REZENSION
P'ACHAKUNA
- Genre: Familie
- Jahr: 2020 (Prototyp)
- Verlag: Treecer
- Autoren: Stefan Kraft, Moreno Vogel
- Grafik: Johanna Tarkela
- Spieler: 2
- Alter: ab 8 Jahren
- Dauer: ca. 32 - 60 Min.
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Initiativlevel: 6/10
Mit dem Lama durch die Anden
Die einsamen Dörfer inmitten der Anden wünschen sich verschiedene Waren aus anderen Orten. Das beste Transportmittel: Lamas! Erfüllen wir die Wünsche der Siedlungen, erhalten wir Belohnungen. Das Tolle: Wir haben die besondere Fähigkeit, die Landschaft mit einem einzigen Dreh an unsere Bedürfnisse anzupassen ...
REGELN
KICKSTARTER PREVIEW
Zunächst wird der Spielplan aufgebaut. Dazu steckt ihr die Rahmenteile ineinander und legt diesen Rahmen auf die Aufbauhilfe - das ist eine Art Poster mit einer vorgedruckten Anordnung der Legeplättchen. Entsprechend füllt ihr also den Innenraum mit den aufgedruckten Plättchen. Diese gibt es in 3 Formen, die das Verhältnis der Landschaften "Ebene" (grün) und "Gebirge" (schwarz) bestimmen. Die Gesamtanzahl der Segmente ist für beide Landschaftsarten gleich.
Jeder Spieler erhält 3 Lamas, von denen er eine Figur auf das mittlere Dorf stellt. Die Dorffarbe gibt an, mit welcher Ware ein Lama beladen wird; das mittlere Dorf ist weiß - also werden beide Start-Lamas (in den Spielerfarben schwarz und weiß) jeweils mit einer weißen Ware beladen. Der Spieler, der mit Weiß spielt, beginnt. Der Spieler, der mit Schwarz spielt, erhält zum Ausgleich die einzige graue Ware in seinen Vorrat. Die trägt zwar nicht zur Spielende-Bedingung bei, kann aber als Zahlungsmittel verwendet werden.
Gespielt wird abwechselnd. Wer an der Reihe ist, dreht ein Plättchen seiner Wahl in eine neue Richtung. Anschließend bewegt er alle Lamas (zu Beginn halt nur ein Lama) mindestens 1 Feld weit, ansonsten aber so weit er kann und möchte. Lamas dürfen also auch längere Distanzen überwinden, sofern sich kein Hindernis in Form eines anderen Lamas oder einer falschen Landschaftsform im Weg befindet. Einzig die Dörfer sind neutrale Orte, in denen auch beliebig viele Lamas stehen dürfen.
Der Clou: Weiße Lamas dürfen stets nur in der Ebene laufen, schwarze Lamas nur im Gebirge! Durch die Plättchendrehung können also zusammenhängende Wege geschaffen oder auch gegnerische Wege unterbrochen werden. Es darf kein Plättchen mit einem Lama gedreht werden, auch nicht das Plättchen, das der Gegner im vorangegangenen Zug gedreht hat.
Ziel des Spiels ist es, Waren auszuliefern. Vor Spielbeginn wurde für jedes Dorf ein zufälliges Nachfrage-Schild aus dem Beutel gezogen. So ein Nachfrage-Schild zeigt immer zwei Warenfarben. In einem Dorf darf sich nie eine Nachfrage befinden, die eine Farbe des Dorfes zeigt, in der sie sich befindet. Heißt: Das grüne Dorf darf nie eine grüne Ware nachfragen, das gelbe Dorf nie eine gelbe etc. Zieht man ein solches Plättchen, muss man es gegen ein anderes austauschen.
Gelangt ein Spieler in ein Dorf und beendet dort seine Bewegung, gibt es drei Möglichkeiten:
- Die geladene Ware auf dem eigenen Lama entspricht der großen Nachfrage (obere Farbe des Schildes): Der Spieler entfernt seine Ware vom Lama und erhält diese doppelt ausbezahlt in seinen Vorrat.
- Die geladene Ware auf dem eigenen Lama entspricht der kleinen Nachfrage (untere Farbe des Schildes): Der Spieler entfernt seine Ware vom Lama und erhält diese genau einmal ausbezahlt in seinen Vorrat.
- Die geladene Ware auf dem eigenen Lama entspricht gar keiner Nachfrage auf dem Schild: Der Spieler darf die Ware dennoch abgeben, erhält dafür aber keine Belohnung. Das macht aber im späteren Verlauf trotzdem Sinn, um eine nicht benötigte Ware loszuwerden oder eine bestimmte Warenfarbe aufladen zu dürfen, denn:
Am Ende des Zuges befüllt der Spieler sein Lama nun mit einer Ware in der Farbe des Dorfes. Zudem wird das Nachfrage-Schild gegen ein neues Nachfrageschild aus dem Beutel getauscht.
Die erste Ware jeder Farbe kann der Spieler in seiner vor sich befindlichen Steckleiste am Rand der Spielfläche aufbewahren. Aber ein Spieler kann auch Waren bezahlen. Im Dorf kann er sich gegen 4 Waren aus seinem Vorrat ein weiteres Lama auf den Spielplan holen, welches auch direkt beladen wird. In jedem Spielzug werden nun beides Lamas (oder später auch alle drei Lamas) bewegt! Außerdem kann der Spieler einmal pro Spielzug 2 Waren aus seinem Vorrat ausgeben, um ein zweites Plättchen drehen zu dürfen.
Wer als erster Spieler von jeder Warenfarbe eine Ware (in seiner Steckleiste) besitzt, gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- schönes Thema, schönes Material
- Mischung aus Taktik und Glück
- taktische Wegeplanung
- Raum für eigene Varianten
CONTRA
- Glück kann über den Spielsieg entscheiden
- Lamas verlieren ab und zu die Ladung
MEINUNG
Mit Lamas kriegt man mich ja immer ... ;) Thematisch macht "P'achakuna" daher für mich schon einmal alles richtig. Und auch optisch ist das Spiel sehr gelungen. Die Lamas transportieren tatsächlich Waren über die Anden, die durch unterschiedlich hohe Segmente der Legeplättchen simuliert werden. Die Plättchen sind hochwertig und lassen sich im Spiel auch gut drehen, und das ist wichtig, denn um diese Drehungen geht es im Spiel. Die Lamas wiederum erfordern etwas Fingerspitzengefühl; das Beladen bzw. unfallfreie Bewegen der filigranen Tierfiguren stellt Grobmotoriker vor eine kleine Herausforderung.
Auch wenn es so aussieht: "P'achakuna" ist kein Legespiel. Die Plättchen bilden zur Vorbereitung des Spiels mit Hilfe der praktischen Schablonenunterlage den variablen Spielplan. "P'achakuna" ist ein Pick-up-and-deliver-Spiel auf Familienspielniveau mit einer Mischung aus Taktik und Glück. Ja, ein Glücksfaktor ist definitiv im Spiel vorhanden, da die Aufträge (hier "Nachfragen" genannt) zufällig aus dem Beutel gezogen werden. Da ich verschiedenfarbige Waren sammeln muss, kann es vorkommen, dass ich gerade zum Spielende hin auf eine dringend benötigte Nachfrage warte, um das Spiel beenden zu können. Wenn ich dann ausgerechnet auch noch die fehlende Farbe meines Kontrahenten aus dem Beutel ziehe, kann es passieren, dass ich meinen Sieg verschenke. Bei einem Spiel, das in gut 30 Minuten gespielt ist und eine Altersangabe "ab 8 Jahren" besitzt, geht so ein Glücksfaktor aber schon in Ordnung.
Das Austüfteln der Wege will gelernt sein. Gerade am Anfang verzettelt man sich manchmal, insbesondere, wenn einem noch das räumliche Vorstellungsvermögen fehlt, wie genau sich so eine Drehung auswirkt. Das gibt sich aber mit etwas Training. Insbesondere mit mehreren Lamas auf dem Spielplan lassen sich dann schöne Weggabelungen bilden, die Profispieler nutzen, um deutlich schneller ans Ziel zu kommen.
Das Spielende ist für taktische Spieler vielleicht etwas profan - einfach 7 unterschiedliche Waren besitzen. Da kamen uns glatt noch eigene Ideen in den Kopf. Mit ein paar SPIELKULT-Hausregel-Varianten haben wir das Spiel für diese Zielgruppe bei uns dann noch etwas angepasst; vielleicht ist da ja sogar auch etwas für euch dabei? So könnte man z.B. sagen, dass jeder Spieler zum Schluss 3 Lamas besitzen MUSS, und erst dann gewinnt, wenn er mit ihnen das mittlere Dorf erreicht. Man könnte auch noch eine Tauschoption einführen, um die Nachfrage eines Dorfes verändern zu können, wenn eine dringend benötigte Liefermöglichkeit fehlt (z.B. Abgabe von 4 beliebigen Waren, um eine bestimmte Warenfarbe als Belohnung nehmen zu dürfen); so würde der Glücksfaktor geringer ausfallen. Und es bietet sich für einige Spieler so oder so an, Markierungssteine aus einem anderen Spiel o.ä. zu verwenden, die man auf die zuletzt gedrehten Plättchen legt, falls sich bei euch da Probleme ergeben sollten. Die Regel, dass der Gegner zuletzt gedrehte Plättchen nicht drehen darf, ist nämlich gar nicht für alle so einfach einzuhalten, da alles auf den ersten Blick gleich aussieht.
"P'achakuna" bietet also durchaus Raum für zusätzliche taktische Elemente, die man gut ins Spiel einfügen kann. Aber auch in seiner von den Autoren erdachten Grundversion ist es auf jeden Fall ein sympathisches Spiel für zwischendurch, dem ich gute 7 Kultpunkte geben möchte. Was mein Kollege Christoph, dem ich das Spiel nach meinen Testrunden zum unabhängigen Zweittest übergeben habe, über "P'achakuna" denkt, lest ihr im Anschluss.
Ein Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/rkspmURK_ss
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 6/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
ZWEITMEINUNG
Nach dem Beinahe-Spiel-des-Jahres "L.A.M.A." gelangt der sympathische Paarhufer mit dem zotteligen Haar nun zu erneutem Ruhm – und das auf äußerst kreative Weise! "P'achakuna" besticht schon beim Aufbau durch seine liebenswerte Aufmachung und die ansehnlichen Materialien. Dabei sind die einzelnen Plättchen, die das Gebirge mit seinen Höhen und Tiefen abbilden, von sechs Rahmensteckteilen umschlossen. Das sorgt dafür, dass die Geländefelder einen sicheren Halt haben und nicht so leicht verrutschen. Dank des beiliegenden Aufbauplans sind die hochwertig gestanzten Geländefelder in wenigen Minuten an der richtigen Stelle und auch das Bestücken der Dörfer mit den Nachfrageplättchen ist schnell erledigt. Dann kann das Manövrieren der Lamas durch das Drehen von Bergen und Tälern auch schon beginnen.
Der klar strukturierte Spielablauf geht locker von der Hand und setzt vorausschauende Spielzüge voraus. Für den Spieler ergeben sich dann zum Beispiel folgende Überlegungen: Wenn ich jetzt dieses oder jenes Geländefeld um 180 Grad drehe, gelange ich in das rote Dorf, wo ich meine Ressource im Tausch gegen zwei Ressourcen derselben Farbe loswerden kann. Das ermöglicht mir, eine Ware, die mir noch fehlt, in mein persönliches Lager zu stecken. Dafür muss ich jedoch in Kauf nehmen, dass mein Lama mit einem Gepäckstück beladen wird, das ich nicht mehr benötige. Und das muss ich erst einmal loswerden!
Gelegentlich ist es also ratsam, zwei Mini-Holzstäbchen zu opfern, um eine zweite Drehung pro Spielzug vorzunehmen. Für gar vier Ressourcen kann ich mir ein weiteres Lama (bis zu drei an der Zahl) sichern, sodass sich mehr spielerische Möglichkeiten pro Spielzug ergeben. Gelegentlich kam es jedoch vor, dass gerade beim Besitz von drei Lastentieren nicht mehr so recht klar war, mit welchem Lama man schon gezogen ist und mit welchem noch nicht. Das trifft auch auf das Umdrehen der Geländefelder zu, denn die Spielregel besagt, dass es nicht erlaubt ist, ein Geländefeld zu bewegen, welches der Gegenspieler in seinem letzten Zeit bereits bewegt hat. De facto haben wir diese Regel in unseren Partien eigentlich immer weggelassen, denn angesichts der Vielzahl ähnlich aussehender Plättchen ist es kaum machbar, sich noch an den letzten Spielzug zu erinnern.
Doch die gute Nachricht ist: "P'achakuna" funktioniert auch so ganz hervorragend! Die (aus spielmechanischer Sicht) liebevoll ausgestaltete Spielwelt mit ihren Tälern und dem Gebirge harmoniert ganz ausgezeichnet mit den wunderschönen Illustrationen. So können zwei Spieler ein vertracktes Lege-Abenteuer mit südamerikanischem Touch erleben, das vielleicht nur einen Kritikpunkt aufweist: So hübsch die Mini-Lamas mit ihrer Aussparung, die Platz für ein farbiges Holzklötzchen bietet, auch sein mögen – so schwierig sind sie leider zu greifen, wenn man einigermaßen normalgroße Finger hat. Doch dieser Makel trübt die charmante Grundidee von "P'achakuna" in keiner Weise: Wer auf ein überaus liebevolles Spiel für zwei Personen gewartet hat, das eine kompakte halbe Stunde feine Unterhaltung bietet, der kann, so finde ich, die Kickstarter-Kampagne auf jeden Fall gern unterstützen!
Ein Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/rkspmURK_ss
KULTFAKTOR: 9/10
Spielidee: 9/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 8/10
EUER REZENSENT
CHRISTOPH
Kinder- und Kennerspiel-Spieler, Stefan-Feld-Fan, Im-Sommer-in-jeden-See-Springer
Eine Rezension vom 02.11.2020
Für diesen Spieletest wurde ein Prototyp zur Verfügung gestellt.
Bildnachweis:
Coverfoto: Treecer
Weitere Fotos: Spielkultisten