REZENSION
GLASGOW
- Genre: Taktikspiel
- Jahr: 2020
- Verlag: Lookout Spiele
- Autor: Mandela Fernandez-Grandon
- Grafik: Klemens Franz
- Spieler: 2
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 30 Min.
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 7/10
Rundtour durch Glasgow
Glasgow ist nicht nur eine der größten Städte des Vereinigten Königreichs, sondern auch eine Planstadt. Und an eben jener Stadt bauen wir gemeinsam in diesem Spiel für 2 Spieler, aber jeder versucht sich die besten Gebäude zu sichern. Dabei gilt: Wer weiter hinten steht, ist dran!
REGELN
Um diese schottische Metropole planvoll aufzubauen bzw. umzustrukturieren, müssen wir zunächst einen Kreis aus Personen bauen. Ein Architekt wird ausgelegt, dann vier Auftragsplättchen, dann ein Architekt, dann vier Auftragsplättchen usw., bis der vierte Architekt direkt neben dem ersten liegt. Im Kreis sollte genug Platz für 4 mal 5 oder 5 mal 4 Stadtplättchen sein. Eben diese Stadtplättchen werden verdeckt gemischt und als Stapel bereit gelegt. Zwei offene Stadtplättchen werden an jeden Architekten gelegt. Die Spieler nehmen sich das Tableau und die Figur ihrer Farbe. Die Figuren werden auf die beiden Felder des ersten Architekten platziert. Der Startspieler steht dabei hinten.
Nachdem sich jeder als Startkapital ein Stahl und einen Stein genommen hat, geht es los.
Es ist immer der Spieler an der Reihe, der hinten steht, und er ist so lange an der Reihe, bis er den anderen Spieler überholt. Wer an der Reihe ist, zieht im Uhrzeigersinn beliebig viele Plättchen weit und bleibt auf einem freien Auftragsplättchen oder einem Architektenplättchen, welches frei oder besetzt sein kann, stehen. Dann führt der Spieler die Aktion des Plättchens aus und ist wieder am Zug, wenn er den anderen Spieler nicht überholt hat. Dementsprechend ist der anderen Spieler am Zug, wenn er überholt wurde.
Auftragsplättchen geben in der Regel einen der vier Rohstoffe: Stein, Stahl, Gold oder das Whisky-Fass. Diese Rohstoffe muss ein Spieler auf seinem Tableau lagern können - oder er kann sie nicht alle nehmen. Die Lagerplätze sind den Rohstoffen zugeordnet. Es gibt z.B. nur einen Platz für Whisky und nur ein Whisky-Fass. Bekommt ein Spieler dieses und es steht auf dem anderen Tableau, so nimmt er es sich von dort. Einige Auftragsplättchen bringen auch andere Effekte als Rohstoffe, wie das Verstärken des nächsten Plättchens oder das Austauschen von den Stadtplättchen eines Architekten.
Die Architekten erlauben den Bau von Stadtplättchen und können von beiden Spielern besetzt werden, wobei der später gekommene Spieler weiter hinten steht. Wer ein Stadtplättchen bauen möchte, zahlt die darauf angegebenen Rohstoffe und legt das Plättchen in die Mitte. Neue Plättchen müssen mindestens mit einer Seite an ein schon liegendes Stadtplättchen angrenzen. Der Pfeil auf dem Gebäude soll zu dem Spieler zeigen, der das Gebäude gebaut hat. Die Gebäude dürfen ein 4 mal 5 oder 5 mal 4 Raster nicht überschreiten. Es gibt also 20 Plätze in der Stadt. Wer dem Architekten eine Münze zahlt, darf sofort noch ein Gebäude bauen. Dann kostet jedes weitere Gebäude immer eine Münze mehr, also 2 Münzen für ein drittes Gebäude.
Alle Gebäude (außer Fabriken) liefern Siegpunkte am Ende des Spiels. Die Fabriken erzeugen Rohstoffe für ihren Besitzer, wenn neue Gebäude in ihre Reihe oder Spalte gelegt werden. Punkte bringen Gebäude auf unterschiedliche Weise, z.B. müssen Läden in den Ecken der Stadt liegen, Parks sollten gesammelt werden und Wohngebäude sollten zusammenliegen.
Sobald das 20. Gebäude platziert wurde, endet das Spiel. Die Spieler rechnen die Punkte ihrer Gebäude zusammen, und der Spieler mit den meisten Punkten wird so etwas wie das Loch-Ness-Monster: eine Legende!
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- taktisch geprägt
- flüssiger Ablauf
CONTRA
- große Sprünge lohnen sich selten
MEINUNG
"The people in Glasgow are much better!" ("Die Leute in Glasgow sind viel besser"), wurde mir mal von einer angeheiterten Dame in einem Pub in Edinburgh erzählt. Ob dies stimmt , möchte ich nach ein paar Tagen Urlaub dort nicht beurteilen, aber ich kann sagen, dass die Umstrukturierung dieser Stadt in eine Planstadt schon auffällt. Somit passt es ja, dass unsere Stadt am Ende ein ordentliches Rechteck ist. Und eine Rundfahrt kann in Glasgow sicherlich auch gemacht werden.
Auf einem Rundkurs bewegen sich auch unsere Spielfiguren, und wie z.B. in Glen More, Patchwork oder Nova Luna ist immer der Spieler an der Reihe, der weiter hinten steht. Da beliebig weit gezogen werden kann, muss man sich schon am Riemen reißen, um nicht einfach zum Lieblingsfeld vorzupreschen, denn sonst kann der Gegenspieler lustig alle Plättchen dazwischen abgrasen. Dies ist allerdings nicht ganz so spannend, wie man vermuten sollte. Wir kamen schnell zu dem Schluss, dass Plättchen zu überspringen sich nur in seltenen Ausnahmefällen lohnt, abgesehen von offensichtlich mäßigen Plättchen.
Meist passierte es bei uns gegen Ende des Spiels, dass jemand ein bestimmtes Gebäude dringend benötigte und doch noch den großen Sprung nach vorn gewagt hat. Sollte das Spiel dann nicht zu Ende sein, wird der Gegner erst mal genüsslich mehrere Züge machen und vermutlich durch seine Bau-Aktion das Spiel zu Ende bringen. Somit fand ich es bei Nova Luna deutlich spannender auf dem Rundkurs meine Plättchen zu wählen als bei Glasgow. Bei Nova Luna kann die Entscheidung für ein Plättchen einen großen Unterschied machen, und das beinahe jeden Zug. In Glasgow hatte ich nicht den Eindruck, dass es sich lohnen würde, Bau-Aktionen lange aufzusparen, da Münzen meist nicht in so großem Überfluss vorhanden sind, geschweige denn gelagert werden können, um eine Kaskade von Aktionen auszulösen.
Das Raster aus Gebäuden aufzubauen bietet, je nach Gebäude, interessante Möglichkeiten. Bei den meisten Gebäuden ist die Lage irrelevant, aber Geschäfte geben in den Ecken schon ordentlich Punkte, und eine Gruppe von Wohnhäusern ist schon ein Punkte-Regen. Der Clou sind dann noch die Fabriken. Diese sorgen dafür, dass die Platzierung jedes Gebäudes wichtig ist. Die Spieler versuchen es tunlichst zu vermeiden den Ertrag einer Fabrik auszulösen, solange der Gegner noch die Rohstoffe lagern kann. Fabriken geben selber aber keine Punkte, weswegen die Spieler sich gut überlegen sollten, wie viele Fabriken sie bauen. Leider kann man nicht immer ganz frei wählen, welche Gebäude es werden sollen, denn es gibt ja nur zwei offene Plättchen beim Architekten.
Die Grafik von Glasgow ist leider etwas trist geraten. Für mich ist Edinburgh eindeutig die schönere schottische Stadt, aber so trist und braun wie dieses Spiel ist Glasgow dann auch nicht. Die Personen auf den Architekten und Auftragsplättchen sehen jetzt auch ganz nett aus, aber sind nicht thematisch mit der Aktion, die sie bieten, verknüpft.
Ich muss gestehen: Emotional lässt mich Glasgow relativ unbewegt. Es ist okay, und es gibt ein paar kleine nette Entscheidungen, und ich weiß nicht, ob der Nova Luna-Vergleich ganz fair ist, weil mit dem Rundkurs in beiden Spielen was anderes geschieht, aber Nova Luna, oder vor etlichen Jahren auch Glen More, haben mir da einfach besser gefallen. So ist Glasgow für mich ein Spiel, das nichts große falsch macht, aber bei mir einfach nur einen neutralen Eindruck hinterlässt.
KULTFAKTOR: 6/10
Spielidee: 6/10
Ausstattung: 6/10
Spielablauf: 6/10
EUER REZENSENT
LUTZ
Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast
Eine Rezension vom 23.06.2021
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Lookout Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten