REZENSION
MY FARM SHOP
- Genre: Familienspiel
- Jahr: 2020
- Verlag: Pegasus Spiele
- Autor: Rüdiger Dorn
- Grafik: Christian Fiore
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 8 Jahren
- Dauer: ca. 30 - 45 Min.
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 6/10
Ei, Ei, Ei - Idylle mit Gewinnabsicht
Ihr besitzt euren eigenen Bio-Bauernhof. Doch ihr seid keinesfalls ausschließlich Selbstversorger, sondern ihr betreibt einen Hofladen, in dem ihr eure Erzeugnisse verkauft. Letztlich siegt der Zaster: Wer das meiste Geld erwirtschaftet, gewinnt.
REGELN
Jeder Spieler erhält sein eigenes Hof-Tableau (zunächst mit der vollständig bedruckten Vorderseite, bestehend aus 10 Aktionsfeldern, denen Würfelaugenzahlen zugeordnet sind), zwei Kräuter-Säcke sowie von jeder Warenart (Ei, Honig, Milch, Wolle) genau einen Marker, der jeweils ins Regal des eigenen Hofladens gelegt wird. Die Hofausbau-Karten werden in einzelnen Stapeln (nach Zahlen sortiert) gemischt und dann aufsteigend sortiert verdeckt bereit gelegt. Die ersten Karten (Startkarten) werden auf die sechs Felder des Markt-Tableaus (ebenfalls den Würfelaugenzahlen zugeordnet) verteilt, in zufälliger Anordnung.
Gespielt wird reihum. Wer an der Reihe ist, ...
- ... wirft die 3 Würfel.
- ... wählt einen Würfel aus, und nimmt sich die der Würfelaugenzahl zugeordnete Karte vom Markt-Tableau. Diese Karte wird nun im eigenen Hof eingebaut, d.h. sie muss auf eines der 10 zur Verfügung stehenden Aktionsfelder gelegt werden. Somit überdeckt sie die bisherige Aktion. Auf jedem Feld gilt immer nur die sichtbare Aktion.
- ... bildet aus den beiden verbliebenen Würfeln eine Summe, die nun für ALLE Spieler gilt. Jeder führt nun die Aktion des Feldes aus, das die Würfelsumme vorgibt.
Die Aktionen bestehen oft aus der Generierung von Waren, die dann ins Regal des Hofladens gelegt werden. Da ist Platz für maximal 16 Marker. Andere Aktionen ermöglichen es, neue Kräutersäcke zu nehmen, Waren zu tauschen oder - und das ist gerade zum Ende hin immer wichtiger - für bestimmte Waren Geld zu erhalten. Erhaltene Moneten werden auf der Geldleiste festgehalten.
Nun gibt es einige besondere Hofausbauten:
- Rot hinterlegte Ausbauten dürfen nur einmal genutzt werden. Sie bieten stärke Aktionen, müssen aber nach ihrer Aktivierung wieder abgelegt werden.
- Ausbauten mit Pfeilen zeigen bei ihrer Aktivierung auf andere Felder, die dann stattdessen aktiviert werden.
- Manche Ausbauten liefern Sonnenblumen. Die können auf dafür vorgesehene Plätze über vielen Aktionsfeldern platziert werden (1 bis 2 Blumen pro Feld, wie vorgegeben). Jede Sonnenblume erhöht den Ertrag des Feldes um genau 1 (Ware, Geld ...).
Egal, ob aktiver oder passiver Spieler: Wer mit dem Würfelwurf nicht zufrieden ist, kann Würfel manipulieren, indem er für sich eine Würfelzahl um 1 erhöht oder verringert. Dazu muss dann jeweils ein Kräutersack bezahlt werden. Natürlich können auch mehrere Säcke zum Einsatz kommen, um bestimmte Zahlen zu erreichen.
Nach jedem Spielerzug wird der freie Platz auf dem Markt-Tableau wieder mit einer neuen Ausbau-Karte vom Stapel aufgefüllt.
Spielende: Kann keine Karte mehr aufgefüllt werden, weil der Stapel durchgespielt wurde, endet das Spiel. Wer nun das meiste Geld auf der Geldleiste vorweisen kann, gewinnt.
Das Spiel wird mit drei optionalen Modulen geliefert:
- Bei der Starthilfen-Variante wird mit der Rückseite der Hof-Tableaus gespielt. Da sind zwei Felder leer, die jeder Spieler mit Start-Ausbauten füllt, die den Spielern in umgekehrter Reihenfolge jeweils in Paaren als Auswahl angeboten werden. So startet jeder Spieler also mit unterschiedlichen Tableaus.
- Bei der Bauern-Variante wird eine Karte auf dem Markt-Tableau gegen den Bauern ausgetauscht. Außerdem werden vier Bauern-Fertigkeiten ausgelegt, dazu jeweils ein zufälliges Hilfsmittel. Wer nun auf dem Markt das Feld mit dem Bauern wählt, nimmt sich zwei verschiedene Hilfsmittel und legt sie in sein Regal (Limit von 16 beachten! - Waren und Hilfsmittel in beliebiger Kombination). Der Bauer wird auf ein neu gewähltes Feld des Markt-Tableaus gelegt; die dort ausliegende Karte wird entfernt. Der freie Platz hingegen wird mit einer neuen Karte vom Stapel aufgefüllt. Die über den Bauern erlangten Hilfsmittel können jederzeit im Spiel eingesetzt werden, um die ihnen zugeordnete Bauern-Fertigkeit ausführen zu dürfen, z.B. Warentausch, Kartentausch etc.
- Bei der Ziel-Variante werden vor Spielbeginn zwei zufällige Ziel-Karten ausgelegt. Sie belohnen jeweils den ersten und den zweiten Spieler, der die Zielvorgabe erfüllt, mit Geld. Sobald ein Spieler die Vorgabe erfüllt, deckt er das Geld-Feld dieser Karte mit einem seiner Plättchen ab. Jeder Spieler kann jede Aufgabe maximal einmal erfüllen. Eine Aufgabe könnte z.B. lauten „Besitze 8 Kräutersäcke“ oder „Besitze eines volles Ladenregal“.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- eingängiges Spielprinzip mit vielen Variablen
- familiengerechte Gestaltung
- funktioniert mit Kindern, aber auch in Erwachsenenrunden
- Erweiterungsmodule bereits enthalten
CONTRA
- Grundprinzip an bekannte Spiele angelehnt
- wenig aufregendes Thema
MEINUNG
Kann man Spieler*innen heute noch für ein Spiel mit Bauernhof-Thema begeistern? Oft haben wir in diversen Spielen schon Ackerbau und Viehzucht betrieben. Gerade Kinder finden das Thema aber immer noch anziehend, und so wirkt die Schachtel-Optik mit einer mich an Frau Antje erinnernde Titelfigur auch tatsächlich so, als habe man da gar ein Kinderspiel in den Händen. Das ist aber nicht so. „My Farm Shop“ ist ein Familienspiel - heißt: Kinder ab ca. 8 Jahren können das spielen, Erwachsene aber ebenso.
Spielerisch fühle ich mich zunächst an bekannte Vertreter des nun schon entstandenen „Würfel werfen und Karten aktivieren"-Genres erinnert, bei denen die eigene Kartenauslage ebenfalls fortlaufend ausgebaut und verbessert wird. „Machi Koro“ machte da wohl den Anfang, es folgten „Valeria“ und zuletzt auch „Space Base“. Die haben mit ihrem Städtebau-, Fantasy- und Weltraum-Settings die für Erwachsene wahrscheinlich aufregenderen Themen zu bieten, „Space Base“ ist dann das Spiel, das im Kern „My Farm Shop“ am nächsten kommt, wenngleich die ausgetauschten Karten im Weltall noch eine besondere Zusatzfähigkeit als passive Karten erhalten, was dieses Spiel in meinem Ranking immer noch vorn an stehen lässt.
„My Farm Shop“ adaptiert diese also nun schon erprobte Mechanik familiengerecht und wieder mit einem eigenen Kniff. Ein Würfel bestimmt, welche Karte ich als aktiver Spieler auswähle und so meinen Hof an einer von mir gewählten Stelle verbessere, die beiden anderen Würfel bestimmen die Aktion, die sowohl ich, als auch meine Mitspieler ausführen. So entstehen im Spiel nur geringe Wartezeiten, da man auch in den Spielzügen der anderen Spieler aktiv am Spiel beteiligt ist.
Dass wie hier nur Papp-Marker hin und her tauschen, mag man dem Spiel verzeihen. Natürlich wären Holzteile oder 3D-Miniaturen von Eiern und Wolle noch atmosphärischer gewesen, dafür hat man aber bei der günstigeren Lösung den Preis auf unter 25 Euro drücken können. Und das ist selbst im Familienspiel-Sektor heute schon eine Seltenheit. So bekommt man also für vergleichsweise wenig Geld ein schönes Brettspiel, das auch direkt noch mit drei Erweiterungsmodulen geliefert wird.
Der Spielablauf ist ebenso familienfreundlich. Jeder sammelt für sich, direkte Konfrontation gibt es nicht, die Interaktion ist auf das Wegnehmen von Karten und die Würfelzusammenstellung durch den aktiven Spieler beschränkt. Gerade letzte kann aber schon auch taktisch sein, wenn ich sehe, dass ich mit einer bestimmten Würfelsumme meiner Konkurrenz eine gerade besonders wertvolle Aktion schenke, die sie durch einen Ausbau auf dem entsprechenden Feld erhalten. Vielleicht ordne ich die Würfel dann, wenn möglich, doch anders an, um eine für sie schlechtere Summe zu erzielen? So richtig ausmanövriert kann man in „My Farm Shop“ nicht werden, denn Würfel lassen sich zudem auch manipulieren, das kostet allerdings Kräutersäcke. Die sollte man also nicht unterschätzen. Auch die taktische Komponente der Sonnenblumen können einen Boost mancher Aktion auslösen, sie in ihrer Wertigkeit teilweise sogar verdoppeln oder verdreifachen.
Das Spiel spielt sich angenehm fluffig. Spannung entsteht hauptsächlich durch das Würfeln, denn natürlich möchte ich möglichst oft Geld generieren, sollte aber aufpassen, dass ich nicht zu gierig werde. Selbstverständlich sollte ich auch Felder besitzen, die mir noch neue Waren nachliefern, sonst stehe ich am Ende vor einem leeren Regal.
Wer schon mehr Spielerfahrung besitzt, kann die Zusatzmodule ins Spiel integrieren. Während die Variante „Starthilfe“ einen schon vor Spielbeginn vor eine erste Auswahl von Ausbauten stellt, im Spiel dann aber keine weiteren neue Aspekte bietet, ist die „Bauern"-Variante die regeltechnisch komplexeste der drei Add-Ons, da hier noch zusätzliche Tableaus und Marker ins Spiel kommen, die das Spiel aber deutlich flexibler machen, da ich die Bauern-Fertigkeiten auch in den Zügen der Mitspieler verwenden darf. Ich sollte also etwas vorausplanen, was mir wann nützen könnte und dann auf gutes Timing setzen. Die Variante mit den „Zielkarten“ ist wieder vergleichsweise simpel. Zwei Aufgaben sind definiert; das zusätzliche Geld, das hier generiert werden kann, löst ein kleines Wettrennen aus, allerdings eher beiläufig, da die Summen, die man hier verdienen kann, mehr ein Zünglein an der Waage sind, als eine eindeutige Siegbestimmung.
„My Farm Shop“ hat bei meiner Bewertung die schwere Last, sich eben mit bereits etablierten Spielen vergleichen zu lassen, die allesamt in meiner Gunst weit oben stehen. Für das Grundspiel würde ich dennoch bereits sympathische 7 Kultpunkte vergeben. Mit den Varianten liefert mir „My Farm Shop“ dann das runde Spielgefühl aus Taktik und Glück, das ich von einem sehr guten Familienspiel erwarte. Dafür gibt es von mir dann sogar 8 Kultpunkte. Und auch, wer noch keines der anderen Spiele kennt oder besitzt, wird sich von der Mechanik sicher angesprochen fühlen, denn insgesamt ist sie auf dem großen Brettspiele-Markt ja dann doch immer noch vergleichsweise unverbraucht.
Optik und Thema des Spiels wird die Zielgruppe hauptsächlich auf Familien mit Kindern lenken, das Spiel performt aber auch in reinen Erwachsenengruppen gut, vornehmlich in den Gruppen der Gelegenheitsspieler bzw. eventuell auch unter manchen Vielspielern, die ein lockeres Zwischendurchspiel suchen, wenngleich gerade für letztere Gruppe erfahrungsgemäß die düstere Monsterwelt von „Valeria“ oder das coole Weltraum-Thema von „Space Base“ mehr angesagt ist, als das vergleichsweise eher bieder wirkende Sammeln von Milch und Eiern. Rein spielerisch braucht sich „My Farm Shop“ eben in der Einordnung als Familienspiel da aber nicht zu verstecken.
Ein Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/Xmpnv04c6js
KULTFAKTOR: 7-8/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 8/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 22.03.2021
Bildnachweis:
Coverfoto: Pegasus Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten