REZENSION

FIRST EMPIRES

  • Genre: Taktikspiel
  • Jahr: 2022
  • Verlag: Sand Castle Games / im Vertrieb von Asmodee
  • Autor: Eric B. Vogel
  • Illustrationen: Jérémie Fleury
  • Spieler: 2 bis 5
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: ca. 30 bis 60 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: leicht 
  • Taktiklevel: 5/10

Zivilisation mit Risiko

In diesem Eroberungsspiel schreiben wir die Geschichte der großen Imperien neu - durch taktisches Ausbreiten und kluges Nutzen der Fortschrittswürfel! Wer besiegt hier wen? Und welche Errungenschaften werden erspielt? 

REGELN

Legt den Spielplan mit der zu eurer Spielerzahl passenden Seite in die Mitte (2 Spieler oder 3 bis 5 Spieler, wobei mit weniger als 5 Spielern nochmals entsprechend markierte Gebiete wegfallen).

Jeder wählt eine Spielerfarbe und erhält das passende Zivilisationstableau, auf das die Zivilisationsmarker ans untere Ende jeder farbigen Leiste gelegt werden. Jede Zivilisation hat da eine andere Verteilung der Werte innerhalb dieser Leisten. Mischt zudem eure persönlichen Errungenschaftskarten, bildet daraus einen verdeckten Stapel, und zieht so viele Karten auf die Hand, wie der Zivilisationsmarker eures Tableaus auf der grünen Leiste vorgibt. Stellt außerdem so viele Entdecker-Figuren eurer Farbe ins fest vorgegebene Startgebiet eurer Zivilisation, wie es der Marker auf der gelben Leiste bestimmt. Mischt eure sechs Stadtplättchen verdeckt, legt eins davon in euer Startgebiet und die anderen über die Leisten eures Zivilisationstableaus.

Der Startspieler erhält die Rundenübersicht und legt sie über das eigene Tableau. Nun werden so viele Runden gespielt, wie es die Übersicht vorgibt, im Spiel zu zweit bis viert sind es 8 Runden, im Spiel zu fünft 7 Runden.

Los geht‘s. Bist du am Zug, durchläufst du folgende drei Phasen:
(1) Würfeln: Werfe so viele Würfel, wie es der Marker auf der orangefarbenen Leiste deines Tableaus vorgibt. Die Würfelseiten zeigen die fünf verschiedenen Farben, in die auch die Regionen auf dem Spielplan unterteilt sind, zudem ein Schwert-Symbol, das für eventuelle Eroberungen wichtig werden kann. Gegen Abgabe einer Zivilisationskarte von der Hand darf ein Würfel auf die Schwert-Seite gedreht werden. Außerdem darfst du beliebig viele Würfel so oft neu werfen, wie es der Marker auf der blauen Leiste deines Tableaus anzeigt.

(2) Bewegung und Eroberung: Du darfst mit deinen Entdeckern so viele Bewegungsschritte ausführen, wie es die lilafarbene Leiste deines Tableaus vorgibt. Ein Schritt ist immer eine Bewegung eines Entdeckers in ein benachbartes Gebiet. Auch der Ozean zählt ggf. als benachbartes Gebiet. Über das Wasser können größere Distanzen zurückgelegt werden, allerdings darf eine Bewegung nie auf dem Meer enden, d.h. es muss ein weiterer Bewegungsschritt vorhanden sein, um das Gewässer wieder über eine Landgrenze zu verlassen.

Stehen dir beispielsweise drei Schritte zur Verfügung, kannst du einen Entdecker über drei Grenzen hinweg bewegen oder drei Entdecker über eine Grenze oder einen Entdecker über zwei Grenzen und einen weiteren über eine Grenze.

Wichtig! Du darfst nie durch Regionen ziehen, die von anderen Spielern kontrolliert werden, d.h. in denen Entdecker der Konkurrenz stehen! Du kannst solche Gebiete aber erobern, wenn du die Anzahl der vorhandenen Entdecker übertriffst, also mehr Entdecker ins das Gebiet ziehst, als vorher vorhanden waren. Dabei zählen Schwert-Symbole auf den Würfeln als zusätzliche Entdecker. Verdrängst du einen Kontrahenten, muss der seine Entdecker in ein Gebiet zurückziehen, in dem er mindestens einen weiteren Entdecker besitzt. Kontrolliert ein Spieler nur noch ein Gebiet, darf er aus diesem nicht verdrängt werden.

(3) Fortschritt: Generell darfst du deine Entdecker in alle Gebiete schicken, die regeltechnisch erreichbar sind, unabhängig von den Würfelfarben. Schaffst du es allerdings, Kombinationen aus deinen Würfelfarben und durch dich kontrollierte Gebiete zu schaffen, so darfst du für jede Kombination einen Schritt auf der entsprechenden Fortschrittsleiste machen. So erhöhst du dann, je nach Farbe, die Anzahl der Würfel, die du wirfst, die Anzahl der möglichen Neuwürfe, die Anzahl der Bewegungen oder du erhältst eine neue Karte bzw. neue Entdecker, die du direkt in Gebiete mit bereits vorhandenen eigenen Entdeckern stellst. Für jeden verwendeten Würfel musst du eine separate Kombination aus farbigem Würfel und entsprechendem Farbgebiet mit mindestens einem Entdecker vorweisen, wenn du den Fortschritt ausführen möchtest. Auch hier kann vorab eine bisher nicht gespielte Errungenschaftskarte von deiner Hand abgeworfen werden, um einen Würfel auf eine beliebige Seite zu drehen.

Überschreitet ein Marker auf einer Leiste das Feld mit dem Stadt-Symbol, wird das Stadtplättchen dieser Leiste in eine Region gelegt, die du gerade kontrollierst, wenn möglich, in eine Region, in der noch kein Stadtplättchen liegt. Gegnerische Stadtplättchen können bei der Eroberung bzw. Kontrolle des entsprechenden Gebiets dann eingesammelt werden. Ihr Wert bleibt bis zum Spielende geheim. Umgekehrt können eigene Stadtplättchen auf dem Spielplan auch mit einer größeren Anzahl an Entdeckern verteidigt werden, denn jedes eigene Stadtplättchen, das am Ende noch auf dem Plan liegt, bringt dem Besitzer die entsprechenden Punkte.

Die Errungenschaftskarten dienen also als Joker für die Eroberung und für den Fortschritt, haben aber auf ihrer Vorderseite auch immer alternativ einen Auftrag, der erfüllt werden kann, z.B. „2 Inseln kontrollieren“ oder „das Startgebiet eines Kontrahenten kontrollieren“. Ist so ein Auftrag erfüllt, kann die Karte offen ausgespielt werden. Dann liefert sie am Ende des Spiels die dafür vorgegebenen Punkte.

Wurde die letzte Runde gespielt, gibt es eine Schlusswertung:

  • Für jede Fortschrittsleiste gibt es die Punkte, die der Marker erreicht hat.
  • Eigene Stadtplättchen, die auf dem Plan „überlebt“ haben sowie eroberte Stadtplättchen der Konkurrenz bringen die aufgedruckten Punkte (zwischen 1 und 3). Nicht platzierte Stadtplättchen auf dem eigenen Tableau bringen keine Punkte.
  • Ausgespielte (= erfüllte) Errungenschaftskarten bringen die aufgedruckten Punkte.


Wer die meisten Punkte erspielen konnte, gewinnt. Bei einem Gleichstand wird gezählt, wer noch mehr Karten auf der Hand hält bzw. bei erneutem Gleichstand, wer mehr Städte erobert und mehr Karten gewertet hat.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • schnelles Eroberungsspiel 
  • taktische Fortschrittsleisten
  • qualitativ gutes Material


CONTRA 

  • erinnert an bekannte Eroberungsspiele
  • Glücksfaktor ist nicht von der Hand zu weisen
  • wenn es schlecht läuft, kann man sich in eine gefühlte Sackgasse spielen

MEINUNG

Die Assoziationen zum Klassiker Risiko liegen auf der Hand, keine Frage. First Empires kombiniert das klassische Erobern nun mit Fortschrittsleisten, die eine Art Engine Builder-Effekt erzielen. Ja, zugegeben: Fortschrittsleisten ziehen mich immer magisch an, Area Control-Spiele dagegen meist eher nicht. Tja, nun ist First Empires aber genau so ein Hybrid. Welche Eigenschaft prägt das Spielgefühl nun mehr?

Das Spiel ist optisch recht simpel, aber durchaus ansprechend gehalten. Der Spielplan im Kleinformat erfüllt die nötigen Ansprüche, die Double-Layer-Boards der Spieler sind praktisch, auch die Costum Dice sind gelungen. Zudem besitzt die Spielschachtel ein passendes Inlay, und das Spielmaterial kann in kleinen beiliegenden Papp-Boxen sofort nach Spielerfarben sortiert werden. Qualitativ ist das alles soweit top.

Der Spielplan ist doppelseitig bedruckt. Die 2-Spieler-Seite zeigt weniger Regionen, und auch die Seite für 3 bis 5 Spieler wird dann mit ihrer höheren Anzahl an Gebieten nochmals verkleinert, wenn weniger als 5 Spieler dabei sind. Das wirkt etwas improvisiert, entgehen einem da doch gefühlt Möglichkeiten der Eroberung, aber die Anpassung ist wichtig, um Enge auf dem Plan zu erzeugen.

Die Startgebiete der einzelnen Zivilisationen sind fest vorgebenen und es scheint, als gäbe es da gerade im Spiel ab 3 Spielern leichte Ungleichgewichte. Ja, die sollen zwar über die Spielerboards entsprechend ausgeglichen werden, dennoch ist es da nicht ganz unwichtig, wer Startspieler ist. Gerade anfangs braucht man mehr Bewegungsfreiheiten und zusätzliche Entdecker, um Eroberungen erfolgreich durchzuführen. Da kommt dann auch ein nicht zu unterschätzender Glücksfaktor ins Spiel. Werfe ich die zu meinen kontrollierten Gebieten passenden Aktionsfarben, kann ich, bei entsprechenden Startvoraussetzungen, direkt meine bevorzugten Leisten pushen. Starte ich hingegen in einem Gebiet, das mir mehr Neuwürfe schenkt, ist das auf den ersten Blick weniger attraktiv. So kann es in den ersten Zügen durchaus wichtig sein, Errungenschaftskarten abzuwerfen, um fehlende Würfelfarben zu generieren, wobei es da schon das nächste Zufallselement gibt: Die Karten. Werfe ich eine Karte ab, die mir möglicherweise 6 Siegpunkte schenkt? Eher nicht. Bei einer 2-Punkte-Karte fällt mir das leichter.

Das Kombinieren der Aktionsmöglichkeiten mit den Würfeln macht dabei schon Spaß. Da lässt sich taktieren, da kann man auch ein wenig grübeln, aber die Wartezeiten halten sich meist noch in einem vertretbaren Rahmen. Allerdings besitzt das Spiel eine Lernkurve. Wer First Empires zum ersten Mal spielt, läuft in die Gefahr, sich festzuspielen. Das ist tatsächlich in meinen Runden passiert, dass eine Person nicht so richtig ins Spiel fand, keine zusätzlichen Entdecker auf den Plan brachte und auch keine zusätzliche Bewegung generierte. Wenn dann keine Schwerter gewürfelt werden und die Handkarten bereits aufgebraucht sind, wird es schwer, ins Spiel zurückzufinden. Da kann es wirklich passieren, dass einem keine Eroberung gelingt und man immer wieder in ein Gebiet zurückgedrängt wird.

Das bessert sich aber glücklicherweise in Folgepartien, da man dann weiß, wie man damit taktisch umzugehen hat. Ich möchte hier kein betreutes Spielen anstoßen, aber so als Tipp: Sich lieber etwas breiter aufzustellen, als auf ein Gebiet zu beharren, ist generell keine schlechte Idee. Der Ozean hält da gewisse Flucht-Optionen offen, die einem aus der Patsche helfen können. Später wird man dann auch feststellen, dass tatsächlich alle Leisten wichtige Vorteile liefern. Die blaue Leiste bleibt da bei vielen Personen das Stiefkind, denn Neuwürfe bringen halt auch nur dann etwas, wenn ich in Regionen stehe, die mir Fortschritt auf den anderen Leisten bringen. Sind erst mal mehr Würfel für mich im Spiel, sind mehr Entdecker auf dem Plan, dann werden auch die Rerolls attraktiver, nicht zuletzt, weil man mit Schwertern fehlende Figuren zur Eroberung ausgleichen kann.

Die Punktejagd beschränkt sich dabei nicht nur auf die Leisten. Natürlich möchte man gern die Stadtplättchen der Konkurrenz einsammeln, gleichzeitig aber seine eigenen beschützen. Und so manche Errungenschaftskarte lockt mit so vielen Punkten, dass man ihre Aufgabe dann forciert und dafür auch mal nicht passende Würfelfarben in Kauf nimmt. Bedeutet dann für diese Runde mal weniger bis keinen Fortschritt, aber dafür vielleicht gleich 6 sichere Punkte für den erfüllten Auftrag.

Zu zweit ist First Empires tatsächlich am planbarsten spielbar, da ist es taktischer, da es mehr Freiräume gewährt als zu fünft. Spielen in größerer Besetzung mehrere Personen bewusst oder unbewusst gegen genau eine Person an, dann kann es da, in Kombination mit fehlendem Würfelglück, schon mal zu kleinen Frustmomenten kommen. Meine Erstpartie verlief exakt so, und ich war die Person, die ausmanövriert wurde. Da hätte ich dem Spiel am liebsten nur 4 oder 5 Kultpunkte gegeben, weil ich das Gefühl hatte, machen zu können, was ich wolle, und trotzdem keine Chance mehr zu haben. Glücklicherweise habe ich First Empires dann aber weitere Chancen gegeben - und die haben mich dann mit kurzweiligen Partien belohnt, Partien, in denen ich bereits wusste, wo so die taktischen Stellschrauben sind. Dann wird die Spielzug-Optimierung tatsächlich auch spannend. Gerade das Spiel zu zweit hat mir da auch, als Katz-und-Maus-Spiel, gut gefallen.

Insgesamt vergebe ich dann auch gute 7 Kultpunkte an First Empires. Wie gesagt: Obwohl Area-Control-Spiele eigentlich nie auf meiner Wunschliste stehen, so überzeugte mich First Empires dann letztlich aufgrund der Knackigkeit, was die Spieldauer angeht und aufgrund der Mischung aus taktischer Optimierung, Eroberung und Engine Building. Das ist sehr gefällig, wenn natürlich schon abstrakter Natur. Wer bei solchen Spielen keinen Glücksfaktor verträgt, der sollte sich besser nach anderen Spielen umschauen. Ja, das Glück spielt hier definitiv mit, ist aber hier und da manipulierbar. Und solltet ihr, wie ich, mal so eine richtige Sch***-Runde erwischen, in der so rein gar nichts läuft, dann gebt dem Spiel ruhig noch eine zweite Chance. Bei einer Revanche kann die Welt - wortwörtlich - schon wieder ganz anders aussehen.

VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/SrmjPgXflcU

KULTFAKTOR: 7/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 21.05.2023

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Sand Castle Games / Asmodee
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