REZENSION

DORFROMANTIK - DAS BRETTSPIEL

  • Genre: Familienspiel
  • Jahr: 2022
  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autoren: Michael Palm, Lukas Zach
  • Grafik: Paul Riebe
  • Spieler: 1 bis 6
  • Alter: ab 8 Jahren
  • Dauer: ca. 30 bis 60 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Taktiklevel: 6/10

Wir legen uns die Welt, (fast) wie sie uns gefällt

Wie im digitalen Vorbild, geht es in der Brettspiel-Umsetzung ums Lösen von Puzzle-Aufgaben, die mit einem geschickten Legen der Landschaftsplättchen erfüllt werden können. So entstehen Dörfer, Getreidefelder, Wälder, Flüsse und Eisenbahnstrecken. Mit dem eigenen Erfolg wachsen auch die Möglichkeiten, an Punkte zu gelangen. 

REGELN

Mischt zunächst die Landschafts- und Auftrags-Hex-Plättchen getrennt voneinander. Die Landschaftsplättchen bilden mehrere verdeckte Stapel, von denen drei zufällige Plättchen zurück in die Schachtel gelegt werden. Die Aufträge (mit Sprechblase auf der Rückseite) bilden einen großen Stapel. Mischt passend zu den verschiedenen Aufträgen auch die Auftragsmarker und bildet daraus kleine Stapel, sortiert nach ihrer Rückseite (Dorf, Wald, Getreide, Fluss, Eisenbahn).

Im Spiel gilt grundsätzlich:

  • Alle spielen gemeinsam reihum um möglichst viele Punkte.
  • Liegen keine drei Aufträge auf der Spielfläche, zieht ihr zunächst der Reihe nach jeweils ein Auftragsplättchen, deckt es auf, und dazu passend einen Auftragsmarker mit einer Zahl zwischen 4 und 6. Legt den Marker auf das Plättchen und wählt anschließend eine Position für diesen Auftrag.
  • Sämtliche Plättchen müssen zusammenhängend platziert werden, also jeweils mit mindestens einer gemeinsamen Kante zu einem Nachbarplättchen.
  • Die verschiedenen Landschaftstypen (Wald, Getreide, Dorf) dürfen beliebig aneinander gelegt werden, allerdings fordern ihre Aufträge eine bestimmte Anzahl an zusammenhängenden Plättchen einer Art.
  • Flüsse und Eisenbahnschienen dürfen NICHT beliebig aneinander gelegt werden; im Gegensatz zu den Landschaften müssen diese sich stets sinnvoll fortsetzen.
  • Es dürfen beliebig viele separate Landschaftsgebiete, Flüsse und Eisenbahnstrecken gelegt werden.


Sobald die ersten drei Aufträge also offen auf dem Tisch legen, zieht ihr nun reihum immer ein zufälliges Landschaftsplättchen von einem Stapel und legt es an einer Stelle eurer Wahl an. Bedenkt, dass ihr beim Legen der Flüsse und Eisenbahnstrecken den Vorgaben folgt!

Wurde ein Auftrag erfüllt, also wurden beispielsweise bei einem 4er-Wald-Auftrag vier zusammenhängende Wald-Plättchen aneinander gelegt, wird der Auftragsmarker eingesammelt. Er ist für die Schlusswertung wichtig. Da nun erneut keine drei Aufträge mehr ausliegen, muss der nächste Spieler ein neues Auftragsplättchen und einen passenden Marker ziehen. Die Position darf dann wieder (unter Berücksichtigung der allgemeinen Regeln) frei gewählt werden. Durch das Verbinden von Gebieten können auch mehrere Aufträge auf einmal erfüllt werden.

Aber Vorsicht! Übersteigt die Anzahl der zusammenhängenden Plättchen innerhalb eines Auftrag-Gebietes die Auftragsmarker-Zahl, muss der Auftrag abgebrochen werden. Der Marker wird entfernt und im nächsten Zug ein neuer Auftrag ausgelegt. Gleiches passiert, wenn ein Gebiet abgeschlossen wird, also keine Kante mehr verfügbar ist, um die zu wertende Landschaft fortzusetzen, bevor die Auftragszahl erreicht wurde.

Konkret bedeutet das: Ein Auftrag ist immer nur dann erfüllt, wenn die exakte Anzahl an Landschaftsplättchen im Auftragsgebiet aneinander liegen. Es ist aber durchaus möglich, dass ein zuvor erfüllter 4er-Auftrag später beispielsweise noch als Grundlage für einen 5er- oder 6er-Auftrag dient, da das Gebiet dann einfach entsprechend mit dem neuen Auftragsplättchen und ggf. einem Landschaftsplättchen erweitert werden kann. Ein Auftrag darf nicht so platziert werden, dass er direkt abgebrochen werden muss, da er nicht mehr erfüllt werden kann.

Pro Landschaftsart (Dorf, Wald, Getreide) gibt es auch ein Landschaftsplättchen mit einem Fähnchen. So ein Gebiet mit Fähnchen muss bis zum Spielende abgeschlossen sein, um Punkte zu bringen - je größer das Gebiet, umso mehr Punkte gibt es. Abgeschlossen bedeutet auch hier, dass es keine Kante mehr gibt, die das Gebiet fortsetzen könnte.

Wurden alle verfügbaren Landschaftsplättchen gelegt, endet das Spiel. Zählt nun die Punkte von eingesammelten Auftragsmarkern und notiert sie auf dem Wertungsblatt. Kontrolliert, ob ihr eventuelle Fähnchen-Aufträge erfüllt habt. Diese liefern euch einen Punkt pro beteiligtem Plättchen. Auf die gleiche Weise wertet ihr auch noch euren längsten Fluss und die längste Bahnstrecke.

Zählt alle Punkte zusammen und schaut jetzt auf dem Kampagnen-Blatt nach, wie viele Erfolgskreuze ihr für eure Punktezahl bekommt. Setzt die Kreuze auf dem Wegeplan des Kampagnen-Blattes, beginnend beim Startfeld. Mit jeder weiteren Partie setzt ihr eure Kampagne fort, wobei der Block genügend Blätter beinhaltet, um mehrere Kampagnen in unterschiedlicher Besetzung parallel weiterspielen zu können. Wann immer ihr beim Ankreuzen an einem Sechseck-Feld ankommt, öffnet die angegebene kleine Schachtel und nehmt das Zusatzmaterial heraus bzw. nehmt die angegebene Erfolgskarte mit ins Spiel. Auf diese Weise werden zunehmend neue Plättchen und Regeln ins Spiel gebracht. Eine ausliegende Erfolgskarte wird freigespielt und umgedreht, wenn ihre Bedingung erfüllt wurde.

Auszeichnung: Dieses Spiel wurde von der Fachjury zum Spiel des Jahres 2023 gewählt!

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • simples, aber dennoch raffiniertes Legespiel 
  • neue Kniffe im bekannten Genre
  • Legacy-Element verhilft zu viel Abwechslung
  • belohnendes Spielgefühl
  • als Highscore-Jagd auch dauerhaft interessant


CONTRA 

  • Punkteergebnis hängt manchmal auch einfach vom Glück ab 

MEINUNG

Zugegeben, das digitale Vorbild des Brettspiels (auf der Plattform Steam für den PC bzw. auf der Nintendo Switch) ist an mir komplett vorbeigezogen; meinen ersten Kontakt mit Dorfromantik hatte ich dann tatsächlich erst durch das hier gezeigte Brettspiel, wobei auch die digitale Version im Kern ein Brettspiel ist. So werden auch dort Sechseck-Plättchen aneinander gelegt, um Aufträge zu erfüllen. Die Animationen und das Soundbett fehlen in der Brettspiel-Umsetzung selbstverständlich, aber das ist ja eh nur ein Gimmick.

Kaum liegt das Spiel auf dem Tisch, kommen erste Reaktionen, wie so oft bei Spielen dieser Art. Da wird direkt wieder eine optische Verbindung zu Catan und zu Carcassonne gezogen. Nein, nicht alle Spiele mit Hex-Plättchen sind wie Catan, muss ich da sofort wieder denen entgegnen, die nicht so stark in der Spieleszene verwurzelt sind. Den Vergleich mit Carcassonne muss sich Dorfromantik da schon eher gefallen lassen, denn in der Tat entsteht auch hier eine große Landschaft mit unterschiedlichen Typen an Landschaftsarten. Spielerisch gibt es, bis aufs Zusammenfügen von Landschaftsgebieten, aber keine wirklichen Gemeinsamkeiten.

Das beginnt damit, dass Dorfromantik kooperativ gespielt wird. Ja, eigentlich ist es sogar ein Solospiel, denn die Regeln unterscheiden sich nicht, wenn eine Partie solitär absolviert wird. Die maximale Spielerzahl ist mit 6 Personen benannt, wobei die Spielerzahl unerheblich fürs Ergebnis ist, und nur dazu dient, dass jeder reihum schneller aktiv was tun kann.

Wie so oft bei kooperativen Spielen, kann auch Dorfromantik den Alphaspieler in so mancher teilnehmenden Person wecken. Wenn nur eine Person bestimmt, welches Plättchen wohin gelegt wird, kann das für die dann gefühlt mitspielenden Marionetten langweilig werden. Achtet also bitte darauf, dass jeder seine eigenen Entscheidungen treffen darf, auch wenn die gemeinsame Beratung eine Grundlage bilden sollte.

Um nicht zu spoilern, denn das Spiel lebt von seinen Überraschungen, die es mit jeder weiteren Partie ins Spielgeschehen bringt, gehe ich an dieser Stelle nur auf die Grundregeln der ersten Partie ein, die eh für alle bekannt sind. Und diese Regeln sind simpel. Aufträge ziehen, so lange, bis drei Marker ausliegen, anschließend Landschaftsplättchen ziehen und sinnvoll anlegen. Dass Fluss und Bahn passend aneinander gelegt werden müssen, ist schnell verinnerlicht; der innere Monk möchte das zunächst auch mit den drei Landschaftsarten machen, doch ein passendes Aneinanderlegen ist da gar nicht immer die beste Idee. Ein einziges großes Gebiet kann halt viele Bonuspunkte bei einer Fähnchen-Wertung bringen, wenn das Gebiet bis zum Spielende abgeschlossen wurde, ansonsten aber geht es vielmehr darum, sich immer wieder den Aufträgen anzupassen und da gilt halt die alte Gameshow-Regel "Nicht überbieten!".

Bei den Aufträgen ist natürlich auch Glück im Spiel vorhanden. Ziehe ich zunächst einen 4er-Auftrag, lässt sich die Auslage, nach dem Erfüllen, gern mit einem höheren Auftrag erweitern. Umgekehrt geht das nicht. Ziehen wir also zu Beginn viele 6er-Aufträge, müssen die kleineren Aufträge an einer anderen Stelle neu begonnen werden, denn ein Überbezahlen eines Auftrages mit zu vielen beteiligten Plättchen führt zum Abbruch dieser Punktequelle. Eben durch diesen Glücksfaktor bleibt das Spiel aber auch in Wiederholungspartien interessant, da die Zusammensetzung immer anders ist, und wir jedes Mal neu versuchen müssen, einen Highscore aufzustellen.

Die Idee, die Erfolge an einen fortlaufenden Fortschritt auf dem Kampagnen-Blatt zu knüpfen, ist eine wunderbare Idee. So kommen, durch das sich stetig erweiternde Material und die sich verändernden Regeln, Legacy-Gefühle auf, ohne dabei die Zielgruppe zu überfordern. Das Spiel wird vom Verlag als Familienspiel eingestuft, und genau diese Einschätzung trifft es dann tatsächlich gut. Da alle gemeinsam spielen, können Neulinge schrittweise ans Spiel herangeführt werden, ohne dass es für erfahrenere Spieler langweilig wird. Ein ideales Gateway-Spiel also, dessen Ergebnis durch seine zufallsbedingten Momente immer ungewiss bleibt, aber egal, wie erfolgreich der Ausgang einer Partie verläuft, stets belohnend wirkt.

Wenngleich die Grundidee eines Legespiels und das Setting nun nichts völlig Neues darstellen, so sind die eigenen Kniffe dann doch erfrischend anders gegenüber ähnlichen Spielen dieser Art. Da mich Dorfromantik nach vielen Partien immer noch zu neuen Legeversuchen auffordert, dabei ein entspanntes Spielgefühl erzeugt, aber dennoch eine schöne Spannungskurve besitzt, sehe ich in diesem Spiel (Stand: Dezember 2022) bereits einen ersten heißen Kandidaten für das Spiel des Jahres 2023. 

Von mir gibt es dafür, insbesondere unter Hinzunahme des weiteren Spielmaterials (aber pssst ...), richtig starke 9 Kultpunkte.

VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/k1JL4Tlfhhs

KULTFAKTOR: 9/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 9/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 04.12.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Pegasus Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten