REZENSION
DOODLE DUNGEON
- Genre: Taktikspiel
- Jahr: 2021
- Verlag: Pegasus Spiele
- Autor: Ulrich Blum
- Grafik: John Kovalic
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 10 Jahren
- Dauer: ca. 45 bis 60 Min.
- Schwierigkeitsgrad: leicht
- Taktiklevel: 7/10
Ein Zimmer, Diele, Ork
Da suche ich ein hübsches Appartement, so fürs Wochenende im Grünen, und dann das: Dungeon zu vermieten, steht in der Immobilienanzeige. Und ich so: Naja, warum nicht? Schätze verstecken, Monster als Haustiere hüten, das könnte Spaß machen. Ach, hätte man mir doch bitte vorher gesagt, dass das Ding unmöbliert ist.
REGELN
Vor Spielbeginn erhalte ich, wie alle meine Mitspieler auch, einen eigenen Spielzettel, so ungefähr in A4-Größe, dazu einen der beiliegenden Bleistifte und, falls man mich als Startspieler auswählt, was ich jedem raten würde, auch noch den Startspitzer. Ja gut, das ist ein gewöhnlicher Anspitzer, aber der ist durchaus hilfreich, ebenso wie die Zeichenschablone, die für jeden Spieler beiliegt. Könnte ja sein, dass jemand im Porträtieren von Goblinks, Orks und Drachen jetzt nicht so die alltägliche Erfahrung hat.
Los geht‘s! Die Karten werden gemischt und als verdeckter Stapel bereitgelegt. Je nach Spielerzahl werden nun einige Karten ungesehen aussortiert. Dann wird aus 3 bis 5 Karten, wieder angepasst an die Spielerzahl, eine offene Auslage gebildet. Als Startspieler suche ich mir eine dieser Karten aus und handle dann die Aktion darauf ab. Das machen alle anderen Spieler dann mit ihrer gewählten Karten genauso, dann wechselt der Startspieler, neue Karten werden aufgedeckt, ausgesucht, ja, das geht dann reihum so weiter, bis 14 Runden gespielt wurden.
Auf den Karten finden wir im oberen Bereich eine blaue oder rote Aktion. Die ist allerdings erst für den zweiten Hauptteil des Spiels wichtig. Erst einmal interessiert das, was unten auf der Karte zu sehen ist. Das ist in etwas so wie ein Katalog für Einrichtungsgegenstände eines schwedischen Möbelhausen. Ja, was brauche ich für meinen Dungeon? Mauern in bestimmten Formationen, Monster, Schätze, Fallen, aber auch Aufwertungen. Alles, was ich dort sehe, handle ich von links nach rechts ab. Kann ich etwas nicht verwenden, muss ich darauf verzichten. Generell gilt beim Platzieren aller Gadgets: Es muss stets einen durchgängigen Weg vom Eingang zum Ausgang meiner Monsterhöhle geben, außerdem dürfen keine Felder komplett isoliert werden.
Wie zeichne ich nun die einzelnen Dinge auf noch freie Felder meines Dungeon-Plans im 8x10-Raster? Nun, das hängt davon ab, worum es sich handelt:
- Mauern werden in der Formation eingezeichnet, die die Karte vorgibt. Die Anordnung darf bei Bedarf gedreht oder gespielt werden.
- Fallen zeichne ich einzeln auf ein beliebiges freies Feld ein, Monster ebenso. Naja, beliebig ist relativ. Sie dürfen an Mauern angrenzen, ja, aber es dürfen sich keine zwei Fallen bzw. Monster waagrecht oder senkrecht berühren, diagonal dagegen ist erlaubt.
- Schätze zeichne ich nicht in den Plan ein. Ich wäre ja auch ziemlich bescheuert, meine Kostbarkeiten im Bauplan zu hinterlegen ... Stattdessen wähle ich dafür Koordinaten, die ich auf meinem Wertungsblatt (geheim!) eintrage! Wichtig: Damit so ein Schatz am Ende einen Wert hat, muss er von einem Monster bewacht sein, das ich eben genau auf so einer Koordinate platziert habe bzw. noch platzieren sollte.
- Aufwertungen geben mir Kreuze im oberen Bereich meines Dungeon-Plans. Da kann ich die Stärke der Monster erhöhen, ich kann die Schätze wertvoller und Fallen gefährlicher machen, ich kann zudem mein Handkartenlimit für die zweite Hauptphase erhöhen. Mit Aufwertungen lassen sich also diverse Vorteile nach und nach freispielen.
Nach 14 Zeichenrunden gibt‘s dann eine kleine Zwischenphase. Ich gebe meinen Dungeon nun kurz in die Hände meines linken Sitznachbarn, gleichzeitig erhalte ich den Dungeon-Plan meines rechten Nachbarn. Jeder zeichnet nun einen Weg in den Dungeon des Kontrahenten ein, den ein mutiger kleiner Held gleich durchschreiten wird. Ja, man könnte sagen, das ist der Dungeon-TÜV, schließlich wird der Held gleich überprüfen, ob mein Dungeon so gefährlich ist, wie ich das gern hätte. Der Weg muss vom Eingang zum Ausgang führen und sollte möglichst viele Monster durchqueren, schließlich ist der Held ja auch auf der Suche nach meinen Schätzen. Ach, was für ein dummer Held! Wofür habe ich denn meine Orks trainiert? Na gut, geben wir ihm eine Chance ... Kein Feld des Dungeons darf übrigens mehr als zweimal durchlaufen werden, das sollte bei der Wegeplanung berücksichtigt werden. Und so ein Held ist verwundbar. Wenn ich ihm alle Monster meines Nachbarn zumute, könnte es durchaus sein, dass er gar nicht den Ausgang erreicht, was mich jetzt nicht mal sonderlich interessiert, meinem Nachbarn aber ordentlich Punkte in der Dungeon-Überprüfung einbringt. Und ein Gönnen-können ist hier sicher nicht angebracht.
Ist der Weg fertig, erhalte ich meinen Dungeon zurück. Jetzt wird wieder reihum gespielt. Ich stelle den zum Tode geweihten, ähm, okay, sagen wir mutigen Helden also auf mein Startfeld und folge den vom Nachbarn eingezeichneten Weg bis zum ersten Hindernis. Auf einer Falle erleidet der Held Schaden (haha!), bei einem Monster entfacht diese törichte Person dann einen Kampf. Zur Bestimmung der Monsterstärke wird der Stärke-Wert vom oberen Teil des Dungeon-Plans, ggf. aufgewertet auf mehr Wums, zum Ergebnis der beiden W10-Kampf-Würfel hinzu addiert.
Erreicht mein Monster eine Stärke von 20 oder mehr, hat es seine Arbeit getan, der Held erhält wieder Schaden (ach, könnte nicht jeder Tag Weihnachten sein?). Sollte eines meiner Monster hingegen schwächeln und nicht auf den Wert 20 kommen, stirbt es. Dann muss ich es durchstreichen (RIP, mein Freund!). Damit das nicht passiert, kann ich nun noch Karten von meiner Hand zur Unterstützung spielen. In dieser Phase besitze ich nämlich Handkarten, je nach Limit. Das sind die gleichen Karten, die ich in der ersten Phase für die Möblierung ausgewählt hatte.
- Blaue Karten unterstützen das Böse, also mich. So erhalte ich z.B. einen zusätzlichen Würfelwurf oder mehr Stärke.
- Roten Karten kann ich zudem auf einen gegnerischen Dungeon spielen. Der negative Effekt muss dann vom Dungeon-Mieter zu Beginn seines Zuges ausgeführt werden. Damit niemand heult, sind zwei solche Gemeinheiten das Maximum, das sich gleichzeitig bei einem Gegner befinden darf. Diese Heldenkarten geben dem Helden einen Boost, z.B. heilen sie Schaden oder töten mal eben beiläufig ein Monster ...
Spiele ich eine Karte (oder auch mehrere) aus, erhalte ich zum Schluss meines Zuges wieder neue (bis zum Limit).
Schaden wird auf der Lebensleiste des Helden angekreuzt. Sollte das letzte Herz ein Kreuz erhalten, stirbt der Held und beendet damit seinen Spaziergang durch meine neue Wohnung (ach, wie schade ... nicht!). Andernfalls kämpft sich der kleine Racker (oh, ich hasse ihn!) bis zum Ausgang.
Zum Schluss wird abgerechnet. Für jeden meiner durch mich platzierten Schätze erhalte ich Punkte, allerdings nur, wenn auf diesem Feld (noch) ein Monster vorhanden ist (Ja, der Held kann natürlich auch mal ein Monster K.o. schlagen, aber doch bitte nicht die, die meinen Schatz bewachen, bitte! Danke!). Jedes überlebende Monster bringt mir dann auch noch Punkte - jeder Goblin 1, jeder Ork 2 und jeder Drache 3 Punkte. Habe ich meinen Dungeon gut geplant und der Held ist unterwegs auf der Strecke geblieben, erhalte ich 5 Sonderpunkte (so läuft das!). Dummweise kostet mich jedes Herz, mit dem der Held vielleicht doch den Ausgang erreicht hat, einen Minuspunkt (oh, ich hasse ihn wirklich!). Tja, und wer nun die meisten Punkte auf sich vereint, hat seine Sache als Dungeon-Master dann wohl am besten gemacht (im Zweifel bin das natürlich ich ...)!
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- spaßige Mischung aus Kartograph und Munchkin
- taktische Planung, actionreiches Finale
- großer Dungeon-Plan
- Schablonen für unbegabte Zeichner
- unterhaltsame Spielanleitung, witzige Illustrationen
CONTRA
- 14 Zeichenrunden können schon mal etwas dauern ...
- ... naja, das ganze Spiel dauert mitunter recht lang
- der Langzeit-Spielreiz könnte noch höher sein
MEINUNG
Ach ja, wer wollte als Kind nicht auch gern Innenarchitekt für gefährliche Dungeons werden? Ich meine ... Pilot, Feuerwehrmann, Tiefseeforscher, Astronaut, Prinzessin, Beamter im mittleren Dienst ... ich bitte euch, das will doch jedes Kind. Aber einen Dungeon managen, das ist schon was Cooles, da tausche ich meine Eurogame-Cordhose (Gruß an Dirk an dieser Stelle!) doch gern gegen die Axt (sofern mir Anke die nicht wieder wegschnappt!). Gleich zwei Insider in nur einem Satz? Sorry, da müsst ihr jetzt mal durch. Aber ihr seid ja eh gerade auf der Seite des Bösen, und das sollte man sich in diesem Spiel, das wie eine Mischung aus Der Kartograph und Munchkin wirkt, sich immer vor Augen führen. Nein, es ist nicht gut, den Helden zu beschützen, wir wollen ihn lieber leblos in einem unserer Gänge vorfinden. Okay, die Frage, wer das dann sauber macht, stellt sich vielleicht auch, aber mit solchen Unwichtigkeiten sollten wir uns jetzt nicht aufhalten.
Die Auswahl der Ausstattung meines Dungeons ist dann in der ersten Phase also meine Hauptaufgabe. Doch ich sollte nicht nur auf coole Monster und viel Mauerwerk achten, sondern auch schon mal einen Blick darauf riskieren, was mir die entsprechende Karte dann für die Prüfphase für einen Vorteil liefert. Weitere Entscheidungen in dieser über 14 Runden laufenden Phase betreffen die Aufwertungen und die idealen Standorte für meine Schätze ... da lacht das Herz eines Gestalters, der sonntags sonst nur die Möbel seiner Dachgeschoss-Wohnung umstellt, so für den Tapetenwechsel im Alltag halt. Allerdings sind 14 Runden schon auch lang, vor allem, wenn man die wohl meistgehasste Spezies von Spielern mit am Tisch sitzen hat, nämlich die Unentschlossenen, die Endlos-Grübler, ihr wisst schon ... Oder die, bei denen die Bleistiftspitze schon bei der ersten Linie in der Schablone abbricht. Was ich sagen will: Die Aktion „zeichne deinen Dungeon“ kann in einer Spielgruppe richtig flott und kurzweilig sein, in anderen Gruppen würde man dagegen gern das Kaugummi vom Steinboden kratzen. Das betrifft auch die Phase, in der der Weg für den Gegner geplant wird.
Die abschließende Aktionsphase, ja, eigentlich ist DAS dann der größte spielerische Spaß, ist geprägt sowohl von kleinen taktischen Entscheidungen bei der Auswahl und dem Ausspielen der Handkarten (da sieht man dann echt, wie wichtig gute Aktionen sein können!) und vom klassischen Würfelglück. Hey, es wäre kein gutes Fantasy-Spiel, wären keine Würfel dabei, oder? Da kommt auch Spannung ins Spiel. Eine große Anzahl an Siegpunkten sind hingegen am Ende eher selten. Meistens geht das Konkurrieren um den besten Monsterkeller recht eng aus.
Ein paar technische Bemerkungen an dieser Stelle: Die Größe des Dungeon-Spielzettels ist schon gönnerhaft, die Schablonen sind ein nützliches Gimmick, die Karten sind witzig illustriert (so eine Kuckucksuhr-Bombe habe ich bei meinen Schwarzwald-Trips bisher in keinem Souvenir-Laden gefunden ...), die Anleitung ist unterhaltsam geschrieben. Da macht „Doodle Dungeon“ alles richtig, um uns auf die Story einzuschwören. Top!
Die Spielidee ist, ich denke, das konnte man schon aus meinen Worten herauslesen, auch witzig und dazu neuartig. Ein Flip-and-Write-Spiel-Pendant ist mir bislang nicht untergekommen. Und der Spielspaß war dann bei meiner ersten Partie auch dementsprechend groß. Ich betone: bei der ersten! Bei der zweiten stellte ich fest, dass mein Planungsgeschick offenbar tatsächlich als Blaupause wirkt. So sah mein zweiter Dungeon dann dem ersten recht ähnlich, und das wurde dann mit jeder folgenden Partie auch nicht wirklich anders. So viel Neues ausprobieren kann man nämlich gar nicht. Man setzt halt Wände, versteckt Schätze und platziert Monster. Und auch beim Heldenweg, den man für den Gegner einzeichnet, findet man schnell zu einer gewissen Routine. Das ist dann etwas schade. Hier hätten zusätzliche Ereignisse, wechselnde Wertungsbedingungen, ja, vielleicht noch individuelle Aufträge, Wunder gewirkt. Ein bisschen mehr Kartograph hätte da nicht geschadet!
Nicht falsch verstehen: „Doodle Dungeon“ ist schon gut! Aber es ist eines der Spiele, das ich gern mal hervorhole, dann auch Spaß dabei habe, es anschließend aber auch erst einmal wieder einige Wochen wegpacke, bevor es wieder auf meinem Tisch landet. Für eine witzige „Ab-und-zu"-Runde taugt es allemal, und dafür vergebe ich dann auch gute 7 Kultpunkte!
Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube: https://youtu.be/yje3R83XDGc
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
INGO
Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini
Eine Rezension vom 12.04.2021
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Pegasus Spiele
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