REZENSION

KANNSTE KNICKEN

  • Genre: Würfelspiel
  • Jahr: 2021
  • Verlag: Schmidt Spiele
  • Autoren: Klaus-Jürgen Wrede, Ralph Querfurth
  • Grafik: Leon Schiffer
  • Spieler: 1 bis 4
  • Alter: ab 8 Jahren
  • Dauer: ca. 20 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Taktiklevel: 6/10

Würfel-Origami

Würfeln, Kreuze machen, und Schwupps, hat man das Ziel erreicht? Kannste knicken! Und das wortwörtlich, denn die Spielzettel müssen gefaltet werden, damit die Zwischenstopps des Wettrennens angesteuert werden können!

REGELN

Einigt euch zunächst auf einen von vier Levels, wir starten erst einmal mit Level 1 in orange. Jeder Spieler erhält einen Spielzettel und einen Stift. Das Spielblatt zeigt ein Raster aus Ankreuz-Feldern. Der reihum wechselnde aktive Spieler wirft beide Würfel und wählt einen für sich aus. Alle anderen Spieler erhalten den übrig gebliebenen Würfel. 

Die Würfel zeigen Zahlen bzw. Zahlenkombinationen. Ist genau EINE Zahl zu sehen, trägt der Spieler nun eine Strecke aus Kreuzen in der entsprechenden Länge ein, ausgehend von einem mit einem Kreis markierten Startpunkt. Am Ende der Strecke zeichnet er einen neuen Kreis um das zuletzt gesetzte Kreuz. Sind ZWEI Zahlen auf dem Würfel zu sehen, werden beide Strecken unabhängig voneinander eingetragen, auch jeweils für sich beginnend an einem beliebigen Startpunkt. Generell gilt: Ausgehend von so einem Startpunkt darf die Strecke immer nur in gerader Linie eingetragen werden, Abbiegungen sind nicht erlaubt. Der Spieler darf bereits vorhandene Kreuze erneut für eine Strecke nutzen, um z.B. einen Startpunkt an eine taktisch kluge Position setzen zu können.

Wird ein Bonus ankreuzt, erhält der Spieler sofort eine weitere Strecke in der durch den Bonus bestimmten Länge.

Auch müssen die Smileys angekreuzt werden. Das Blatt ist in vier Segmente unterteilt. In jedem Segment gibt es ein kleines (dunkelgelbes) und ein großes (hellgelbes) Quadrat. Wurden alle Smileys im kleinen Quadrat angekreuzt, darf der Spieler nun diese Ecke (wie ein Eselsohr) zu einem von ihm bestimmten Zeitpunkt umknicken. Auf der nun zu sehenden Rückseite, die sich in das Raster integriert, finden wir weitere Ankreuzfelder, vor allem aber ein Zielfeld (Stern). "Halbe" Felder, die durch das Knicken entstehen, dürfen nicht angekreuzt werden.

Wartet ein Spieler hingegen, bis er alle Smileys im großen Quadrat angekreuzt hat, darf er die große Ecke umknicken. So gelangt das Zielfeld dann näher an die Mitte des Spielzettels. Zudem erhält der Spieler für das Umknicken einer großen Ecke einen dauerhaften Vorteil (+1 Schritt auf den weißen oder schwarzen Würfel bzw. das Nutzen des andersfarbigen Würfels im passiven Zug). 

Ziel ist es nun, durch Ankreuzen der Smileys alle 4 Ecken des Zettels umzuknicken, und dann alle sichtbaren Zielfelder (im ersten Level Sterne) mit einem Wegenetz untereinander zu verbinden. Wer als Erster alle Zielfelder durch ein Wegenetz verbunden hat, gewinnt.

Nun gibt es drei weitere Level:

  • Blau: Statt Smileys müssen nun Pinguine angekreuzt werden, damit die Ecken umgeknickt werden dürfen. Eislöcher sind unüberwindbare Hindernisse. Eisflächen hingegen ermöglichen ein Schlittern über die gesamte Fläche bis auf das erste Feld nach dem Eis, egal, mit welcher Würfelzahl das Eis betreten wurde.
  • Grün: Statt Smileys müssen nun Aliens angekreuzt werden. Grüne Stern-Kreuze erlauben beim Ankreuzen ein Abknicken der Strecke. Die dunklen Felder ermöglichen beim Ankreuzen ein Beamen. Der Spieler setzt seine Strecke dann auf einem beliebigen anderen dieser Felder fort.
  • Lila: Hier müssen die Forscher im Labor angekreuzt werden. Dann gibt es eine Besonderheit beim Knicken: Wurden alle vier Ecken umgeknickt, wird der Zettel gewendet. Nun müssen nochmals alle vier Seiten geknickt werden, damit die Zielfelder (Reagenzgläser) verbunden werden können.


Das Spiel kann auch solo gespielt werden. Dann wählt der Spieler eine von fünf Spalten in der Spielanleitung. 30 Würfe darf der Spieler maximal machen, um zum Ziel zu gelangen. Für jeden Wurf wird vorgegeben, ob nur der weiße, nur der schwarze oder beide Würfel zur Auswahl stehen. Eine Tabelle teilt dem Spieler dann im Anschluss mit, wie gut er war - je weniger Würfe er benötigt hat, umso besser!

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • neuartiger Knick-Mechanismus
  • einfache Regeln
  • alle spielen gleichzeitig
  • vier Level


CONTRA

  • knappes Spielmaterial
  • Level unterscheiden sich nur wenig im Spielgefühl

MEINUNG

Bereits mehrere Roll-and-Write-Perlen hat Schmidt Spiele in der kleinen Schachtelgröße veröffentlicht, in der nun auch Kannste knicken erscheint. Das Spiel wirkt auf den ersten Blick wie eine Mischung aus Noch mal und Dizzle, zwei beliebte Vertreter ihres Genres. Die Spielregeln sind simpel. So geht es immer um geschickte Wegeplanung beim Setzen der Kreuze. Boni sollten mitgenommen und Anfangs- bzw. Endpunkte an taktisch klugen Positionen gesetzt werden, damit man schnell die Smileys (bzw. ihre Pendants) erreicht und nach dem Knicken die Zielfelder verbindet.

Sowohl im Spiel gegeneinander als auch im Solospiel entsteht ein flotter Wettrennen-Charakter. Dass man gleich vier Level beigelegt hat, ist löblich, hat man so doch gefühlt etwas Abwechslung durch kleine zusätzliche Regeln. Ich muss aber ehrlich sagen: Die sind doch eher marginal. Das Spielgefühl ändert sich durch die unterschiedlichen Level jetzt nicht wirklich. Das fand ich bei „Dizzle" irgendwie einzigartiger. Die Idee mit dem Knicken ist neuartig und ein wenig an ein Push-your-luck-Element geknüpft. Timing ist gefragt. Kleines Knicken kann einen schneller zum Ziel bringen, großes Knicken hingegen liefert dauerhafte Vorteile.

Das Spielmaterial ist dabei optisch recht ansehnlich, die beiliegenden Filzstifte hingegen drücken ihre Tinte leicht durchs Papier, sodass die umgeknickten Ecken dann schon teilweise etwas schmierig bzw. wie ausgefüllt aussehen. Klarer Tipp: Bloß nicht zu fest aufdrücken, dann fällt das weniger auf! Oder einfach einen Bleistift benutzen ... Ansonsten muss man dann auch sagen: Das Knicken des Zettels funktioniert, ja, ist optisch jedoch nicht besonders elegant. Irgendwie kämpft man immer damit, die Ecken nach unten zu drücken, da sie sich von alleine wieder aufrichten und man dann ein wenig die Übersicht verliert. Definitiv zu gering bemessen ist für mich die Anzahl der einzelnen Spielblätter. Im Durchschnitt sind das ca. 25 pro Level. Spielen wir in Vollbesetzung, kann jeder Level nur zwischen fünf- und achtmal gespielt werden. Eigenständiges Kopieren oder Laminieren funktioniert aufgrund des Knick-Mechanismus‘ nicht - das ist dann wie ein eingebauter Kopierschutz, was man dem Verlag aber nicht vorwerfen kann. Wer das Spiel mag, braucht wohl bald Ersatzblöcke, die sicher bald separat angeboten werden.

Für Zwischendurch ist „Kannste knicken“ ein netter Zeitvertreib. Langfristig fühlt sich das Spiel für mich aber zu repetitiv an, da ich ja immer das selbe Ziel verfolge. Letztlich geht es immer darum, möglichst schnell alle nötigen Symbole anzusteuern. Punkte für bestimmte Dinge gibt es nicht, eine Highscore-Jagd entfällt. Wer Schluss macht, gewinnt. Solche Wettrennen können ja durchaus spannend sein, aber Kannste knicken ist auch in diesem Punkt eher harmlos unterwegs. Für mich plätschert das Spiel ein wenig vor sich hin, das aber durchaus auf eine sympathische und auch taktische Art und Weise, nur ein echter Thrill ist für mich nicht vorhanden. Die Entscheidungen, die ich treffen muss, sind mir nicht knackig genug. Oft schleicht man in die eine, dann ein die andere Richtung, und irgendwann trifft man auch sein anvisiertes Ziel. Emotionen kamen bei mir da leider nicht auf, ja, ich habe mich tatsächlich öfters dabei ertappt, dass ich ab einem gewissen Punkt auch mal froh war, wenn das rettende Ziel erreicht wurde. Mein Wunsch, direkt noch ein Level zu spielen, war dementsprechend nicht so ausgeprägt wie es z.B. bei Doppelt so clever immer noch der Fall ist.

Schlecht ist Kannste knicken deswegen jetzt aber auch nicht, nur gibt es halt mittlerweile viel Konkurrenz in diesem Segment, und da wird Kannste knicken in meinem persönlichen Roll-and-Write-Ranking von anderen Titeln etwas abgehängt. Ich hatte aber durchaus auch Spieler*innen mit am Tisch sitzen, deren Spielnerv von Kannste Knicken genau getroffen wurde. Also, wie so oft: Ausprobieren, selbst entscheiden! Wer Spiele wie Noch mal gern spielt, der sollte sich Kannste knicken sicher mal näher ansehen.

Ich würde das Spiel jederzeit wieder mitspielen, aber bitte nicht zu häufig. Ein Suchtfaktor, wie ihn andere Spiele aus diesem Genre bei mir ausgelöst haben, ist für mich hier leider nicht vorhanden; dafür ist mir das Spiel im Handling ein wenig zu umständlich und auch spielerisch nicht variabel bzw. einfach nicht so richtig abwechslungsreich genug. Ja, ihr merkt schon: Ich selber gehöre diesmal nicht zum harten Kern der Groupies, obwohl ich Roll-and-Write-Spiele immer noch gern mag. So vergebe so dann alles in allem 6 Kultpunkte für eine innovative Idee, die in ihrer Umsetzung für mich allerdings nicht den gaaanz großen Spielspaß auslöst. Da habe ich andere Favoriten.

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/CDGBlHQmIqg

KULTFAKTOR: 6/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 6/10
Spielablauf: 6/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 13.04.2021

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Schmidt Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten