REZENSION
MENARA
- Genre: Aktivspiel / Geschicklichkeit
- Jahr: 2018
- Verlag: Zoch Verlag
- Autor: Oliver Richtberg
- Grafik: Sébastien Caiveau
- Spieler: 1 bis 4
- Alter: ab 8 Jahren
- Dauer: ca. 30 bis 45 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Initiativlevel: 7/10
Die Säulen des Tempels
Der sagenumwobene Tempel von Menara ist längst verfallen, doch ihr könnt ihn gemeinsam wieder aufbauen! Leider gibt es da auch noch einen Fluch, der euch das Leben schwer macht ...
SPIELKULT CLASSICS
In dieser Rubrik findet ihr Rezensionen früherer SPIELKULT-Jahre, die es bislang nicht auf unsere 2021 neu gestaltete Webseite geschafft haben, die wir euch aber nun nach und nach, so wie ihr es euch gewünscht habt, noch einmal vorstellen möchten.
REGELN
Zunächst werden alle Tempelböden zu einem Stapel gemischt und drei davon als Grundfläche ausgelegt. Die Böden müssen sich an jeweils zwei Stellen berühren. Die Säulen kommen in den Stoffbeutel, und jeder Spieler zieht zufällig eine bestimmte Anzahl für sich heraus. Die Anzahl ist spielerzahlabhängig.
Gespielt wird kooperativ. Dennoch verläuft das Spiel reihum in Einzelzügen der Spieler. Wer dran ist, hat zunächst die Möglichkeit, beliebig viele seiner Säulen mit Säulen aus dem "Camp", das zuvor ebenfalls zufällig bestückt wurde, zu tauschen.
Danach zieht der Spieler eine Aufgabenkarte, wobei es leichte, mittelschwere und schwierige Aufgaben gibt. Der Spieler muss die Aufgabe erfüllen, ansonsten erhöht sich die Anzahl der Stockwerke, die der Tempel am Spielende haben muss, um eins. Zu Beginn sind dies - je nach gewähltem Level - zwischen drei und fünf, wobei das Fundament nicht mitzählt.
Die Aufgaben können lauten: Platziere eine Säule aus deinem Vorrat, platziere zwei, drei, vier Säulen, teilweise auf EINEM Tempelboden (platziert werden muss immer auf farblich passenden, freien Feldern!), versetze Säulen nach oben, komplettiere Tempelböden oder versetze einen kompletten Boden.
Immer, wenn alle Felder eines Tempelbodens komplett mit Säulen belegt sind, muss der Spieler sofort einen neuen Tempelboden vom Stapel ziehen und ihn auf beliebige vorhandene Säulen auflegen, sodass eine neue Ebene entsteht. Freiwillig darf eine neue Ebene auch am Fundament angelegt werden, was zur Folge hat, dass dann erneut die Anzahl der Stockwerke, die zum Sieg benötigt wird, um ein Stockwerk steigt. Allerdings dürfen dann auch alle Säulen des Camps gegen neue ausgetauscht werden.
Gespielt wird, bis ein Spieler nicht mehr ausreichend Säulen nachziehen kann, alle Aufgabenkarten gespielt oder alle Tempelböden verbaut wurden. Wird nun zu genau diesem Zeitpunkt mindestens die Anzahl der vorgegebenen Stockwerke erreicht, gewinnen die Spieler gemeinsam. Wurde sie nicht erreicht, verlieren die Spieler. Sie verlieren auch vorzeitig, wenn der Tempel einstürzt bzw. Teile herunterfallen!
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- interessante Mischung aus Taktik und Geschicklichkeit
- spannender Ablauf
- ein optischer Hingucker
CONTRA
- teilweise glücksabhängig, ob eine Aufgabe erfüllt werden kann
- teilweise nicht eindeutige Symbolik
- Beutel ist ein wenig zu klein
MEINUNG
Wann immer Menara bei einem unserer öffentlichen SPIELKULT-Spieletreffen auf dem Tisch landet, zieht es sofort neugierige Blicke auf sich. Und jeder, der ein wenig in der Spielewelt zuhause ist, stellt als erstes die Frage: "Ist das sowas wie Villa Paletti"? Ja, eine optische Ähnlichkeit lässt sich nicht verleugnen, erschien das Spiel des Jahres 2002 doch auch bei Zoch. Spielerisch ist Menara dann aber doch etwas anderes.
Das Spiel ist kooperativ, auch wenn jeder Spieler einzeln am Zug ist und dann eigenverantwortlich handelt. Allerdings ist Menara nicht bloßes Turmbauen, wie man es auf den ersten Blick vermuten könnte. Der eigentliche Clou ist das Management der farbigen Säulen. Da man vorher nicht weiß, welche Aufgabe einen erwartet, muss man vorbereitet sein auf alle Eventualitäten. Nicht immer ist das möglich, dann siegt auch mal das Glück. Dennoch: Man sollte wissen, welche Aufgaben sich in den einzelnen Kartenstapeln so verbergen, um gezielter handeln zu können. So ist es oftmals wichtig, mit dem Camp zu tauschen, um bestimmte Farben in den eigenen Vorrat zu bekommen. Auch sollten sich die Mitspieler gut beraten, wohin bestimmte Säulen gesetzt werden, falls es mehrere Optionen gibt. So kann man sich abstimmen, wer mit welcher Farbe am besten auf welchem Tempelboden baut.
Besonders aufpassen muss man beim Komplettieren von Tempelböden. Man sieht schon im Voraus, welcher neuer Boden vom Stapel oben aufgelegt werden muss. Manchmal passt der so rein gar nicht zur Statik. In dem Fall kann es sich bezahlt machen, lieber ein zusätzliches Stockwerk als Siegbedingung zu aktzeptieren und den Boden ans Fundament anzulegen, anstatt das ganze Bauwerk ins Wanken zu bringen. Das geschieht mit jeder gebauten Ebene natürlich eh schon automatisch, und gerade zum Ende hin entsteht ein zunehmender Thrill, ein ruhiges Händchen zu behalten, um das entscheidende Stockwerk noch platzieren zu können, bevor alles zusammenbricht. Das ist, je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad, immer wieder spannend!
Nun kann es passieren, dass Grobmotoriker das Spiel wortwörtlich viel zu schnell zum Kippen bringen. Das kann mitunter etwas für Frust sorgen, da es keinerlei Auffangbecken für einen Fehler gibt. Auch spielt sich Menara nicht mit jeder Spielerzahl gleich. Ich möchte nicht sagen, es spielt sich nicht gleich gut, das stimmt nämlich nicht. Spaß macht mir das Spiel zu zweit, zu dritt und auch zu viert. Allerdings ist das Spielgefühl ein anderes. Zu zweit besitzt jeder Spieler stets sieben Säulen, was weit weniger zu Fehlversuchen führt als zu viert, wenn jeder nur fünf Säulen besitzt, da die Farbauswahl des Einzelnen dann einfach viel mehr eingeschränkt ist.
Ein Wort noch zum Material: Menara sieht einfach toll aus. Dem Eyecatcher, der entsteht, wenn der Turm nach oben wächst, kann sich niemand entziehen. Das Material ist auch von guter Qualität, allerdings ist der Stoffbeutel unseres Exemplars (Erstauflage) arg knapp bemessen. Wenn er noch komplett gefüllt ist, fällt ein "blindes" Ziehen schwer, da die Säulen meist schon von alleine herausfallen. Ein etwas größerer Beutel wäre wünschenswert. Zudem ist die Symbolik der Aufgabenkarten nicht immer eindeutig bzw. nicht übereinstimmend mit der Anleitung. So zeigt die Aufgabe "Tempelboden versetzen" auf der Karte z.B. einen Pfeil nach oben, sodass jeder davon ausgeht, man müsse einen Boden von unten nach oben versetzen. Die Anleitung sagt jedoch, dass das auch in die andere Richtung erlaubt ist. Auch das Symbol, bei dem eine Säule einen Tempelboden komplettiert, irritiert, weil die Erfüllung der Aufgabe auch mit mehreren Säulen erlaubt ist. Ich weiß nicht, ob man da im Nachhinein noch Regeln verändert hat? Anders lässt sich die stellenweise missverständliche Grafik nicht erklären.
Hat man das Spiel allerdings einmal gespielt, weiß man, wie alles gemeint ist. Und dann erst wird das Spiel auch taktischer. Neulinge, die nicht darauf gestoßen werden, was für Aufgaben im Spiel sind, laufen oft blind ins Verderben. Da das Spiel ein kooperatives Spiel ist, sollte zumindest ein Spieler alle Aufgaben und die damit verbundenen Risiken kennen.
Menara ist nicht nur ein Hingucker, es ist ein Spiel, das zum sofortigen Spielen animiert. In unseren Spielrunden mit den unterschiedlichsten Spielern kam der Tempelbau stets gut bis sehr gut an. Dem kann ich mich nur anschließen. Für mich ist Menara ein echtes Highlight unter den Geschicklichkeitsspielen. Insbesondere der Taktikfaktor hat mich begeistert. Ich muss zugeben, dass die Spielfrequenz abnimmt, je öfter man siegreich aus einer Partie gegangen ist, aber wenn in unserer schnelllebigen Zeit ein Spiel trotzdem so oft auf den Tisch kommt wie Menara, dann ist das definitiv ein gutes Zeichen. Das Spiel ist spannend, emotionsreich und immer wieder eine Herausforderung wert.
Von mir gibt's, bis auf die kleinen Abzüge in der B-Note, sehr gute 8 bis 9 Kultpunkte - je nach Zusammensetzung der Mitspieler, die das Spiel entscheidend mittragen. Gewonnen wird schließlich nur gemeinsam, und einen gewissen Ehrgeiz sollten meine Mitspieler schon aufbringen, wenn sie sich mit mir im Tempelbau versuchen ... ;) Für Genre-Fans eine klare Kaufempfehlung!
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/olYcyxZ5koA
KULTFAKTOR: 8-9/10
Spielidee: 9/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 02.07.2018,
erneut veröffentlicht am 11.05.2023
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Zoch Verlag
Weitere Fotos: Spielkultisten