REZENSION

CRAZY DRIVER

  • Genre: Familienspiel
  • Jahr: 2020
  • Verlag: Rudy Games
  • Spieler: 2 bis 4
  • Alter: ab 8 Jahren
  • Dauer: 30 bis 60 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Initiativlevel: 7/10

Mit Schnick, Schnack, Schnuck ins Ziel

In diesem actionreichen Autorennen benötigen wir Würfelglück, aber auch taktische Planung beim Schalten in die richtigen Gänge. Manchmal wird Mut zum Risiko belohnt, manchmal landen wir jedoch in der Werkstatt. Das alles wird durch eine App unterstützt, die zudem zu einigen Minispielen abseits der Piste auffordert. 

REGELN

Zunächst benötigt ihr ein Smartphone oder Tablet, auf das ihr die kostenlose App aus dem App-Store herunterladet und euch einen Account anlegt. Die App erklärt das Spiel, sodass ihr die Regeln eigentlich gar nicht lesen braucht. Aber okay, weil ihr es seid, übernehme ich das jetzt trotzdem vorab ... ;)

Zunächst wird die Rennstrecke aus den Papptafeln zusammengebaut. Nutzt zur Fixierung die Verbindungsteile. Die Anordnung der Tafeln gibt euch die App vor, je nachdem, welche Strecke ihr ausgewählt habt. Grundlegend gibt es zwei Welten: Eine Wiesen-Landschaft und eine Sci-Fi-Landschaft - die Tafeln sind doppelseitig bedruckt. Innerhalb einer Landschaft stehen vier Strecken zur Auswahl. Die App führt euch dann durch den Aufbau und fordert euch auf, an bestimmte Stellen diverse Marker abzulegen, die gleich im Spiel von Bedeutung sind.

Über die Startampel in der App wird der Startspieler bestimmt. Dann wird reihum gespielt.

Jeder Spieler besitzt eine eigene Spielertafel mit zunächst vier Karosserie-Markern, einem Schalthebel sowie einer Charakter-Karte, die die Werte der Spezialfähigkeiten bestimmt, die ebenfalls über Marker festgehalten werden. Wer an der Reihe ist, darf nun, wenn gewünscht, den Schalthebel um eine Position verändern, also einen Gang hoch- oder herunterschalten. Der gewählte Gang liefert schon einmal eine Grundbewegung von entsprechend vielen Feldern (1. Gang = 1 Feld, 4. Gang = 4 Felder etc.). Hinzu kommt der Wert des Bewegungswürfels. Dieser Würfel wird geworfen und liefert ein Ergebnis zwischen 0 und 2, das hinzu addiert wird. Entsprechend viele Felder fährt der Spieler mit dem eigenen Auto nun auf der Strecke nach vorn.

Vorsicht! Auf einigen Feldern gibt es Speed Limits. Fahrt ihr mit zu hoher Geschwindigkeit auf ein solches Feld, müsst ihr die Differenz als Schaden in Kauf nehmen.

Einmal pro Spielzug könnt ihr eine spezielle Fähigkeit nutzen, indem ihr eine Würfelprobe ablegt.

  • Schalten: Gelingt die Probe, dürft ihr den Schalthebel um gleich 2 Positionen verändern.
  • Top Speed: Beendet ihr eure Bewegung auf einer Geraden, dürft ihr 1 Feld vorfahren, sofern die Probe gelingt.
  • Driften: Beendet ihr eure Bewegung in einer Kurve, dürft ihr 1 Feld vorfahren, wenn euch das Würfelglück hold ist.
  • Drängen: Schafft ihr diese Würfelprobe, dürft ihr ein passiertes gegnerisches Fahrzeug mit einem Schaden versehen.


Die Würfelprobe gelingt, wenn ihr mit dem entsprechenden Würfel eine Zahl würfelt, die den durch die Charakterkarte festgelegten Wert dieser Aktion nicht überschreitet.

Einmal im Spiel dürft ihr die Spezialaktion eures Charakters nutzen und die Karte danach umdrehen.

Nun gibt es auf der Strecke noch diverse Besonderheiten:

Gelangt ihr auf bzw. über ein Feld mit einem Checkpoint, wählt ihr diesen in der App für euch an. Nun spielt ihr geheim eine Runde Schnick Schnack Schnuck, wählt also Stein, Schere oder Papier und zieht den gewünschten Gegenstand auf einen Gegner eurer Wahl. Haben alle Spieler den Checkpoint passiert, wertet die App eure Wahl aus. Für jeden Treffer (z.B. Schere schleift den Stein, also gewinnt die Schere ein solches Duell) erleidet der unterlegende Spieler einen Schaden. Bei einem Gleichstand passiert nichts.

Schaden: Wann immer ein Spieler einen Schaden erhält, muss er einen Karosseriemarker abgegeben. Besitzt er keine Marker mehr, wird das Auto kurz von der Rennstrecke genommen und neben das aktuelle Feld gestellt. Im nächsten Spielzug steht dann eine Reparatur an. In der App müssen verlorengegangene Fahrzeugteile möglichst schnell auf die korrekten Plätze am Auto gezogen werden. Je schneller das gelingt, umso mehr neue Marker gibt es dafür. Das Auto setzt sein Rennen dann fort.

Gelangt ihr auf ein Feld mit einem Aktionsmarker (gelber Würfel mit Stern), zieht ihr eine Karte vom gemischten Stapel. Solche Aktionskarten könnt ihr im Spiel einmalig einsetzen, wenn ihr es für richtig haltet  - teilweise auch als Reaktion auf einen gegnerischen Spielzug.

Gelangt ihr auf ein Sonderfeld, wird das entsprechende Minispiel in der App ausgelöst. Da müsst ihr z.B. Baumstämme sägen, indem ihr auf dem Display eine Kurbel rasant dreht, oder ihr müsst die Steinschleuder zum richtigen Zeitpunkt loslassen, um den Zielbereich zu treffen, der euch zusätzliche Felder zum Vorfahren beschert. Ein anderes Spiel lässt euch Pusteblumen „wegpusten“, indem ihr tatsächlich ins Smartphone pustet (das Mikrofon erkennt das Geräusch) etc.

Meldet sich die App mit einem spontanen Ereignis, müsst ihr dieses sofort ausführen.

Spielende: Wer schließlich als erster Spieler ins Ziel fährt, gewinnt das Rennen. Die anderen Spieler können noch weiterspielen, bis eine Rangfolge feststeht.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • aktionsreiches Rennspiel
  • ideal für Familien mit Kindern
  • App funktioniert technisch gut


CONTRA

  • App-Spiele könnten auf Dauer etwas abwechslungsreicher sein
  • für erfahrenere Spieler zu einfach

MEINUNG

Immer wieder versuchen sich Brettspiele an einer Umsetzung von Autorennen, wie wir sie sonst hauptsächlich von Spielkonsolen oder dem PC kennen. In den letzten Jahren kamen dann zunehmend die Smartphone-Spiele per App ins Rennen. So dachte man sich bei Rudy Games wohl, es wäre eine gute Idee, klassisches Spiel mit eben einer Spiele-App zu verbinden. Herausgekommen ist Crazy Driver, versehen mit der Carrera-Lizenz und somit auf jeden Fall schon einmal mit einem Aufmerksamkeits-Bonus.

Vorab lässt sich schon mal feststellen: Das Spiel ist qualitativ gut ausgestattet. Dicke Pappe für die Rennstrecke, Verbindungsteile zum Fixieren, Double-Layer-Boards für die Spieler, Rennauto-Miniaturen, das gefällt. Auch die App funktioniert einwandfrei, das Herunterladen und Aktivieren mit dem Code in der Spieleschachtel funktioniert ohne Probleme. So leitet die App auch gut durch den Spielaufbau und Ablauf.

Der Aufbau nimmt tatsächlich doch einiges an Zeit in Anspruch. Die Streckenteile müssen herausgesucht, Marker platziert werden, die Werte der Fähigkeiten müssen korrekt eingestellt sein. Dann geht es los.

Spielerisch haben wir ihr es dann weniger mit einer Renn-Simulation zu tun, als mit einem lockeren Wettrennen. Die Mischung aus Taktik (Schalten) und Glück (Würfeln) treibt unsere Autos über die Strecke. Manchmal kann da auch Mut zum Risiko erfolgreich sein. Natürlich ist es riskant, im vierten Gang auf ein Speed Limit von 4 zuzufahren. Nur wenn ihr mit dem Bewegungswürfel eine Null werft, geht ihr dann ohne Schaden aus der Sache, aber vielleicht habt ihr ja auch noch eine rettende Aktionskarte auf der Hand - für den Fall der Fälle. Der Ablauf ist schnell verstanden und kurzweilig.

Nun wollte man durch die App-Einbindung zusätzliche Abwechslung schaffen. Ja, das gelingt grundlegend auch. Zunächst einmal Lob für die Technik. Die funktionierte auf unseren mobilen Endgeräten stets problemlos. An manchen Stellen ist sie eine echte Hilfe: Beim Erklären, beim Aufbau, beim Ermitteln des Startspielers. Manchmal ist sie aber auch einfach überflüssig, z.B. bei der Zieleinfahrt. Hier hätte man auch einfach die Autos der Reihe nach aufstellen können; nun gut, so gibt es noch eine kleine Siegesfanfare hinzu.

Die integrierten Mini-Games aber wären wohl der Hauptgrund, nicht auf die App verzichten zu wollen, was theoretisch möglich wäre. Diese Mini-Games sind doch von recht simpler Natur. Mal geht es darum, den Finger im richtigen Moment vom Display zu nehmen, um ein Katapult auszulösen. Mal ist Schnelligkeit gefragt, indem eine Kurbel auf dem Display gedreht wird, mal erfordert eine Art Schiebepuzzle etwas Fingerakrobatik. Allesamt sind die Spiele dann nur für mitspielende Kinder wirklich reizvoll, erfahrenere Spieler schaffen die Aufgaben aber doch mit links. Das gilt auch fürs Reparieren des Fahrzeugs. Wer reaktionsschnell mit dem Smartphone umgehen kann, wird hier keine Schwierigkeiten haben.

Ja, da hätte ich mir tatsächlich auf längere Sicht noch mehr Varianz bei den Spielen gewünscht, vielleicht noch etwas knackigere Aufgaben, die die Technik noch mehr ausreizen. Das Pusteblumen-Pusten ist zwar witzig, verliert aber dann auch noch zwei oder drei Versuchen an Reiz. Dennoch: Für die anvisierte Zielgruppe geht das schon in Ordnung. Einzig das immer wiederkehrende Schere Stein Papier-Spiel, das jeder Checkpoint auslöst, wird mit der Zeit zur Geduldsprobe. Das passt jetzt auch thematisch nicht wirklich richtig ins Geschehen. Durch die geheime Eingabe in die App sind Manipulationen zwar ausgeschlossen, aber da muss ich ehrlich sagen: Spielt man Schnick Schnack Schnuck klassisch am Tisch, ist das eigentlich noch spaßiger. Nun gut, jetzt hat man es hier an das Erreichen der Abschnittsmarker geknüpft, sodass jeder das Spiel zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt ausführen muss. Technisch funktioniert auch das, aber irgendwie wäre hier noch etwas mehr Abwechslung bei den verschiedenen Checkpoints schön gewesen.

Mehrfach erwähnt: Die Zielgruppe. Erwachsene mögen das Spiel vielleicht ein- oder zweimal als Absacker bzw. als pures Spaßspiel in ihrer Altersgruppe spielen, dann kommt Crazy Driver doch recht schnell an seine Grenzen. Wer mehr Erfahrung besitzt, wird dann eher zu Formula D greifen, wenn es um ein gutes Autorennen geht. Nun sind Erwachsene aber auch weniger die Zielgruppe dieses Spiels. Kinder haben da nämlich deutlich länger Spaß an Crazy Driver. Die Regeln und App-Spiele sind auf sie zugeschnitten. Besonders gut kam bei uns das Spiel mit Kindern im Grundschulalter an. Ob die Eltern nun die Einbeziehung von App unterstützten Spielen fördern möchten oder nicht, liegt in der eigenen Entscheidung, keine Frage.

Als reines Kinderspiel ist Crazy Driver allerdings auch wiederum nicht so gut geeignet, da der Aufbau doch etwas Geduld erfordert, den Kinder in dieser Altersgruppe oft noch nicht so richtig aufbringen wollen. So geht meine Empfehlung hauptsächlich an Familien. Die Mischung aus Erwachsenen und Kindern als Spieler funktioniert hier fabelhaft, es ist auch nicht so, dass sich ältere Spieler langweilen würden, denn dafür sind dann doch immer auch actiongeladene Emotionen im Spiel.

Fazit: Insgesamt vergebe ich für diese Mischung gute 7 Kultpunkte. Wer jüngere Kids hat und noch kein Rennspiel besitzt, aber Spaß am Thema, wird sicher Freude an diesem Spiel haben. Auf Dauer hätte ich mir, wie oben bereits erwähnt, eine noch bessere Ausnutzung der App-Möglichkeiten gewünscht, heißt: Mehr Spiele, vielleicht sogar Aufgaben mit wählbarem Schwierigkeitsgrad für eine bessere Anpassung an die eigenen Fähigkeiten, ja, vielleicht sogar direkte Duelle - da kamen bei uns am Tisch doch einige Ideen auf, was man sich noch für weitere Minispiele wünschen würde, ohne dass die zuschauenden Spieler zu lange warten müssen. Wenn es da in Zukunft noch Updates geben würde, könnte sich mein persönlicher Kultfaktor auch noch in die Formel 1-Klasse steigern - das Potenzial ist auf jeden Fall auch so schon da. Als sympathisches Familien-Rennspiel hat Crazy Driver auf jeden Fall seine volle Berechtigung. 

VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/mVT5vLj-Qck

KULTFAKTOR: 7/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 16.12.2021

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Rudy Games
Weitere Fotos: Spielkultisten