REZENSION

BLÄTTERRAUSCHEN

  • Genre: Würfelspiel
  • Jahr: 2020
  • Verlag: KOSMOS
  • Autor: Paolo Mori
  • Grafik: Elli Jäger
  • Spieler: 2 bis 6
  • Alter: ab 8 Jahren
  • Dauer: ca. 20 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Taktiklevel: 3/10

Das Wald-Katasteramt

Ein Waldspaziergang hat zu jeder Jahreszeit etwas zu bieten: Blumen, grüne Bäume, reifes Obst, Pilze, buntes Laub, Mücken, Schlangen, Bären und Elche. Und diese ganze Waldunordnung packen wir jetzt in kleine Boxen, damit Ordnung herrscht und wir uns Punkte holen. Die Größe jeder Box wird jedoch ausgewürfelt.

REGELN

"Blätterrauschen" ist ein Würfelspiel, bei dem wir jede Runde die Größe eines Vierecks erwürfeln, mit dem wir einen Wald in kleine Sektoren einteilen, tatsächlich nicht um Ordnung zu schaffen, sondern Punkte zu holen. Und in jedem Spiel können wir uns für eine der vier Jahreszeiten entscheiden und dann den Wald in dieser besuchen.

Der Aufbau ist denkbar einfach. Die beiden Würfel werden bereit gelegt. Jeder Spieler bekommt einen Stift. Die Spieler entscheiden sich für eine Jahreszeit und alle Spieler bekommen je ein Blatt vom großen Abreißblock dieser Jahreszeit. Jeder Spieler legt eins der gelben Startfelder für sich fest, wobei jeder Spieler ein anderes wählen muss. Jetzt geht es auch schon los.

Ein Spieler würfelt, und alle Spieler tragen das Ergebnis auf ihrem Zettel gleichzeitig ein. Auf den Würfel befinden sich Zahlen im Wert von 1 bis 4. Die 2 und 3 sind zweimal vorhanden. Die beiden Würfel geben die Kantenlängen des Rechtecks vor, welches eingezeichnet werden muss. Also wurde eine 2 und eine 4 gewürfelt, so muss jeder Spieler ein 2 mal 4 oder 4 mal 2 großes Rechteck auf seinem Zettel eintragen. 

Der Zettel zeigt Kacheln mit vielen verschiedenen Symbolen. Das erste Rechteck jedes Spielers muss sein Startfeld beinhalten. Jedes folgende Rechteck muss ein schon vorhandenes Rechteck berühren, wobei diagonal nicht reicht, Überschneidungen sind nicht erlaubt.

Sobald das Viereck gezeichnet wurde, muss der Spieler sich für ein (!) Symbol darin entscheiden. Jede Kachel im Viereck, die dieses Symbol zeigt, wird angekreuzt und es wird unten im Wertungsbereich die Anzahl der angekreuzten Symbole festgehalten. Dann wird das Gebiet, als Erinnerung, dass es schon gebraucht wurde, komplett durchgestrichen.

Kann oder will ein Spieler ein Viereck nicht eintragen, weil es nicht mehr passt oder ungünstig ist, so muss sich dieser Spieler einen Fehlwurf notieren, der 3 Punkte Abzug am Spielende bedeutet. Bei sechs Fehlwürfen ist das Spiel für diesen Spieler vorbei. Um dies zu vermeiden, darf ein Spieler vor jedem Würfelwurf aussteigen und das Spiel für sich beenden. Einmal im Spiel darf ein Spieler zudem einen Würfel für sich als beliebige Zahl behandeln.

Jede Jahreszeit hat eigene Besonderheiten und Regeln. Es gibt zwar in jeder Jahreszeit einen Fluss, aber manchmal wird dessen Überquerung bestraft, dann wieder belohnt, unmöglich oder der Fluss wird einfach ignoriert. Je eine der 2er auf den Würfeln zeigt eine Wolke. Diese bedeutet auch in jeder Jahreszeit etwas anderes, so bestimmt sie im Frühling den Wert von Schösslingen, im Sommer ob Bäume oder Glühwürmchen angekreuzt werden dürfen, im Herbst muss im Viereck ein Sturm sein und im Winter braucht man mehr Schneeglöckchen als Wolken.

Auch ist die Wertung der Symbole sowohl innerhalb als auch zwischen den Jahreszeiten unterschiedlich. Im Frühling gibt es für jeden Baum einen Punkt, aber bei 10 oder mehr Bäumen gibt es 5 Extrapunkte. Schmetterlinge müssen in gerade Anzahl vorhanden sein und die Anzahl der Blumen gibt den Wert der Bienen vor. Im Sommer werden verschiedenen Obstsorten miteinander multipliziert, während man tunlichst Mücken vermeidet, denn dann gibt es 15 Punkte. Im Herbst geben Paare aus Laub und Baum Punkte und Pinienzapfen in Quartetten, während im Winter einsame Polarfüchse und verschneite Bäume Punkte bringen.

Haben alle Spieler das Spiel für sich beendet, indem sie ausgestiegen sind, oder sechs Fehlwürfe gesammelt haben, endet das Spiel. Jeder Spieler rechnet die Punkte für seine angekreuzten Symbole aus und dann gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten. 

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • sehr hübsch
  • leichte Regeln
  • unterschiedliche Jahreszeiten
  • kaum Wartezeit


CONTRA

  • wenig Interaktion
  • langfristig wenig Variation

MEINUNG

Spazierengehen und Brettspiele für kleine Spielgruppen sind vermutlich zwei Hobbys, die viele in den Tagen der Pandemie für sich neu entdeckt haben. Mit "Blätterrauschen" können die beiden kombiniert werden, denn die Gestaltung des Spiels lässt uns in allen vier Jahreszeiten durch einen Wald wandern und verschiedene Tiere und Pflanzen bestaunen.

Die Spielmechanismen haben damit allerdings nichts zu tun. Zwei Würfel werden geworfen und jeder nutzt das Ergebnis. Ein freies Waldgebiet wird entsprechend der Würfelergebnisse in Rechtecke unterteilt, als seien wir Archäologen oder eine Art Katasteramt. Und wir kreuzen Symbole an, immer nur eins pro Rechteck, aber dieses darf im selben Rechteck mehrmals angekreuzt werden. Tja, das ist es irgendwie schon. 

Und jetzt denkt der ein oder andere, dies könnte vielleicht etwas für meine Oma, Tante, Onkel etc. sein. Jemanden mit dem wir gerne spielen würden, aber der schnell von Regeln überfordert ist, weil diese Person drei Traditionskartenspiele beherrscht und seit 40 Jahren kein neues Spiel gelernt hat. Ich beschreibe hier meine Schwiegermutter in spe, welche wir mit "Cottage Garden" und "Noch mal" Brettspielen recht positiv gegenüber eingestimmt haben. Und die steht auf das Waldthema, auf Tiere und Pflanzen. Bei der sehr hübschen Gestaltung der Wertungszettel und der Deckblätter zwischen den Jahreszeiten und der Atmosphäre jeder Jahreszeit würde sich das ja anbieten. Leider gibt es aber für jede Jahreszeit ungefähr 8 bis 10 verschiedene Symbole mit jeweils eigenen Regeln für Punkte. Dies ist dann für meine Schwiegermutter schon etwas zu viel, um sich das zu merken.

Für Leute, die mit dem Lernen neuer Regeln keine Probleme, und die gute Augen haben, wird es kein Problem sein, mit Hilfe der kleinen Zusammenfassungen der Punktewertungen am untere Rand des Wertungsblatt den Überblick zu behalten. Wobei sich "klein" tatsächlich auf die Schriftgröße bezieht.

Bieten denn jetzt diese Symbole dann wenigstens ein abwechslungsreiches Spielerlebnis? Ich würde sagen so la la. Es gibt schon interessante Ideen, nichts weltbewegendes, aber eben interessant. Ich muss gestehen, dass ich mich selten vor wirklich spannende Entscheidungen gestellt fühlte. Meist ist es leicht zu berechnen, was einem dieser Wurf direkt bringen kann oder wie viel er potenziell mehr wert sein kann, z.B. wenn man versucht, mindestens zehn Bäume zu sammeln. Es gibt einige Symbole, welche mehr Punkte in großer Zahl geben, bei anderen ist es völlig okay, bei günstiger Gelegenheit zuzugreifen. 

Vergnüglich ist es schon, die Vierecke über den Waldboden zu verteilen und zu überlegen, welches Symbol jetzt die meisten Punkte bringt. Denkt aber daran, dass jedes nicht angekreuzte Symbol in einem Rechteck verloren ist. Was nützen mir vier Blumen in einem Zug, wenn ich viele Bienen dadurch nicht mehr holen kann? Wer sich immer nur auf den höchsten Punktwert für den aktuellen Wurf konzentriert und nicht vorausplant, der kann immer noch gewinnen. Somit verlieren die Entscheidungen im Spiel leider etwas an Dramatik.

Meine Testgruppen empfanden "Blätterrauschen" insgesamt nicht besonders aufregend, sondern nett. Dies liegt vielleicht auch daran, dass das Spiel kein Wettlauf ist oder keine andere Spielerinteraktion beinhaltet. Jeder Spieler beendet das Spiel für sich individuell. Zum Glück steigen alle Spieler innerhalb weniger Züge aus, sodass in der Regel nicht noch ein Spieler ewig vor sich hinspielt, während die anderen warten. Von den insgesamt fast 40 Symbolen gibt nur eines mit Interaktion, denn es gibt mehr Punkte für den ersten Spieler, der es komplett gesammelt hat. Der Rest an Interaktion beruht auf den Ausrufen der anderen Spieler oder dem Vergleich der Punkte am Ende.

Ein Freund meinte, dass "Blätterrauschen" versucht, Würfeln und Puzzeln zusammen zu bringen, mit langweiligen Polyominos (Puzzleteilen). Dies trifft es nicht ganz, weil ja das Wählen der Symbole hinzukommt, aber viel fehlt hier nicht, damit der Vergleich stimmt. "Blätterrauschen" ist nett, aber meines Erachtens zu gewöhnlich, um sich gegen andere Roll-and-Write-Spiele wie "Ganz schön clever", "Qwixx", "Noch mal", "Man Muss Auch Gönnen Können", "Welcome to ..." und Co. durchzusetzen. Es ist kein schlechtes Spiel, aber es ist auch kein besonderes Spiel. Anders als einige andere Vertreter der Würfelspiele, besitzt "Blätterrauschen" aber eine sehr ansprechende Optik und ein sehr anziehendes Thema. Trotzdem glaube ich nicht, dass die Symbole genug Abwechslung enthalten, damit meine Spielgruppen täglich nach "Blätterrauschen" fragen werden.

Anmerkung von Ingo: Ich habe da tatsächlich andere Erfahrungen gemacht. In meinen Spielrunden kam das lockere Spiel immer gut an und auch jederzeit wieder gern auf den Tisch (vergleiche Team-Trend).

KULTFAKTOR: 6/10

Spielidee: 6/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 5/10

TEAM-TREND

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Die Kultfaktor-Wertungen weiterer Spielkultisten:

Birgit: 8/10
Jürgen: 7-8/10
Nicole: 7/10
Ingo: 7/10

EUER REZENSENT

LUTZ

Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast

Eine Rezension vom 26.01.2021

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: KOSMOS
Weitere Fotos: Spielkultisten