REZENSION
BUNNY KINGDOM
- Genre: Taktikspiel
- Jahr: 2017
- Verlag: iello / im Vertrieb von Hutter Trade
- Autor: Richard Garfield
- Grafik: Paul Mafayon
- Spieler: 2 bis 4
- Alter: ab 12 Jahren
- Dauer: ca. 45 Minuten
- Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
- Taktiklevel: 7/10
Königliche Kaninchen knabbern Karotten
Durch Kartenauswählen und Weitergeben (Draften) erweitern wir unser Einflussgebiet, um möglichst viele Punkte zu bekommen. Das klingt relativ bekannt? Aber diesmal spielt ihr mit Hasen! Und die sind doch sooooo niedlich ...
SPIELKULT CLASSICS
In dieser neuen Rubrik findet ihr ab sofort Rezensionen früherer SPIELKULT-Jahre, die es bislang nicht auf unsere 2021 neu gestaltete Webseite geschafft haben, die wir euch aber nun nach und nach, so wie ihr es euch gewünscht habt, noch einmal vorstellen möchten.
REGELN
Ihr sollt eure Lehen (Grundbesitze) stark und wohlhabend machen sowie nebenbei noch des Königs Wünsche erfüllen. Damit es hierbei kein Chaos gibt, wurde das zu erschließende Land auf dem Spielbrett mit einem Koordinatensystem versehen, sodass jedes Gebiet durch einen Buchstaben und eine Zahl eindeutig definiert ist, quasi wie beim "Schiffe versenken". Liegt das Brett flach auf dem Tisch, so können die Spieler auf jede abgebildete Stadt eine der kleinen Plastikstädte mit einem Turm setzen. Jeder Spieler erhält die Hasenfiguren seiner Spielerfarbe und eine Übersichtskarte (Rechenhilfe). Alle Karten werden gemischt. Die restlichen Gebäude werden neben dem Spielplan bereit gelegt.
Die Spieler erhalten (bei 4 Spielern) 10 oder (bei 3 Spielern) 12 Karten. Bei 2 Spielern gibt es ein paar Sonderregeln, die ich am Ende erläutere.
Es werden 4 Runden gespielt, in denen alle Handkarten aller Spieler ausgespielt werden. Zunächst sucht sich jeder Spieler zwei von seinen Karten aus. Dies geschieht verdeckt und gleichzeitig. Dann decken alle Spieler ihre zwei Karten auf und arbeiten diese ab, was meist auch gleichzeitig geschieht. Dann wandern die übrigen Handkarten an den linken Nachbarn. Von rechts erhält der Spieler natürlich Karten, da er ja für seinen rechten Nachbar der linke Nachbar ist. Von diesen Karten suchen sich die Spieler wieder zwei Karten aus, welche dann gespielt werden. Die Karten werden wieder weitergegeben usw., bis alle Handkarten weg sind. Dann folgt eine Wertung der Lehen.
Dies wird viermal wiederholt, wobei nicht der ganze Kartenstapel verbraucht wird, und deswegen einmal gespielte Karten in einer Partie nicht wieder auftauchen können.
Jetzt, da ihr euch voller Spannung fragt, wie denn nun Lehen und Schriftrollen in den Besitz der Spieler kommen, möchte ich euch ein wenig über die Karten erzählen. Es gibt verschiedene Kartenarten. Es gibt Gebietskarten, Gebäudekarten und Schriftrollen. Eine Gebietskarte zeigt die Koordinaten eines Gebiets. Spielt ihr eine Gebietskarte, so wird sofort eine eurer Hasenfiguren auf das Gebiet gestellt. Es gibt verschiedene Gebiete: Meere, Äcker, Berge, Wiesen und Städte finden sich auf dem Brett. Während Äcker Karotten produzieren, Meere Fisch enthalten, Wälder Holz und Städte immer Städte mit einem Turm sind, sind Wiesen und Berge leer. Wofür Waren und Städte gebraucht werden, folgt gleich.
Zunächst schauen wir uns die Gebäude an. Wird eine Gebäudekarte gespielt, so legt der Spieler das entsprechenden Gebäude auf diese Karte und wartet, bis alle Karten dieser Runde gespielt wurden. Dann darf der Spieler alle seine Gebäude bauen. Ein Gebäude darf auf ein Gebiet mit eigenem Hasen ohne anderes Gebäude gebaut werden. Manche Gebäude haben auf ihren Karten bestimmte Landschaften vermerkt, auf welchen sie gebaut werden müssen. Es gibt verschiedene Gebäude. Städte haben 1, 2 oder 3 Türme und erhöhen die Punkte, die ein Lehen ausschüttet. Es gibt Gebäude, welche die drei Basisrohstoffe produzieren (Fisch, Holz oder Karotten), und Gebäude, welche Luxusgüter (Perlen, Gold, Gewürze u.v.m.) produzieren. Auch Waren erhöhen die Punkte, die ein Lehen einbringt. Riesentürme erlauben es zwei weit entfernte Gebiete so zu behandeln, als ob sie benachbart wären. Lager erlauben es irgendein Gebiet mit einem Hasen zu belegen, bis ein Spieler dieses Gebiet mit der Gebietskarte beansprucht.
Da die Lehen so oft erwähnt werden, wird es Zeit zu klären, was Lehen sind. Lehen sind zusammenhängende benachbarte Gebiete, welche vom selben Spieler besetzt sind. Jede Runde werden diese gewertet, indem die Anzahl der Türme in Lehen mit den verschiedenen Waren, welche dort produziert werden, multipliziert werden. Als Beispiel: Befinden sich sowohl eine Stadt mit einem Turm als auch eine Stadt mit zwei Türmen im Lehen, und im Lehen werden Karotten und Holz hergestellt, so sind dies (3 mal 2 =) 6 Punkte.
Die letzte Kartenart sind Schriftrollen. Diese Karten werden beim Ausspielen nicht gezeigt, sondern bis zum Spielende geheim gehalten. Am Spielende bringen die Schriftrollen Punkte entsprechend ihrer Beschreibung, z.B. 1 Punkt pro eigenem Wald, 10 Punkte, wenn 9 Städte besetzt sind etc.
Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.
Solltet ihr nur zu zweit spielen, so bekommt jeder Spieler 10 Karten auf die Hand und 10 Karten als Stapel vor sich. In jedem Zug ziehen die Spieler eine Karte vom Stapel auf die Hand und wählen dann eine Karte, welche abgeworfen und eine, die gespielt wird. Dann werden die Handkarten getauscht. Alles andere läuft genau wie bei 3 oder 4 Spielern ab.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- schöne Gestaltung
- leicht zu erlernen
CONTRA
- zu viert sehr zufällig
- Gebiete zu klein
MEINUNG
Bonbonhafte Bunnys bringen uns das Koordinatensystem und das kleine Einmaleins bei. So könnte ich das Spiel sehr pädagogisch betiteln, was allerdings dem Spiel nicht ganz gerecht würde. Allerdings sind die bonbonhaften Bunnys, also die bunten Hasenfiguren, die kleinen Plastikstädte und die tolle Grafik der Karten sicherlich ein Hingucker, sodass es kein großes Problem ist, Mitspieler für Bunny Kingdom zu finden. Da passt es gut, dass die Einstiegshürde auch nicht besonders hoch ist. Das "12+" auf der Schachtel ist bestimmt auch eher den verschluckbaren Kleinteilen geschuldet als der Schwierigkeit ...
Der Ablauf ist relativ einfach. Alte Spielhasen kennen das Draften, also Auswählen von Karten und den Rest weitergeben, schon. Neue Spieler verstehen aber auch schnell, was sie machen müssen: Zwei Karten auswählen, die Karten ausführen, Handkarten weitergeben. So geht das Spiel relativ flott, auch wenn ab und an kurz etwas gelesen werden oder jemand eine Entscheidung fällen muss. Alle Spieler dürfen ihre Entscheidungen und Aktionen zeitgleich ausführen. Das spart natürlich Zeit, sodass das Spiel selbst mit 4 Spielern durchaus in 45 bis 60 Minuten zu spielen ist.
Und trotzdem empfehle ich das Spiel nicht mit 4 Spielern zu spielen. Mit 4 Spielern seht ihr jede weitere Kartenhand in einer Runde nur einmal. Von dieser dürft ihr je zwei Karten aussuchen. Ihr könnt nicht planen, welche Karten vielleicht noch diese Runde zu euch kommen. Dies ist z.B. in 7 Wonders möglich, da für eine Spieleranzahl die Karten eines Zeitalters immer gleich sind. Bei Bunny Kingdom kommen einige Karten gar nicht erst ins Spiel, sodass einfach genommen werden muss, was kommt. So eine hohe Unplanbarkeit ist mir persönlich zu wenig taktisches Spiel. Mit 3 Spielern ist das dann besser, sodass ich spekulieren kann, welche Karten die anderen Spieler wählen werden und welche nicht. Mit 3 Spielern hat mit Bunny Kingdom am meisten Spaß gemacht. Mit zwei Spielern funktioniert das Spiel auch gut, wird aber dann schon recht strategisch, zumindest über die Runde hinweg. Es kann gut geschätzt werden, welche Karten der Gegner wählen wird und welche man selbst wählen sollte.
Beim Auswählen der Karten hilft die Gestaltung sehr. Nicht nur findet sich die Ware, die eine Landschaftsart produziert, als Symbol auf der Karte, sondern auch das große Bild der Landschaft zeigt klar, um welche Landschaft es sich handelt und was diese produziert. Für Leute, die nicht so gerne kopfrechnen, gibt es eine Rechenhilfe in Form einer Tabelle für jeden Spieler. So können, denke ich, auch 10-jährige Bunny Kingdom schon bewältigen. Gebäude wurden so gestaltet, dass sie nicht die Symbole auf dem Spielbrett verdecken sollen - zumindest nicht ganz. Städte neigen dann doch dazu, Waren auf ihren Feldern zu verdecken. Dies ist beim Werten der Lehen recht unübersichtlich. Die knallbunten Häschen helfen schon beim Unterscheiden, zu wem welches Gebiet gehört, aber das ganze wäre etwas handlicher, wenn das Spielbrett nur ein bisschen größer wäre. Dafür wäre auf dem Spieltisch und in der Schachtel sicherlich noch Platz gewesen. Dies hat der Verlag iello auch erkannt, und so wurde die zweite Edition mit einem größerem Spielbrett ausgestattet.
Besonders innovativ ist einfaches Kartenauswählen und das Bilden von zusammenhängenden punkteträchtigen Arealen auf einem Brett sicher nicht. Das hinter der Hasengestaltung auch nur ein sehr gewöhnliches Thema (mittelalterliches Königreich aufbauen) steht, hilft da auch nicht. Zum Glück gibt es die Schriftrollenkarten, um das Spiel zu würzen. Schriftrollen können von den Gegnern nur geschätzt werden, da diese bis zum Spielende verdeckt gehalten werden. Die Karten geben meist Punkte unter bestimmten Bedingungen (produziere 8 Holz) oder geben Punkte für bestimmte Spielelemente (2 Punkte pro produziertem Holz). Sie machen Bunny Kingdom nicht nur interessanter, weil es geheime Punkte am Spielende gibt, sondern stellen jeden Spieler plötzlich vor die Entscheidung, ob er Karten passend zu seinen Schriftrollen wählen oder eher seine Lehen erweitern sollte, damit diese mehr Punkte bringen. Beide Strategien können ein Weg zum Sieg sein. Somit bietet Bunny Kingdom mehr wichtige Entscheidungen, als es zunächst den Anschein hat.
Ein Spiel, welches ganz gut mit Bunny Kingdom verglichen werden kann, ist Schatzjäger (erschienen bei Queen Games). Es stammt vom selben Autor und basiert auch auf dem Prinzip des Draftens. Schatzjäger hat mir persönlich im Vergleich etwas besser gefallen, weil die Spieler da nicht so schrecklich viel rechnen müssen. Sicher, bei Bunny Kingdom" fällt das Rechnen auch nur an, wenn gewertet wird, aber dies ist dann eine recht trockene Buchhaltung und macht das Spiel für die knackige Spieldauer für mich etwas zu aufwändig. Ich bin wirklich kein Zahlenmuffel, aber die Rechenorgien am Spielende waren für mich doch schon etwas lästig. Die stehen dann auch im Gegensatz zum ansonsten eher flott dahinfließenden Rundenablauf.
Fazit: Bunny Kingdom ist sehr schön anzusehen und hat gut durchdachtes imposantes Spielmaterial. Mit 2 und 3 Spielern ist es ein einfach zu lernendes Taktikspiel, welches auf dem Mechanismus der Kartenauswahl (Draften) basiert. Ohne große Schnörkel unterhält es gut und bietet auch genügend Spieltiefe, obwohl es familientauglich ist - vorausgesetzt, man scheut sich nicht vor etwas Kopfrechnen. Dafür gibt es noch gute 7 Kultkarotten. Mit 4 Spielern ist das Spiel für mich persönlich jedoch nicht planbar genug, um es euch ohne Einschränkungen empfehlen zu können - da müsst ihr selbst entscheiden, wie viel taktischen Einfluss ihr benötigt, um ein Spiel gut zu finden.
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 6/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10
EUER REZENSENT
LUTZ
Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast
Eine Rezension vom 06.06.2018,
erneut veröffentlicht am 20.04.2023
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: iello / Hutter Trade
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