REZENSION

GLOW

  • Genre: Würfel- / Familienspiel
  • Jahr: 2021 
  • Verlag: Strohmann Games
  • Autor: Cédrick Chaboussit
  • Grafik: Ben Basso, Vincent Dutrait
  • Spieler: 2 bis 4
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: ca. 45 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Taktiklevel: 7/10

Würfelt Licht ins Dunkel!

Es ist gespenstisch. Die Finsternis umhüllt den Berg und das Meer. Als mutige Abenteurer macht ihr euch auf den Weg, um das Licht zurückzubringen! Dazu sammelt ihr Lichtsplitter und Glühwürmchen, unterstützt von Gefährten, die ihr zu euch holt. Wer seine Reise nach 8 Runden mit dem meisten Licht beendet, gewinnt.

REGELN

Wählt zunächst eine Spielplanseite. Zum Einstieg wird das Reich der Schatten empfohlen. Es zeigt eine bergige Landschaft mit diversen Dörfern, verbunden über Wege. Stellt die Spielfigur eurer Farbe auf das Startfeld. Eure Farbe wird bestimmt vom gewählten Start-Gefährten, der euch erste (große) Würfel in seiner Farbe bringt und in den meisten Fällen auch bereits einen Würfel-Effekt. Legt euren Gefährten vor euch aus.

Legt nun die Begegnungsleiste neben den Spielplan und würfelt alle kleinen Würfel. Sortiert sie nach gewürfeltem Symbol und legt sie dann jeweils über das passende Symbol der Leiste. Bleibt ein Symbol auf der Leiste ohne Würfel, wird dort stattdessen ein Spuren-Plättchen abgelegt. Unter der Leiste wird eine Auswahl an weiteren Gefährten gebildet.  Die kommen vom zuvor vorbereiteten, gut gemischten Nachziehstapel.

Jede Runde ist unterteilt in 5 Phasen (Tageszeiten).

(1) Morgens wählt ihr, in Spielerreihenfolge, die sich nach jeder Runde um eine Position verschiebt, jeweils einen Gefährten aus der Auslage und nehmt euch die dazugehörigen Würfel von der Begegnungsleiste. Manche Gefährten liefern als Fähigkeit auch noch einen großen Würfel, der dann dauerhaft bei euch verbleibt, sofern der Gefährte in eurem Besitz bleibt. Im Spiel zu zweit entfernt der Startspieler nach der Wahl seines Gefährten einen Gefährten aus der Auslage und legt ihn auf den Friedhof, bevor der Gegenspieler einen Kompagnon für sich auswählt.

(2) Vormittags werft ihr eure Würfel. Jeder hat nur einen Wurf. Mit Neuwurf-Fähigkeiten auf den Gefährten, gesammelten Neuwurf-Plättchen (vor Spielbeginn erhält der Spieler, der rechts vom Startspieler sitzt, schon einmal zwei solcher Plättchen) oder aber Punkteverlust dürft ihr einen oder zwei eurer Würfel neu werfen. Punkteverlust? Ja, für jeden Neuwurf zieht ihr, anfangs ausgehend vom Feld 10 der Punkteleiste, später immer von der aktuellen Position auf der Punkteleiste, rückwärts (!) auf das nächste Neuwurf-Feld. Die Abstände vergrößern sich zunehmend; es wird also immer teurer, sich eine Neuwurf über diese Option zu leisten. Gebt ihr direkt 3 Neuwürfe aus (in beliebiger Kombination, wie ihr sie bezahlt), dann dürft ihr einen eurer Würfel auf eine beliebige Seite drehen.

(3) Mittags nutzt ihr eure Karten. Schaut auf die Effekte eurer vor euch liegenden Gefährten und führt sie - je nach Würfelergebnis - aus. Links vom Pfeil steht eine bestimmte Würfelkombination, rechts vom Pfeil der Ertrag bzw. die Aktion, die daran geknüpft ist. So liefern euch viele Gefährten Lichtsplitter (Punkte), andere liefern euch Spuren-Plättchen, Glühwürmchen, vielleicht sogar Minuspunkte oder den Tod, heißt: Dieser Gefährte wird dauerhaft auf dem Friedhof abgelegt, manchmal jedoch noch verbunden mit einem Abschiedsbonus.

(4) Nachmittags reist ihr über den Spielplan. Zieht euren Abenteurer entlang der Wege und zahlt jedes überschrittene Symbol mit einem entsprechenden Würfelsymbol in eurer Auslage. Ihr könnt fehlende Symbole mit Spuren-Plättchen, die ihr dann abwerft, ersetzen. Manche Wege fordern auch explizit die Abgabe von Spuren, um sie betreten zu dürfen, andere liefern euch einen Bonus. Das gilt auch für erreichte Dörfer. Hier steht ihr nun vor der Wahl, euren Zug dort zu beendet und ein Zelt aufzuschlagen oder ggf. eure Reise über das Dorf hinaus fortzusetzen, wenn ihr noch passende Würfelsymbole vor euch liegen habt. Gelangt ihr später in ein anderes Dorf, dürft ihr euer Zelt an den neuen Ort verschieben.

(5) Abends bereitet ihr die neue Runde vor. Legt fünf neue Gefährten vom Stapel an die Begegnungsleiste, legt zudem eure kleinen Würfel auf die Bereiche, die zum Würfelsymbol passen. Der neue Startspieler eröffnet die nächste Runde dann wieder mit Phase (1).

Im Laufe der insgesamt 8 Runden vergrößert sich euer Abenteurer-Team also immer mehr. Würfel, die ihr werft, gelten beim Nutzen der Karten stets für jeden Gefährten, ggf. kann ein Effekt sogar mehrfach ausgelöst werden, wenn die Würfelsymbole es ermöglichen. Die Würfel verbrauchen sich also nicht, jeder Würfel darf pro Karte aber nur einmal verwendet werden.

Am Ende von Runde 8 folgt die Schlusswertung. Addiert nun folgende Punkte:

  • Jeder Gefährte, der vor euch liegt, bringt die oben rechts angegebenen Lichtsplitter. Manche Gefährten bringen keine Splitter, andere sogar Minuspunkte.
  • Habt ihr mindestens so viele Glühwürmchen gesammelt, wie ihr Gefährten vor euch liegen habt, dann erhaltet ihr 10 Extrapunkte.
  • Jedes nicht eingesetzte Spuren-Plättchen bringt euch 1 Punkt.
  • Das Dorf, in dem ihr zuletzt euer Zelt aufgeschlagen habt, bringt noch einmal die dort angegebenen Lichtsplitter.


Wer nun insgesamt die meisten Lichtsplitter (Punkte) gesammelt hat, gewinnt.


Auf der Rückseite des Spielplans befindet sich das Meer der Finsternis. Spielt ihr mit dieser Seite, erhält jeder von euch vor Spielbeginn fünf Schiffe. Eines stellt ihr zum Anzeigen eurer gewählten Farbe vor euch auf, die vier weiteren Schiffe kommen auf die Start-Insel in der Mitte. In der Reise-Phase dürft ihr immer genau 1 Boot auf eine Nachbar-Insel ziehen. Es dürfen sich nicht mehrere Boote einer Farbe auf der selben Insel befinden. 

Die Reisekosten der Seewege sind anders als im Reich der Schatten. Diesmal wird eine Zahl vorgegeben, die angibt, wie viele verschiedene Symbole ihr exakt in eurer Würfelauslage liegen haben müsst, um diesen Weg nutzen zu dürfen. Auch hier können Spuren-Plättchen fehlende Symbole ergänzen. Erreichte Inseln liefern teilweise Boni. Am Spielende gibt es Punkte für jedes Schiff, das sich auf einer Insel befindet, die euch eine vorgegebene Anzahl an Lichtsplittern schenkt, die restliche Wertung folgt wie beim "Reich der Schatten".

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • außergewöhnliche Optik
  • Mischung aus Würfel- und Reisespiel
  • Engine Builder-Effekte
  • interessante Neuwurf-Mechanik
  • zwei Spielpläne mit eigenen Regeln


CONTRA

  • so manche Ecken und Kanten rufen nach Hausregeln
  • Punktemarker verdecken Neuwurf-Felder

MEINUNG

Glow überrascht zunächst durch seine Optik. Eine schwarz-weiße Cover-Illustration im Skizzen- bzw. Scherenschnitt-Stil, ein ebenso gestalteter Spielplan und die Illustrationen der Gefährten sorgen für Aufsehen. Ob einem diese düstere, außergewöhnliche Optik gefällt, ist dann wohl Geschmackssache. Ich finde, sie versprüht einen ganz eigenen Charme, ja, für mich mutet sie sehr künstlerisch an. Vor allem unterstreicht sie das Thema: Wir wollen Licht ins Dunkel bringen.

Die Auswahl der Gefährten ist in jeder Runde an einen interessanten Engine-Builder-Effekt gekoppelt. Natürlich hole ich mir mit einem Gefährten nicht nur seine Fähigkeiten und Effekte, sondern auch - temporär - die kleinen Würfel, die bei ihm liegen. Beides scheint wichtig. Dennoch muss ich bei der Auswahl darauf achten, möglichst gute Kettenreaktionen beim Auslösen der Effekte verursachen zu können. Es bringt mir nicht viel, wenn ein Gefährte 3 Wasser-Symbole fordert und ein anderer mir diese verbietet. Besser ist es natürlich, wenn meine Gefährten sich gegenseitig unterstützen, also z.B. einmal 3 Wasser-Symbole fordern, einmal 3 gleiche Symbole und als drittes kein Feuer. So könnte ich mit 3 Wasser-Symbolen alle Karten aktivieren. Das wird natürlich zunehmend schwieriger, je mehr Gefährten sich meinem Abenteurer-Trupp anschließen. Da muss man dann auch mal Prioritäten setzen und auf bestimmte Aktionen verzichten.

Interessant ist zudem die doppelte Aufgabe, die die Würfel erfüllen. Die Würfel-Symbole brauche ich nämlich auch fürs Reisen. Und reisen muss ich, um mir Boni und Lichtsplitter zu erspielen. Da sollte ich also auch immer die Wegekosten im Auge behalten.

Glow hat für mich ein wirklich interessantes Spielkonzept, allerdings besitzt es Ecken und Kanten, ja, man könnte diese auch Kritikpunkte nennen. Beim Reich der Finsternis sind die Wege stets gleich, d.h. ich weiß recht schnell, mit welchen Symbolen ich gerade anfangs vorankomme und welche Symbole mir deutlich weniger bringen. Das Mitnehmen des Zeltes führt dazu, dass alle das Ziel des 20-Punkte-Dorfes vor sich haben. Einmal erreicht, liefern die restlichen Orte und Wege keine wirklichen Anreize mehr, sie erneut zu durchlaufen. Hier können Hausregeln greifen, z.B. dass ich jedes Dorf nur einmal bereisen darf und dafür jedes Mal Punkte bekomme. Oder dass ich für jedes zusätzlich erreichte Dorf nach dem Aufstellen des Zeltes Punkte bekomme, wenn es weniger Punkte liefert als das Dorf mit Zelt.

Ähnliches gilt für die Glühwürmchen. Anders als die Spuren-Plättchen bringen sie mir keine zusätzlichen Punkte, wenn ich mehr besitze, als Gefährten vor mir liegen. Der Anreiz, mehr zu sammeln, ist da gar nicht gegeben. Auch hier können Hausregeln helfen, das auszugleichen. Ob alle Gefährten ausbalanciert sind, ist schwer zu sagen, da letztlich ja immer die Würfel über den Ausgang der Effekte entscheiden, dennoch habe ich das Gefühl, dass Gefährten mit verbotenen Würfel-Symbolen leichter zu aktiveren sind, als Gefährten, die vorgegebene Kombos verlangen.

Umso herausfordernder ist die Neuwurf-Mechanik. Besitze ich einen entsprechenden Gefährten mit einer solchen Fähigkeit oder gesammelte Plättchen, kann ich mich glücklich schätzen. Andernfalls muss ich beim Neuwurf echt pokern. Lohnt es sich, Würfel neu zu werfen, wenn ich dadurch andere Effekte gefährde. Wie viele Punkte verliere ich, wie viele kann ich überhaupt im Erfolgsfall hinzugewinnen? Lohnt es sich eventuell, direkt drei Neuwürfe zu bezahlen, um einen Würfel auf eine beliebige Seite zu drehen? Beim Rückwärtsziehen auf der Punkteleiste muss man übrigens aufpassen, kein Neuwurf-Feld zu übersehen, wenn dort gerade Punktemarker anderer Spieler drauf liegen.

Schön ist jedoch die Tatsache, dass die Würfel ja auch fürs Reisen dienen müssen, ich also immer Abwägungen treffen muss, was mir da gerade wichtiger erscheint, denn die Wahrscheinlichkeit, dass wirklich alles zusammenpasst, ist nicht sonderlich hoch. Dieses Konzept gefällt mir sehr gut, ebenso wie die Tatsache, dass ich manche Gefährten gar loswerden möchte, weil sie mir zwar im Spiel wichtige Boni liefern, am Spielende aber Minuspunkte. Je mehr Spieler mitspielen, umso ausgeglichener werden die Risiko-Entscheidungen. Im Spiel zu zweit muss man stets aufpassen, nie den Anschluss zu verlieren, da sich der Führende sonst auf seinen Lorbeeren ausruhen kann.

Die Rückseite des Spielplans, das Meer der Finsternis, merzt die kleinen Kritikpunkte, was das Reisen betrifft, angenehm aus. Da jeder nun vier Schiffe besitzt, gibt es mehr Möglichkeiten, seine Reise zu planen. Die Wege sind weniger vorgegeben und durch die neuen Würfel-Aufgaben (Anzahl verschiedener Symbole) flexibler. Auch die Tatsache, immer nur ein Schiff bewegen zu dürfen, erhöht den Druck, alle Schiffe effizient zu bewegen, um am Ende möglichst viele Lichtsplitter einzusammeln.

Die meisten Spielphasen von Glow lassen sich parallel spielen, sofern alle das Spiel gut kennen und sich alle gegenseitig vertrauen. So können Wartezeiten minimiert werden. Wer lieber zusieht, was die anderen Spieler machen, der kann natürlich die Spielzüge auch in Spielerreihenfolge durchspielen, muss dann aber, gerade in Vollbesetzung, mit einer gewissen Downtime rechnen.

Fazit: Alles in allem hat Glow auf jeden Fall meinen Geschmack getroffen. Das Spiel ist in meinen Augen einfach etwas Besonderes, nicht nur wegen der Optik. Die Spielkonzepte sind gut gelungen, das Kombinieren der eigenen Auslage mit den zur Verfügung stehenden Würfeln, das Bereisen des Spielplans - ja, das passt schon alles. Etwas schade ist die Tatsache, dass manche Detail-Regeln noch ein wenig Feinschliff hätten bekommen könnten, um noch mehr Sinn zu machen. Wer da kreativ ist, kann sich mit Hausregeln behelfen; schöner wäre es gewesen, hätte man diese Überlegungen zuvor schon redaktionell angestellt.

Dennoch: Da das Spiel sehr kurzweilig ist und mit seiner Mischung aus Glück und Taktik meinem persönlichem Gusto entspricht, gibt es insgesamt immer noch gute 7 Kultpunkte von mir - sogar mit Tendenz zur 8, wenn mit der Meer-Seite des Spielplans gespielt wird. Oder um es mal etwas kitschig, ja, fast schon passend zur in der Anleitung ausführlich dargestellten Spielstory, zu sagen: Mit seinem ganz eigenen Charme hat Glow es tatsächlich trotz einiger Kritikpunkte geschafft, mein Spielerherz zum Leuchten zu bringen. Hach, wie schön! ;)


VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/XHCzih59nIY

KULTFAKTOR: 7-8/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 02.02.2022

Bildnachweis:
Coverfoto: Strohmann Games
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