REZENSION

CITYTRIP BRUGGE

  • Genre: Taktikspiel
  • Jahr: 2022
  • Verlag: Citytrip Games
  • Autor: Christof Van Conkelberge
  • Grafik: Christof Van Conkelberge
  • Spieler: 1 bis 6
  • Alter: ab 8 Jahren
  • Dauer: ca. 20 bis 45 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
  • Taktiklevel: 7/10

Per Flip-and-Write durch Brügge

Als Stadtführer zeigt ihr den Touristen die schönsten Orte der Stadt Brügge in Belgien. Da nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung steht, solltet ihr euren Weg optimal planen und euren Besuchern so die Möglichkeit geben, verschiedene Sehenswürdigkeiten zu fotografieren, Museen zu besuchen oder auch einfach mal shoppen zu gehen oder einen Kaffee zu trinken.

REGELN

Jeder erhält ein eigenes Blatt sowie einen Stift. Spielt zunächst mit der grünen Seite des doppelseitig bedruckten Blattes. Dieses zeigt auf beiden Seiten diverse Sehenswürdigkeiten und sonstige Gebäude, immer mit entsprechenden Symbolen versehen, die wir auch an der rechten Seite des Blattes im Wertungsbereich wiederfinden. Je öfter dann beispielsweise ein Shop oder ein Museum besucht wurde, umso mehr Punkte winken. Die einzelnen Orte sind durch durch gestrichelte Linien mit angrenzenden Orten verbunden.

Mischt die Auftragskarten nach ihren Zahlen auf den Rückseiten und zieht drei davon. Legt diese Missionen offen aus. Sie belohnen euch dafür, bestimmte Orte besucht zu haben, bestimmte Orte in vorgegebener Anzahl als Erster erreicht zu haben, die meisten Orte einer Art zu besuchen, oder sie geben Punkte für besuchte „Sets“ aus vorgegebenen Ortssymbolen.

Zieht eine Startkarte, markiert die Koordinate und den Ort, streicht ihn direkt im Wertungsbereich ab. Auf jeder Startkarte findet ihr eine ausführliche Beschreibung dieser Sehenswürdigkeit und einen weiterführenden QR-Code. An diesem Ort beginnt also eure Stadtführung.

Mischt nun die doppelseitig bedruckten Aktionskarten und bildet aus 16 zufälligen einen Stapel. Möchtet ihr etwas länger spielen, nehmt alle 20 Karten, was ich stets empfehlen würde. Die Aktionskarten zeigen je 3 Aktionssymbole, die sozusagen zur „Bezahlung“ von Ortsbesuchen dienen. 

Los geht‘s: Dreht die oberste Aktionskarte auf ihre Rückseite und legt sie neben den Nachziehstapel. So liegen jetzt zwei Aktionskarten mit je drei Symbolen nebeneinander. Jetzt spielen alle gleichzeitig, jeder für sich. Sucht euch nun zwei Aktionssymbole aus, die eine waagrechte oder senkrechte Verbindung haben. Insgesamt offerieren die beiden offenen Karten immer sieben Kombinationsmöglichkeiten. Über die optionale „Eil-Aktion" könnt ihr auch noch ein drittes Symbol wählen, das waagrecht oder senkrecht an die von euch gewählten Symbole angrenzt. Streicht dafür eine Eil-Aktion auf eurem Blatt ab. Am Spielende werden solche Eil-Aktionen zu immer mehr Minuspunkten führen, je öfter ihr davon Gebrauch macht.

Die Aktionssymbole zeigen zudem eine Zahl. Diese gibt die Anzahl der Aktionen der gewählten Art vor:

  • Die grünen Kompass-Symbole erlauben euch je eine Bewegung zu einem benachbarten Ort. Zeichnet einfach eine Linie von eurem Standort, entlang einer gestrichelten Linie, zu einem neuen Ort auf eurem Blatt. Mit einem 3er-Kompass zeichnet ihr also bis zu drei neue Strecken. Euer Weg muss dabei immer fortgeführt werden. Er darf sich zwischendurch nicht teilen und auch keine bereits passierten Orte erneut berühren oder Streckenabschnitte kreuzen.

Alle weiteren Symbole beziehen sich auf den Startpunkt des Spielzuges, den Endpunkt einer neuen Strecke und alle während einer Bewegung passierten Orte:

  • Mit den pinkfarbenen Taschen könnt ihr in Shops Souvenirs kaufen.
  • Mit dem grauen Fotoapparat schießt ihr Fotos von Brücken, Statuen, Armenhäusern und Kirchen. Um ein größeres historisches Gebäude zu fotografieren, benötigt es direkt zwei Foto-Aktionen.
  • Mit dem roten Besucher-Symbol könnt ihr jeweils ein Museum auf eurer Strecke besuchen. Für einen Theater-Besuch sind gleich zwei Symbole erforderlich.
  • Mit dem orangefarbenen Smiley könnt ihr ein gastronomisches Angebot nutzen. Es gibt vier verschiedene Gastronomie-Typen, jeder Typ kann nur einmal abgestrichen werden. Für ein Restaurant benötigt ihr gleich zwei Symbole. Ein Restaurant verdoppelt am Ende die Punkte der besuchten weiteren Gastronomie.


Wann immer ihr also eine Strecke zeichnet, schaut ihr, ob ihr zu den Aktionssymbolen passende Orte ansteuern könnt, um sie zu markieren und somit zu werten. Aktionssymbole kumulieren sich ggf. und können dann beliebig aufgeteilt werden. Ihr könnt eure Strecke auch durch Orte verlaufen lassen, zu denen ihr keine passenden Symbole auf den Karten findet. Natürlich werden diese Orte dann nicht abgestrichen, also nicht gewertet. Ihr könnt zurückgelassene Orte später nicht nachträglich besuchen, sondern immer nur die Orte an der aktuellen Strecke (Startpunkt, Zwischenpunkte, Zielpunkt), und jeden Ort nur einmal.

Wurde das letzte Kartenpaar aufgedeckt und von jedem ein letzter Spielzug durchgeführt, folgt die Schlusswertung. Notiert für jeden Ortstyp die Punkte, die ihr im nächsten freien Wertungsfeld ablesen könnt. Notiert die Punkte für erfüllte Aufträge und zieht ggf. die Punkte für Eil-Aktionen ab. Wer die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt.

Variante: Statt den Weg immer nur an der letzten Stelle fortsetzen zu dürfen, könnt ihr von eurem Startort aus nun Strecken in zwei Richtungen zeichnen. So habt ihr stets die Wahl, an welchem Ende eurer Strecke ihr eure Städtetour fortsetzen wollt, was euch natürlich mehr Freiheiten gewährt.

Fortgeschrittenen-Variante: Spielt mit der roten Seite eurer Spielzettel. Die Aktion „Museen / Theater besuchen“ wird nun um jeweils 1 Symbol teurer, zudem gibt es neue besondere Orte, die teilweise gleich mehrere Symbole gleichzeitig zur Auswahl stellen. Ihr spielt jetzt mit bis zu sechs Missionen gleichzeitig und besitzt in eurem Wertungsbereich bei jedem Ortstyp nun Bonusfelder. Erreicht ihr ein Bonusfeld, ist es aktiviert. In euren Spielzügen könnt ihr jeweils bis zu zwei Bonusfelder für eine Erweiterung beliebiger Aktionen verwenden. Addiert den Wert des verwendeten Bonusfeldes einfach zu der auf einer Aktionskarte offerierten Aktion hinzu, macht also mit einem 2er-Bonusfeld beispielsweise aus einem 2er-Fotoapparat einen 4er-Fotoappart, um auf eurer Strecke mehr Fotos schießen zu können.

Das Spiel bietet auch eine Solo-Variante in 15 aufsteigenden Schwierigkeitsgraden. Für jeden Level werden Startort und Missionskarten vorgegeben. Das Spiel gilt als gewonnen, wenn die jeweils vorgegebene Punktezahl erreicht und alle Missionen erledigt wurden.


Hinweis zur Verfügbarkeit: Der Autor und Herausgeber des Spiels sucht derzeit noch deutsche Online-Shops, die das Spiel gern mit ins Programm nehmen würden. Eine deutsche Anleitung liegt dem Spiel bei. Derzeit (Stand: November 2022) kann das Spiel in Shops benachbarter Länder bestellt werden. Bemüht bei Interesse einfach eine Suchmaschine.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • raffiniertes Flip-and-Write-Spiel
  • schöne Varianz durch immer neue Karten-Kombinationen und unzählige Aufträge
  • alle spielen gleichzeitig
  • Interaktion durch kompetitive Wettbewerbe
  • man erfährt viel über die Stadt Brügge


CONTRA 

  • mitunter ein klein bisschen unübersichtlich
  • deutsche Anleitung könnte noch etwas optimiert werden

MEINUNG

Citytrip Brugge ist eine kleine Hommage des Autors Christof van Conkelberge an seine Heimatstadt Brügge. Die wurde nicht nur abstrahiert auf die Spielzettel dieses Flip-and-Write-Spiels gebracht, sondern findet sich mit diversen Sehenswürdigkeiten auch auf den Startkarten wieder, die erklärende (englischsprachige) Texte zu den wichtigsten Gebäuden und Museen enthalten. Über die QR-Codes auf den Karten können zusätzliche Informationen abgerufen werden. Das ist super gemacht!

Spielerisch orientiert sich Citytrip Brugge an bekannten Vertretern des Genres. Die Karten-Mechanik ist etwas an Welcome to ... angelehnt. Zufällige Kartenpaare bestimmen also die Aktionsmöglichkeiten, wobei die Aktionsauswahl über angrenzende Symbolfelder eine unverbrauchte Idee ist. So muss also in jedem Zug optimiert werden. Wie plane ich meine Route, was möchte ich, und vor allem, was kann ich besuchen? Da alle Spieler am selben Startort beginnen, ist es theoretisch möglich, das jeder während der gesamten Partie identische Aktionen durchführt und Wege abläuft. In der Praxis zeigt sich aber, dass sich die Wege der Spieler meistens schnell trennen, da sich jeder doch eigentlich nur auf sein eigenes Blatt konzentriert. Alle spielen gleichzeitig, Wartezeiten gibt es daher nur mit Grüblern, ansonsten ist das Spiel flott gespielt.

Zugegebnerweise dauert es mit Neulingen anfangs ein wenig länger. Das liegt nicht an irgendwelchen komplexen Regeln, sondern an der Tatsache, dass die Optionen vielfältig sind und man den Überblick behalten muss. So ist es mit den beiligenden Bleistiften manchmal ein wenig schwierig, noch zu erkennen, wo ich in der aktuellen Runde eine neue Strecke begonnen habe, was ich schon gewertet habe, und was nicht. Das bessert sich mit jeder Folgepartie; dann hat man die rein technische Seite besser im Griff. Vertrauen ins Spielverständnis der Mitspieler sollte man aber haben können, da man nicht jeden Spielzug jedes Spielers kontrollieren wird.

Citytrip Brugge spielt sich solo am flottesten. Schön ist es, dass da direkt 15 Kampagnen vorgeschlagen werden, die sich im Schwierigkeitsgrad zunehmend steigern. Ob ihr die angegebenen Siegpunkte erreicht, hängt natürlich auch immer ein wenig von den zufällig gezogenen Aktionskarten-Kombinationen und eurem aktuellen Standort ab. Das gilt auch für die Punktezahl im kompetitiven Spiel. Dabei mag sich das Spiel zunächst wie ein Multiplayer-Solospiel anfühlen, aber der Schein trügt, zumindest teilweise. Ja, die Aktionen finden solitär auf dem eigenen Blatt statt, aber es gibt glücklicherweise auch im Spiel Berührpunkte unter den Spielern, nämlich in Form der Missionen. Da gibt es Wettrennen, wer als erster Spieler bestimmte Orte besucht, da gibt es Mehrheiten-Wertungen am Spielende. Überhaupt sind es die Missionen, die eine schöne Varianz ins Spiel bringen. Die Missionskarten sind vielfältig und liefern in immer neuen Kombinationen immer andere Schwerpunkte für der ansonsten gleichbleibenden Stadtplan.

Noch mehr taktische Freiheiten entstehen durch die Zwei-Strecken-Variante oder auf dem roten Spielzettel, der individuelle Bonusaktionen ermöglicht. Das ist alles gut durchdacht, aber auch hier muss man ein wenig Übung haben, um alles zu berücksichtigen und nicht versehentlich einen Spielfehler zu machen. Die Anleitung führt recht gut durchs Spiel, allerdings gibt es Stellen, die noch präziser formuliert sein könnten. Vielleicht liegt es auch einfach an der (teils wortwörtlichen) Übersetzung ins Deutsche, dass kleine Fragen offen bleiben. So wird das Abstreichen von Punkten als „Löschen“ bezeichnet, an einer anderen Stelle spricht man vom „Zeichnen“ von sechs Startorten, was dem englischen „draw“ geschuldet ist, das in diesem Fall aber mit „Ziehen“ übersetzt hätte werden müssen.

Mir gefällt Citytrip Brugge in seiner Spielweise auf jeden Fall gut. Fürs Standardspiel mit 16 Karten vergebe ich gute 7 Kultpunkte. Fürs Solospiel bzw. die Fortgeschrittenen-Variante mit mehr Aufträgen und den freischaltbaren Bonus-Aktionen geht meine Tendenz sogar zu 8 Kultpunkten. Da braucht sich das in Eigenregie veröffentlichte Spiel nicht hinter ähnlichen Spielen wie z.B. Get On Board verstecken. An der Übersichtlichkeit auf dem eigenen Spielblatt könnte für künftige Editionen noch ein wenig gefeilt werden; manchmal sind die möglichen Wege nicht sofort zu erkennen, da sie teilweise von Symbolen verdeckt werden. Das Potenzial für viele weitere Städte, die auf diese spielerische Weise erschlossen werden, wäre hier auf jeden Fall vorhanden - ein ideales Merchandise-Produkt für die Tourismus-Branche also. Aber auch ohne Brügge je besucht zu haben, ohne die Stadt zu kennen, macht mir das Spiel als Freund solcher taktischen Wege-/ Aktions-Optimierungen genug Spaß, um es öfter auf den Tisch zu bringen.


VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/dGNf_BVs0CA

KULTFAKTOR: 7-8/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 7-8/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 30.11.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Citytrip Games
Weitere Fotos: Spielkultisten