REZENSION
GREAT PLAINS
- Genre: Taktikspiel
- Jahr: 2021
- Verlag: Lookout Spiele
- Autoren: Trevor Benjamin, Brett J. Gilbert
- Grafik: Klemens Franz
- Spieler: 2
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 20 Min.
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 10/10
Rivalitäten aus vergangenen Zeiten
Die alten Höhlenmalereien zeugen vom Leben in der Vorzeit. In diesem Duellspiel kämpfen nun zwei Völker um die Vorherrschaft in den Great Plains. Die beiden Spieler positionieren ihre Stammesfiguren auf strategisch guten Feldern, sammeln Totem-Plättchen für mehr Bewegungsfreiheit und kämpfen letztlich um Mehrheiten in den Jagdgebieten.
REGELN
Legt eine der 7 doppelseitig bedruckten Spieltafeln mit einer beliebigen Seite nach oben in die Mitte. Legt darum herum die 6 weiteren Spieltafeln aus. So ergibt sich in jeder Partie stets eine neue Anordnung der Felder.
Jeder Spieler erhält die 3 Höhlenplättchen sowie 20 Stammesfiguren (Füchse in orange / Schlangen in blau). Zunächst platzieren die Spieler abwechselnd je ein Höhlenplättchen auf ein freies Höhlenfeld, so lange, bis alle 6 Plättchen ihren Platz gefunden haben.
Die Spieler sind nun weiterhin abwechselnd am Zug. Wer an der Reihe ist, platziert eine eigene Figur auf einem freien Feld neben einer seiner Höhlen bzw., sobald vorhanden, alternativ neben einer bereits eingesetzten eigenen Figur. Belegt werden dürfen nur die Felder der Tiefebene - das sind die gelben und die grünen Felder.
Auf den grünen Feldern finden sich Tiersymbole. Wird ein solches Symbol überdeckt, erhält der Spieler, sofern noch vorhanden, eines der drei passenden Totemplättchen dieser Tierart. So ein Plättchen kann der Spieler dann in einem seiner nächsten Spielzüge einsetzen (max. 1 Plättchen pro Spielzug!) und dann zurück in den Vorrat legen.
- Das Pferd ermöglicht es, eine neue Figur 2 Felder weit entfernt von einer eigenen Höhle oder einer eigenen Figur zu platzieren, sofern das übersprungene Feld dazwischen ein Feld der Tiefebene ist.
- Der Adler funktioniert ähnlich wie das Pferd, allerdings muss das übersprungene Feld dann ein Gebirgsfeld sein. Zudem zieht der Adler, anders als das Pferd, stets nur in gerader Linie von seinem Ausgangsfeld. Gebirgsfelder dürfen nie betreten werden!
- Der Bär ermöglicht das Belegen eines bereits durch den Gegner besetzten Feldes, sofern die Platzierung nach den geltenden Einsetzregeln erfolgt. Die gegnerische Figur wird dann auf ein angrenzendes freies Ebenenfeld verdrängt (die Tierbelohnung gibt es da dann allerdings nicht) oder aber auf ein Gebirgsfeld. Im letzteren Fall wird die Figur aus dem Spiel genommen!
Ziel ist es, die gelben Jagdgebiete zu kontrollieren. Nachdem beide Spieler alle Figuren eingesetzt haben, erfolgt die Schlusswertung. Jedes gelbe zusammenhängende Gebiet bringt so viele Punkte, wie es Felder besitzt; jede Wasserquelle in dem Gebiet bringt einen zusätzlichen Punkt. Ein 5er Gebiet mit 2 Wasserquellen ist also 7 Punkte für den Spieler wert, der in diesem Gebiet eine Mehrheit an eigenen Figuren platzieren konnte. Bei einem Gleichstand erhält kein Spieler die Punkte. Wurden alle Jagdgebiete entsprechend ausgewertet, gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- einfache Regeln
- taktischer Ablauf
- kein Glücksfaktor im Spiel
CONTRA
- Partien laufen auf lange Sicht schon ähnlich ab
MEINUNG
Als ich Great Plains zum ersten Mal auf dem Tisch hatte, fühlte ich mich an ein früheres Spiel des Jahres erinnert - an Kingdom Builder. Auch da platzierten die Spieler taktisch ihre Marker, um Punkte zu generieren. Die Regeln sind bei Great Plains sogar noch simpler. Es gibt keine weiteren Vorschriften, wohin ich eine Figur setze, so lange sie an eine meiner Höhlen oder an eine eigene Figur angrenzt. Okay, Gebirge sind tabu. Das war‘s aber auch schon.
Das Spiel ist wirklich schnell gespielt. Seinen Reiz entfaltete es allerdings nicht gleich bei der ersten Partie. Vielleicht haben wir uns da einfach zu zaghaft ans Spiel heran getastet. Beide Spieler platzierten in der Erstpartie ihre Figuren irgendwie in eigenen Gebieten, ohne sich in die Quere zu kommen, Angriffe blieben aus. Ja, so kann eine Partie verlaufen, und dann ist es bestenfalls ein nettes Spielchen für zwischendurch, dem ich Kingdom Builder den Vorzug geben würde.
Schon die zweite Partie in selber Besetzung lief jedoch anders. Jetzt wurde schon mehr versucht, dem Gegenspieler Mehrheiten zu versagen. Doch sein volles Potenzial entfaltete Great Plains auf meinem Tisch dann erst ab Partie 3. Dann nämlich hatten beide Spieler die Möglichkeiten, die das Spiel bietet, verinnerlicht. Und dann wird es echt taktisch und auch neckisch. Welche Höhlen wähle ich aus? Wie kann ich Gebiete für mich alleine sichern? Belege ich direkt gelbes Jagdgebiet oder rüste ich mich erst einmal mit Tierplättchen aus, um flexibler reagieren zu können? Was einmal platziert ist, bleibt ja stehen. Doch wenn ich mir Freiheiten in der Bewegung erkaufe oder gar einen Angriff starte, dann können die Machtverhältnisse schnell wackeln. Das macht den Reiz des kleinen Spiels aus, dann entwickelt sich ein heißes Duell, besonders natürlich um die wertvollsten, ja, die großen Gebiete oder die, die viele Quellen aufweisen.
Auch wenn die Spieltafeln in immer neuen Ausrichtungen aneinander gelegt werden, und somit kein Spielplan wie der andere aussieht, muss man dann auf längere Sicht doch zugeben, dass das Spiel eine gewisse Lernkurve beinhaltet. So zeigte sich, dass man sich gewisse Winkelzüge antrainieren kann. Den Anfängerfehler, ein Bären-Plättchen zum Angriff völlig unbedarft einzusetzen, macht man spätestens dann nicht mehr, wenn man als Reaktion vom Gegner ausgeknockt wird.
Das Spielgefühl bleibt aufgrund nicht vorhandener weiterer Variablen dann schon in jeder Partie letztlich gleich bzw. zumindest sehr ähnlich, aber das ist bei einem so schnellen Duell kein Problem. Wer einigermaßen spielerfahren ist, wird Great Plains in 15 Minuten absolvieren - ein idealer taktischer Absacker also - oder ein ebenso taktisches Zwischendurchspiel. Die Grundidee ist dabei jetzt nicht sonderlich neu, dennoch spielt sich das Spiel locker von der Hand und ist auch kurzweilig, wenn man solche (eigentlich abstrakten) Denkduelle mag.
Mein Kultwertung schwankt nun etwas. Anfänglich wollte ich dem Spiel nur 6 Punkte geben, da wirkte es halt "nur" nett. Als es erstmals sein volles Potenzial zeigte, waren es dann plötzlich schon sehr gute 8 Punkte. Wenn ich das Spiel nur ab und zu auspacken würde, würde sich meine Kultnote da auch manifestieren. Da wir aber auch immer den Langzeitreiz bewerten, also den Spielspaß nach vielen Wiederholungspartien, kommen für mich dann letztlich immer noch gute 7 Punkte heraus. Ja, ein Kingdom Builder
bietet auf lange Sicht schon noch mehr Abwechslung, aber Great Plains ist auf jeden Fall ein sehr schönes 2-Spieler-Spiel für all diejenigen, die gern taktieren! Wer gern Spielzüge plant und Glücksfaktoren als Hindernis empfindet, der ist hier genau richtig!
Mein Tipp an Genre-Fans: Probiert es mal aus, und gebt dem Spiel auf jeden Fall mehr als nur eine Chance! Die eigentliche Spieltiefe, hervorgerufen durch das bewusste Angreifen des Gegners, zeigt sich oftmals noch nicht in der ersten Partie!
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 6-8/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 23.07.2021
Bildnachweis:
Coverfoto: Lookout Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten