REZENSION

GARDENERS

  • Genre: Denk-/ Legespiel
  • Jahr: 2022
  • Verlag: Sit Down!
  • Autor: Kasper Lapp
  • Grafik: Anthony Moulins
  • Spieler: 1 bis 4
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: 15 Minuten 
  • Schwierigkeitsgrad: mittel
  • Initiativlevel: 8/10

Kooperatives Gärtnern auf Speed

Der König hat euch den Auftrag erteilt, seinen Garten aufzuhübschen. Mit diversen Legeteilen kommt ihr seinem Wunsch nach, doch leider ist eure Kommunikation eingeschränkt, und Majestät hat stets wechselnde Wünsche ... Was der eine gerade aufbaut, reißt der andere wieder ab. Und dann läuft auch noch die Zeit gnadenlos gegen euch!

REGELN

Das Spiel bietet zunächst drei Einführungs-Level mit eigenen Karten, um das Spielprinzip zu verstehen. Nach einer vereinfachten ersten Runde im Standard-Modus, geht es dann ans Eingemachte: Teilt die 36 Legeplättchen gleichmäßig unter euch auf und formt daraus jeweils einen offenen persönlichen Nachziehstapel, der vor jedem Spieler liegt.

Auf los geht‘s los! Die Sanduhr (15 Minuten) wird umgedreht. Das Spiel wird kooperativ in  Echtzeit gespielt. Der erste Spieler zieht die erste Auftragskarte und sieht sie sich an. Die anderen Spieler sehen nur die Rückseite der Karte. Sie offenbart zwar die Art des Auftrages, nicht aber die konkreten Elemente (Pflanzen unterschiedlicher Farbe und Größe, Bänke, Brunnen, Wege, drei verschiedene Hintergrund-Farben), die es betrifft. Mal muss ein bestimmtes Muster gelegt werden, mal müssen bestimmte Elemente an der Außenkante des 6x6-Feldes liegen, mal müssen alle Bänke auf bestimmte Elemente zeigen, mal dürfen bestimmte Elemente nicht einzeln liegen, mal muss eine große verbundene Gruppe an Elementen gebildet werden, mal muss ein geschlossener Weg mit einem bestimmten eingeschlossenen Element verbaut werden usw.

Alle legen nun gleichzeitig Plättchen aneinander, sodass am Ende ein 6x6-Feld entsteht. Es gibt keinen festen Rundenablauf, keine Spielerreihenfolge. Jederzeit kann ein Spieler ein gelegtes Plättchen aus der Auslage entfernen (meistens ist es derjenige, der die Aufgabe kennt) und es einem anderen Spieler geben. Ein solches Plättchen liegt dann offen neben dessen Nachziehstapel, und der Spieler hat nun die Wahl, ob er das erhaltene Plättchen neu platziert, oder ob er mit dem obersten Plättchen seines Stapels weiterspielt. Es können sich auch mehrere Plättchen vor einem Spieler ansammeln. Wichtig: Plättchen dürfen aus der gemeinsamen Auslage nur entfernt werden, wenn eine Kante einen offenen Zugang zum Rand besitzt, niemals können Legeteile aus der Mitte entfernt werden, die komplett von anderen Plättchen umschlossen sind. Auch darf der Garten nie in mehrere Gruppen getrennt werden. Möchte man ein solches Teil umplatzieren, muss man sich erst einen Weg dorthin bahnen, indem man Plättchen vom Rand aus entfernt.

Wenn das 6x6-Raster mit Plättchen gefüllt wurde, muss der, der die Aufgabe kennt, nun allen mitteilen, ob der König zufrieden ist (die Aufgabe also gelöst wurde) oder eben nicht. Gegebenenfalls müssen wieder Teile abgerissen und neu gelegt werden.

Sobald der König zufrieden ist, zieht nun der zweite Spieler die nächste Aufgabe. Wieder kennen alle anderen Spieler nur die Art der Aufgabe, nicht den genauen Inhalt. Das Fiese: Die erste Aufgabe bleibt weiterhin im Spiel. Sie wird auch nicht aufgelöst! Nun gilt es nach dem selben Prinzip die Auslage so zu verändern, dass beide Aufgaben erfüllt sind. Dann kommt eine dritte Aufgabe hinzu, die wiederum nur ein Spieler genau kennt. Schaffen es die Spieler, die Auslage so zu verändern, dass alle drei Aufgaben erfüllt sind, wird nun die erste Aufgabe aufgelöst und als Siegpunkte-Karte abgelegt. Sie wird durch eine neue Karte ersetzt. Wie immer gilt auch hier: Was konkret darauf zu sehen ist, weiß nur ein einziger Spieler.

Jederzeit kann eine Karte abgeworfen werden, weil sie zu schwierig erscheint, eventuell nicht zu den anderen Aufgaben passt bzw. zu viel Zeit kosten würde. Die erste abgeworfene Karte ist kostenlos, jede weitere Karte verursacht Minuspunkte.

Nach Ablauf der 15 Minuten werden die Pluspunkte von erfüllten Karten addiert, ggf. die Minuspunkte von abgeworfenen Karten abgezogen. Eine Tabelle gibt nun Aufschluss darüber, wie gut ihr als Team funktioniert habt. Wurde irgendwann ein Top-Punkte-Level erreicht, kommen schließlich auch noch die extra verpackten Expertenkarten mit ins Spiel.

Hinweis: Zum Test stand uns ein (nahezu finaler) Prototyp zur Verfügung.

GALERIE

Anklicken / Antippen für Komplettansicht

CHECKPOINT

PRO

  • kooperatives Legen als witzige Team-Aufgabe
  • herausfordernde Deduktion 
  • je öfter man spielt, umso mehr stellen sich Erfolge ein


CONTRA 

  • ständiges Aufbauen und Abreißen kann, je nach eigenem Gemüt, mitunter nerven
  • sehr starke Lernkurve

MEINUNG

Viele Köche verderben den Brei, lautet ein bekanntes Sprichwort. In Gardeners trifft das auch fürs Anlegen eines Gartens zu. Dabei geht das Spiel zunächst flott von der Hand. Alle legen immer das oberste Plättchen ihres Stapels in die Auslage, doch Sprechen ist verboten! Und so rauft sich der, der die aktuelle Aufgabe kennt, die Haare, wenn z.B. keine pinkfarbene Pflanze neben einer grünen liegen darf, die Mitspieler aber absolut nicht checken, warum der wissende Spieler immer wieder den grünen Busch aus der Auslage entfernt. Liegt es am Busch, liegt es an der Hintergrundfarbe? Gerade anfangs weiß man noch nicht so richtig, was da eigentlich genau passiert. Kommen dann nach und nach weitere Aufgaben ins Spiel, wird es kompliziert.

Nach einer gewissen Eingewöhnung (lobend zu erwähnen sei die Tatsache, dass man kleine Einführungs-Kampagnen spielen kann, die einen schneller ins Spielgeschehen bringen), werden dann schnell passende Rückschlüsse gezogen. Wenn ich ein Teil lege, und ein wissender Spieler entfernt es direkt wieder, dann sollte der, der er es nun bekommen hat, es nicht wieder an der selben Position platzieren. Passiert das doch, weil jemand nicht aufgepasst hat oder nicht allzu multitaskingfähig ist, dann regt sich in dem Spieler, der die Lösung kennt, vielleicht auch mal etwas Unmut. Jetzt hängt es von der eigenen Stresstoleranz ab, ob man damit klarkommt, immer und immer wieder Dinge neu aufzubauen.

Liegt dann endlich mal alles korrekt, ja, haben die anderen Spieler sogar verstanden, was die Aufgabe war, wirbelt die nächste schon wieder alles durcheinander. Vielleicht haben wir gerade mit viel Mühe gemeinsam eine Anordnung von Büschen geschaffen, bei der die grünen Büsche dummerweise in der Mitte liegen statt außen, was zwar für die Lösung auch möglich gewesen wäre, aber nun einmal anders kam, und dann kommt die nächste Aufgabe, die sagt, dass doch bitte alle grünen Büsche außen zu platzieren sind. Wow, das ist dann so ein Moment, wo man als Choleriker wohl kurz überlegt, den Spieltisch umzuwerfen. Die Mitspieler müssen ja auch erst einmal kapieren, warum ich die erfüllte Aufgabe wieder zerstöre, wo sie doch noch zwei weitere Male in die Wertung gehen muss.

Mit wenigen Symbolen und Farben wurde hier ein interessantes Deduktionsspiel geschaffen. So git es stets, die Hinweise der Wissenden anhand ihrer Handlungen zu lesen, zu verstehen und schließlich auch gemeinsam umzusetzen. Ist da auch nur ein Mitspieler etwas schwer von Begriff, werden so manche Köpfe rot, denn es wird ja auch auf Zeit gespielt.

Nun ist Gardeners ein Spiel, das eine steile Lernkurve besitzt. Spielt ihr öfters in der selben Besetzung, werdet ihr nonverbale Kommunikationsmöglichkeiten entwickeln, die euch eindeutige Hinweise liefern. Wenn derjenige, der eine Aufgabe vor sich liegen hat, vielleicht als erstes ein Teil mit einem Brunnen abreißt, könnte man sich darauf einigen, dass der Brunnen wohl ein zentrales Element seiner Aufgabe ist. So etwas spielt sich ein. Das Spiel wird auch in fortgeschrittenen Partien einfacher, wenn die Teilnehmer dann irgendwann auch einfach alle möglichen Aufgabenkarten kennen. Dann entfällt das Grübeln über mögliche Begebenheiten, dennoch bleibt es eine Herausforderung, die Auslage gemeinsam nach den Vorgabe zu bauen, und das in kürzester Zeit. So locken dann auf lange Sicht immer neue Highscores.

Was soll ich sagen? Hektikspiele und ich - das ist eine lange Geschichte, die meistens nicht gut endet. Unter Zeitdruck mehrere Dinge gleichzeitig zu erfassen und umzusetzen, das ist alles andere als leicht für mich. Ich brauche da meistens meine ruhige Momente. Die Spielidee von Gardeners finde ich dennoch neckisch, und wer solche kooperativen Denksport-Aufgaben lösen möchte, der sollte sich das Spiel auf jeden Fall einmal näher ansehen - alles in allem vergebe ich daher auch gute 7 Punkte, aber ich muss für mich ehrlich zugeben: Ab einem gewissen Punkt fällt mir das Spiel auch mal ein wenig auf die Nerven, wenn ich eine perfekte Auslage wieder zerstören muss, um sie komplett neu aufzubauen, weil die nächste Aufgabe etwas anderes verlangt. Geduld ist einfach nicht meine Stärke, dafür kann aber das Spiel nichts. Entscheidet also selbst, wie stressresistent und wie geduldig ihr seid - da könnt ihr entsprechend auch gern Kultpunkte für euch drauf rechnen oder abziehen; das ist dann wirklich eine persönliche Sache.

VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/3CSLTGXAdo4

KULTFAKTOR: 7/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 7/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 02.10.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Sit Down!
Weitere Fotos: Spielkultisten