REZENSION

CHIPBANDITEN

  • Genre: Würfelspiel
  • Jahr: 2023
  • Verlag: Eigenverlag
  • Autor: Michael Wybierek
  • Spieler: 2 bis 4
  • Alter: ab 8 Jahren 
  • Dauer: ca. 15 bis 20 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Taktiklevel: 3/10

Chips, die wie Würfel rollen

In drei verschiedenen Spielmodi mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad werfen wir in diesem Zockerspiel Zahlen-Chips, um möglichst viele Punkte zu machen. Dabei ist, neben einer klugen Aktionsauswahl, auch immer das nötige Glück entscheidend!

REGELN

Standardspiel (für 2 bis 4 Spieler):
Legt die 12 Zahlen-Chips (je 2x die Werte 1 bis 6) verdeckt in die Mitte und mischt sie gut durch. Jeder erhält ein Wertungsblatt. Ihr spielt abwechselnd.

Wer an der Reihe ist, sucht sich 6 zufällige Chips aus der Mitte aus, schüttelt sie in der geschlossenen Hand einmal gut durch und wirft sie dann. Chips, die mit der Rückseite nach oben gelandet sind, werden in eine obere Reihe gelegt, Chips, die eine Zahl zeigen, in eine untere Reihe. Nun wird das ganze mit den 6 weiteren Chips wiederholt, wobei die Auslagen klar voneinander getrennt werden, d.h. die ersten 6 Chips liegen links, die zweiten 6 Chips liegen rechts in der Anordnung, wie eben beschrieben.

Nun gilt es, zwei Chips mit Zahlen auszuwählen. Die daran geknüpften Aktionen werden absteigend ausgeführt, also die Aktion mit der größeren Zahl zuerst:
1 = Nimm zwei verdeckte Chips und wirf sie. Chips, die jetzt eine Zahl zeigen, werden auf die Aktionsübersichtskarte gelegt. Die Zahlen dürfen hinterher auf dem Wertungsblatt notiert werden. Diese Chips stehen dem nächsten Spieler in der Reihenfolge dann nicht zur Verfügung.
2 = Nimm eine offen ausliegende Zahl aus deiner Auslage und wirf den Chip neu. Zeigt er nun wieder eine Zahl, wird der Wert verdoppelt und so auf dem Wertungsblatt notiert, also z.B. 2x 5. Außerdem darf im Anschluss ein weiterer Chip auf diese Art geworfen werden.
3 = Wirf dreimal hintereinander den Chip mit der 3. Pro geworfener Zahl notierst du diese auf deinem Wertungsblatt.
4 = Decke drei verdeckte Chips auf. Alle ungeraden Zahlen darfst du behalten.
5 = Gib den 5er-Chip reihum an deine Mitspieler. Jeder wirft den Chip einmal. Wer eine Zahl würfelt, muss 5 Minuspunkte auf seinem Wertungsblatt notieren.
6 = Sichere alle Chips mit einer geraden Zahl, die auf der selben Seite liegen wie die gewählte 6 für die Aktion. Lege diese Chips zunächst auf die Aktionsübersicht.

Am Ende deine Zuges notierst du nun alle sichtbaren Zahlen auf deinem Wertungsblatt, und zwar stets auf der entsprechenden Seite (links / rechts), je nachdem, wo sich die Zahlen-Chips in der Auslage befinden. Zahlen von Aktion 1 dürfen auf einer beliebigen Seite notiert werden. Zahlen von Aktion 6 werden eingekreist und können im anschließenden Chipbanditen-Wurf nicht mehr gestohlen werden.

War jeder einmal am Zug, folgt dann der zweigeteilte Chipbanditen-Wurf, der für alle Spieler gilt. Mischt alle Chips und teilt sie in zwei verdeckte 6er-Gruppen. Werft die Chips nacheinander: 6 Chips für die links Seite und 6 Chips für die rechte Seite. Werden Zahlen geworfen, die mit notierten Zahlen auf dem eigenen Wertungsblatt auf der entsprechenden Seite übereinstimmen, werden diese Zahlen auf dem eigenen Blatt gestrichen (es sei denn, bestimmte Zahlen wurden durch Aktion 6 gesichert). Die verbliebenen notierten Zahlen liefern dann die Punkte für diese Runde, ggf. unter Berücksichtigung von Minuspunkten. Danach folgt die nächste Runde; der Startspieler wechselt nach jeder Runde.

Nach 5 Runden im Spiel zu zweit oder dritt bzw. 4 Runden im Spiel zu viert gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.

Schnelle Variante (für 2 oder 3 Spieler):
Alle Chips werden gemischt und verdeckt in die Mitte gelegt. Jeder zieht 3 zufällige Chips auf die Hand, sucht sich eine Zahl für die gewünschte Aktion aus und wirft die beiden anderen Chips. Eine Trennung in rechts und links gibt es jetzt nicht mehr. Die Aktionen werden dann wieder absteigend ausgeführt, heißt, die größte gewählte Zahl zuerst:
1 = Nimm zwei verdeckte Chips aus dem Vorrat und wirf sie. Chips, die eine Zahl zeigen, behältst du.
2 = Wähle einen der beiden Chips aus von denen, die du gezogen, aber nicht für die Aktion verwendet hast. Verdopple den Wert des Chips. Dazu muss der Chip aber offen ausliegen! Liegen beide Chips (durch Pech beim Werfen) verdeckt aus, kann die Aktion nicht durchgeführt werden!
3 = Wirf diesen 3er-Chip dreimal hintereinander. Für jede Zahl, die du wirfst, erhältst du drei zusätzliche Punkte.
4 = Gibt den 4er-Chip reihum an deine Mitspieler. Jeder wirft den Chip einmal. Wer eine Zahl würfelt, muss 4 Minuspunkte auf seinem Wertungsblatt notieren.
5 = Decke 2 zufällige Chips aus der Mitte auf. Chips, die eine gerade Zahl zeigen, behältst du.
6 = Nimm offen ausliegende Chips (nicht den gewählten Aktions-Chip!) von deinem linken Nachbarn und wirf sie. Chips, die nun eine Zahl zeigen, liefern dir die entsprechenden Zusatzpunkte. Die Chips gibst du anschließend zurück an deinen Nachbarn, der sie wieder offen vor sich auslegt.

Zum Schluss des eigenen Zuges wird nun doch der jeweils ausgewählte Aktionschip geworfen. Bleibt er auf der Zahlen-Seite liegen, sind das zusätzliche Punkte. Notiere alle Punkte von offen vor dir liegenden Chips. Waren alle Spieler reihum am Zug, werden die Chips neu gemischt. Nach 8 Runden gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten, ggf. unter Berücksichtigung eventuell vorhandener Minuspunkte.

Junior-Version (für 2 bis 4 Spieler, ab 5 Jahren):
Legt alle Chips verdeckt in die Mitte. Bist du am Zug, wählst du zwei zufällige Chips aus und wirfst sie. Chips, die nun eine Zahl zeigen, behältst du, indem du sie offen vor dir auslegst. Chips, die die Rückseite zeigen, werden zurück in die Mitte gelegt. Das geht reihum, bis alle Chips vergeben wurden. Ggf. kann es passieren, dass ein Spieler zum Schluss nur noch einen Chip werfen kann. Zählt nun die Punkte von euren Chips zusammen. Wer die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • trickreiche Chip-Optimierung
  • drei verschiedene Schwierigkeitsstufen
  • ideal für Zockerfans


CONTRA

  • der Glücksfaktor kann hier Fluch oder Segen zugleich sein
  • Anleitung könnte noch eine redaktionelle Bearbeitung vertragen

MEINUNG

Wer gern einmal etwas über den Tellerrand des Mainstreams schaut, hat vielleicht bei der einen oder anderen Spiele-Veranstaltung schon die kleinen Spiele von Michael Wybierek entdeckt. Michael Wybierek setzt seine Ideen komplett alleine um. Dahinter steckt keine Redaktion, dahinter steckt kein Verlag, dahinter steckt somit auch kein großer Vertrieb. Wer Google bemüht, wird dennoch eine Verkaufsquelle finden. Kein professioneller Verlag heißt dann auch: Beim Spielmaterial muss man gewisse Abstriche machen. Manches ist handgemacht oder improvisiert. So gibt es bei den Chipbanditen bedruckte Papp-Chips und keine vorgefertigten Wertungsblätter, aber das geht für ein Spiel aus dem Eigenverlag völlig in Ordnung. Die Anleitung versucht, den Ablauf möglichst genau zu beschreiben, auch mit Beispielen, wirkt dabei aber optisch etwas überladen. Da muss man sich dann etwas reinfuchsen, teils auch sprachlich. Eine redaktionelle Bearbeitung könnte hier noch eine Verbesserung darstellen.

Das Wichtigste bei einem Spiel ist aber die Spielidee. Michael Wybierek liebt es, mit wenig Material vielfältige Aktionen zu erzeugen, ohne dabei zu überfordern. Das galt auch in der Vergangenheit bei Kartenspielen wie 1A oder Würfelspielen wie Feixen. Als neckische Idee gibt es bei den Chipbanditen nun keine Karten oder Würfel, sondern die namensgebenen Chips, die wie Würfel in der Hand durchgeschüttelt und dann geworfen werden. Das Ergebnis eines Chips entspricht dabei quasi einem W6-Würfel, der drei Leerseiten und drei Seiten mit einer identischen Zahl zeigt.

So haben wir es also, egal in welcher Variante wir spielen, mit einem doppelten Glücksfaktor zu tun. Ich ziehe die Chips blind, weiß also vorher nicht, welche Zahlen ich da in der Hand halte. Und dann gibt es eine 50:50-Chance, dass die Zahl offen vor mir liegen bleibt. Grundsätzlich gilt hier: Je mehr Zahlen ich sehe, umso besser ist das für mich. Und wer da ein echter Pechvogel ist, und nur Rückseiten vor sich ausliegen hat, der kann auch mal leer ausgehen. Ja, gewisse Frustrationsmomente kann es da auch mal geben, wenn jemand wirklich das Pech an der Hand kleben hat. Damit muss man umgehen können. Meistens ist aber irgendetwas möglich.

Die Junior-Variante ist simples Punkte-Sammeln zum Einstieg. Die Version wird ab 5 Jahren empfohlen, wobei das Addieren der Zahlenwerte da meist noch nicht ohne Hilfe funktioniert. Ab 8 Jahren ist das kein Problem mehr.

Die schnelle Variante für 2 bis 3 Spieler ist da dann schon neckischer. Da suche ich mir aus drei zufällig gezogenen Zahlen eine Aktion aus. Da kann man etwas taktieren, manchmal aber auch einfach pokern, wenn man darauf hofft, mit den verbliebenen Chips dann auch Zahlen zu werfen, um eine daran geknüpfte Aktion ausführen zu können.

Die Standard-Variante, die dem Spiel ihren Namen gibt, ist für mich die reizvollste. Auch da muss ich zunächst darauf hoffen, möglichst viele Zahlen zu werfen. Auch da kann es tatsächlich Null-Runden geben, wenn man das Pech gebunkert hat. Mir ist es tatsächlich in einer Partie gleich zweimal passiert, dass ich mit alle 12 Chips nur wertlose Rückseiten geworfen habe! Unglaublich! Sind aber offene Zahlen dabei, dann ist eine kluge Aktionsauswahl gefragt, bei der es dann um die Frage geht, zusätzliche Möglichkeiten zu erschaffen, Punkte mit Glück zu verdoppeln oder Mitspielern Minuspunkte zu bescheren. Die Aufteilung in eine linke und rechte Hälfte sorgt dabei für zusätzlichen Thrill beim Banditenwurf - wieder glücksabhängig, ja. So muss ich dann einfach darauf hoffen, dass ein hoher Zahlenwert, den ich notieren konnte, in diesem Fall nicht als Bandit sichtbar wird. Schnell wird aber auch hier klar: Je mehr Zahlen ich notieren konnte, umso größer sind meine Chancen, Punkte zu machen.

Die Optimierung der Zahlen-Ergebnisse, das Bangen um erspielte Punkte  - das ist dann, einmal verstanden und verinnerlicht, kurzweilig und mir, in der richtigen Zielgruppe, ein gutes 7 Punkte-Potenzial wert. Schön ist es auch, dass man den Schwierigkeitsgrad an die eigenen Bedürfnisse anpassen kann. Fakt ist aber auch, und das noch mehr als bei anderen kleinen Spielen von Michael Wybierek: Wer hier von Fortuna komplett übergangen wird, der hat das Nachsehen und kann dagegen dann auch wenig tun. Passiert einem das öfter, möchte man für sich vielleicht einen Kultpunkt abziehen, da es da kein Sicherheitsnetz für Pechvögel gibt. Es ist also tatsächlich ein doppeltes, in der Banditen-Version sogar ein dreifaches Spiel mit dem Glück. Da das alles recht flott gespielt ist, kann man aber immer eine Revanche einfordern.

Als kleines Spiel mit wenig Material fügen sich die Chipbanditen gut ins Eigenverlag-Programm von Michael Wybierek ein: Eine sympathische Idee wird mit neckischen Aktionen verknüpft. Das Chip-Würfeln ist unverbraucht und besonders allen Glücksrittern zu empfehlen!

Hinweis: Wer Interesse an einem Kauf des Spiels hat, und es vergeblich in den gängigen Online-Shops oder beim Spielehändler sucht:  Kontaktiert einfach Michael Wybierek per Mail: [email protected]

KULTFAKTOR: 7/10*

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 5/10
Spielablauf: 6-7/10

* in Partien mit wiederholtem Würfel-Pech ggf. 6/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 28.06.2023

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Michael Wybierek
Weitere Fotos: Spielkultisten