REZENSION
LUMICORA
- Genre: Taktik- / Legespiel
- Jahr: 2024
- Autorin: Rita Modl
- Grafik: Annika Heller
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 40 bis 60 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 8/10
Ein einzigartiges Farbenspiel
Um farbenprächtige Korallenriffe entstehen zu lassen, legen wir bunte Plättchen geschickt neben- und übereinander. Den Zeitpunkt für die eigenen Wertungen bestimmen wir dabei selbst, und es sind nicht nur die Korallen, die uns Punkte bringen, sondern auch die Tiere, die dieses Ökosystem bewohnen.
REGELN
Legt den Spielplan zunächst mit der dunklen Seite nach oben in die Tischmitte und nehmt euch jeweils ein eigenes Tableau ("Riff"), mit der A-Seite nach oben. Zieht jeweils ein zufälliges zweifarbiges Startplättchen und legt es auf das Startfeld eures Riffplans. Mischt die Luminos (einfarbige Plättchen, die sich über zwei runde Felder erstrecken) im Beutel gut durch; je nach Spielerzahl wird vorher eine bestimmte Anzahl an Plättchen aussortiert. Zieht jeweils vier zufällige Plättchen aus dem Beutel und legt sie an euer Riff-Tableau als persönlichen Vorrat an, zieht weitere vier Plättchen und legt sie als offenes Angebot in die Tischmitte („Atoll“). Jedes Plättchen zeigt auf einem der beiden Felder eine Zahl von 1 bis 6 und ggf. noch ein Tier-Symbol auf dem zweiten Feld.
Gespielt werden 10 Runden. Bist du an der Reihe, legst du in der Aktionsphase zunächst ein Lumino-Plättchen aus deinem Vorrat ins Atoll. Danach hast du die Wahl aus drei Optionen; entscheide dich für eine:
- Du nimmst dir so viele Kalkstein-Marker, wie die Zahl auf dem abgelegten Plättchen vorgibt. Lege die Marker in dein Lager. Du darfst maximal 10 Kalksteine gleichzeitig besitzen
- Du nimmst eines der drei verbliebenen Luminos aus deinem Vorrat auf die Hand.
- Du nimmst 1 bis 3 Luminos einer identischen Farbe aus dem Atoll. Diese Farbe muss sich jedoch von der Farbe deines abgelegten Plättchens unterscheiden.
Sollten nach deiner Aktion weniger als vier Plättchen im Atoll liegen, wird die Auslage mit neuen Plättchen aus dem Beutel auf vier ergänzt.
Besitzt du im Anschluss nun, je nach gewählter Aktion, ein oder mehrere Luminos auf der Hand, legst du diese Plättchen auf deinen Riffplan. Dabei gilt: Du musst ein neues Plättchen an ein gleichfarbiges Plättchen derselben Ebene anlegen, in höheren Ebenen alternativ auf mindestens ein gleichfarbiges Feld eines darunterliegenden Plättchens. Beim Bau in die Höhe dürfen Plättchen nie deckungsgleich gelegt werden, heißt: Als Fundament dienen stets zwei Felder von zwei verschiedenen Plättchen. Sollte keine Möglichkeit bestehen, ein Plättchen farbgleich anzulegen, darf es an ein beliebiges Plättchen der unteren Ebene angelegt werden.
Legst du ein Plättchen auf Kalkstein-Felder deines Plans, ist das Legen kostenlos. Für jedes überdeckte Wasserfeld hingegen musst du einen Kalkstein-Marker bezahlen.
Wichtig: Solltest du ein Plättchen auf der Hand besitzen, dass du nicht mehr regelkonform anlegen kannst oder willst, musst du es zurück in den Beutel legen und dir dafür einen Minuspunkt nehmen.
Habt ihr reihum eure Aktionen durchgeführt, kommt es nun zur Wertungsphase dieser Runde. In Spielerreihenfolge zieht ihr nun zunächst neue Plättchen aus dem Beutel, um euren persönlichen Vorrat an Plättchen wieder auf vier aufzufüllen und entscheidet dann sofort individuell, ob ihr eine Farbwertung für euch auslösen möchtet. Wer eine Wertung durchführt, entscheidet sich für eine Farbe und erhält dann pro erschaffener Ebene auf dem eigenen Tableau die Punkte jedes entsprechend farbigen Plättchens, allerdings immer nur für das Plättchen mit der niedrigsten Zahl pro Ebene. Liegen also beispielsweise auf einer Ebene eine gelbe 2 und eine gelbe 6, zählt nur die gelbe 2 und die 6 verfällt. Wäre es dagegen gelungen, die gelbe 2 mit einem anderen Plättchen in einer höheren Ebene zu verdecken, während die 6 noch sichtbar ist, gäbe es 6 Punkte.
Addiert auf diese Weise die Punkte der Ebenen für die gewertete Farbe und dreht dann euer Wertungsplättchen dieser Farbe auf die Rückseite („Qualle“). Ein solches gedrehtes Plättchen bringt am Ende des Spiels 2 Punkte, es kann aber auch eingesetzt werden, um damit die Lumino-Auslage (oder einen Teil davon) im persönlichen Vorrat oder im offenen Angebot („Atoll“) auszutauschen. Im Anschluss an eine Wertung gibt es in den Runden 1 bis 9 noch Kalksteine als Boni, vier in den Runden 1 bis 4, zwei in den Runden 5 bis 7, immerhin noch einen in den Runden 8 und 9.
Noch einmal zusammengefasst: Ihr führt also zunächst reihum die Aktionsphase aus und im Anschluss die Wertungsphase. In der Wertungsphase füllt ihr euren Plättchenvorrat wieder auf; wann ihr eine Farbwertung für euch auslöst, entscheidet ihr individuell. Jeder darf jede Farbe auf seinem Riffplan nur einmal werten.
Nach Runde 10 erfolgt die Schlusswertung. Zu den Punkten, die ihr im Spiel über Wertungen gemacht habt, kommen noch folgende hinzu:
- Jedes gedrehte Wertungsplättchen im eigenen Besitz bringt 2 Punkte.
- Je 2 Kalksteine bringen 1 Punkt.
- Zählt eure sichtbaren Tiere (Muscheln, Krabben, Seepferdchen und Seesterne). Erhaltet für ihre Anzahl die entsprechenden Punkte für diese Tierart, wobei das Maximum an gewerteten Tieren einer Art vier beträgt; mehr als vier Tiere einer Art bringen keine zusätzlichen Punkte.
- Zählt die sichtbaren Plättchen-Felder jeder Farbe. Wer die meisten Felder einer Farbe vorweisen kann, erhält 4 Punkte, der Zweitplatzierte noch 2 Punkte.
Wer nun insgesamt die meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt.
Varianten:
- Ihr könnt die Riffpläne auf die Rückseite drehen. Nun gibt es Felder auf der unteren Ebene des Plans, die euch, wenn sie am Spielende noch sichtbar sind, 1 bis 3 Minuspunkte einbringen. Diese solltet ihr also möglichst bis zum Spielende mit Plättchen überdecken.
- Auch könnt ihr den Spielplan auf die Rückseite drehen. Die Rückseite zeigt eine neue Tierwertung, bei der ihr jedes sichtbare Tier am Spielende für sich betrachtet wertet. Jede Tierart verlangt nun nach einer bestimmten Position, in zwei Schwierigkeitsstufen. Jede Muschel bringt beispielsweise 1 Punkt, wenn sie an mindestens ein Wasserfeld angrenzt. Sie bringt 2 Punkte, wenn sie an mindestens 3 Wasserfelder angrenzt. Die Krabben verlangen nach Plättchen-Feldern auf derselben Ebene, die Seepferdchen nach angrenzenden höher liegenden Feldern und die Seesterne nach angrenzenden tiefer liegenden Feldern.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- trickreiches 3D-Legepuzzle
- kurzweilige Mischung aus Taktik und Glück
- Anspruch kann an die eigenen Vorlieben angepasst werden
- schöne Optik, gutes Material
CONTRA
- Ebenen lassen sich mitunter nicht auf den ersten Blick unterscheiden
MEINUNG
Wer vielleicht schon einmal ein Korallenriff beim Tauchen bewundert hat, wird begeistert sein von dem Schauspiel der Farben, das einem da geboten wird. In Lumicora wird genau das zum perfekt passenden Thema eines eigentlich abstrakten Legespiels. Die prächtigen Farbtöne der Luminos, die auf dem dunklen Meeresblau platziert werden, sorgen für eine wirklich schöne Tischpräsenz, verschiedene Hintergrund-Texturen helfen Personen mit einer Farbsehschwäche beim Unterscheiden der Farben, das Material ist zudem für den aufgerufenen Preis von knapp 35 Euro hochwertig, die Tableaus sind aus stabiler Pappe, Runden- und Startspielermarker sind kleine Hingucker, und als Tipp: Schaut euch die Spielschachtel mal im Dunkeln an!
Spielerisch folgt Lumicora anderen Legespielen, bei denen ebenfalls dreidimensional gepuzzelt wurde: Llamaland, Cooper Island, Akropolis beispielsweise. Dabei hat das Spiel aber einen eigenen Kniff, denn bei Lumicora müssen immer gleich zwei Dinge gleichzeitig beachtet werden. Das fängt schon beim Zugang zur Aktionsphase an. Das Plättchen, das ich in die Mitte lege, ermöglicht es mir, andersfarbige Plättchen aufzunehmen - oder, seltener genutzt, ein Plättchen aus meinem eigenen Vorrat - oder, auch wenn es über Wertungen effizienter erscheinen mag, das Einsammeln von Kalksteinen, quasi die Währung im Spiel. Und doch sollte ich bei meiner Wahl auch die Konkurrenz im Auge behalten. Lege ich da ein begehrtes 6er-Plättchen in die Mitte, sollte es vielleicht nicht unbedingt die Farbe haben, die mein Nachbar dann als nächstes punkteträchtig werten kann.
Auch beim Legen der Plättchen muss ich immer an zwei Sachen denken. So möchte ich zum einen möglichst hohe Zahlen derselben Farbe auf verschiedene Ebenen legen, damit sich eine Farbwertung so richtig lohnt. Gleichzeitig möchte ich aber auch die Tierwertungen am Spielende nicht außer Acht lassen. Und so entsteht ein trickreiches Legepuzzle, bei dem ich sowohl (kurzfristig) für Wertungen, aber auch (langfristig) fürs Spielende plane. Spätestens, wenn in die Höhe gebaut wird, entsteht dann stets die Frage, auf was ich verzichten kann. Wie lege ich die Plättchen, um Fundamente zu schaffen, ohne dabei wichtige Zahlen oder Tiere zu verdecken? Oder umgekehrt: Wie eliminiere ich niedrige Zahlen aus einer Ebene, in der auch noch eine höhere Zahl dieser Farbe liegt? Das ist auf jeden Fall sehr herausfordernd und es erfordert auch ein gewisses Maß an räumlichem Vorstellungsvermögen. Je nach gewachsener persönlicher Auslage kann es ab und ab mal sein, dass man zwei- oder dreimal hinschauen muss, um die verschiedenen Ebenen im Nachhinein noch eindeutig identifizieren zu können. Das geht dann mit entsprechender Konzentration recht gut, aber nicht immer auf den ersten Blick.
Auf der Webseite von Pegasus Spiele wird Lumicora als Familienspiel eingeordnet. In der Einsteigervariante mag das noch zutreffen, wobei auch hier die Legeregeln erst einmal verinnerlicht werden wollen. Danach ist der Ablauf flüssig und ohne allzu lange Wartezeiten. Wird hingegen mit den erweiterten Tierwertungen gespielt, tendiert das Spiel für mich eher zum Kennerspiel. Wer da alle Tierfunktionen, die in ihrer Art etwas an Cascadia erinnern, optimal einbetten möchte, der kann mitunter an seine Grenzen stoßen; da können auch mal Köpfe rauchen. Mir persönlich gefällt diese Fortgeschrittenen-Variante aber auf jeden Fall sehr gut, da ich Fan von genau solchen Optimierungspuzzeln bin.
Das Spiel ist, was das Puzzeln angeht, solitär geprägt, was hier aber auch völlig in Ordnung geht, denn die eigene Aufgabe ist ja bereits Herausforderung genug, zumal sich die Auslage auf dem Riffplan ja auch stetig weiterentwickelt bzw. sie nach den Wertungen einem Wandel unterzogen ist. Und doch gibt es dann schöne kleine interaktive Elemente, was die Mitspieler angeht. Da wäre zum einen der Wettlauf um die Mehrheiten-Wertungen am Spielende, zum anderen aber eben auch die Beeinflussung des Atolls, was direkte Auswirkungen auf das Spiel der anderen Personen hat. Auch die vielleicht banal wirkende Regel, sich diszipliniert reihum für eine Wertung zu entscheiden oder nicht, ist überaus taktisch, denn wer die letzte Wertung in einer Runde durchführt, wird Startspieler, und je nach Plättchen im Atoll, kann das ein echter Vorteil sein. Das gefällt mir alles richtig gut.
Natürlich sind auch Glücksfaktoren im Spiel vorhanden, denn die Plättchen werden zufällig gezogen, und wenn ich da mehrere hochwertige Plättchen einer Farbe auf einmal erhalte, ist das natürlich besser, als wenn nur 1er-Plättchen in der einzigen von mir noch nicht gewerteten Farbe im Angebot auftauchen - oder vielleicht gar keins. Übers ganze Spiel hinweg gleicht sich das aber meistens gut aus; bei uns waren die Ergebnisse stets eng, wenn die Spielerfahrung der Teilnehmer ungefähr auf einem Level liegt.
Meinen persönlichen Geschmack hat Lumicora sowohl spielerisch als auch optisch wirklich gut getroffen, sodass ich insgesamt sehr gute 8 Kultpunkte vergebe, in der Fortgeschrittenen-Variante sogar mit einer Tendenz zur 9. Ich finde: Da hat sich Autorin Rita Modl wirklich etwas sehr Schönes ausgedacht!
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/_RgbWn_eQm8
KULTFAKTOR: 8-9/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 8/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 21.07.2024
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Deep Print Games / Pegasus Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten