REZENSION
EQUINOX
- Genre: Kartenspiel
- Jahr: 2021
- Verlag: Plan B Games / Asmodee
- Autor: Reiner Knizia
- Grafik: Chris Quilliams
- Spieler: 2 bis 5
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: 40 bis 60 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: mittel
- Taktiklevel: 6/10
Wohin verschwinden die Teilnehmer?
Das große Turnier der Tag-und-Nacht-Gleiche, auch als Äquinoktium (engl.: Equinox) bekannt, steht an, und im magischen Wald messen sich acht Wesen. Da wir nicht riskieren wollen zu verschwinden, schauen wir uns das Ganze von der Seitenlinie aus an, wir schließen Wetten ab und nehmen natürlich Einfluss auf das Turnier.
REGELN
In einer Partie Equinox treten 8 Wesen an und nur 3 werden am Ende übrig sein. Wir bekommen Punkte, wenn wir auf einen der 3 Gewinner wetten, allerdings gibt es mehr Punkte, je früher wir auf einen Gewinner wetten.
Zunächst werden zufällig 8 der 14 Wesen ausgelost und ihre Championkarten (grau) nebeneinander ausgelegt. Daneben werden untereinander die Karten für die geheime Wette und die erste bis fünfte Runde ausgelegt. So entsteht quasi eine Tabelle mit den Wesen als Spalte und den Runden als Reihen.
Es werden die Kreaturenkarten aller teilnehmenden Wesen zusammen mit den Chamäleonkarten und Baumkarten gemischt. Es gibt für jedes Wesen je eine Karte mit den Werten 0 bis 10. Dies gilt auch fürs Chamäleon. Jeder Spieler erhält verdeckt 8 Karten. In seiner gewählten Spielerfarbe erhält jeder Spieler 5 Wettsteine. Startspieler ist derjenige, dessen Geburtstag am nächsten an der nächsten Tag-und-Nacht-Gleiche liegt.
Jetzt geht es los. Wer am Zug ist muss durch 5 Schritte gehen, wovon aber nur die ersten beiden etwas komplexer sind.
1. Eine Wette abschließen
Ihr könnt in eurem Zug eine reguläre Wette abschließen. Dazu legt ihr einen eurer Wettsteine in der aktuellen Reihe unter eine Kreatur, welche in dieser Reihe noch keinen Wettstein bekommen hat.
Alternativ kann in der ersten Reihe und pro Spieler nur einmal im Spiel eine geheime Wette abgegeben werden. Ihr wählt eine Karte von eurer Hand, die eines der Wesen im Turnier zeigt, und legt diese verdeckt vor euch ab. Darauf kommt ein Wettstein. Die geheime Wette gilt für die auf der Karte sichtbare Kreatur.
Habt ihr eine geheime Wette abgeschlossen, so könnt ihr in diesem Schritt statt eine reguläre Wette abzugeben, auch eure geheime Wette aufdecken. Der Wettstein kommt dann direkt auf die Championkarte des Wesens, also quasi in Reihe 0.
Es ist auch möglich diesen Schritt zu überspringen, bzw. es gibt nur 5 Wettsteine pro Spieler, weswegen zwangsweise dieser Schritt häufig übersprungen wird.
2. Eine Karte spielen
Wurde eine geheime Wette in diesem Zug abgegeben, wird dieser Schritt übersprungen. Sonst müsst ihr eine Karte spielen.
Ihr könnt eine Kreaturenkarte von eurer Hand spielen. Diese Karte wird dann in der aktuellen Reihe unter das passende Wesen gelegt. Dabei werden Karten, die dort bereits liegen, einfach abgedeckt. Jetzt wird es kurz etwas kompliziert: Habt ihr durch eure Wetten den meisten Einfluss auf das Wesen, bei dem ihre gerade die Karte abgelegt habt, so dürft ihr die Sonderfähigkeit des Wesens nutzen. Der Einfluss sind die Punkte, die ihr bei Spielende machen würdet, sollte die Kreatur überleben. Um den Einfluss zu erhöhen, kann es sinnvoll sein, seine geheime Wette aufzudecken. Jedes Wesen hat eine individuelle Fähigkeit, die es oft erlaubt, Einfluss auf ausliegende Karten zu nehmen oder Wettsteine zu verändern.
Statt einer Kreaturenkarte kann auch eine Chamäleonkarte gelegt werden. Das Chamäleon ist so eine Art Joker und kann in der aktuellen Reihe unter einer beliebigen Kreatur abgelegt werden. Das Chamäleon aktiviert selbst nie die Fähigkeit des Wesens und blockiert die Fähigkeit auch für die nächste Karte, die auf ihm abgelegt wird.
Baumkarten bieten spezielle Aktionen. Sie werden abgeworfen und die Aktion ausgeführt.
3. Abwerfen
Es können nun bis zu drei Karten von aus dem Turnier verschwundenen Wesen abgeworfen werden.
4. Nachziehen
Jetzt wird wieder 8 Karten aufgezogen.
5. Ist die Runde vorbei?
Eine Runde ist vorbei bzw. eine Reihe abgeschlossen, wenn jedes Wesen in der Reihe eine Karte besitzt und es eine eindeutig schwächste Kreatur gibt, d.h. sie hat den niedrigsten Wert in der Reihe.
Ist dies der Fall, so verschwindet die schwächste Kreatur. Eine Verschwinde-Karte wird in die nächste Reihe und alle folgenden unter diese Kreatur gelegt. Jetzt dürfen keine Karten oder Wetten mehr in die aktuelle Reihe gespielt werden, da diese abgeschlossen ist und die folgende Reihe die aktuelle Reihe wird.
Spielende
Ihr seid reihum am Zug, bis entweder die fünfte Reihe abgeschlossen ist und nur noch 3 Wesen im Turnier sind oder die letzte Karte vom Nachziehstapel gezogen wurde.
Jetzt werden alle geheimen Wetten aufgedeckt und die Wettsteine auf den grauen Karten der Wesen platziert. Alle Wetten auf den drei nicht verschwundenen Wesen geben Punkte. Eine geheime Wette bringt 5 Punkte und eine Wette in Reihe 1/2/3/4/5 bringt 4/3/2/1/0 Punkte. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- sehr schöne Optik
- Risikomanagement
- Variation
CONTRA
- viel zu erklären
- mitunter frühes Ende zu fünft
MEINUNG
Wo Fuchs und Hase sich sonst gegenseitig „Gute Nacht“ sagen, da wird nun ein Wettstreit abgehalten. Was genau dieser Wettstreit ist, das wird nicht ganz klar gesagt. An bloßen Faustkampf will ich nicht so recht glauben, da eine Maus sich gegen eine Eule durchsetzen kann. Es ist ja ein Zauberwald, vielleicht ist jedes dieser Wesen ein Zauberer und es werden sich Zaubersprüche um die Ohren geworfen. Wäre ich eine Eule, wäre mein Spruch gegen die Maus „Mitternachtssnack“, aber gut, ich überlasse weitere Spekulationen meiner werten Leserschaft, ich werde einfach auf das Ergebnis dieses obskuren Wettstreits wetten und Karten spielen, um diesen zu beeinflussen.
Vorab: Equinox ist eine überarbeitete Version von Reiner Knizias Colossal Arena. Ich habe aber nie Colossal Arena gespielt, weswegen ich leider nichts über die Unterschiede berichten kann.
Beim Aufbau von Equinox fallen zwei Dinge direkt ins Auge. Der überraschend große Platz, welcher zum Aufbau des Spiels benötigt wird. Das anfangs noch leere Kartenraster ist recht ausgebreitet, aber ist wirklich der größte Teil an Fläche, welcher für das Spiel benötigt wird. Die anderen Spieler brauchen alleine Platz für die 5 Wettsteine und eine verdeckte Karte vor sich. Auch ist der Aufbau recht praktisch, da durch die großen Karten und das Raster immer alles hübsch übersichtlich bleibt. Was am Aufbau total nervt, ist jedes Mal die vielen Karten zusammen zu mischen. Erst muss ich ja auslosen welche Wesen diesmal dabei sind, und dann erst die entsprechenden Karten zusammenmischen. Das sind 8 x 10 + 10 + 3 = 93 Karten. Das ist schon etwas Arbeit, wenn die auch wirklich gut durchmischt sein sollen.
Die andere Auffälligkeit ist die sehr sehr tolle Gestaltung der Teilnehmer des Turniers. Die verschiedenen Wesen sehen wirklich toll aus und das Spielmaterial ist sehr wertig. Selbst die Wertungssteine sind durch ihr Wellenmuster mehr als einfach nur Markierungen. Es gibt das Spiel mit grüner Schachtel oder violetter Schachtel. Der Unterschied ist tatsächlich nur die Schachtel. Und es gibt eine Golem-Edition, in welcher alle Wesen Golems sind.
Das Spiel ist im Ablauf eigentlich recht einfach, allerdings gestaltet sich die Erklärung nicht einfach. Ein Großteil der Züge besteht daraus, dass eine Kreaturenkarte gespielt wird. Vier- bis fünfmal ist der Zug, eine Wette zu platzieren, eine Karte zu spielen und gut. Allerdings gibt es auch unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit, die Sonderfähigkeit einer Kreatur zu aktivieren. Dies geschieht nicht furchtbar häufig im Spiel, aber verbraucht ca. 50 Prozent der Regel-Erklärzeit und bringt die Schwierigkeit, sich an alle individuellen Fähigkeiten der Wesen zu erinnern. Die Symbole sind dabei mäßig hilfreich, die helfen nur, wenn man im Prinzip die Fähigkeiten kennt und nur eine kleine Gedächtnisstütze braucht. Ich habe mir schon mehrfach überlegt, bei einer Einsteigerrunde die Fähigkeiten einfach wegzulassen. Ich glaube, dann wäre das Spiel aber etwas langweilig geworden.
Haben die Spieler eine ungefähre Idee von den Regeln, ist der Spielfluss aber ganz angenehm und flott. Die Züge gehen recht schnell und die auf der Schachtel angegebenen 40 bis 60 Minuten sind realistisch.
Die Spannung im Spiel wird meist daraus gewonnen, dass man sich entscheiden muss, ob eine niedrige Karte zu einer ungeliebten Kreatur gelegt wird oder ob die eigene Kreatur gestärkt wird. Eine Runde kann schnell vorbei sein, und ganz schnell sind die eigenen Wettsteine nichts mehr wert, also sollte gut überlegt werden, welche Interessen der folgende Spieler hat. Wenn ich dem Wolpertinger eine Null hinlege, legt dieser Spieler die letzte Karte beim Moosmann, um den Sack zuzumachen? Dies ist durchaus spannend. Jede Karte ist nur einmal im Spiel; wer es also schafft, eine Kreatur mit einer 1 oder 2 in die folgende Runde zu bringen, der hat dieser Kreatur einen guten Platz verschafft, denn jetzt sind nur noch höhere Karten dieser Kreatur im Spiel. Dies macht den Wettstreit tatsächlich spannend, und jede Runde wird gehofft, dass die Kreatur der eigenen geheimen Wette durchkommt. Ohne erfolgreiche geheime Wette ist Equinox kaum zu gewinnen.
Jetzt steht man etwas vor einem mathematischen Problem. Wenn 5 Leute mitspielen und jeder versucht, 5 Wetten zu platzieren, aber es gibt jede Runde nur 8, dann 7, dann 6 etc. Felder für Wetten, dann wird das ja ganz mau mit Punkten, wenn nur 3 Kreaturen durchkommen. Bei 5 Spielern ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass die 5. Runde gar nicht mehr eingeläutet wird, und das Spiel mit noch 5 statt 3 Kreaturen im Rennen endet. Das ist eigentlich recht gewitzt, da es sonst vermutlich einige Spieler mit 0 Punkten gäbe. Die Schattenseite ist, dass die eigentliche Endbedingung, mit der die Spieler rechnen, eben jene volle 5 Reihen sind, aber dann ist auf einmal der Kartenstapel leer. Dies ist immer eine etwas unangenehme Überraschung, weil es nicht so leicht abzusehen ist, wann der Stapel leer ist.
Mit 2 Spielern wird Equinox zum wahren Tauziehen. Jeder Spieler versucht einen Zug zu machen, bei dem der Gegner dann dem Ausscheiden eines eigenen Favoriten zustimmen muss. Oder es wird probiert, den eigenen Favoriten mit einer 2 noch gerade in die nächste Runde zu holen, denn die 10 oder 9 sollen ja noch für die späteren Runden bereitstehen. Hier wird Equinox etwas berechenbarer, und es muss weniger gezockt und gehofft werden. Tatsächlich finde ich die Runden zu zweit am spannendsten und die Runden mit 3 oder 4 Spielern am unterhaltsamsten.
Equinox ist, wie auf der Schachtel angegeben, auch in einer Stunde gespielt und wieder frage ich mich, warum ich für die Spieldauer diese komplexen Regeln für die Eigenschaften der Kreaturen plus dann jede individuelle Eigenschaft erklären musste.
FAZIT: Equinox ist etwas fürs Auge und, je nach Spieleranzahl, für Planer oder für Zocker. Es spielt sich eigentlich recht flott, aber die Erklärung wird durch die Sondereigenschaften der Wesen in die Länge gezogen. Dadurch wirkt das Spiel komplexer, als es dann wirklich ist.
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 6/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
LUTZ
Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast
Eine Rezension vom 06.12.2021
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Plan B Games
Weitere Fotos: Spielkultisten