REZENSION
MAFIA LEGEND
- Genre: Strategiespiel
- Jahr: 2021
- Verlag: Eisenwald Games
- Autor: Lukas Bickmann
- Spieler: 3 bis 4
- Alter: ab 12 Jahren
- Dauer: ca. 90 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 7/10
Pate gesucht!
Wir befinden uns im New York der 1930er Jahre. Um uns herum herrschen Prohibition und Weltwirtschaftskrise. Der Pate wird wohl bald ableben und sucht einen Nachfolger! Interesse? Dann los!
REGELN
Das Spiel besitzt mehrere Varianten, inkl. eines Einsteigerspieles. Ich beschreibe allerdings bereits eine fortgeschrittene Variante.
Spielaufbau
Der Spielplan gehört mittig auf den Tisch. Geldkarten, Ereigniskarten, Charakterkarten, Jobkarten und Aktionskarten als getrennte Stapel werden gemischt und auf die jeweiligen Felder des Spielplans gelegt. Die Charakterkarten werden vorher an die Spielerzahl angepasst. Über den Stapel der Charakterkarten wird eine zusätzliche Reihe aus fünf Machtkarten gebildet.
Machtkarten (Politik, Staatsgewalt, Wirtschaft, Presse und Bevölkerung) werden an den Spieler ausgegeben, wenn er den entsprechenden Einfluss in dieser Farbe besitzt. Dazu werden die Einflusszahlen der vor dem Spieler gesammelten Charakterkarten der Farbe addiert. Die Machtkarte gehört immer dem Spieler, der gerade den höchsten Einfluss ab einem bestimmten Wert besitzt. Diese Karten können ihren Besitzer wechseln.
Jeder Spieler sucht sich einen Spielcharakter aus und erhält dazu einen Sichtschirm, die farbig zugehörigen Aktionsscheiben, einen farbigen Würfel und ein Fähigkeitsplättchen. Die Charaktertäfelchen und der Würfel gehören auf das jeweilige Feld des Spielplans. In den offenen Vorrat gehören die Klammern, die W8-Würfel. Auf den Spielplan gehören der Monatsmarker und der Marker für die Phasenanzeige (beides kleine schwarze Würfel). Der Startspieler nimmt sich den Pokerchip als Marker. Seine Charaktertafel nimmt den obersten Platz der Spielerreihenfolge-Spalte ein. Jeder Spieler zieht sechs Aktionskarten und vier Geldkarten. Hinter den Sichtschirm gehören die Scheiben und die Geldkarten. Die Aktionskarten gelten als Handkarten, allerdings können zu Bluff-Zwecken auch Geldkarten auf die Hand genommen werden.
Wird mit den Auftragskarten des Paten gespielt, erhält jeder Spieler zu Spielbeginn eine verdeckte Karte. Die Erfüllung dieses Auftrages ist zwingend nötig zum Spielsieg.
Zum Spieleinstieg werden die obersten vier Charakterkarten gezogen und aufgedeckt in der Charakter-Reihe platziert. Ebenso wird die oberste Jobkarte aufgedeckt. Dann kann das Spiel beginnen.
Spielablauf
Es wird immer ein Monat gespielt, der aus drei Phasen besteht. Eine Phase gilt als ein Spieler-Umlauf.
Wer an der Reihe ist, darf bis zu zwei Karten (Aktions- oder Geldkarten) von der Hand auf den Spielplan in das dortige Raster in die eigene Reihe (beliebiges Feld) ausspielen. Die Anzahl der ausgespielten Karten bestimmt die Anzahl von Karten, die vom Aktionskartenstapel nachgezogen werden. Werden zwei Karten ausgespielt, erhält der Spieler keine Karte, bei einer ausgespielten Karte wird eine Karte gezogen und bei keiner ausgespielten Karte zwei.
Vor dem Ausspielen der Karte kann eine Aktionsscheibe eingesetzt werden (auf den Spielplan „Aschenbecher“ oder vor den Charakter). Beim Aschenbecher kann der Spieler, insofern seine Scheibe die erste Scheibe dieses Monats auf dem Aschenbecher ist, eine von folgenden Aktionen ausführen:
- eine Geldkarte ziehen
- drei Aktionskarten ziehen
Oder der Spieler legt seine Scheibe vor die eigene Charaktertafel auf dem Spielplan und ist diesen Monat geschützt vor Angriffen.
Außerdem kann er einmal im gesamten Spiel seine Charakterfähigkeit einsetzen. Danach wird das Charakterplättchen umgedreht.
Beim Ausspielen der Karten gibt es unterschiedliche Handlungsmöglichkeiten, die durch unterschiedliche Symbole gekennzeichnet sind:
Angriffskarten (Polizeimarke, Fadenkreuz, Handschlag, Sterne) können offen oder verdeckt in die Angriffsspalte gespielt werden. Sie werden in der Spalte des anzugreifenden Spielers platziert. In diese Felder kann generell nur eine Angriffskarte gespielt werden und auch nur dann, wenn dort gerade keine Aktionsscheibe ausliegt. Dabei entscheidet das Zusatzsymbol „Auge“, ob der Spieler die Karte offen spielen kann. Offen gespielte Karten werden je nach Wunsch des Spielers sofort oder am Monatsende ausgewertet. Verdeckte Karten werden erst am Monatsende ausgewertet. Es können im eigenen Zug bis zu zwei Karten, auch auf verschiedene Felder der eigenen Reihe gespielt werden. Es können auch belegte Felder in den Folgephasen weiter mit Karten verstärkt werden. Jede Spalte besitzt eine maximale Kartenzahl für jedes Feld.
Verteidigungskarten (Hand) können entweder als Schutz direkt von der Hand auf eine offene Angriffskarte eines Gegenspielers hin gespielt werden oder auch als Reaktion auf einen Angriff am Monatsende.
Besitzt eine ausgespielte Karte einen Stern, wird sie nur dann beachtet und ausgewertet, wenn es die erste aufgedeckte Sternkarte am Monatsende ist.
Weitere Aktionskartensymbole (Handkarten):
- Würfel: Bestimmt die Anzahl der Würfel, die bei der Kartenaktion verwendet werden dürfen.
- Dollar: Bestimmt die Anzahl der Geldkarten, die der Spieler für eine erfolgreiche Kartenaktion dieser Karte erhält.
- Faust: Bestimmt die Einschüchterungsstärke dieser Karte. Einschüchterungsstärken können, miteinander auf einem Feld liegend, addiert oder subtrahiert werden.
Symbole auf den Charakterkarten (Charakterkartenreihe):
- Lupe: Wird ein Charakter mit einer Lupe aufgedeckt, wird das Handkartenlimit sofort auf 6 Aktionskarten begrenzt. Überzählige Karten müssen mit Siegpunkten bezahlt und dann abgeworfen werden.
- Dollar: Zeigt die Mindestgeldsumme, mit der der Charakter bestochen werden kann. Der Höchstbietende erhält die Karte. Hier gilt der jeweilige Geldkarteneinsatz auf den Feldern unterhalb dieses Charakters.
- Faust: Mindestüberzeugungskraft für die Erpressung dieses Charakters. Hier gelten alle in einem Feld gespielten Aktionskarten mit Faust. Diese Charakterkarten gewinnt der höchstbietende Erpresser.
- Karte mit „E“: Der Spieler, der diese Karte erhält, muss zwei Ereigniskarten ziehen, von denen er eine auswählt. Die gewählte Karte gilt dann für alle Spieler im nächsten Monat.
- Karte mit „A“: Der Spieler, der diese Karte erhält, darf sofort zwei Aktionskarten nachziehen.
- Geschenk: Geschenkkarten besitzen einen Siegpunkt- (Einfluss-)Wert, der sich verdoppelt bei vollständigem Set, z.B. Filmstar und Filmstudio.
Von den Jobkarten liegt immer nur eine offen aus. Sie können entweder sofort oder am Monatsende erfüllt werden. Um sie zu erfüllen, muss man entweder:
- die darauf sichtbare Würfelsumme erreichen ODER
- die richtigen Karten in die Job-Spalte gelegt haben
Job-Symbole:
- Würfel: zeigt die zu erreichende Würfelsumme.
- EP-Zahl: zeigt die Anzahl der bei Erfolg erhältlichen Siegpunkte
- Misserfolg: zeigt die Anzahl der Phasen, die der Spieler als Strafe aussetzen muss
- Dollar: zeigt die Anzahl der Geldkarten, die der Spieler bei Erfolg erhält
Nach drei Phasen (Umläufen) erfolgt das Monatsende. Jetzt werden die Karten des Rasters auf dem Spielplan ausgewertet. Dabei spielen folgende Aspekte eine Rolle:
- Es gilt immer nur eine Spalte, die komplett abgearbeitet wird.
- Die Reihenfolge der Karten ist immer abhängig von der abwärts führenden Charaktertafelreihenfolge.
- Der Startspieler liegt immer an oberster Stelle und wird zuerst abgehandelt.
- Die aufgedeckten Karten bestimmen weitere Maßnahmen.
Was kann beim Aufdecken der Karten passieren?
In der zu wertenden Spalte werden von oben nach unten alle Karten aufgedeckt. Erscheint in dieser Reihenfolge ein Sondersymbol, muss dieses sofort abgehandelt werden. Ansonsten werden die jeweiligen Kartenwerte addiert und der höchste Kartenwertbesitzer nimmt sich die Charakterkarte aus der oberen Charakterkartenzeile und erhält sofort den entsprechenden Bonus des Kartentextes.
Monatssonderregeln:
Der Spieler mit den meisten erworbenen Charakterkarten erhält Sonder-Siegpunkte (Einfluss) in Abhängigkeit des Monats (Januar 1, Februar 2 usw.)
Sobald die Monate März, Juni und September vorbereitet wurden, setzt vor dem Phasenbeginn ein Zahltag ein: Alle Spieler erhalten Geldkarten in Höhe der Anzahl der vor ihnen auf den gesammelten Charakterkarten abgebildeten Dollarzeichen. Nach dem Zahltag im Juni werden alle Kartenstapel, außer Ereigniskarten, neu gemischt. Der Aktionsstapel wird dabei wieder mit dem Ablagestapel aufgefüllt.
Spielende
Das Spiel endet, sobald der erste Spieler 50 Siegpunkte erreicht hat sowie, beim Spiel mit dem Auftrag, auch der Auftrag des Paten erfüllt wurde.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- hochwertiges Material
- interessantes Thema passend umgesetzt
CONTRA
- Anleitungsstruktur verwirrend, hinterlässt viele Fragen
MEINUNG
Anderen einfach Prügel androhen, sie mit viel Geld bestechen, um das Gewünschte zu erhalten, kleine und große Gemeinheiten austauschen – zugegeben, diese Welt ist mir fremd. Bei Mafia Legend lerne ich sie kennen. Schnell merke ich: In dieser Szene teilt jeder aus, will jeder der Beste sein, mit allen Mitteln. Da muss jeder schon einiges einstecken können. Frust baut sich auf, ich habe das Gefühl, die Bank betrügt mich um mein Geld (ich ziehe nur kleine Scheine), die Würfel stürzen mich ins Verderben. Moment mal, der Augenblick ist günstig, ich habe im Duell gesiegt und gut gezogen, das Blatt wendet sich! Vielleicht! Noch sind nicht alle Karten aufgedeckt ... Wer wird wohl diese Charakterkarte für sich gewinnen?
Im Spiel geht es um schnöde Siegpunkte, die ich maßgeblich auf Charakterkarten finde. Und um diese Karten wird verdeckt geboten. Nur als Sieger erhalte ich die Karte. Meine nachfolgenden Gegner können mich immer noch überbieten oder angreifen. Schaffe ich es, ein Set aus zwei zusammengehörigen Charakterkarten zu sammeln, erhalte ich doppelte Punkte. Klar, dass die anderen da etwas dagegen haben. Und so spielt sich das Spiel für Stänker-Freunde trotz des Glücksfaktors reihum durchaus interessant. Die wichtigste Bedingung aber bleibt: Man muss einstecken können!
Das, und auch der recht deutliche Umgang mit dem Thema Mafia, legt mir den Gedanken nahe, das Spiel doch erst ab 16 Jahren zu empfehlen, wenigstens ab 14. Dabei ist das Spielmaterial optisch passend und qualitativ hochwertig. Die eingeschränkte Spieleranzahl von 3 oder 4 Spielern erschwert die Suche nach einer Spielgruppe. Zudem nimmt die tatsächlich schwierige Anleitung, mit einem verwirrenden Aufbau und fehlenden Informationen, vielen Gruppen den Anfangsspielreiz. Hat man alle Fragen der Anleitung mittels Erklärvideo endlich geklärt, spielt sich das Spiel rund. Die Spiellänge ist mit 90 Minuten recht lang für das, was das Spiel bietet. Der hohe Glücksfaktor behindert tatsächliches Taktieren. Das direkte Ärgern kann auf Dauer Frust verursachen, vor allem, wenn sich, bei drei Spielern, zwei gegen einen verbünden.
Das Grundregelwerk ist, einmal verstanden, an sich nicht schwer. Lediglich die vielen Sonderregeln erschweren das Spielgeschehen in den ersten beiden Runden. Eine Symbolübersicht fehlt, zumal diese zum Teil bei unterschiedlichen Kartentypen auch leichten Variationen unterliegen. Die angekündigte Überarbeitung wurde bisher (Stand: April 2022) noch nicht online gestellt. Schade. Ein eigentlich solides Spiel verliert dadurch einiges an Reiz.
Fazit: Mafia Legend ist ein solides Ärgerspiel für Kenner mit thematisch wirklich gut passender Umsetzung in Optik und Spielmechanik. Das schlechte Regelwerk erschwert jedoch stark den Einstieg ins Spiel.
KULTFAKTOR: 6/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 6/10
EURE REZENSENTIN
GABI
Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester
Eine Rezension vom 03.05.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Eisenwald Games
Weitere Fotos: Spielkultisten