REZENSION
KRÄUTERGARTEN
- Genre: Kartenspiel
- Jahr: 2020
- Verlag: Quality Beast, Pencil First Games
- Autoren: Eduardo Baraf, Steve Finn, Keith Matejka
- Grafik: Benjamin Shulman, Beth Sobel
- Spieler: 1 bis 5
- Alter: ab 8 Jahren
- Dauer: ca. 15 bis 20 Min.
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 5/10
Die Guten ins Töpfchen
Allein der Duft von Schnittlauch, Dill und Rosmarin lässt Liebhaber von gutem Essen ja oftmals schon das Wasser im Mund zusammenlaufen. In diesem flotten Kartenspiel besitzt jeder Spieler einen Kräutergarten. Doch nur wer die richtigen Kräuter anpflanzt, kann sie später auch passend eintopfen.
NATUR-SPECIAL-TAGE 23.05.-04.06.2021
REGELN
Mischt die Kräuterkarten und sortiert je nach Spielerzahl eine bestimmte Anzahl zufälliger Karten aus. Im Spiel zu viert bleiben alle Karten im Spiel. Da gibt es 63 Karten mit je 9 Karten aus 7 verschiedenen Kräuter-Arten, außerdem 9 Spezialkräuter mit je 3 aus 3 verschiedenen Arten.
Jeder Spieler besitzt ein identisches Set aus vier verschiedenen Behälter-Karten, die er offen vor sich auslegt. Darunter bleibt Platz für den sogenannten „Privatgarten“. In der Tischmitte bildet sich der „Gemeinschaftsgarten“.
Gespielt wird reihum. Wer an der Reihe ist, führt nacheinander 2 Phasen aus:
(1) Kräuter eintopfen (optional): Der Spieler sucht sich in einer beliebigen Kombination einen passenden Kartensatz aus dem Privat- und/ oder Gemeinschaftsgarten aus und topft diese Karten in einen seiner Behälter ein. Dabei gilt: Jeder Behälter kann nur einmal im Spiel befüllt werden! Außerdem fordert jeder Behälter andere Voraussetzungen:
- Großer Topf: Hier können 1 bis 7 Kräuterkarten einer identischen Sorte eingetopft werden.
- Hölzener Topf: Hier können 1 bis 7 Kräuterkarten unterschiedlicher Sorten eingetopft werden. Keine Sorte darf doppelt vorkommen.
- Kleine Töpfe: Hier können 1 bis 6 Paare von jeweils 2 Karten gleicher Sorte eingetopft werden. Keine Sorte darf als Paar doppelt vorkommen!
- Gläserne Vase: Hier können 1 bis 3 beliebige Karten eingetopft werden. Die Spezialkräuter (mit den Werten von 1 bis 3) dürfen ausschließlich in diese Vase eingetopft werden. Sollte es einem Spieler gelingen, als erster die drei verschiedenen Spezialkräuter (Wert 1, 2, 3) einzutopfen, erhält er als Belohnung auch noch die Kräuterbrötchen-Karte.
Je nachdem, wie viele passende Karten in einen Behälter eingetopft wurden, umso mehr Punkte gibt es dafür am Spielende.
In der ersten Spielrunde muss Phase (1) entfallen, denn es liegen noch keine Kräuter in den Gärten.
(2) Anpflanzen (verpflichtend): Der Spieler zieht nacheinander zwei Karten vom Stapel. Nachdem er die erste Karte gezogen hat, muss er sofort entscheiden, wo er sie anpflanzen möchte - entweder in seinem Privatgarten oder in dem Gemeinschaftsgarten. Die zweite gezogene Karte wird dann automatisch dem anderen Garten hinzugefügt. Wichtig: Karten im Privatgarten sind quasi reserviert, denn kein anderer Spieler kann sich dort beim Eintopfen bedienen. Karten im Gemeinschaftsgarten hingegen können von allen Spielern genutzt werden.
Sollte ein Spieler alle vier eigenen Behälter befüllt haben, bevor der Nachziehstapel aufgebraucht wurde, spielt er weiterhin mit. Zwar entfällt für ihn Phase (1), aber in Phase (2) pflanzt er weiterhin neue Kräuter an.
Spielende / Wertung: Das Spiel endet, wenn der Nachziehstapel leer ist. Reihum können die Spieler nun noch Kräuter eintopfen, sofern sie noch freie Behälter besitzen. Sobald jeder Spieler gepasst hat, endet das Spiel und die eingetopften Kräuter bringen Punkte entsprechend der Vorgabe des jeweiligen Behälters. Eingetopfte Karten können dabei schon während des Spiels so an die Punkteskala der Behälter-Karte angelegt werden, dass man direkt die Punkte ablesen kann. Zudem gibt es je 1 Punkt für jede noch übrige Kräuterkarte im Privatgarten sowie ggf. 5 Punkte für den Besitz des Kräuterbrötchens. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.
Team-Variante: Je 2 Spieler bilden ein Team und sitzen sich gegenüber, die Teams A und B spielen also in der Reihenfolge A1, B1, A2, B2. Nun wird beim Anpflanzen in Phase (2) stets zusätzlich eine dritte Karte gezogen, die dann im Privatgarten des Teampartners abgelegt wird. Am Ende werden die Punkte beider Teampartner zusammengezählt, und das Team, das mehr Punkte besitzt, gewinnt. In der Experten-Version werden zum Schluss nur die Punkte eines Teammitglieds gewertet, nämlich von dem Mitglied, das mehr Punkte sammeln konnte. Einigt euch darauf, ob ihr in der Team-Variante Kommunikation unter den Teammitgliedern erlauben möchtet oder nicht.
Das Spiel bietet zudem noch eine Solo-Variante.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- neckische Spielidee
- ideal für zwischendurch
- schöne Gestaltung
CONTRA
- auf Dauer eher wenig Abwechslung
- wird nicht in Vollbesetzung gespielt, kommt ein unkalkulierbarer Glücksfaktor ins Spiel
MEINUNG
Ein eigenen Kräutergarten anlegen? Das klingt für viele Hobbyköche und Freunde guter Ernährung sicher spannend, für andere mag das Gärtnern ein langweiliges Hobby sein. Nein, Action werden wir daher in diesem Kartenspiel dann auch nicht erleben, vielmehr hat das Spiel, wie so viele der Natur-Spiele, etwas Beruhigendes, ja, fast schon Meditatives. Die Gestaltung des Spiels ist schön anzusehen, man riecht die dargestellten Kräuter förmlich in der eigenen Fantasie. Die Illustrationen sind definitiv hübsch anzusehen.
Langweilig ist das Spiel dann glücklicherweise auch nicht! Es besitzt simple Regeln. Die Entscheidungen konzentrieren sich im eigenen Spielzug auf die Verteilung von zwei Karten (im Teamspiel drei Karten) - was reserviere ich mir? Was füge ich dem Allgemeingut zu? Kann ich Kombos für den nächsten Spielzug vorbereiten, ohne den anderen Spielern Vorlagen zu bieten? Im Teamspiel kommt da dann noch ein zusätzlicher Reiz ins Spiel, da man ja seinem Teampartner was Gutes tun möchte, aber immer noch ein Konkurrent dazwischen sitzt ...
Die zweite Entscheidung betrifft dann die Kartenauswahl. Wann nehme ich was? Warte ich, bis ein bestimmtes Set noch anwächst oder schlage ich lieber zu, bevor mir jemand etwas wegnimmt? Das ist ein wenig Push-your-Luck, insbesondere wenn nicht in Vollbesetzung gespielt wird. Zu viert sind alle Karten im Spiel und man kann theoretisch mitzählen, wie oft eine bestimmte Kräuterart noch im Nachziehstapel vorhanden ist. Im Spiel allein, zu zweit oder dritt geht das nicht. Da vor Spielbeginn eine bestimmte Anzahl zufälliger Karten aussortiert werden, weiß man halt nicht, ob man eventuell vergebens auf eine bestimmte Karte wartet.
Dennoch: Der simple Mechanismus liefert durchaus kleine spannende Momente, die dem Motto folgen „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach?“ oder anders gesagt: Spiele ich auf Nummer sicher oder gehe ich ein wenig ins Risiko? Welche Sets benötige ich noch, welche benötigen meine Gegner? Da lässt sich im kleinen Rahmen durchaus taktieren.
Nun ist Kräutergarten scheinbar auch ein Wettrennen. Was mir weggeschnappt wird, ist weg. Werte ich hingegen zu früh, kann es passieren, dass ich meine Behälter zwar voll bepflanzt habe und somit auch sichere Punkte mache, aber was sind schon drei identische Kräuter im großen Topf, wenn die anderen Spieler dann noch weiterspielen, bis der Nachziehstapel leer ist? Da können drei Kräuter schnell zu wenig sein, um mithalten zu können. Schön ist aber die Tatsache, dass ich auch dann noch aktiv am Spiel beteiligt bin, wenn ich mit dem Eintopfen schon früher fertig bin. So kann ich immer noch gezielt Karten verteilen und meinem eigenen Garten vielleicht gerade die Karte zuführen, die ein anderer Spieler dringend für ein Set benötigt hätte.
Das Spiel besteht also aus einer Mischung aus Glück und kleinen taktischen Überlegungen, die sich beim Set Collecting hauptsächlich auf ein Gespür für Timing beziehen. Das Teamspiel bringt dann noch einmal eine neue Dynamik ins Spiel, allerdings brauche ich dafür verpflichtend 4 Spieler. Das Solospiel hingegen ist eine kleine Highscore-Jagd, aber schon auch sehr glücksbehaftet, wenn die Hälfte an Karten aussortiert wird.
Kräutergarten ist für mich ein neckisches kleines Spiel mit einfachsten Regeln, das sehr gut als Gateway-Spiel funktioniert. Wenig- und Gelegenheitsspieler können hier problemlos mitspielen, Familien mit Kindern ebenso, und für Vielspieler kann es ein entspannter Absacker sein. Nun muss man natürlich sagen, dass die Varianz im eigentlichen Spielablauf nicht wirklich hoch ist. So empfiehlt sich das Spiel sicher für ein schnelles Spielchen zwischendurch, ja, bevorzugt für „ab und zu“. Ich brauche davon keine täglichen Wiederholungsrunden, aber in der Küche eines Gourmets ist ja auch Abwechslung gefragt. Und wenn das Spiel dann halt nur mal jeden zweiten Sonntag auf den Tisch kommt, nutzt sich die Idee auch nicht zu schnell ab. Kräutergarten bietet keine bahnbrechende Innovation unter den Kartenspielen, ist aber auf jeden Fall sehr schmackhaft. Dafür vergebe ich gute 7 Kultpunkte, wobei ich Taktikern immer zur Vollbesetzung raten würde, falls ein Glücksfaktor unerwünscht sein sollte.
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 26.05.2021
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Quality Beast / Pencil First Games
Weitere Fotos: Spielkultisten