REZENSION

MARKGRAFEN VON VALERIA

  • Genre: Strategiespiel
  • Jahr: 2020
  • Verlag: Schwerkraft 
  • Autor: Isaias Vallejo 
  • Grafik: Mihajlo Dimitrievski 
  • Spieler: 2 bis 5
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: ca. 60 - 120 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: mittel
  • Taktiklevel: 8/10

Monsterkämpfe ohne Würfel

 Irgendwas ist da schiefgelaufen. Da haben wir unzählige Male im "Königreich der Karten" die Würfel geschwungen, um Valeria von den Monstern zu befreien - und schon sind sie wieder da. Diesmal machen wir uns als Markgrafen auf die Reise, um die lästigen Störenfriede loszuwerden, indem wir Ritter entsenden, Bürger anheuern und uns in den Gilden engagieren. 

REGELN

Während wir uns im "Königreich der Karten" nur ein fiktives Bild von Valeria machen konnten, liegt das Land, das so von den Monsterhorden gebeutelt wird, nun auf einem Spielplan vor uns. Die Monster werden nach Orten sortiert und als gemischte Stapel bereitgelegt, mit dem jeweiligen Boss als zunächst unterste Karte. Die Ressourcen werden in der zur Spielerzahl passenden Anzahl auf dem Plan platziert, außerdem je ein Ritter in jedem der 8 Orte. Das Gildentableau wird ausgelegt, darüber zufällig gezogene Bürgerkarten.

Jeder Spieler erhält ein eigenes Spielertableau mit einem ersten Edelstein, der auf ein freies Lagerfeld des Tableaus gelegt wird, vier Wachtürme, einen Bergfried (als Aufbewahrungsort für Gold), Marker auf den Startfeldern der Einflussleisten auf dem Gildentableau sowie 4 Start-Bürgerkarten (als Handkarten).

Jedem Spieler werden vor Beginn vier Start-Vermögensplättchen ausgeteilt, die werden nun gedraftet und jeder Spieler sucht sich bei jeder Auswahl ein Plättchen aus, bis er drei Plättchen gesammelt hat. Die Spieler lösen die Plättchen dann reihum einzelnd ein. Dabei sollte beachtet werden, dass Ressourcen begrenzt sind und stets auf Lagerplätzen des eigenen Tableaus Platz finden müssen.

Das Spiel verläuft nun über eine nicht definierte Anzahl an Runden - so lange, bis das Spielende ausgelöst wird.

In jedem Spielzug muss der gerade aktive Spieler eine Handkarte ausspielen und hat dann die Auswahl aus 4 Möglichkeiten.

(1) Die Wimpelaktion ausführen: Der Spieler durchläuft die Symbole oben links auf der ausgespielten Karte von oben nach unten. Er erhält z.B. Stärke (wird am eigenen Tableau markiert), Ressourcen (die eingelagert werden müssen), Gold, er darf seinen Markgrafen entlang der Wege in einen angrenzenden Ort bewegen und dort zwei Gold nehmen oder die Ortsaktion ausführen (die ihm ebenfalls Ressourcen beschert oder z.B. die Möglichkeit gibt, einen Edelstein zu kaufen, gegen Bezahlung von Ressourcen mit dem Schiff zu fahren und Boni einzusammeln oder eine neue Bürgerkarte aus der Auslage zu erhalten).

Auch kann er über diese Aktion einen Ritter einsetzen, entweder vom eigenen Tableau auf den Ort, an dem sich der eigene Markgraf befindet oder aber vom Ort des eigenen Markgrafen aus auf einen Nachbarort. Die Ritter gelten als Helfer, d.h. auch sie erlauben es, die entsprechende Ortsaktion auszuführen oder erneut 2 Gold zu erhalten.

(2) Die Bürgerfähigkeit ausführen: Der Spieler führt den Text der Karte aus, die er ausgespielt hat. Wieder gibt es Ressourcen, Stärke, Magie, Ritter können eingesetzt werden - oder aber die Option, ein Monster zu erschlagen. Dazu muss der Spieler neben dem entsprechenden Monsterfeld stehen und Stärke (plus ggf. Magie) zahlen, die auf der Monsterkarte angegeben ist. Fehlende Stärke kann mit Rittern vom eigenen Tableau bzw. Ort des Markgrafen ergänzt werden.

Ritter, die auf diese Weise in die Schlacht ziehen, werden auf die Heldengräber gestellt und anschließend hingelegt. Füllen sie eine Reihe oder Spalte, erhält der Spieler einen Bonus. Erst, wenn alle Heldengräber voll sind, wandern die Ritter zurück in die Kaserne, in der sie auch zu Spielbeginn auf ihren Einsatz warteten. Ein erschlagenes Monster bringt den Bonus, der auf der Monsterkarte zu finden ist. Die Karte wird unter den Stapel gelegt.

(3) Die Bauaktion ausführen: Der Spieler zahlt 1 Stein, 1 Holz, 1 Magie und 1 Edelstein (aus seinem Lager) und errichtet einen Wachturm im Ort, auf dem sich gerade sein Markgraf befindet. Drei Bauplätze mit unterschiedlichen Belohnungen stehen zur Auswahl, jeder Spieler darf immer nur einen Wachturm pro Ort besitzen.

Der Spieler erhält zudem 3 Einfluss, die er mit seinen Einflussmarkern auf dem Gildentableau markiert - vier Gilden stehen hier zur Auswahl. Die Fortschrittsleisten sind von Flüssen unterbrochen, deren Überquerung bezahlt werden muss. Dort erhält der Spieler dann aber auch Privileg-Plättchen mit den aufgedruckten Vorteilen, der er, je nach Art, während des Spiels oder am Spielende einlösen kann. Jeder Ort zeigt zudem, wie auch die Bürgerkarten, Gildensymbole, die fürs Spielende wichtig sind.

(4) Die Rückrufaktion ausführen: Spätestens, wenn der Spieler nur noch eine Handkarte besitzt, muss er die Rückrufaktion ausführen. Er entfernt eine Bürgerkarte aus der Auswahl oberhalb des Gildentableaus, er nimmt alle ausgespielten eigenen Bürgerkarten zurück auf die Hand und darf nun eine neue Bürgerkarte aus der Auswahl kaufen (der Goldpreis steht unter den Karten).

Nach der gewählten Aktion werden ggf. Privilegplättchen, Monsterkarten und Bürgerkarten wieder aufgefüllt, und der nächste Spieler ist an der Reihe.

Spielende: Das Spiel endet nach der Runde, in der
- ein Spieler seinen vierten Wachturm gebaut hat ODER
- die Bürgerkartenauslage nicht mehr vollständig aufgefüllt werden kann ODER
- die Privilegplättchenauslage nicht mehr vollständig aufgefüllt werden kann.

Nun erfolgt die Schlusswertung. Jeder Spieler notiert die gesammelte Anzahl jedes Gildensymbols (auf Privileg-Plättchen, auf eigenen Bürgerkarten, auf Orten, in denen der Spieler einen Wachturm errichtet hat) und multipliziert diese Zahl dann mit dem erlangten Siegpunktewert auf der dazu passenden Einflussleiste auf dem Gildentableau. Punkte gibt es auch für gesammelte Banner-Sets unterschiedlicher Farbe auf Privilegplättchen und für übriges Gold, Edelsteine und Ressourcen im eigenen Lager. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt. 

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • interessante Mechanismen
  • tolle Gestaltung, 
  • hochwertiges Material
  • Mischung aus taktischer Planung und interaktiven Ärger-Elementen


CONTRA

  • Mechanik vor Thema
  • teils längere Downtime

MEINUNG

Die Welt von "Valeria" ist Schauplatz dieses Strategiespiels, das mit einer tollen Ausstattung, atmosphärischen Illustrationen und einem interessanten Spielkonzept daherkommt. Wer "Valeria" bereits kennt, wird das Spiel wohl mit Würfeln verbinden, die bei den "Markgrafen" jedoch keine Rolle mehr spielen. Der Glücksfaktor ist dementsprechend niedrig und betrifft hier nur die zufällige Karten- und Privileg-Auslage. "Markgrafen von Valeria" ist definitiv ein taktisches Spiel auf Kennerspiel-Niveau.

Nun macht das Spiel erst einmal gar nicht so viel neu. Taktische Wegeplanung, Ressourcenmanagement, Steigerung von Einfluss, Einsammeln von Boni - das kennen wir alles schon aus diversen anderen Spielen. Dennoch: Der Mix ist stimmig, und meine Entscheidungen sind vielfältig. So kann jede Handkarte auf vierfache Weise gespielt werden, es entwickelt sich zudem ein kleines Wettrennen um Ressourcen, Monster und beliebte Bauplätze, ja, und auch eine Interaktion mit kleinem Ärgerfaktor ist integriert - die Ritter sind nämlich Allgemeingut. Da kann man sich dann schon mal über einen Mitspieler aufregen, der einem einen taktisch klug platzierten Ritter, mit dem man selbst ein Monster besiegen wollte, einen Zug vorher in den Nachbarort zieht, wo er einem selbst gar nichts mehr bringt. Dann muss man schnell umplanen und sich auf die neue Situation einstellen.

Je mehr Mitspieler dabei sind, umso stärker fällt diese Interaktion aus. Allerdings erhöht sich dann auch die Downtime entsprechend. Zu fünft würde ich die "Markgrafen" eher ungern spielen, da dann u.U. doch eine längere Zeit vergehen kann, bis man wieder am Zug ist. Zu zweit wiederum kommt der Ärgerfaktor weniger zum Tragen; die ideale Besetzung sind für mich daher 3, maximal 4 Spieler, wenngleich das Spiel durchaus mit jeder Spielerzahl funktioniert.

Eigentlich bietet das Grundgerüst des Spiels alles, was ich gern mag. Und doch fehlt mir an der einen oder anderen Stelle noch etwas zur Genialität. Vieles läuft in dem Spiel auf Ressourcenmanagement hinaus; das Gefühl, hier gegen Monster zu kämpfen, rückt dabei in den Hintergrund. Die Endwertung verlangt zudem nach einem guten Verhältnis von eingesammelten Symbolen und Fortschritt auf der jeweiligen Gildenleiste. So habe ich mich immer wieder ertappt, mir z.B. die Bürgerkarten gar nicht näher anzusehen, sondern nur ihre Symbole zu sammeln. Während in einer Partie z.B. eine Mitspielerin durchweg starke Bürger in ihr Team holte, um die Aktionen auszunutzen, habe ich die Bürgeraktionen gänzlich vernachlässigt - und am Ende mit dieser Strategie auch gewonnen. Das ist etwas schade, dass so ein Sieg ohne eine bewusst ausgewählte Gefolgschaft möglich ist, lässt einen diese Option des Sieges doch das Thema dann fast gänzlich in abstraktes Sammeln eintauschen. Hier hätte ich mir als Endwertung noch ein bisschen mehr "Thema" gewünscht als eingesammelte Symbole mal Multiplikator. Schön wäre es gewesen, wenn man erschlagene Monster dann auch wirklich als Trophäe erhalten, sie einem auch noch zusätzliche Siegpunkte einbringen würden, sodass man das Gefühl hätte, wirklich durch einen Kampf gewonnen zu haben.

"Markgrafen von Valeria" ist, obwohl es das Setting anders vermuten lässt, also vom Spielgefühl ein eher mechanisches Planungsspiel, das vor allem Fans von Spielzug-Optimierung und, wie eben schon erwähnt, Ressourcenmanagement   gefallen wird. In diesem Genre ist es ein grundsolider Vertreter, der mit einer schönen Mischung aus verschiedenen Mechanismen aufwarten kann. Wer genau solche Spiele mag und es in einem "Monster"-Spiel verkraftet, das am Ende die Mathematik aus multiplizierten Symbolen über den Sieg entscheidet, der wird auf jeden Fall 8 Kultpunkte vergeben; ich selber finde das Spiel gut, aber nicht so überragend wie z.B. "Räuber der Nordsee" oder eben auch die Würfel-Vorlage von "Valeria". Für mich sind das insgesamt dann 7 Kultpunkte (plus) für ein Spiel, das ich jederzeit wieder mitspielen würde, wenn es sich auch nicht in meine persönliche Top 10-Favoritenliste des Jahres 2020 gebracht hat. 

KULTFAKTOR: 7-8/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 7/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 04.12.2020

ZWEITMEINUNG

Eine Welt mit Menschen und Monstern, klar geregelt sollte das kein Problem darstellen. Gesetze gegen das Böse in der Welt. Doch, immer wenn jemand sich außerhalb der Regeln bewegt, gefährdet er alle anderen. Also: die Monster müssen weg! Dazu braucht man Leute, die mitmachen (Markgrafen und Ritter), Material (Ressourcen) und Kriegsschauplätze. 

Die beschreibende Spielgeschichte ist stimmig und führt geschickt ins Spiel ein. Die im Spiel genutzten Mechanismen beinhalten keine wirklich neuen Elemente, sind aber insgesamt gut zusammengestellt. Lediglich die Karten bringen Glück ins Spiel. 

Gefühlt kann ich in jedem meiner Züge etwas Sinnvolles tun: Ritter bewegen, neue Helfer anwerben, Monster besiegen, die eigene Figur in eine andere Stadt bringen und dort die Stadtboni nutzen. Ich kann auch Ressourcen besorgen, die beim Bau von Wachtürmen gebraucht werden. Insgesamt bleibt das Spiel in seinen Möglichkeiten gut überschaubar und befindet sich vom Anspruch her eher im unteren Rahmen der Kennerspiele. Das Material ist optisch sehr ansprechend und spielt sich angenehm. 

Und doch kommt ein Kummer auf: Die Punktwertung zwischen den Spielern kann weit auseinandergehen, teilweise blickten die Spieler auf bis zu 40 Punkte Unterschied. Im Spiel kann gut auf Angriff und Stänkerei gespielt werden. Gerade die Ressourcenknappheit neigt zu einem fiesen Spielzug, der allen anderen das Spiel zerstört. Bunkert jemand die Kristalle komplett, fällt die Aktion "Bauen" für alle anderen in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Dann kann man zwar auch über die anderen Mechanismen weiterspielen, jedoch bleibt ein starkes Gefühl von Ernüchterung zurück, zumal die Bauaktion insgesamt sehr stark in der Endwertung ist. Außerdem zieht sich das Spiel dann stark in die Länge. Es gibt zwar im Spiel eine Möglichkeit, sich zumindest ein paar Ressourcen zu sichern, aber mit denen muss man ja zahlen. Und genau hier verliert das Spiel dann seinen Reiz. 

Wir haben für uns eine Einzelressourcen-Beschränkung eingeführt (max. zwei Kristalle im eigenen Besitz). Damit wurde das Treiben des Sammlers ein wenig gedämmt. Viele Tester haben die Personenkarten zudem oft nur zum Symbol-Sammeln genutzt, obwohl sie auch ganz interessante Aktions-Boni enthalten. Die Spielrunden zeigten zudem, dass die 3-Spieler-Runde am optimalsten lief. Einzelne Spieler können die Downtime hochtreiben, aber gut, das kennt man aus vielen Spielen. 

Und nun? Nun sitze ich vor einem Spiel, dass ich optisch und haptisch unbedingt spielen möchte, und mit dem Wissen an den Ressourcen-Tod (ohne unsere Hausregeln) dann doch eher im Schrank lassen würde. 

KULTFAKTOR: 6/10

Spielidee: 6/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10

TEAM-TREND

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Die Kultfaktor-Wertungen weiterer Spielkultisten:

André: 7/10
Nicole: 7/10

EURE REZENSENTIN

GABI

Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester

Eine Zweitmeinung vom 01.04.2021

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Presse-Exemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Schwerkraft Verlag
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