über das Vogelhäuschen werden 4 Körnerkarten ausgelegt. Die zeigen zwischen einem und drei Punkte (Eier), sind also am Spielende auch entsprechend viel wert. Werden im späteren Verlauf beim Aufdecken neuer Körnerkarten Ärgerkarten (Krähe, Eichhörnchen) aufgedeckt, so werden diese in einer parallelen Reihen neben den Körnerkarten ausgelegt, beide Kartenarten immer beginnend beim Vogelhäuschen.
Gespielt wird reihum. Wer an der Reihe ist, durchläuft mehrere Phasen:
1. Eine Vogelkarte ausspielen. Der aktive Spieler spielt eine Handkarte aus und legt sie in an einem Futterplatz an. Der Vogel reiht sich hinter dem dort befindlichen Vogel in einer Schlange ein. Zur Verdeutlichung wird die Karte etwas tiefer ausgelegt als die Karte, die sich direkt am Futterhäuschen befindet. Im weiteren Verlauf können sich auch mehrere Vögel in der Warteschlange ansammeln.
2. Werte vergleichen. Nun wird der Wert des Vogels direkt am Futterplatz mit dem der Vögel in der Warteschlange dahinter verglichen. Erzielt die Warteschlange einen höheren Wert (bei mehreren Karten wird eine Summe gebildet), so wird der Vogel am Futterplatz verdrängt. Der Spieler erhält ihn für seine Sammlung. Aus der Schlange wird nun der Vogel mit dem höchsten Wert (bei Gleichstand der, der näher am Vogelhaus wartet) an den Futterplatz verschoben. Die Differenz gibt an, welche Körnerkarte der Spieler zudem erhält (1 bis 4 = Position 1 bis 4 über dem Vogelhäuschen). Ist die Differenz größer als 5, wird eine zufällige Karte vom Stapel gezogen. Sollte der Spieler eine Ärgerkarte neben der Körnerkarte vorfinden, muss er ihren Effekt nun ebenfalls ausführen (das Eichhörnchen stiehlt zwei bereits gesammelte Körnerkarten, die Krähe verscheucht einen bereits angelockten Vogel aus der eigenen Sammlung).
Sollte die Warteschlange aus mehreren Vögeln bestehen, wird ihr Wert nun mit dem neuen Vogel am Futterplatz verglichen. Sollte sie erneut einen höheren Durchsetzungswert erzielen, werden die unter (2) beschriebenen Folgen wiederholt.
Ist der Wert der Warteschlange hingegen kleiner als der des Vogels am gewählten Futterplatz, so wächst die Warteschlange an. Der Spieler erhält keine Körnerkarte und auch nicht den Vogel vom Futterplatz, allerdings darf er stattdessen einen Vogel von seiner Hand direkt in seine eigene Sammlung ausspielen. Dieser Vogel muss dabei den gleichen oder einen niedrigeren Wert aufweisen als der ausgespielte Vogel in diesem Spielzug.
3. Karten nachziehen. Zum Schluss zieht der Spieler eine oder mehrere neue Karten nach, sodass er anschließend wieder 4 Handkarten besitzt. Die neuen Karten können aus der offenen Angebot-Auslage stammen oder vom Stapel. Erst jetzt wird auch die Auslage der Körnerkarten wieder auf 4 Karten ergänzt.
Spielende: Gespielt wird, bis keine Karte mehr vom Nachziehstapel nachgelegt werden kann. Die laufende Runde wird noch zu Ende gespielt.
Jeder Spieler erhält nun Punkte:
- 5 Punkte pro Vogelpaar (bestehend aus einem Männchen und Weibchen der gleichen Vogelart und des gleichen Wertes).
- Jede gesammelte Körnerkarte bringt die aufgedruckten Punkte (Eier).
- Jede Sammlung aus Vögeln einer Art wird mit den Mitspielern verglichen. Wer die Mehrheit an Vögeln dieser Art besitzt, bekommt so viele Punkte, wie die daran beteiligten Karten Eier anzeigen. Jede Vogelart wird nacheinander gewertet.
Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- taktisch geprägtes Kartenlege- und Set Collecting-Spiel
- schöne Illustrationen
- trickreiches Spielprinzip
- sehr gut zu zweit
CONTRA
- in Vollbesetzung kann weniger im Voraus geplant werden
- Spielgefühl eher mechanisch bzw. mathematisch
- einiges an Administration erforderlich
MEINUNG
Mit dem Artenreichtum von Flügelschlag kann Piepmatz nicht mithalten. Sechs heimische Singvögel finden wir in Form von hübschen Illustrationen auf den Karten, pro Vogelart immer ein Weibchen und ein Männchen jeder Farbe. So hat das Spiel auch direkt etwas lehrreiches. Das bezieht sich nicht nur auf den biologischen Aspekt, sondern auch auf den mathematischen.
Mathematisch? Ja! Piepmatz ist im Grunde ein abstraktes Spiel, bei dem Zahlen addiert und verglichen werden, die Differenzen liefern bestimmte Punktekarten. Der Mechanismus muss dabei erst einmal verstanden werden. Anfangs hakt es da bei den Wenig- und Gelegenheitsspielern eventuell noch etwas. Aber hat jeder die Regeln verinnerlicht, dann entpuppt sich das kleine Spiel als sehr taktisch. Welchen Vogel ich erhalte, welche Körnerkarte ich bekomme - all das hängt davon ab, welche Werte ich mit meinen Karten erziele. Zum leichteren Verständnis kann man die Werte der Vögel als eine Art „Durchsetzungsvermögen“ ansehen. Dann erklärt sich der Verdrängungsmechanimus leichter. Das Spiel ist tricky, zumal man oftmals auch absichtlich einen kleinen Wert erzielen möchte, um eine andere Karte von der Hand direkt in die Sammlung legen zu dürfen.
Auch wenn es sich hier um Kopfrechnen im kleinen Zahlenraum handelt, so muss man Rechnen doch mögen. Das Spiel fühlt sich durch dieses Spielkonzept nicht so fluffig, sondern eher mechanisch an. Zudem ist auch immer einiges an Administrationsarbeit erforderlich. Karten werden verschoben, nachgelegt, vertauscht etc.
Dabei spielt natürlich auch das Glück eine Rolle. Ja, ich kann versuchen, gezielt Körnerkarten anzusteuern, ich kann probieren, bestimmte Vögel in meine Auslage zu locken, jedoch können sowohl die Ärgerkarten als auch die Mitspieler die Pläne verhageln. Am taktischten ist das Spiel tatsächlich zu zweit, da man hier besser im Voraus planen kann. Dann ist auch die Downtime am geringsten.
Während ich Körner und Mehrheiten bestimmter Vogelarten noch ganz gut beeinflussen kann, sieht es mit der Paar-Bildung schon schwieriger aus. Zwei artengleiche Vögel unterschiedlichen Geschlechts mit dem selben Wert einzusammeln, das ist schon eine Herausforderung, und da siegt dann eben auch mal der Glücksfaktor, der letztlich bestimmt, ob man überhaupt Zugriff auf passende Karten erhält.
Insgesamt gefällt mir Piepmatz mit den genannten Einschränkungen aber gut. Ich mag den taktisch geprägten Mechanismus; mir macht es nichts aus, in jedem Spielzug kurz die Werte der Karten zu berechnen, ich sehe darin eher eine Herausforderung, meine Handkarten geschickt einzusetzen, um meine Pläne durchsetzen zu können. Trotzdem muss ich sagen, dass ich auch Mitspieler am Tisch sitzen hatte, denen das schon zu viel Arbeit war. Da solltet ihr selbst entscheiden, zu welcher Gruppe ihr euch zählen würdet. Für die neckische Spielidee vergebe ich nach meinem Geschmack jedenfalls alles in allem gute 7 Kultpunkte!
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 01.06.2021
Bildnachweis:
Coverfoto: Lookout Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten