REZENSION

BOONLAKE

  • Genre: Strategiespiel
  • Jahr: 2021
  • Verlag: dlp Games
  • Autor: Alexander Pfister
  • Grafik: Klemens Franz
  • Spieler: 1 bis 4 
  • Alter: ab 14 Jahren
  • Dauer: ca. 40 pro Spieler
  • Schwierigkeitsgrad: hoch
  • Taktiklevel: 7/10

Terraforming Wild West

 Auf geht es nach Boonlake und in andere unbebaute Landschaften, wo wir unsere Häuser bauen, Siedlungen gründen und unsere Kühe grasen lassen können. Die Aktionswahl in deinem Zug erlaubt es dir, eine der vielen Karten zu spielen, den Fluss hinunter zu fahren, aber vor allem erlaubt dein Zug auch den Gegnern eine Aktion. 

REGELN

Boonlake spielt in einem Wildwest-Siedler-Setting, aber in einer fiktiven Welt. Durch verschiedene Karten versuchen alle Spielenden verschiedene Boni und Vorteile zu sammeln, mit denen sie ihre Häuser und Kühe platzieren sowie Aufträge erfüllen. 

Dies wird durch einen Aktionsauswahlmechanismus gesteuert, aber fangen wir am Anfang an. 

Der Spielplan erhält ein paar Startlandschaften. Jeder bekommt ein Spieler-Tableau, welches mit vielen Häusern, Rindern und Kühen bestückt wird. Weiterhin findet sich ein Fluss mit zwei Booten auf dem Tableau. Wichtig ist noch, dass jeder Spieler Projektkarten erhält. Es gibt noch ein paar Startmünzen und Bewohner. Jeder wählt zudem ein Wertungsplättchen, sodass es 4 Wertungsplättchen gibt, welche auf dem Spielplan offen ausliegen. 

Im Prinzip kann es jetzt schon losgehen. 

Wer am Zug ist wählt eine Aktion vom Aktionstableau. Dort liegen die Aktionen in Form von Streifen aus. Wird ein Streifen gewählt, so wird er unten an die Aktionen angelegt und die darüber liegenden Aktionsstreifen wandern nach oben. Je weiter oben ein Streifen ist, desto mehr Flussschritte bringt er; da dies aber erst nach der Aktion wichtig ist, kümmern wir uns erst um die möglichen Aktionen. 

Fast alle Streifen erlauben das Ausspielen oder Verkaufen einer Karte. Beim Verkaufen wird einfach eine Karte abgelegt und dann gibt es 2 Münzen. Beim Ausspielen einer Karte müssen die darauf abgebildeten Münzen und Vasen bezahlt werden. Lehm, Indigo, Stein und Holz müssen nur zur Verfügung stehen. Dies geschieht entweder, indem vorher entsprechende Fabriken gebaut wurden, oder durch geschicktes platzieren der Boote auf dem eigenem Tableau, manchmal kostet das Versetzen der Bote Geld. Wurden die Kosten bezahlt, so wird die Karte vor einem ausgelegt und bringt einen einmaligen Bonus (z.B. Geld, Fabrik, Hebel, etc.) oder einen permanenten Vorteil (z.B. mehr Geld beim Kartenverkauf). Karten bringen auch Punkte am Spielende. 

Übrigens kann auch immer, statt eine Karte auszuspielen, auch ein Sondergebäude, welches auf einem Wertungsplättchen abgebildet ist, gebaut werden. Diese Gebäude sind in der Regel besonders teuer, bieten aber auch viele Punkte. 

Dann folgt auf dem Aktionsstreifen eine Aktion für den Spieler, der diesen Streifen gewählt hat. Diese wird abgehandelt, und dann kommt noch eine Aktion - diese ist aber dann für alle Spieler. 

Es gibt recht viele verschiedene Aktionen. Beim Entdecken werden neue Plättchen auf das Brett gelegt, welche Bonussymbole abdecken. Letztere bringen dann Geld, Karten oder Bewohner. Diese neuen Plättchen zeigen Bauplätze. Bauplätze können bei der Aktion „Erschließen“ dann mit Bewohnern besetzt werden. Dies bringt meist eine Belohnung, manchmal kostet das Erschließen auch Münzen, weil die Belohnung so gut ist. 

Auf dem Spielbrett platzierte Bewohner können mit einer Aufwertung durch ein Haus ersetzt werden. Dies kostet einen weiteren Bewohner. Das Haus kommt vom eigenen Spieler-Tableau und schaltet Einkommen frei, sowie Punkte. 

Hat ein Haus auf seinem und angrenzenden Feldern mindestens 3 andere Holzfiguren (Rinder, Bewohner, Häuser, Siedlungen), so kann das Haus für 2 Bewohner beim Aufwerten durch eine Siedlung ersetzt werden. Dies schaltet wieder Einkommen frei und bringt in den Zwischenwertungen Punkte. Vorsicht ist aber geboten, denn wer in derselben Region 2 Siedlungen errichtet, muss Punkte bezahlen. 

Durch Viehzucht können auch Rinderweiden statt Bauplätze gelegt werden. Rinder werden auf Weiden durch die Rinderaktion platziert. Jedes Rind, das auf die selbe Weide gestellt wird, kostet mehr Bewohner als das vorige. Beim Einsetzen bringen Rinder für Häuser Münzen, bei der Zwischenwertung für Siedlungen Punkte. Platzierte Rinder legen auf dem eigenem Tableau auch wieder Einkommen frei. 

Natürlich gibt es auch eine Aktion, um neue Bewohner zu sich zu holen.
 

Es gibt auch noch die Aktion „Gebietswertung“, bei der eine Region einen Bonus für den Aktivierenden ausschüttet, und dann gibt es für alle Mitspielenden pro Holzfigur in den übrigen drei Regionen je eine Münze. 

Die letzte wichtige Aktion ist der Fortschritt. Auf dem Spielertableau finden sich 12 Plätze für Hebel. Beim Fortschritt darf so ein Hebel gekauft werden. Jetzt kann einmal vor jeder Wertung dieser Hebel seinen Vorteil aktivieren, z.B. Rabatt beim Kartenauslegen, Münzen, Boote bewegen etc. 

Nach dem Abhandeln des Aktionsstreifens gibt die Position des Streifens an, wie weit dein Schiff fahren darf. Durch das Spielbrett fließt ein Fluss, welcher voller Felder ist, die Boni versprechen. Wessen Schiff (nicht mit den Booten verwechseln) auf ein Feld kommt, der bekommt den gezeigten Bonus. Wird eine Schleuse zum ersten Mal von einem Schiff überquert, dann gibt es eine Zwischenwertung für alle. Bevor wir die durchführen, wird noch schnell die Lücke durchs Herausnehmen des Aktionsstreifens geschlossen und der Aktionsstreifen unten angelegt. 

Bei der Zwischenwertung gibt es Gratis-Aktionen und Einkommen. Das wäre ja recht schön, wenn nicht auch eine Mission erfüllt werden müsste. Hierbei muss jeder ein Ziel auf einem Zwischenwertungs-Plättchen wählen. Wer die Bedingung darauf erfüllt, bekommt Punkte, und wer diese nicht erfüllt, bekommt Punkte abgezogen. In der 1. /2. /3. /4. Wertung gibt es 1 /2 /3 /4 Punkte dazu oder als Minuspunkte. So muss jeder jedes Zwischenwertungs-Plättchen einmal im Spiel nutzen. Regions-Boni und Hebel werden nach einer Wertung zurücksetzt. 

Nach der 4. Zwischenwertung kommt eine Schlusswertung. Dabei gibt es Punkte für die gesammelten Hebel, Karten mit Spielende-Wertung und das Platzieren vieler Holzfiguren. Wer die meisten Siegpunkte besitzt, hat den Siedlern am Boonlake besonders viel Fortschritt gebracht. 

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • wenig Wartezeit
  • klare Symbole
  • belohnendes Spiel


CONTRA

  • zu viele Züge 
  • unnötige Aufträge 

MEINUNG

Wir siedeln uns rund herum um Boonlake an. Dafür bereiten wir das Land vor, setzen Bewohner, dann Häuser und dann Siedlungen ein. Idealerweise werden diese von Rinderweiden, die auch tatsächlich Kühe haben, umschlossen. Dabei legen wir uns eine Sammlung von Gebäude- und Personenkarten zu. Diese Personen werden dann in unseren Siedlungen wohnen - vermute ich zumindest ...

Boonlake hat zwei prägende Mechanismen: zum einen die Auswahl der Aktionsstreifen. Der Streifen bestimmt, welche Karte gespielt, welche Aktion privat und welche von allen ausgeführt wird, zusätzlich bestimmt er auch, wie weit ich auf dem Fluss reise. Der Fluss gibt zum einen verschiedene Boni, aber er bestimmt auch, wie schnell die Zwischenwertungen kommen. Der andere Mechanismus sind die vielen Karten. Diese brauchen bestimmte Rohstoffe und bringen verschiedene Erträge.

Die Aktionswahl ist clever und es fühlt sich schon gut an, wenn ich selbst jede Aktion des Streifens nutzen kann und andere bei der allgemeinen Aktion passen müssen. Durch die allgemeine Aktion auf jedem Streifen passen auch immer alle auf, was im Zug des anderen geschieht. Dies verkürzt die Wartezeit. Natürlich sollten dafür alle auf Zack sein und nicht träumen. Bei solchen Spielen empfehle ich, dass jemand immer bei allen nachfragt, ob sie die Aktion schon gemacht haben, damit nicht alle dann doch wieder warten müssen.

Die Streifenwahl ist nicht trivial, weil vielleicht ein bestimmter Bonus vom Fluss gebraucht wird oder eine bestimmte Karte gespielt werden soll. Darum ist es meist nicht die Entscheidung gegen die Mitspieler, sondern für den eigenen Zug, die die Wahl antreibt, denn in Boonlake gibt es genug Zusammenhänge und Regeln, die ich behalten muss, da kann ich nicht noch schauen, was andere alles so brauchen. Als Fan von den Klassikern Puerto Rico und San Juan, hätte ich mir gewünscht, dass es etwas leichter ist, eine Wahl zu treffen, deren Konsequenzen mir auch für alle anderen Spieler klar ist. Vielleicht kommt dies ja im Bereich der zweistelligen Partien-Anzahl.

Die sehr gute Symbolsprache bei Boonlake macht es etwas leichter, die vielen verschiedenen Symbole und Aktionen zu behalten, wenn diese einmal erklärt sind. Diese sind wirklich gut gemacht, wie auch das stabile Spielmaterial.

Besonders ins Auge fällt die Gestaltung der vielen Karten. Dort finden sich im Comic-Stil verschiedene Gebäude und Leute, die mit ihrem fiktiven Western-Stil schon cool aussehen. Diese vielen Karten bringen ein wenig Abwechslung, denn ich beginne jede Partie mit anderen Karten. Es gibt Karten, um leichter Hebel zu bauen oder schnell Geld oder Rabatte oder Einkommen zu erhalten etc. Die vielen verschiedenen Karten erwecken fast das Gefühl, dass Terraforming Mars eine Patenschaft übernommen hat. Die Karten sind aber etwas weniger prägend für den Spielverlauf, als beim sehr populären Terraforming Mars. Immer noch bestimmen die Aktionsstreifen, wie das Spiel voranschreitet. Vielleicht habe ich diesmal direkt mal am Anfang viel Geld oder Bewohner, aber im Prinzip ist der Weg zum Ziel klar. Dieser Eindruck entsteht dadurch, dass schon in der ersten Partie das eigene Tableau weitgehend leer geräumt wird. Es stehen meist noch 3 oder 4 Figuren darauf. Ich habe auch schon in der zweiten Partie leere Tableaus gesehen. 

Ich dachte, eine wichtige Stellschraube wäre dann der Fluss. Sich auf dem Fluss zu beeilen, um den Gegnern weniger Züge zu lassen, scheint dabei jedoch nicht viel Einfluss zu haben. Ich habe tatsächlich probiert, auf dem Fluss immer relativ große Schritte zu machen, weil ich dadurch hoffte, anderen Spielenden ihre Aufträge zu vermiesen, aber niemand kam dabei wirklich ins Schwitzen. Zum einen wurden die Aufträge meist rechtzeitig erfüllt, und bei Endpunktezahlen von über 100 Punkten können die 1, 2 oder 3 Minuspunkte, die es für nicht erfüllte Aufträge gibt, ruhig in Kauf genommen werden. Es sollte nur sichergestellt werden, dass der eigene Auftrag in der vierten Runde erfüllt wird, denn dies bringt immerhin 8 Punkte. Aber in Summe fühlen sich die Aufträge einfach unnötig an. Bei einem Spiel wie Boonlake, welches einfach viele Regeln hat, wäre das Weglassen der Aufträge schon eine Erleichterung gewesen.

Durch das Einsetzen fast aller eigenen Holzfiguren in beinahe alle Partien und das relativ sichere Erfüllen der Aufträge fühlt sich Boonlake so an, als ginge es einige Züge zu lang. Dies sorgt auch dafür, dass alle Punktequellen irgendwie angezapft werden können - Kühe, Siedlungen, Karten und Hebel. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich mich auf ein Element spezialisieren sollte, wodurch sich das Endresultat des Spiels immer ähnlich anfühlt, auch wenn ich am Anfang ganz andere Karten gespielt habe. Einher damit geht, dass Boonlake auch eher 60 Minuten pro Spieler benötigt als 40 Minuten, wie auf der Schachtel angegeben.

Boonlake ist kein schlechtes Spiel. Die Entscheidungen, welche die Aktionen bieten, sind interessant. Sich einen Plan für die eigenen Handkarten zurechtzulegen ist ebenso interessant, und dabei müssen noch die Boote und Fabriken mit eingeplant werden. Auch das Bevölkern der Landkarte macht Spaß, aber ich habe ja oben auch etwas gemeckert. Somit bringt für mich Boonlake nicht ganz die Leistung, die ich für ein Spiel mit diesem Regelaufwand erwarte, und zwar gerade vom Autor Alexander Pfister. Vielleicht liegt dies an meiner Erwartungshaltung, aber Spiele wie Great Western Trail, Mombasa (demnächst überarbeitet als Skymines bei Deep Print Games) oder auch CloudAge fühlten sich einfach weniger nach Standardkost an. Im Anbetracht dieses Hintergrunds bekommt Boonlake von mir 6 von 10 Rindern.

KULTFAKTOR: 6/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 5/10

EUER REZENSENT

LUTZ

Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast

Eine Rezension vom 15.06.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: dlp Games
Weitere Fotos: Spielkultisten