REZENSION

OVERBOOKING

  • Genre: Familien-/ Kartenspiel
  • Jahr: 2022
  • Verlag: HUCH!
  • Autor: Filippo Landini
  • Grafik: Fiore GmbH
  • Spieler: 2 bis 4
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: ca. 30 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Taktiklevel: 5/10

Hintereingang oder Warteschlange?

Schnäppchenjäger kennen das Problem: Je länger man beim Kauf eines bestimmten Produkts wartet, desto höher ist die Aussicht auf kräftige Rabatte. Doch dieses Kalkül, das bei Brettspielen bisweilen funktioniert, kann bei Reisen in der Urlaubszeit schnell nach hinten losgehen: Wenn jeder auf ein Last-Minute-Schnäppchen hofft, ist so manches Hotel schon ausgebucht, bevor alle Gäste überhaupt einchecken konnten. In OverbooKing steht ihr genau vor diesem Dilemma: Tausende Gäste sind zu einem königlichen Fest geladen, aber plötzlich entbrennt ein Rennen um die letzten freien Hotelzimmer. Welchem Kammerherrn wird es gelingen, seine Gäste unterzubringen, bevor sämtliche Hotels überbucht sind?

REGELN

Von den beidseitig bedruckten Hotelkarten – insgesamt gibt es davon 8 Stück – werden so viele ausgelegt, wie Spieler an der Partie teilnehmen. Mit welcher Seite sie oben liegen, ist zunächst egal, denn im Laufe der insgesamt vier Runden werdet ihr sie ohnehin noch wenden (und dann durch neue Hotelkarten ersetzen). Jedes Hotel bietet mal mehr, mal weniger Hotelbetten und weist unterschiedliche Buchungsbedingungen auf, was später beim Anlegen von Gästekarten eine entscheidende Rolle spielt. Neben die linke Seite jedes Hotels (die „Hintertür“) wird noch ein Siegpunktplättchen gelegt.


Jeder Spieler erhält ein Deck mit 24 Gästekarten der entsprechenden Spielerfarbe. So sind die Voraussetzungen für alle Spieler gleich. Diese Karten werden gut gemischt, ehe jeder Spieler 9 Karten auf die Hand nimmt und die übrigen beiseite legt. Die Gästekarten zeigen verschiedene Personen (Mönch, Händler, Zofe, Arbeiter, Soldat, Adelige). Sie sind außerdem unterschiedlichen Wappen zugeordnet, und jede Person verfügt über eine bestimmte Spezialfähigkeit.


Erfahreneren Spielern wird noch empfohlen, die Wertungskarten (wahlweise mit der Seite für Fortgeschrittene oder Einsteiger) bereitzulegen. So gewinnt OverbooKing noch ein Quäntchen mehr Spieltiefe, was sich als willkommene Abwechslung erweist. Aber dazu später mehr. Wer zuletzt in einem Hotel übernachtet hat, wird zum Startspieler ernannt und erhält das passende Plättchen.


Beginnend mit dem Startspieler und dann reihum, entscheidet sich jeder Spieler, wenn er an der Reihe ist, für eine Gästekarte und legt diese entweder an die linke oder rechte Seite einer der ausliegenden Hotelkarten verdeckt aus. Je nachdem, wo ihr die Karten anlegt, haben sie später unterschiedliche Effekte: Gäste, die an die linke Seite gelegt werden, reihen sich am Hintereingang des Hotels ein. Der Spieler, der zuerst eine Karte dort anlegt, erhält sogar einen Siegpunkt. Gäste, die an die rechte Seite gelegt werden, stehen hingegen in der Warteschlange an. 


Sobald jeder Spieler fünf Karten angelegt hat, werden alle Buchungen dieser Runde überprüft: Gäste, die am Hintereingang ausliegen, werden zuerst berücksichtigt. Dazu werden bei jedem Hotel nacheinander die Spezialfähigkeiten der Gäste ausgelöst. So darf z.B. der Mönch von der Hintertür an die Warteschlange gelegt werden, der Arbeiter reduziert die Zahl der Hotelbetten um drei, während der Händler sie um 3 Betten erhöht.


Danach werden die Gäste, die sich in der Warteschlange eingereiht haben, überprüft – beginnend mit dem Gast, der die meisten Betten belegt (oder bei Gleichstand, wer sich näher am Hotel befindet): Dieser darf zuerst buchen. Dann folgen die Gäste mit der nächstkleineren Bettenzahl. Doch Vorsicht: Die Buchung klappt nur dann, sofern das Hotel noch genügend freie Betten hat. Nicht selten geht also so mancher Gast leer aus, sodass die entsprechenden Spieler hierfür keine Punkte erhalten.


Können keine Gäste mehr einchecken, werden die Karten der jeweiligen Spielerfarbe abgeworfen, für die kein Bett mehr frei ist. Karten von Gästen, die hingegen in einem Hotel untergebracht werden konnten, werden vor den Spielern abgelegt und zählen jeweils so viele Punkte, wie sich Münzen auf der Karte befinden. So wird nach und nach jedes der ausliegenden Hotels abgerechnet. Eine neue Runde beginnt mit dem Auslegen neuer Hotels. 


Nach vier Runden wird die Schlusswertung eingeleitet. Jede Münze auf den Gästekarten gibt dann einen Siegpunkt, auch diejenige, die ihr für ein frühes Anlegen am Hintereingang erhalten habt.


Variante: Spielt ihr mit den Wertungskarten, gibt es noch Extrapunkte, wenn ihr es geschafft habt, mehrere Gäste mit gleichen Wappen zu beherbergen. Hierfür stehen zwei Zählvarianten für Einsteiger und Fortgeschrittene zur Verfügung. Wer nun die meisten Siegpunkte vorweisen kann, gewinnt das Spiel. 

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • witziges Thema 
  • schnelles Spiel für „Bauchspieler“ 
  • Sonderfähigkeiten bringen die Aktionen gehörig durcheinander 
  • angenehm kurze Spieldauer
  • viele Wertungsfacetten


CONTRA

  • Sonderfähigkeiten von Gästen auf der Kartenhand nicht auf einen Blick erkennbar
  • für manche Spieler zu chaotisch

MEINUNG

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. So ist es auch, wenn der König zu einem Festmahl lädt und die Gäste sich nicht rechtzeitig um die Hotelbuchung gekümmert haben. Um trotzdem einen der begehrten freien Plätze zu ergattern, müsst ihr clever eure Gästekarten ausspielen, denn nur diejenigen haben eine Chance, die bei der Buchung zum Zuge zu kommen. Doch selbst dann kann es sein, dass eure Mitspieler euch in letzter Sekunde einen Strich durch die Rechnung machen, indem sie eine Karte an den Hinterausgang auslegen, wodurch die Buchungsbedingungen gehörig über den Haufen geworfen werden. Man darf sich also nie zu sicher sein, mit einer angelegten Karte zu punkten, denn selbst ein hoher Zahlenwert ist keine Garantie auf einen Platz im Hotel. 


Da gibt es zum Beispiel den Mönch, der zwar nur ein Bett belegt, aber gern mal eine Lücke füllt, wenn zuvor bestimmte Karte mit höheren Zahlenwerten wegfallen, weil für sie kein Platz mehr frei ist. Was zu zweit halbwegs gut planbar ist, entwickelt sich ab drei Spielern zu einer deutlich chaotischeren Zockerei. Denn spätestens ab der vierten angelegten Karte fällt eine vermeintlich sicher geglaubte Hotelbuchung oft ins Wasser. 


Zumindest lassen die Rückseiten der Gästekarten ein bisschen erahnen, welche Karten eure Mitspieler ausgespielt haben, denn ein großes Wappen deutet auf Gäste hin, die 4 und mehr Plätze belegen, während es sich bei einem kleinen Wappen um Gäste handelt, die 1 bis 3 Betten benötigen. Und eben diese Wappen solltet ihr zumindest beim Spielen mit Wertungskarten nie außer Acht lassen, denn je mehr identische Wappen ihr am Ende besitzt, umso höher fällt die Schlusswertung aus. Es fällt zugegebenermaßen schwer, sämtliche Aspekte bei der Planung der eigenen Spielzüge zu bedenken, was aber wohl auch nicht unbedingt nötig ist, denn schnelle Entscheidungen führen in der Regel genauso häufig zum Erfolg. Sowieso ist die Spieldauer angenehm kurz und hält dennoch hinreichend viele Kniffe bereit, die auch längerfristig motivieren.


Dass es für die Schlusswertung eine Version für Einsteiger und Fortgeschrittene gibt, ist ebenso löblich wie die Kurzerklärungen, die jeder Spieler erhält, und auf denen die Buchungsregeln der Gäste in aller Kürze erklärt sind. Das wäre angesichts der gut verständlichen Ikonographie zwar nicht unbedingt nötig gewesen, erspart aber zumindest in den ersten Partien den Blick in die Anleitung. Auch die extra dicken Hotelkarten sind als Plus hervorzuheben. Insofern verdient OverbooKing gerade auch in Anbetracht des illustrierten Schachtel-Inlays, Extrapunkte in puncto Ausstattung, was bei einem so schlanken „Kartenspiel plus“ keine Selbstverständlichkeit ist.


Wenn man etwas kritisieren könnte, dann höchstens, dass die Gästekarten beim Auffächern in der Hand nur schwer der jeweiligen Person zuzuordnen sind. So muss man sie doch der Reihe nach durch die Hand gleiten lassen, um die Sonderfähigkeiten aller Gäste zu betrachten und sich für eine Karte zu entscheiden. Doch allzu viel überlegen muss man bei OverbooKing nicht. Aus dem Bauch heraus spielt es sich eindeutig am besten – und offenbart dann bei der emotionalen Schlusswertung so manche Überraschung. 


Für die nächsten Partien, die sicher noch folgen werden, greifen wir sicher auf eine höhere Besetzung zurück – am besten zu viert. In voller Besetzung vergebe ich – statt guten 7 Kultpunkten – dann sogar 8. Wer hat eigentlich noch kein Hotel für den Sommerurlaub gebucht? Nicht, dass es euch so ergeht wie den Gästen in OverbooKing, die es nicht mehr zum königlichen Festmahl schaffen ... Nur so als Tipp meinerseits!

KULTFAKTOR: 7-8/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10

EUER REZENSENT

CHRISTOPH

Kinder- und Kennerspiel-Spieler, Stefan-Feld-Fan, Im-Sommer-in-jeden-See-Springer

Eine Rezension vom 17.04.2023

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: HUCH!
Weitere Fotos: Spielkultisten