REZENSION
LETTER JAM
- Genre: Denkspiel
- Jahr: 2019
- Verlag: CGE / HeidelBÄR Games
- Autor: Ondra Skoupý
- Grafik: Dávid Jablonovský, František Sedláček, Lukáš Vodička, Michaela Zaoralová
- Spieler: 2 bis 6
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca.45 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Initiativlevel: 6/10
Lautloses Buchstabieren
Ihr wollt nicht länger eure detektivischen Fähigkeiten an Kriminalfälle verschwenden? Ihr habt euch immer gewünscht, Agatha Christie hätte ihre Rätsel in Wörterbüchern versteckt? Dann wird es Zeit, euch an "Letter Jam" zu versuchen, dem kooperativen Wort-Deduktionsspiel!
REGELN
Bei "Letter Jam" versucht ihr als Team euch gegenseitig Hinweise zu geben, damit jeder die fünf ihm unbekannten Buchstaben errät und ihr alle zusammen gewinnt bevor eure Runden aufgebraucht sind.
Jeder Spieler benötigt hierzu ein Blatt vom Block, damit er Hinweise aufschreiben kann, einen Stift und einen Kartenhalter. Die Buchstabenkarten werden gleichmäßig unter den Spielern aufgeteilt und jeder wählt für seinen linken Nachbarn ein Wort aus, das 5 verschiedene Buchstaben enthält. Verdeckt werden die entsprechenden 5 Buchstaben an den linken Spieler gegeben. Dieser mischt die 5 Karten und legt sie verdeckt nebeneinander vor sich aus. Alternativ können auch Wörter durch einen App zusammengestellt werden. Durch einen geschickten Mechanismus sind die Wörter dann für alle geheim. Das Ziel ist, dass jeder Spieler seine 5 Buchstaben findet und daraus ein Wort bildet.
Haben sich alle Spieler ein Wort ausgedacht, so werden die restlichen Karten zusammengemischt. Bei weniger als 6 Spielern gibt die Rundenkarte vor, wie viele Karten den neutralen Kartenhalter zugelost werden. In jeden neutralen Halter kommt eine Karte und jeder Spieler steckt seine erste Karte (ganz links, wie man liest) in seinen Kartenhalter, allerdings sollen alle anderen Spieler (!), nicht aber der Kartenbesitzer selbst den Buchstaben sehen können.
Alle Spieler überlegen sich ein Wort, welches sie mit den sichtbaren Buchstaben buchstabieren können. Dabei ist der eigene Buchstabe immer unbekannt und kann deswegen natürlich nicht verwendet werden. Die Jokerkarte in der Mitte kann ein beliebiger Buchstabe sein. Karten dürfen in einem Wort mehrfach verwendet werden, so braucht es z.B. nur eine Karte mit A, ein B, ein N und ein E, um BANANE zu buchstabieren. Der Joker kann dabei innerhalb desselben Wortes immer nur derselbe Buchstabe sein.
Die Spieler diskutieren, wer sein Wort mit Hilfe der Zahlenchips buchstabieren darf. Dabei darf darüber gesprochen werden, wie lang das Wort ist, wie viele Spielerbuchstaben dafür verwendet werden, wie viele neutrale Buchstaben und ob der Joker verwendet wird. Wessen Buchstabe dabei verwendet wird, darf nicht gesagt werden. Haben sich die Spieler geeinigt, wer sein Wort buchstabieren soll, so nimmt sich dieser Spieler die Zahlenchips und buchstabiert sein Wort, indem er den ersten Zahlenchip vor den ersten Buchstaben des Wortes legt, den Chip mit der 2 vor den zweiten Buchstaben des Wortes, etc. So wird das Wort buchstabiert, ohne irgendwelche Buchstaben zu nennen. Der Spieler, welcher gerade das Wort buchstabiert hat nimmt sich einen Rundenmarker - für sein erstes Wort einen roten und für alle folgenden einen grünen Marker.
Jeder Spieler schreibt sich das Wort auf, wobei der Joker durch ein * und der eigenen Buchstabe durch ein ? ersetzt werden. Wurde das Wort buchstabiert, versuchen die Spieler durch dieses Wort zu erraten, welcher Buchstaben vor ihnen liegt. Dies macht jeder im Stillen für sich. Dann entscheidet jeder Spieler, ob er seinen offenen Buchstaben aus dem Halter nimmt, verdeckt vor sich hinlegt und seinen nächsten Buchstaben in den Halter steckt. Es gibt kein Zurück, es geht nur Vorwärts bei den eigenen Buchstaben. Die verwendeten neutralen Buchstaben werden aus dem Halter entfernt und ein neuer Buchstabe vom Stapel des Halters in den Halter gesteckt. Die Zahlenchips kommen zurück in die Mitte.
Ist der Stapel eines neutralen Halters aufgebraucht, oder haben alle Spieler mindestens einmal ein Wort buchstabiert, werden weitere Rundenmarker und damit mehr Runden, um die eigenen Buchstaben zu finden, erspielt.
Ist jemand der Meinung, seine 5 Buchstaben schon erraten zu haben, so kann dieser Spieler noch Bonusbuchstaben erspielen, die am Spielende den Sieg einfacher machen oder für mehr Punkte sorgen.
Wurden alle Rundenmarker verbraucht, so endet das Hinweisgeben und Raten. Jetzt müssen die Spieler mit den Informationen, die sie haben, versuchen ihre Buchstaben so umzusortieren, dass diese ein Wort ergeben. Leider dürfen die Spieler dabei die Karten nicht aufdecken oder sich ansehen. Erst wenn alle Spieler ihre Karten zu einem Wort sortiert haben bzw. glauben dies zu haben, so dreht ein Spieler nach dem anderen seine Karten um. Haben alle Spieler ein sinnvolles Wort, so gewinnen sie zusammen das Spiel. Wer gerne seine Leistung präziser gemessen haben möchte, der kann die Punkte des Teams berechnen.
Die Schwierigkeit des Spiels kann durch mehr oder weniger zu erratende Buchstaben verändert werden
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- originelle Spielidee
- Deduktion mit Wörtern
- gute App-Idee
CONTRA
- sehr schwierig
- ungünstige Buchstabenkombinationen möglich
- kreative Krise
- App stürzt teilweise ab
MEINUNG
Mir ist schon klar, dass ein Film oder Buch über die investigative Arbeit, Buchstaben zu finden, nicht der Blockbuster bzw. Bestseller wäre, aber deswegen immer nur Verbrecher jagen? Zum Glück sind Brettspiele nicht so limitiert, und "Letter Jam" ist ein Spiel, bei dem wir quasi Wortdetektive sind. Es ist so ein bisschen wie das Liebeskind von "Hanabi" und "Scrabble".
Die Regeln sind nicht besonders komplex, aber nicht ganz einfach zu vermitteln. Am besten hat es bei mir funktioniert, eine Übersicht zu geben und dann trotz fragender Gesichter einfach loszulegen. Leider kommen immer wieder Fragen dazu, ob XY ein Wort sei. Ja, alles sind Wörter. Bei "Letter Jam" ist der Vorteil, dass man alles nehmen könnte. Zum Beispiel ist "Spielkult" ein solches Wort, aber kommen denn die anderen Spieler darauf? Bei den Wörtern sollten solche genommen werden, die Leute leicht erraten können, aber das ist nicht immer leicht. Anakonda ist leichter zu erraten als Phishing. Und die Leute ignorieren immer wieder, welche Informationen über das eigene Wort kommuniziert werden darf. Dies sind aber eher kleine Einstiegshürden.
"Letter Jam" bietet bei dieser Deduktionsaufgabe, also das logische Erschließen der eigenen Buchstaben, wirklich ein einzigartiges Gefühl, welches ich so von anderen Spielen nicht kenne. Lasst euch aber gesagt sein, dass "Letter Jam" sehr, sehr schwierig zu gewinnen ist. Es gibt immer jemanden, der sich vertut, oder man verrennt sich in einer Idee für die eigenen Buchstaben. Meine Gruppen haben tatsächlich erst eine Partie von so ca. zehn gewonnen. Es werden sehr gute Wortfindungsfähigkeiten gebraucht. Und von diesen hängt auch sehr der Spielfluss ab. Es gibt Züge, bei denen allen mit großer Mühe Wörter mit 3 Buchstaben einfallen und dann gibt es wieder Züge, bei denen sich die Spieler darum kloppen, wer sein Wort mit 6 oder 7 Buchstaben vortragen darf. Leider ist letzte Situation etwas zu selten für mich. Ich hätte mir gewünscht, dass es leichter ist. die Wörter zu bilden. Hier sollte ich allerdings erwähnen, dass ich aufgrund meiner internationalen Spielerunde "Letter Jam"auf Englisch vorliegen hatte, so dass niemand von uns in seiner Muttersprache gespielt hat. Ich denke, "Letter Jam "in der eigenen Muttersprache zu spielen, wird etwas leichter. Trotz all dieser Misserfolge waren meine Mitspieler dem Spiel aber immer wieder positiv gegenüber eingestimmt, darunter auch einige mit Dyslexie.
Wer übrigens Probleme am Anfang des Spiels hat, die Wörter für seine Nachbarn zu bilden, was tatsächlich recht schwierig ist, kann sich Unterstützung von einer tollen App holen. Diese funktioniert sehr praktisch und gut, ich kann diese nur empfehlen … WENN sie läuft. Zu Beginn konnte ich die App verwenden, aber im Moment (Februar 2020) lässt sich diese nicht starten. Ich finde das schade und hoffe, die App ist bald wieder fit.
Das Material selbst ist recht einfach gehalten, aber ich finde es ansprechend. Der besondere Hingucker sind die Fruchtpokerchips. Diese sind nicht nur wertig, sondern sehen auch super aus. Das funktionelle Material beinhaltet auch 6 Bleistifte und einen Anspitzer! Das ist mal Service. Warum die Rundenzählerkarten Blumen statt Früchte sind, was ja sonst das Thema der Grafik ist, ist mir schleierhaft. Aus Blumen macht man ja nur selten Marmelade. Aus Löwenzahn und Waldmeister vielleicht noch.
Überrascht hat mich, dass "Letter Jam" sich mit allen angegebenen Spielerzahlen gut spielen lässt. Selbst zu zweit geht es gut. Das einzige Problem ist nur, dass bei wenigen Leuten schneller die Ideen ausgehen, aber mit jeder Spielerzahl war "Letter Jam" fordernd und hat Spaß gemacht. Die Spielzeit wurde bei uns meist überschritten und betrug mindestens 60 Minuten. Vielleicht liegt dies auch wieder daran, dass wir nicht in unserer Muttersprache spielten.
FAZIT: "Letter Jam" ist ein einzigartiges Wort-Deduktionsspiel, welches nicht schwierig zu spielen, aber schwierig zu gewinnen ist. Es macht Spaß, die richtigen Wörter zu suchen und aus den Tipps anderer zu kombinieren, überraschenderweise funktioniert es sogar mit 2 Spielern sehr gut, macht aber etwas mehr Spaß zu sechst, weil mehr Kreativität am Tisch sitzt.
KULTFAKTOR: 8/10
Spielidee: 9/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
LUTZ
Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast
Eine Rezension vom 03.03.2020
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: CGE / HeidelBÄR Games
Weitere Fotos: Spielkultisten