REZENSION

CORROSION

  • Genre: Strategiespiel
  • Jahr: 2021
  • Verlag: Deep Print Games / Pegasus Spiele
  • Autor: Stefan Bauer
  • Grafik: Dennis Lohausen
  • Spieler: 1 bis 4
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: ca. 60 bis 120 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: mittel bis schwer
  • Taktiklevel: 8/10

Zahnräder der Zeit

Führe deine alte Fabrik zum Erfolg! Es gilt, die eigenen Arbeiter klug zu verwalten und auf das Rost-Rad, das Rad der Alterung, sozusagen, zu achten. Denn Rost kann alle noch so guten Planungen zunichte machen.

REGELN

Zunächst wird die Spielfläche errichtet. Dazu gehört der Auslagestreifen, der Platz für Einmal-Maschinen, Drehmaschinen, Chrom-Maschinen und Diplom-Ingenieurinnen bietet. Diese werden als gemischte Stapel bereit gelegt. Jeweils die drei obersten werden gezogen und kommen als offener Vorrat auf oder an den Streifen. So bilden sich drei Spalten, die im Spielverlauf allen Spielern zur Verfügung stehen. Das Material wird dabei an die entsprechende Spielerzahl angepasst, das betrifft vor allem die Marker, von denen im Spiel zu zweit nur 22 bereitstehen, zu dritt 29 und zu viert 36. 


Jeder Spieler baut als nächstes seine eigene Auslage auf. Dabei gilt der persönliche Spielplan als eigene Fabrik mit Maschinenraum für die erworbenen Chrom-Maschinen und, daran angelegt, der Rostrad-Raum. Außerdem nimmt sich jeder Spieler ein Handkarten-Set aus sechs Start-Ingenieurinnen. Als Start-Boni nimmt sich jeder ein Chrom-Zahnrad, 3 grüne Punktmarker, ein mittleres und ein kleines Zahnrad und drei Wassermarker. Letztere gehören zunächst als Wasser in den unteren Teil des Dampfkessels. Die Tropfen müssen vor ihrer Nutzung erhitzt werden und kühlen sich nach ihrer Nutzung auch wieder ab. Das Rostrad wird zunächst so gestellt, dass das X vor dem Spieler liegt. Die restlichen Materialien bleiben im Vorrat. Der Startspieler erhält den Schraubenschlüssel. Das Spiel kann beginnen. 


Das Spiel verläuft über mehrere Phasen. Dabei wird der Schraubenschlüssel immer an den nächsten aktiven Spieler weitergegeben. Das Spiel endet mit einer Schlussphase, wenn entweder die Sonderpunkte oder die Auszeichnung vergeben wurden. Der aktive Spieler kann sich in der ersten Runde am Schraubenschlüssel orientieren, damit er alle vier Phasen seines Zuges rasch überblickt. 


Vorab einige Grundbegriffe: 

  • Chrom-Maschinen, können, einmal aktiviert, immer wieder Boni bringen. Beim Dreh des Rostrades bringen allerdings nur die Maschinen Boni, die das Dreh-Zeichen tragen. 
  • Nur aktive Einmal-Maschinen können (einmal) genutzt werden. Sie sollten also zum richtigen Zeitpunkt aktiviert werden, und zwar wenn das X in diesem Sektor steht.
  • Drehmaschinen liegen an der Rostradhalle an und werden bei jedem Drehen generell angeschaltet.
  • Grundsätzlich liefern aktivierte Maschinen Ressourcen, Vorteile im Spiel oder auch Punkte, teilweise in Abhängigkeit bestimmter Voraussetzungen. 
  • Dampf ist, neben den Zahnrädern, das Zahlungsmittel im Spiel. Dampf wird durch das Verschieben von Wassermarkern im Boiler erzeugt bzw. verbraucht. Auch Zahnräder müssen erst produziert (und in der Maschinenhalle abgelegt) werden, bevor sie verbraucht werden können.
  • Im Spiel gibt es "grüne" Siegpunkte und "Sonder-Siegpunkte". Über letztere wird das Spielende getriggert.


Wichtig: Es gibt unterschiedliche Arten von Aktionen. Es gibt nur eine Hauptaktion, die in der Hauptaktionsphase ausgewählt und ausgeführt wird. Es gibt dazu noch sogenannte Sekundäraktionen. Letztere müssen bezahlt werden und können so oft genutzt werden, wie man den Preis zahlen kann. 


Wartungsphase

Da wird zunächst das Feld X des Rostrades geleert. Die Zahnräder sind verrostet und werden in den Vorrat zurückgelegt. Maschinen- und Dampfaktionen für die Wartung werden aktiv. Man kann also jetzt die benötigten Mittel zahlen, um Maschinen instandzusetzen (sie also auf die wertvollere Seite zu drehen). Mit Dampfaktionen lassen sich Elemente der Maschinenhalle ein den nächsten Sektor verschieben. 


Hauptaktionsphase

Hier darf der Spieler sich entscheiden: Entweder er spielt eine Handkarte aus oder er dreht das Rostrad um ein Feld weiter. 

  1. Wird das Rostrad weitergedreht, werden verschiedene Maschinen aktiv: die Drehmaschinen, die instandgesetzten Maschinen des Sektors X und die sichtbaren, instandgesetzten Chrom-Maschinen mit dem Rad-Symbol. Maschinen bringen verschiedene Vorteile u.a. auch neue Zahnräder. Das Drehen des Rostrades verursacht zudem das Verrosten bestimmter Details.
  2. Spielt der Spieler eine seiner Handkarten (Ingenieurinnen) aus, legt er sie ans Rostrad an. Ausgespielte Karten erhält man wieder, wenn das X-Feld des Rades das Feld erreicht. Damit die anderen Spieler die Aktion „Kopieren“ nutzen können, müssen Kartenstufe und Kartenfarbe angesagt werden. Auch die Kopierer müssen die entsprechende Karte ablegen. Mit den ausgelegten Karten können neue Ingenieurinnen und Maschinen erworben werden.


Nun folgt eine weitere Wartungsphase, in der erneut Sekundär-, und Dampfaktionen gespielt und der Sektor X geleert wird. 


Jetzt werden nur noch die im Vorlauf aktivierten Chrom-Maschinen genutzt. Dafür muss allerdings auch der nötige Dampf im Kessel vorhanden sein. Schließlich wird der Schraubenschlüssel weitergegeben, und der Zug des Spielers endet.


Das Spielende setzt ein, wenn 

  • nur noch drei oder weniger Auszeichnungen ausliegen
  • nur noch drei oder weniger weiße Sondersiegpunkte im Vorrat liegen.


Es gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkte. Gewertet werden Siegpunkte in weiß und grün, Siegpunkte auf den Auszeichnungen (z.B. für bestimmte Sammelsequenzen) und Chromzahnräder usw. Zur Ermittlung der Punkte kann der beiliegende Block genutzt werden. 

Das Spiel bietet auch einen Solo-Modus.

 GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • unverbrauchtes Thema
  • interessanter Alterungs-Mechanismus der Maschinen


CONTRA

  • wirkt anfangs durch die Nebenregeln etwas verwirrend
  • fühlt sich spielerisch dann auch mechanisch an

MEINUNG

Ich bin stolz auf meine alte Fabrik. Klar, sie hat schon ihre besten Zeiten hinter sich, aber sie funktioniert, und mit ein paar aufpolierten Chrom-Zahnrädern kann ich auch dem Rost der alten dampfbetriebenen Maschinen entgegenwirken. Aber, was ich brauche, muss ich erst mal selbst herstellen. 

Um zu planen, brauche ich allerdings erst einmal einen Durchblick. Obwohl sich überall auf dem Material Hilfestellungen befinden und der Spielablauf eigentlich nicht wirklich schwer ist, wird das Spiel etwas verkompliziert durch Sekundäraktionen, Dampfaktionen, Hauptaktionen. Die Zuordnung, wann jetzt was gemacht werden kann, fällt anfangs vor allem unerfahreneren Spielern schwer. Hinzu kommen die vielen Symbole auf Karten und Maschinen, die doch das eine oder andere Mal nachgelesen werden müssen und sich erst in den Folgerunden sicher erklären lassen. Hier wäre eine Symbolübersicht für den Einstieg sinnvoll gewesen. 

Und so ist das Spiel schließlich, einmal verstanden, nicht wirklich schwer zu spielen, das Hineinkommen ins Spiel aber kann durchaus herausfordern. Gerade anfangs lässt man doch einige Möglichkeiten ungenutzt, schlicht, weil man sie noch nicht erkennt. Daher ist die Klassifikation "Expertenspiel" (auf jeden Fall aber "gehobenes Kennerspiel“) angemessen. 


Das Thema der alternden Maschinen wurde optisch gut umgesetzt, und die metallisch glänzenden Chrom-Papp-Zahnräder werten diese Optik noch einmal stark auf, obwohl das Thema spielerisch gefühlt in den Hintergrund gleitet, und das, trotz der Bezugnahme auf Rost und Dampf. Insgesamt ist das Rostrad aber ein tragendes und vor allem gern gesehenes Element im Spiel. Das Spiel erzwingt eine gewissen Planung in die Zukunft. Nur dann kann man auch nach und nach Erfolge verzeichnen. Die Wirkungsweise der verschiedenen Maschinen muss beachten werden, Timing ist gefragt. 


Das Spielende muss man dabei auch immer im Auge behalten, denn zur Neige gehende Sondersiegpunkte oder Auszeichnungen sollte man nicht verpassen, um die letzten Züge noch einmal gut zu durchdenken. Insgesamt ist wieder etwas Fleißarbeit angesagt: Alles an Möglichkeiten abarbeiten, nichts vergessen - da kann bei Grüblern schon mal eine ernstzunehmende Downtime entstehen. 


Insgesamt wirkt das Spiel tatsächlich auch eher mechanisch, was zwar gut zum Thema passt, aber spielerisch nicht allen gleichermaßen gefällt. Viel Detailarbeit, schönes Design, ein eher einfacher Grundgedanke, der durch die vielen Zusätze zum Kenner- bis Expertenspiel wird, ein interessanter Rostrad-Mechanismus und ein ebenso interessantes Spiel mit dem Dampf.


Fazit: Corrosion ist ein Strategiespiel rund um alte Fabriken und rostende Zahnräder, ein Spiel mit viel Denkarbeit, das allerdings erst in der zweiten, dritten oder vierten Runde offenbart, welche Möglichkeiten sich bieten. 

KULTFAKTOR: 7/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 8/10

EURE REZENSENTIN

GABI

Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester

Eine Rezension vom 20.04.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Deep Print Games / Pegasus Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten