REZENSION
GET ON BOARD
- Genre: Familien-/ Taktikspiel
- Jahr: 2022
- Verlag: iello / im Vertrieb von Hutter Trade
- Autor: Saashi
- Grafik: Monsieur Z
- Spieler: 2 bis 5
- Alter: ab 8 Jahren
- Dauer: ca. 30 Min.
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Initiativlevel: 7/10
Mit dem Bus durch den Großstadt-Dschungel
Geschäftsleute, alte Damen, Studentinnen, Touristen - alle haben eines gemeinsam: Sie warten auf den Bus! Um die Fahrgäste zu ihren gewünschten Orten zu transportieren, gilt es, ein effizientes Streckennetz zu erschließen. Und Timing ist beim Durchfahren von London und New York auch gefragt!
REGELN
Legt zunächst den Spielplan mit der Seite in die Tischmitte, die eurer Spielerzahl entspricht. Mit 2 oder 3 Spielern durchfahren wir New York, mit 4 oder 5 Spielern London. Der Spielplan zeigt ein Straßennetz mit Ampeln, Orten und wartenden Passagieren. Die Orte und Kreuzungen sind teilweise mit Buchstaben und Zahlen gekennzeichnet. Die sind wichtig für den geheimen Auftrag, den jeder von euch erhält. Der zeigt drei Orte, die bis zum Spielende miteinander verbunden werden wollen. Aus zwei zufälligen Zahlen wählt jeder seinen Startpunkt aus und belegt diesen mit der Ampel seiner Spielerfarbe. Zudem werden noch zwei zufällige öffentliche Aufträge auf den Spielplan gelegt.
Jeder erhält die Streckenteile seiner Farbe, dazu einen Spielzettel und einen Stift. Achtet darauf, dass jeder von euch einen anderen Spielzettel vor sich ausliegen hat. Die Spielblätter unterscheiden sich in der Zuordnung der Streckenteile zu den Bus-Tickets, von denen es 12 gibt, die gemischt als verdeckter Stapel bereit gelegt werden.
Gespielt werden nun 12 Runden - also so lange, bis jedes Ticket einmal aufgedeckt wurde. Das Aufdecken des aktuellen Tickets übernimmt der Startspieler, der nach jeder Runde wechselt. Das aufgedeckte Ticket gibt nun die Zahl vor, deren Strecken-Formation auf dem eigenen Spielzettel gelegt werden muss, z.B. zwei Streckenteile geradeaus, drei Streckenteile mit zwei Abbiegungen etc. Die Richtung lässt sich über die Inkaufnahme von Minuspunkten bis zu fünfmal im Spiel ändern (Gerade wird zur Abbiegung, Abbiegung zur Geraden), nie jedoch die Anzahl der zu legenden Streckenteile. Erst, wenn die Minuspunkte-Leiste voll ist, darf alternativ eine Einzelstrecke gelegt werden, sollte ein vollständiges Legen andernfalls nicht möglich sein.
Der aktive Spieler legt seine Streckenteile immer als erster, die anderen folgen im Uhrzeigersinn. Sollten Streckenteile auf eine Straße gelegt werden, auf der sich bereits gegnerische Streckenteile befinden, dann herrscht zu viel Verkehr, und es entsteht ein Stau. Staus werden ebenfalls mit Minuspunkten bestraft. Stau herrscht auf der New-York-Karte auch auf den dunkel markierten Straßen.
Beendet ein Spieler seinen Spielzug auf einer grünen Ampel, so darf er direkt noch ein zusätzliches Streckenteil in beliebiger Richtung anlegen. Grundsätzlich gilt: Neue Streckenteile müssen, wie es die Formation vorgibt, zusammenhängend, ausgehend von der eigenen Startampel, ans Ende der Strecke angelegt werden, bedeutet: Eine Strecke wird immer von dort fortgeführt, wo sie zuletzt endete.
Ganz wichtige Regel: Niemals darf eine Kreuzung mit Streckenteilen der eigenen Farbe doppelt angefahren werden bzw. sich ein geschlossener Kreis aus Streckenteilen bilden. Passiert das aus Versehen, scheidet der betreffende Spieler aus dem Spiel aus und nimmt auch nicht an der Wertung teil!
Wann immer ihr also Streckenteile gelegt habt, fahrt ihr im Anschluss die neu geschaffene Strecke vom letzten Stopp aus ab und sammelt die Symbole ein, die ihr über die Streckenteile angesteuert habt. Handelt es sich um Fahrgäste, werden diese im entsprechenden Bereich des Spielzettels angekreuzt. Gebäude werden ebenfalls angekreuzt bzw. lösen eine Wertung aus.
- Omas liefern am Spielende die Punkte, die neben jeder eingesammelten Dame zu finden sind.
- Studentinnen werden am Spielende mit der Anzahl angefahrener Universitäten multipliziert.
- Geschäftsleute werden während des Spiels immer dann gewertet, wenn ein Bürogebäude angefahren wird. Die oberste noch nicht gewertete Reihe mit Geschäftsleuten bringt nun Punkte in Abhängigkeit der Anzahl der in dieser Reihe vorhandenen Geschäftsleute. So eine Wertung bringt dann auch noch eine Bonus-Person, die sofort angekreuzt wird. Wird eine nicht vollständig besetzte Reihe gewertet, werden die übrigen Personen in dieser Reihe am Ende der Wertung gestrichen. Neue Geschäftsleute müssen dann in der nächsten Reihe gesammelt werden.
- Touristen funktionieren genau wie Geschäftsleute. Ihre Wertung findet jedes Mal statt, wenn eine Sehenswürdigkeit angefahren wird. Sie können mehr Punkte als die Geschäftsleute einbringen, dafür aber keinen Personen-Bonus.
Zudem gibt es Orte, die einen Stern und einen Namen tragen. Wird so ein Ort erreicht, liefert dieser so viele Extrapunkte, wie zu diesem Zeitpunkt Passagiere in dem entsprechenden Farbbereich (also z.B. Touristen) auf dem eigenen Blatt eingesammelt wurden.
Sobald jemand von euch einen öffentlichen Auftrag erfüllt hat, sagt er das laut an. Er erhält 10 Punkte. Wer die Aufgabe erst später erfüllt, bekommt nur noch 6 Punkte (z.B. fünf eingesammelte Studentinnen etc.).
Gespielt wird, bis das 12. Ticket aufgedeckt wurde und alle ihre letzten Wegstrecken gelegt und Kreuze auf ihren Zetteln gemacht haben. Bis dahin eingesammelte, aber nicht gewertete Touristen und Geschäftsleute bringen nun noch die Hälfte der Punkte, die sie im Spiel bei einer normalen Wertung erhalten hätten. Alle Pluspunkte der verschiedenen Bereiche werden addiert. 10 Bonuspunkte gibt es, wenn jemand seinen geheimen Auftrag erfüllen, also die vorgegebenen Orte miteinander verbinden konnte. Minuspunkte gibt es für Stau-Markierungen und für geänderte Strecken-Richtungen.
Wer nun die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- Flip & Write mit Spielbrett
- taktische Wege-Optimierung
- Spieler-Interaktion durch belegte Strecken und Punkte-Wettrennen um öffentliche Aufträge
- immer neue Karten-Konstellationen
CONTRA
- leider nur jeweils ein nicht modularer Spielplan pro Spielerzahl (2/3 und 4/5)
- Spielplan mitunter etwas unübersichtlich
MEINUNG
Jedes Kind hat ja so seinen eigenen Traumjob. Während Klassenkameraden Astronaut, Pilot oder Arzt werden wollten, war mein Wunsch etwas profanerer Natur: Die Schulbus-Fahrten hatten mir einen Bus-Tick beschert. So sammelte ich alles, was mit Bussen zu tun hat (die Sammlung besteht noch heute ...), und klar: Busfahrer hatten meinen vollsten Respekt. Wie gern wollte ich im erwachsenen Leben selber so einen Bus steuern. Nun, das Leben kommt dann oft anders als geplant. Einen Bus-Führerschein habe ich nie gemacht. Aber dass ein Spiel es zum Thema macht, ein Streckennetz für eine Linienbus-Tour durch New York oder London zu erschaffen und Passagiere zu transportieren, das lässt doch mein kindliches Gemüt höher schlagen.
Nun gut, zugegeben: Das Legen der Streckenteile erinnert bei Get On Board dann eher an vergleichbare Eisenbahnspiele, aber sei es drum. Die eigenen Spielzettel sind es, die die Verbindung vom Gemeinschaftsspielplan zur eigenen Bus-Logistik herstellen. Get On Board ist eigentlich ein klassisches Flip-and-Write-Spiel. Karten werden aufgedeckt und Dinge auf dem eigenen Spielblatt markiert, allerdings keine Dinge, die auf den Karten zu sehen sind. Nein, was ich auf meinem Spielblatt ankreuze, hängt davon ab, wie ich meinen Bus durch die Stadt navigiere.
Schnell wird deutlich: Hier ist Timing gefragt. Habe ich nur einen einzelnen Touristen oder einen einzelnen Geschäftsmann an Bord, dann bringt mir das Erreichen einer Sehenswürdigkeit bzw. eines Büro-Wolkenkratzers nur wenige Punkte. Schaffe ich es hingegen, die Strecke so zu planen, dass mein Bus vor dem Erreichen eines solchen Gebäudes voll mit entsprechenden Fahrgästen gefüllt ist, dann sind das umso mehr Punkte.
Die Studentinnen lassen mir Zeit bis zum Spielende. Sammele ich sie jedoch ein, ohne an Universitäten vorbeizufahren, dann sind sie keine Punkte wert. Am genügsamsten sind da die Omas. Die kann ich an Bord laden und durch die Gegend kutschieren, ohne dass sie ein Ziel erreichen wollen. Die belohnen mich allein durch ihre Mitfahrt mit Punkten.
Alles, was auf dem Spielzettel passiert, geschieht solitär. Dennoch hat Get On Board Spieler-Interaktion zu bieten: Da wären zum einen die öffentlichen Aufträge, die jeder vor der Konkurrenz erfüllen möchte. Zum anderen sind es die Staus auf dem Spielplan, die durch das Befahren identischer Straßen verursacht werden. Da kann man auch schon mal absichtlich eine Abzweigung nehmen, die einen anderen Spieler ausbremst.
Die Kritik von Mitspielern, dass die geheimen Aufträge nicht ganz ausbalanciert sind, kann ich nicht bestätigen. Man kann es mit guter Planung immer schaffen, die vorgegebenen Orte anzusteuern. Fakt ist jedoch: Das Spiel kommt nicht ohne Glück aus. Die gezogenen Startkarten können für einen vergleichsweise günstigeren Start sorgen. Vor allem sind es aber die Bus-Tickets, deren gezogene Reihenfolge auch über den eigenen Erfolg mitbestimmen, gibt es doch immer wieder räumliche Hindernisse auf dem Spielplan, die umfahren werden wollen - und nie darf die eigene Strecke auf sich selbst treffen. Ja, da kann es auch mal ärgerlich sein, wenn man unbedingt 3 Streckenabschnitte geradeaus fahren möchte und dann stattdessen die 3er-Kombination mit zwei Abbiegungen legen muss, weil es das eigene Blatt vorschreibt. Aber: Glücklicherweise sind Richtungen manipulierbar. Lieber mal Minuspunkte in Kauf nehmen, als vom Weg abzukommen oder gar auszuscheiden. Letzteres passierte bei uns meist nur in seltenen Fällen der Erstpartien.
Get On Board kommt mir nur einem Spielplan pro Spielerzahl daher. Das ist dann auf lange Sicht etwas schade. Zwar variieren die Startpunkte und die Reihenfolge der gezogenen Tickets, und somit der zu bauenden Abschnitte, in jeder Partie. Dennoch entwickelt sich eine gewisse Lernkurve. Spielt man das Spiel häufiger, gibt es gewisse Standard-Abschnitte, die man gern in einer bestimmten Abfolge befährt. Zusätzliche Pläne oder gar modulare Veränderungen auf den Plänen könnten hier für noch mehr Varianz sorgen. Dabei sollten jedoch keine weiteren Elemente mehr aufs Spielbrett gelangen, denn da ist auch jetzt schon optisch "genug los", um nicht zu sagen: Manche verlieren da ab und an mal die Übersicht.
Trotzdem: Get On Board macht mir auf jeden Fall Spaß. Wege planen, Symbole geschickt ansteuern, um daraus den bestmöglichen Ertrag zu erzielen, das entspricht meinem Spielgeschmack. Ja, wie gesagt: Das Glück spielt mit. Und die Spielpläne sehen immer gleich aus. Bei der kurzen Spieldauer geht das für mich aber noch in Ordnung. Das Spiel eignet sich gut als Absacker oder Zwischendurch-Spiel, dem ich gern gute 7 Punkte attestiere - ja sogar mit Potenzial zu sehr guten 8 Punkten, wenn das Spiel nur ab und zu auf den Tisch kommt, und sich die Wegeplanung nicht zu schnell abnutzt. Alternativ würde ich mir für die Zukunft Add-Ons mit weiteren Städten wünschen. Wer Flip-and-Write Spiele wie Voll Verplant oder Trails of Tucana mag, der sollte sich Get On Board auf jeden Fall einmal anschauen!
VIDEO
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/Q8M8x4OmwNc
KULTFAKTOR: 7-8/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 23.08.2022
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: iello / Hutter Trade
Weitere Fotos: Spielkultisten