REZENSION
MUSEUM PICTURA
- Genre: Taktikspiel
- Jahr: 2021
- Verlag: Holy Grail Games
- Autoren: Eric Dubus, Olivier Melison
- Grafik: Joëlle Drans, Loïc Muzy, Amber Scharf
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 14 Jahren
- Dauer: ca. 60 Min.
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 5/10
Glück bringt Kunst
Das Royal Museum of London hat ein Rokoko-Stillleben, welches wir dringend für unsere Ausstellung benötigen, allerdings hängen sie in London an diesem Werk, weswegen wir ihnen einen Vermeer stiften werden, damit das Museum uns gewogen bleibt.
REGELN
In Museum Pictura sind wir alle Kuratoren für unsere eigenen Museen und versuchen eine erfolgreiche Dauerausstellung und ebenso erfolgreiche Sonderausstellungen zu organisieren. Leider ist das Ausstellen und Archivieren unserer Gemälde gar nicht so leicht, denn gleichzeitig müssen wir unsere Beziehungen mit internationalen Museen durch den Austausch von Gemälden pflegen. Sollte ich also schauen, schnell zum Platzhirsch zu werden oder für einen andauernden Ruf sorgen?
Zunächst aber bereiten wir alles vor um unsere Museen mit Werken der großen Künstler zu füllen. Das Spielbrett kommt in die Mitte. Es wird mit den gemischten Gefallen-Karten und Trendkarten bestückt. Es wird eine Trendkarte als allgemeiner Trend bereit gelegt, auch jedes der 4 internationalen Museen bekommt einen Trend. Dann bekommt jedes internationale Museum 4 Gemäldekarten. Diese werden getrennt, je nachdem ob sie zur Trendkarte dieses Museums passen oder nicht.
Von den gemischten Mäzen-Karten werden 5 offen ausgelegt. Die Ausstellungschips werden bereit gelegt.
Jeder Spieler bekommt ein Museumtableau, einen Punktezähler, eine Gefallen-Karte, 5 Gemäldekarten und 3 Trendkarten, von denen eine behalten werden darf. Jetzt geht es auch schon los.
Es wird reihum gespielt. Bist du am Zug, ziehst du erst 2 Gemäldekarten, dann musst du ein Gemälde mit einem der internationalen Museen auf dem zentralen Brett tauschen. Jedes Gemälde hat eine Farbe (Ära), Symbol (Thema) und eine Nummer (Künstler). Die Trendkarten geben je Farbe, Symbol und Künstler einen Punktwert. Gibst du einem Museum ein Bild mit einem passendem Symbol, einer passenden Farbe oder einem passenden Künstler, so bekommst du Punkte (Juhuuu!). Nimmst du dir ein Bild, welches ein passendes Symbol, eine passende Farbe oder einen passenden Künstler zeigt, musst du Punkte abgeben (Buuuh!). Wer also Museen Gemälde abnimmt, die sie nicht mögen, und gleichzeitig welche gibt, die sie trendy finden, macht netto positive Punkte. Nach den selben Regeln bekommen alle anderen auch einmal die Chance zu tauschen.
Nach dem Tauschen musst du eine von drei möglichen Aktionen ausführen.
Du kannst dein Museum verbessern, indem du Gemälde darin ausstellst. Ein Gemälde aus deiner Hand kannst du ausstellen, indem du ein anderes Gemälde in dein Archiv (Ablagestapel) legst und das gewählte Gemälde in dein Museum. Dein Museum hat 25 Plätze für Gemälde. Gemälde im Museum können jederzeit neu arrangiert, aber nicht mehr daraus entfernt werden. Ein Gemälde aus dem Archiv eines Mitspielenden kann durch das Ablegen eines Gemäldes und dem Bezahlen eines Punktes an den Mitspielenden auch ins eigene Museum gebracht werden. Dies darfst du so oft machen, wie du möchtest.
Oder du machst eine Sonderausstellung. Du suchst dir eine Farbe oder ein Symbol aus, welches noch als Ausstellungs-Chip vorhanden ist. Du nimmst dir den Ausstellungs-Chip und zählst deine Sammlung in dieser Farbe oder mit diesem Symbol. Es müssen alle Karten dieser Sammlung benachbart sein und es müssen mindestens 4 Karten sein. Je nach Sammlungsgröße gibt es Punkte. Wer die erste Sonderausstellung zu einer Farbe oder einem Symbol macht, bekommt 3 Extrapunkte. Weiterhin wird der Ausstellungs-Chip auf ein Bonusfeld im eigenem Museum gelegt, was sofort einen Vorteil bringt, z.B. Karten ziehen oder mehr Punkte am Ende des Spiels. Jeder Vorteil, jede Farbe und jedes Symbol dürfen von jedem Mitspielenden nur je einmal benutzt werden.
Als letzte Option kannst du eine Inventur machen. Es werden alle Karten aus dem eigenem Archiv wieder auf die Hand genommen und eine Gefallen-Karte gezogen. Danach dürfen noch alle 5 offen ausliegenden Mäzene ausgetauscht werden.
Die Mäzene und Gefallen-Karten erlauben zusätzliche Aktionen. Einmal pro Zug kannst du eine Gefallen-Karte spielen. Diese bietet einen individuellen Vorteil, z.B. 4 Punkte, Gemälde gratis ins Museum legen etc., oder erlaubt es, allgemein 2 Gemälde zu ziehen.
Zusätzlich darfst du einmal pro Zug einen Mäzen für dich beanspruchen. Mäzene zeigen immer eine Bedingung, z.B. 2 blaue Karten und 2 Karten mit Fackelsymbol. Liegen die geforderten Gemälde im eigenen Museum, darfst du dir den Mäzen nehmen. Mäzene bringen dann entweder Punkte oder erlauben es, eine bestimmte Gemäldeart von internationalen Museen zu nehmen.
Am Ende des Zuges darfst du nur 8 Gemälde-Karten und 3 Gefallen-Karten besitzen. Alles darüber hinaus wird abgeworfen.
Erreicht ein Spieler die 50 Punkte, so gibt es dafür noch 5 Extrapunkte. Bevor das Spiel endet, darf jeder andere noch einen Zug machen. Dann kommt die finale Wertung.
Hier solltest du nochmal deine Gemälde optimal arrangieren. Danach bekommst du für jede Sammlung in den 5 Farben oder 6 Symbolen Punkte entsprechend der Größe der Sammlung. Eine Karte kann dabei zu mehreren Sammlungen gehören. Dann gibt es Punkte für die Trendkarte, welche du am Anfang des Spiels gewählt hast. Jede Karte mit einer auf der Trendkarte sichtbaren Farbe, einem passenden Symbol oder Künstler, ist so viele Punkte wert wie auf der Trendkarte sichtbar.
Hat jemand die Große Galerie, d.h. den farbig markierten Bereich seines Museums, mit einer Sammlung gefüllt, gibt es Extrapunkte, genauso wie für ein komplett volles Museum. Die Ausstellungs-Chips für Sonderausstellungen bringen noch Extrapunkte.
Und dann kommt der große Schocker: Karten, die noch im Archiv liegen, geben dir Minuspunkte.
Wer danach die meisten Punkte besitzt, hat das beliebteste und angesehenste Kunstmuseum am Spieltisch.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- tolle Gemäldekarten
- verschiedene Strategien
- Kartenmanagement
CONTRA
- kann lange dauern, und bei langer Spielzeit ist das Glück zu hoch
MEINUNG
Kunst kommt in vielerlei Formen. Die einen verzieren kunstvoll Kuchen, die anderen sind beim Eiskunstlaufen ein Ass, und wieder andere malen klassische Kunst, die dann in Museen landet. Diese ist nicht nur teuer, sondern muss auch verwaltet und präsentiert werden. Dies machen Kuratoren, und in Museum Pictura sind wir Kuratoren eines Kunstmuseums. Während im Vorgängerspiel Museum noch Statuen und Artefakte ausgestellt wurden, gibt es dieses Mal nur Gemälde.
In diesem Kartenspiel versuchen wir Karten mit gutem Timing, etwas Glück und Verwaltung auszuspielen, was wir mit Karten bezahlen, die wir aber wieder erhalten, wenn wir es richtig anstellen.
Für diese Besprechung lag mir die englische Fassung von Museum Pictura vor.
Würde die Liste der Illustratoren sehr genau genommen werden, wäre diese ewig lang, denn auf den Gemälden finden sich Künstler wie Friedrich, Gaugin, Renoir, Rubens, Dürer und viele mehr. Die sehr schönen, geradezu zauberhaften Gemäldekarten inszenieren die Gemälde, als seien sie in einem Museum. Wirklich toll. Die anderen Karten sind gut, und auch der Spielplan ist schön gestaltet, aber schnell wird deutlich, dass, wie es sich für ein Museum gehört, dies nur die Bühne für die echten Stars ist: die Gemälde.
Clever gemacht sind die Gemäldekarten auch, denn am oberen Rand finden sich die wirklich wichtigen Informationen zusammengefasst: Künstler (als Nummer), Epoche (als Farbe) und Genre (als Symbol). Dies bietet die wirklich benötigte Übersicht in diesem Spiel.
In Museum Pictura werden Karten gespielt, getauscht, wieder aufgenommen, umsortiert, mit Trends verglichen, und was weiß ich noch. Dabei sind drei Eigenschaften (Künstler, Epoche, Genre) der Karte ausschlaggebend. Das ist also clever gemacht. Es ist auch clever, dass wir unsere Karten in den Zügen der Mitspieler tauschen können, so dass sich die Spieler schnell beliebte Karten sichern können. Leider kann dies den Nebeneffekt haben, dass irgendjemand am Tisch immer darauf achten muss, dass alle am Tisch wissen, wann sie dran sind. „Ingo, willst du tauschen?“ „Nein!“ „André?“ „Nein!“ „Nicole?“ „Ähm, nochmal schauen ... Nein!“
Ihr seht: Im Prinzip ist Museum Pictura ein schnelles Spiel. Karten ziehen, Karte tauschen … andere tauschen vielleicht … und dann eine Aktion. Jetzt ändern sich aber regelmäßig Karten in der Auslage und der allgemeine Trend. Es werden noch 2 Karten am Anfang des Zuges gezogen, und vermutlich hat man schon wieder vergessen, welchen Trends die internationalen Museen folgen.
Will eure Spielrunde wirklich optimal spielen oder ist einfach nicht darin begabt, den Überblick zu behalten, dann sind die 60 Minuten auf der Schachtel einfach nur utopisch. Wir haben Museum Pictura mit 2 Spielern, die die Regeln kannten, auch schon in 40 Minuten absolviert. Mit neuen Spielern, Optimierern, Leuten, die nicht gut die Übersicht behalten und Grüblern kann sich die Spielzeit leicht verdoppeln. Dies ist ärgerlich, denn dann ist auf einmal viel Spielzeit auch Wartezeit.
Dabei ist dieses lange Grübeln oft gar nicht wirklich nützlich, denn es gibt am Anfang der Runde eine neue Trendkarte, am Anfang des Zuges 2 neue zufällige Karten, und wenn ihr euch eine Gefallen-Karte holt oder Mäzene austauscht, dann bestimmt auch der Zufall, was ihr bekommt. Mit Glück stimmt die neue Trendkarte mit den Karten, die man spielen wollte, überein und dann gibt es 7 Punkte vom Spiel geschenkt. In einem Spiel, wo es mehr oder weniger darum geht, schnell 50 Punkte zu sammeln, ist dies nicht unerheblich.
Es gibt theoretisch verschiedene Wege zum Sieg, denn ihr könntet viele kleine Sammlungen machen und mit diesen Sonderausstellungen arrangieren. Diese können bei Spielende furchtbar viele Punkte bringen. Ich selbst war mit der Strategie, nur Sonderausstellungen zu machen, leider nicht so erfolgreich. Mehr als 3 Sonderausstellungen habe ich nicht auf die Kette bekommen. Ich gehe mal davon aus, dass es Wege gibt, mehr Sonderausstellungen zu haben, aber meine Spielgruppen haben diese nicht gefunden.
FAZIT: Museum Pictura sollte eher mit Spielern gespielt werden, die ihre Züge flott machen. Lange Wartezeiten können sonst den Spielspaß erheblich schmälern. Zumindest gibt euch die Wartezeit genug Zeit, euch die wunderschönen Gemäldekarten anzusehen.
Noch ein wichtiger Hinweis: Vergleicht diese Rezension bitte nicht 1:1 mit Ingos Rezension zum Vorgängerspiel Museum. Ich habe Museum nie gespielt, Ingo wiederum hatte bisher keinen Kontakt mit Museum Pictura. Die Wertungen sind also für sich jeweils subjektiv auf das jeweilige Spiel bezogen und sagen nicht aus, dass Museum Pictura schlechter ist als Museum. Im Netz wird es sogar als das bessere Museum bezeichnet. Die Wertungen spiegeln unseren persönlichen Spielgeschmack und die Erfahrungen in unseren Testrunden wieder.
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 5/10
EUER REZENSENT
LUTZ
Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast
Eine Rezension vom 28.04.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Holy Grail Games
Weitere Fotos: Spielkultisten