REZENSION

LIONS OF LYDIA

  • Genre: Taktikspiel
  • Jahr: 2021
  • Verlag: Spielefaible
  • Autor: Jonny Pac
  • Grafik: Darryl T. Jones
  • Spieler: 2 bis 4
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: ca. 30 - 60 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Taktiklevel: 7/10

Bin ich Krösus?

Die Antwort lautet: Vielleicht! Im kleinasiatischen Königreich werdet ihr zu einflussreichen Herrschern, die ihre Kaufleute an die Tore der Stadt zum Handeln schicken, Ressourcen und Münzen sammeln und damit Ländereien erwerben und ausbauen.

REGELN

Bestückt den Spielplan mit den Stadttoren und stellt an jedes Tor einen Kaufmann einer nicht zum Tor passenden Farbe. Stellt von jeder Kaufmann-Farbe eine Figur an den Brunnen in die Mitte. Legt an jede Spielplanseite eine zufällige Kartenauswahl aus, im Spiel zu viert drei silberne, zwei lilafarbene und eine goldene Karte, letztere belegt mit einer goldenen Figur („lydischer Kaufmann“). 

Jeder Spieler erhält ein Spielertableau, eine farblich passende Länderei-Startkarte sowie vier Ressourcenmarker, die auf die entsprechenden Leisten des Tableaus gelegt werden. Zudem wird der Einflussmarker auf das Startfeld der Einflussleiste gestellt. Dazu erhält jeder Spieler einen Beutel, in dem sich vier Kaufleute (je einer jeder Farbe) befinden.

Gespielt wird reihum. Wer an der Reihe ist, zieht blind eine Figur aus seinem Beutel und setzt sie danach ein. Dabei stehen zwei Optionen zur Auswahl:

  • Den Kaufmann an ein Tor stellen. Dann erhält der Spieler Ressourcen, und zwar eine in der Farbe des Tores sowie jeweils eine in den Farben aller Kaufleute, die sich an diesem Tor befinden, inkl. des neu eingesetzten. Die Ressourcen werden auf den Ressourcenleisten des eigenen Tableaus markiert. Befinden sich nun zwei farblich identische Figuren an einem Tor, wird dieses Paar an den Brunnen versetzt.
  • Den Kaufmann an den Brunnen stellen. Der Spieler sucht sich nun eine Spielplanseite aus und kann beliebig viele Karten von dort kaufen, sofern er sie mit seinen gesammelten Ressourcen bezahlen kann.


Im Anschluss an die gewählte Option nimmt der Spieler nun eine Figur vom Brunnen und steckt sie in seinen Beutel. Damit ist der Zug beendet und der nächste Spieler dran.

Die gekauften Ländereien in Silber und Gold bringen im Spiel individuelle Boni für die angegebene Aktion, z.B. eine Zusatzressource, wenn ein Kaufmann einer bestimmten Farbe an ein bestimmtes Tor gestellt wird. Lilafarbene Karten bringen ggf. Punkte am Spielende, wenn die Voraussetzung erfüllt wird. Die Karten haben eine einfache Vorderseite und eine verbesserte Rückseite. Um an die Aufwertung zu kommen, müssen die Kosten einer Karte bei einer Brunnen-Aktion erneut entrichtet werden. Dann wird die Karte umgedreht.

Lilafarbene Karten können nur mit Münzen gekauft werden. Münzen sind auch stets Joker-Ressourcen im Spiel. Nur mit einem lydischen Kaufmann kann ich Münzen generieren. So ein goldener Kaufmann kommt mit jeder gekauften goldenen Karte ins Spiel. Wird ein  lydischer Kaufmann aus dem Beutel gezogen und an ein Tor gestellt, darf der Spieler sämtliche gesammelten Ressourcen der Torfarbe in Münzen umtauschen, startet auf der Leiste dann jedoch wieder bei 0.

Andererseits ist es auch wichtig, Feld 6 einer Ressourcenleiste zu erreichen. Dann nämlich kann der Spieler sofort eine vor ihm liegende Länderei-Karte kostenlos aufwerten oder alternativ seinen Einflussmarker ein Feld weiter bewegen. Letzteres ist wichtig, da nur so die Anzahl der erlaubten Ländereien im eigenen Besitz gesteigert werden darf. Zudem werden Boni freigeschaltet - Münzen, Punkte, ein lydischer Kaufmann oder am Ende der Leiste auch eine dauerhafte Joker-Ressourcen-Farbe.

Ziel des Spiels ist es, eine bestimmte Anzahl an Ländereien im eigenen Besitz aufzuwerten (im Spiel zu zweit 8, im Spiel zu dritt 7, im Spiel zu viert 6). Danach ist jeder andere Spieler noch einmal am Zug, dann ist das Spiel beendet.

Die Spieler erhalten Punkte

  • für den aufgedruckten Punktewert jeder silbernen und goldenen Karte im eigenen Besitz (aufgewertete Karten bringen mehr Punkte als Karten, die noch auf ihrer Standardseite liegen).
  • für lilafarbene Karten, sofern die Voraussetzung erfüllt ist.
  • für die Position des eigenen Einflussmarkers.
  • pro Münze, falls der Spieler das Brunnenplättchen besitzt. Das geht an den Spieler, der die erforderliche Anzahl an aufgewerteten Ländereien als erster erreicht hat.


Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.


Das Spiel enthält 8 kleine Erweiterungsmodule, mit denen das Spiel in Nuancen variiert werden kann - neue Karten / die Möglichkeit, weitere Bonusressourcen zu erlangen / Punkte-Verdoppler, etc.; siehe Video (Link unten im Meinungsteil).

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • interessante Mischung aus Bag- und Engine Building
  • simple Regeln
  • Zusatzmodule bereits enthalten
  • gutes Material


CONTRA

  • auf längere Sicht keine große Varianz im Grundspiel 
  • wirkt insgesamt eher brav und klassisch
  • nicht alle Module kombinierbar und gleich gut

MEINUNG

Lions of Lydia ist ein überraschend interessanter Mix aus Bag- und Engine Building. Dabei gewinnt das Spiel jetzt zwar keinen Innovationspreis, schließlich gibt es doch einige ähnliche Spiele mit ähnlichen Konzepten, aber die Elemente wurden hier neu gemischt und gut zusammengefügt. Dabei gefällt nicht nur das Spielmaterial. Die Spielregeln sind leicht verständlich, das Spiel ist schnell erlernt und auch schnell gespielt.

Nun geht es also darum, möglichst viele Ländereien zu kaufen und aufzuwerten. Da könnte man ja auf die einleuchtende Idee kommen, am besten erst einmal nur Ressourcen zu sammeln, um möglichst viele Ländereien in einem Spielzug zu kaufen. Das fühlt sich als starke Aktion an. Oft machen die Spielerinnen und Spieler das auch. Wer das Spiel allerdings bereits kennt, wird wissen, dass das nur dann funktioniert, wenn kein Spieler nach vorn prescht. Lions of Lydia ist ein Wettrennen - nichts wird nachgelegt, was weg ist, ist weg. Zu lange auf die große Auswahl zu warten, kann bedeuten, dass man am Ende mit leeren Händen dasteht, wenn sich die Mitspieler vorab die Rosinen herauspicken.

Überhaupt ist in dem Spiel eine taktische Balance gefragt. Für bestimmte Karten benötige ich Münzen, Münzen sind auch Joker. Aber um an Münzen zu gelangen, muss ich Ressourcen verkaufen. Und schon komme ich in ein Dilemma. Einerseits möchte ich Münzen sammeln, andererseits möglichst oft Feld 6 einer Ressourcenleiste erreichen. Auch da wirkt die kostenlose Aufwertung einer Länderei wieder sehr stark, aber allzu häufig kann ich auch diese Option nicht nutzen. Schließlich muss ich zwischendurch Ressourcen verbrauchen, um neue Karten kaufen zu können, was wiederum nur geht, wenn ich auf der Einflussleiste die erlaubte Anzahl erhöht habe. So bedingt dann eins das andere, und trotzdem bleibt das Spiel angenehm fluffig. Die Ressourcengenerierung geht schnell von der Hand, die Spielzüge sind kurz, Wartezeiten gibt es nur bedingt.

Das alles ist in sich stimmig und rund, jedoch ist die von mir gefühlte Varianz nicht die höchste. Die Partien laufen grundlegend dann schon ähnlich ab, sodass ich als Vielspieler recht schnell das Gefühl bekomme, bereits alles gesehen zu haben. Sehr lobenswert ist es da, dass ich gleich 8 Mini-Erweiterungen geboten bekomme, die ich z.T. kombiniert, z.T. einzeln mit ins Grundspiel nehmen kann. Für sich bieten diese Mini-Add-Ons jetzt in den meisten Fällen auch keine großen Überraschungen, aber eben doch kleine Stellschrauben, die aus einem gehobenen Familienspiel ein zumindest (einfacheres) Kennerspiel machen. Nicht jedes Modul kam bei uns gleich gut an, aber trotzdem motiviert diese Beilage für weitere Partien.

Lions of Lydia wirkt spielerisch und optisch auf mich eher brav, oder sagen wir, klassisch. Bedeutet: Kein extravagantes Thema, keine State-of-the-Art-Optik, keine grundlegend neuartigen Spielideen. Und trotzdem ist es für mich ein sehr sympathisches Spiel, wenn man Engine Builder-Spiele mit einfachen Regeln sucht. So vergebe ich dann insgesamt auch ebenso sympathische 7 Kultpunkte - nicht brillant, aber auf jeden Fall gut gemacht und damit verdientermaßen einen Blick wert!


VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/hp_wlQ4a6Q0

KULTFAKTOR: 7/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 29.07.2021

Bildnachweis:
Coverfoto: Spielefaible
Weitere Fotos: Spielkultisten