REZENSION
HELSINKI
- Genre: Familien-/ Legespiel
- Jahr: 2022
- Verlag: Queen Games
- Autoren: Asger Harding Granerud, Daniel Skjold Pedersen
- Grafik: Markus Erdt
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 45 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 6/10
Manchmal ist Puzzeln ein Kreuz
Nachdem wir bereits in Copenhagen Häuserfassaden zusammengepuzzelt haben, reisen wir diesmal in die finnische Hauptstadt Helsinki, wo wir auf dem Senatsplatz Pavillons errichten.
REGELN
Legt den Spielplan aus und bestückt die Kartenfelder mit zufällig gezogenen Karten vom gemischten, verdeckt ausliegenden Stapel. Die Karten zeigen Werte von 1 bis 5 in fünf Farben und mit ihnen verbundene Puzzleformen, die als Legeplättchen verschiedener Formen und Größen einen Vorrat bilden.
Jeder Spieler erhält ein eigenen Spielertableau, das entsprechend der Häuserfarben auf dem Spielplan ausgerichtet wird. Das mittlere Feld wird mit der Statue belegt, die mit farbigen Punkten markierten Felder mit Wappen der eigenen Farbe. Dann zieht jeder zwei erste Karten auf die Hand. Der Startspieler sucht sich ein beliebiges Startfeld auf dem Spielplan aus und stellt seine Figur dort ab. Alle weiteren Spieler stellen ihre Figuren jeweils in einem Abstand von zwei Feldern zum Vordermann auf.
Gespielt wird reihum. Bist du am Zug, musst du dich zunächst 1 bis 3 Felder im Uhrzeigersinn bewegen. Auf einem Feld dürfen mehrere Spieler stehen. Nun hast du die Wahl aus zwei Optionen:
(A) Nimm die beiden Karten, die an das Feld mit deiner Figur angrenzen, auf die Hand. Die leeren Felder werden anschließend mit neuen Karten vom Stapel aufgefüllt. Das Handkartenlimit beträgt sieben Karten. Gelangst du über diese Kartenzahl, musst du Karten abwerfen.
(B) Spiele eine Karte aus, um die darauf angegebene Puzzleform zu bauen. Der Wert der Karte bestimmt, wie viele weitere Karten dieser Farbe hinzugefügt werden müssen. Joker zählen als beliebige Farbe. Eine gelbe 4er-Karte kostet also 4 gelbe Karten, wobei die ausgesuchte Karte einmal für sich selbst zahlt, sodass drei weitere gelbe Karten die Zahlung ergänzen. Die ausgespielten Karten kommen auf den Ablagestapel. Die gewählte Puzzleform wird (solange der Vorrat reicht) dann aufs eigene Tableau gelegt.
Um ein Puzzleteil auf die eigene Tafel zu bringen, muss sie von der Häuserzeile aus auf den Plan „geschoben“ werden, bei der sich gerade auch die eigene Figur auf dem Spielplan befindet. Steht die eigene Figur also auf einem Feld bei den gelben Häusern, muss das Puzzleteil von der gelben Seite des eigenen Tableaus aus aufs Spielfeld gelangen. Wichtig: Das Puzzleteil muss so weit geschoben werde, bis es von der Statue (oder später einem bereits platzierten Puzzleteil) gestoppt wird. Berührt es ein Puzzleteil der selben Farbe, gibt es als Bonus eine Karte vom Stapel auf die Hand.
Sollte auf der ausgespielten Karte ein Aufbau zu sehen sein, wird dieser Aufbau nun auf ein beliebiges Feld des gerade platzierten Puzzleteils gestellt. Manche Karten liefern auch direkt zwei Ausbauten.
Überdeckt das gerade gelegte Puzzleteil ein Wappen, nimmst du das Wappen vom Plan und kannst es zu einem beliebigen Zeitpunkt einsetzen, um auf dem Belohnungstableau einen Bonus auszuwählen, der dann sofort umgesetzt wird. Du kannst auch mehrere Wappen in einem Spielzug verwenden, allerdings darfst du jeden Wappen-Bonus nur einmal verwenden. Das können auch Boni sein, die bereits von anderen Spielern genutzt wurden. Da gibt es dann z.B. die Möglichkeit, einmalig nach dem Ziehen von Karten auch direkt welche auszuspielen, die Bewegungsreichweite wird einmalig vergrößert, die Kosten werden einmalig reduziert, eine beliebige Karte wird einmalig zum Joker, es gibt ein 1er-Plättchen, das direkt verbaut werden kann, es gibt 2 Punkte, ein Ausbau wird verschoben usw.
Ist der Nachziehstapel aufgebraucht, endet das Spiel. Jetzt folgt die Wertung:
- Jede vollständig mit Plättchen gefüllte Reihe / Spalte auf dem eigenen Tableau bringt 2 Punkte.
- Jeder Aufbau in einer vollständig gefüllten Reihe oder Spalte bringt 1 Punkt, befindet sich der Aufbau auf einer Kreuzung einer vollstündig gefüllten Reihe UND Spalte, ist so ein Aufbau 3 Punkte wert.
Wer die meisten Punkte generiert, gewinnt.
Variante: Wird mit den Besuchern gespielt, werden diese vor Spielbeginn auf die Zebrastreifen des eigenen Tableaus gestellt. Sobald es jemand schafft, alle vier Besucher mit Plättchen zu verbinden, erhält dieser Spieler die oberste Bonuskarte mit entsprechenden Punkten. Alle weiteren Spieler spielen dann um kleinere Punktezahlen.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- Weiterentwicklung von Copenhagen mit interessanten neuen Ideen
- Spiel erfordert andere Bau-Prioritäten als der Vorgänger
CONTRA
- zu plötzliches und schnelles Spielende
MEINUNG
Ich erinnere mich noch gut daran, als ich im Jahr 2019 bei der damaligen Neuheit Copenhagen gemischte Gefühle beim Wettrennen-Charakter dieses Puzzlespiels hatte. Jemand erreicht 12 Punkte? Sofort war Schluss! Im Nachhinein machte das jedoch sogar den Reiz des Spiels aus.
Helsinki wirkt auf den ersten Blick wie ein Zwilling. Die Legeplättchen, die farbigen Karten, die Wappen - man weiß, dass man aus Kopenhagen angereist ist. Nun wurden die Legeregeln jedoch erschwert. Die Zahlung der Plättchen ist im Kern gleich geblieben, allerdings zeigen die Karten nun fest vorgegebene Puzzleformen, die daran geknüpft sind. Bedeutet: Weniger Freiheiten. Und noch stärker fällt ins Gewicht, dass die Position der eigenen Figur nun über die Richtung bestimmt, von der ein neues Plättchen eingefügt werden darf. Dieses Legen aus unterschiedlichen Richtungen ist eine schöne neue Idee, aber man muss echt aufpassen, sich nicht zuzubauen, denn die Plättchen rutschen wie beim Klassiker Tetris aufs Feld.
Um viele Extrapunkte zu machen, möchte man natürlich viele Aufbauten platzieren, muss dann diese Reihen bzw. Spalten aber auch komplett mit Plättchen füllen, um die Wertung mitzunehmen. Dazu muss man jedoch auch erst einmal Karten mit Aufbauten erhalten. Das Kartenglück ist bei Helsinki nicht von der Hand zu weisen. Liegen zwei gleichfarbige Karten nebeneinander auf dem Angebots-Spielplan, und ich kann sie erreichen, ist das immer besser, diese zu nehmen, als zwei verschiedenfarbige, die nicht zu meinen Handkarten passen.
Die Bonus-Aktionen über Wappen wurden erheblich erweitert, gleichzeitig aber auch wieder beschränkt. Ich kann eine einmalig verwendete Wappen-Aktion kein zweites Mal ausführen. Die vielfältigen Möglichkeiten sind aber definitiv ein Pluspunkt.
Das Spielende ist bei Helsinki oft noch schneller erreicht als bei Copenhagen. Spielte man beim Vorgänger in fast jeder Spielerzahl den Stapel zweimal durch, endet Helsinki schon nach dem ersten Durchlauf. Die Kartenmenge ist dabei an die Spielerzahl angepasst, in jeder Konstellation aber gefühlt zu gering, um bei mir ein wirklich befriedigendes Bau-Erlebnis zu erzeugen. Bei uns war meistens nur etwa mehr als die Hälfte des eigenen Tableaus mit Plättchen belegt, die optionale Besucher-Wertung war auch oftmals nur mit einer Portion Glück zu schaffen. Zudem tritt das Spielende mitunter auch noch sehr plötzlich ein. Da liegen noch einige Karten auf dem Stapel, also denke ich mir als Startspieler, ich könne mir meine Wappen und Handkarten noch gut für den nächsten Spielzug verwahren. Und dann ziehen meine Mitspieler plötzlich alle Karten, und schon ist das Spiel vorbei, ich komme nicht mehr zum Zug und habe dadurch wertvolle Wappen verschenkt - da wäre es schön gewesen, hätte man mir nach dem Auslösen des Spielendes noch eine weitere Abschlussrunde gegönnt. Das ist aber ein Phänomen, das für alle Mitspieler gilt. In weiteren Partien werde ich also beim Ausspielen der Wappen weniger pokern und sie schneller einsetzen, damit mir das kein zweites Mal passiert.
Die Spielidee, insbesondere das Legen aus vier Richtungen, gefällt mir. Dieser Mechanismus bringt noch einmal einen neuen Aspekt in das bekannte Genre der üblichen Puzzle-Legespiele. Und doch habe ich durch das frühe Spielende immer das Gefühl, dass die Hälfte der Pavillons auf dem Seeweg von Dänemark nach Finnland in der Ostsee verloren gegangen sind. Ich hätte Helsinki gern noch 1 oder 2 Kultpunkte mehr gegeben, wenn mir das Spiel mehr Zeit ließe, den Mechanismus stärker auszureizen.
Fazit: Wer damit klarkommt, dass das eigene Board am Ende noch viele Lücken aufweist, der erhält ein flottes Legespiel mit neuen Ideen. Da das Spiel jedoch nicht, wie der Vorgänger Copenhagen, als Wettrennen angelegt ist, sondern sich aufs Erzielen von Punkten stützt, ist Helsinki - so auch die Meinung meiner Mitspieler - einfach etwas zu kurz geraten und fühlt sich dann auch in weiteren Partien oft ähnlich an, da perfektes Puzzeln gar nicht mehr so sehr belohnt wird wie beim Vorgänger. Für mich sind das daher 6 Kultpunkte. Probiert am besten selber aus, ob ihr die knapp bemessene Rundenzahl als Kritikpunkt oder vielleicht gerade als Herausforderung anseht. Das Grundkonzept des Spiels hat es jedenfalls verdient, von Puzzle-Fans näher betrachtet zu werden.
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/FLtSA_ei6Tw
KULTFAKTOR: 6/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 6/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 29.09.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Queen Games
Weitere Fotos: Spielkultisten