REZENSION
BLACKOUT HONG KONG
- Genre: Strategie
- Jahr: 2018
- Verlag: Eggertspiele / Pegasus Spiele
- Autor: Alexander Pfister
- Grafik: Chris Quilliams
- Spieler: 1 bis 4
- Alter: ab 14 Jahren
- Dauer: ca. 75 bis 150 Min.
- Schwierigkeitsgrad: schwer
- Taktiklevel: 7/10
Wo kann ich hier mein Smartphone laden?
Vermutlich haben die Menschen erst gedacht, dass die Zeit für Kerzenlicht und Romantik gekommen sei, als der Stromausfall begann ... Aber als auch am Morgen immer noch kein Strom da war, wurde es langsam ungemütlich. Jetzt beschließt jeder halbwegs Qualifizierte, der beste Katastrophenhelfer zu werden.
REGELN
Als Leiter eines Teams von Katastrophenhelfern müsst ihr eure Helfer und Spezialisten zu den richtigen Orten schicken. Dort sammelt ihr Ausrüstung, mit der ihr verschiedene Aufträge der Bevölkerung erfüllen könnt.
Zunächst wird aber alles vorbereitet. Das Spielbrett mit der Karte von Hongkong kommt in die Mitte. Die Erkundungsplättchen werden gemischt und verdeckt je drei in jeden Bezirk gelegt. Ein Bezirk ist ein Polygon, welches von Verbindungslinien zwischen den verschiedenen Orten auf der Karte eingeschlossen wird. Das Material für die einzelnen Spieler enthält u.a. eine Scheibe, welche auf die "0" der Punkteleiste gelegt wird. Jeder Spieler legt einen Würfel in das Equipment-Rondell auf das Batteriefeld. Während des Aufbaus dürfen die Spieler auch je einen Ort auf der Karte mit einem eigenen Würfel belegen. Die regulären Zielkarten werden gemischt und ein paar Karten entfernt. Dann werden drei Reihen mit je drei Karten offen ausgelegt.
Dann werden noch die vielen anderen Chips und Marker bereit gelegt und die zentrale Auslage ist fertig. Jetzt müssen noch die Spieler ihr eigenes Tableau vorbereiten. Zunächst bekommt jeder Spieler eines. Darauf kommt ein zufälliger Notfallplan, eine Blockade für den vierten Kartenplatz und ein 0-6 Plättchen. Den Spielern werden auch zwei Zielkarten von den Karten für den Spielbeginn zugelost. Die fünf eigenen Häuser decken die fünf grünen Hacken am linken Spielfeldrand ab. Der Spieler erhält außerdem Würfelchen seiner Farbe, 4 HK Dollar und 5 Transportscheine. Weiterhin steht den Spielern ein Team von Spezialisten und Helfern zur Verfügung. Es wäre ja auch noch schöner, wenn wir die Arbeit selber machen sollen. Von diesem Team sind leider schon einige Karten im Hospital (rechter Tableau-Rand) und einige im Einsatz (drei Kartenplätze am unteren Tableau-Rand). Der Startspieler legt den Phasenmarker auf die 1 seines Tableaus, und los geht es.
Es wird gespielt bis der Zielkartenstapel leer ist. In jeder Runde werden 8 Phasen durchlaufen, welche größtenteils gleichzeitig abgehandelt werden können. Zunächst würfelt der Startspieler mit den bunten Equipment-Würfeln. Diese bestimmen, welches Equipment die Helfer der gleichen Farbe besorgen können. Dann legt jeder Spieler verdeckt von seiner Hand eine oder keine Karte in jeden der drei Kartenplätze des Tableaus. Hierbei sollten alle vorher abgelegten Karten sichtbar bleiben.
Während den vorherigen Schritt alle gleichzeitig durchführen konnten, wird Phase nacheinander ausgeführt. Die Spieler drehen die Karten um und nutzen deren Effekt. Helfer bringen ein- bis viermal das Equipment, auf denen ihr Würfel liegt. Die Spieler legen einfach ihre Marker in das entsprechende Feld des Rondells. Lila Spezialisten haben besondere Fähigkeiten, mit denen z.B. Karten aus dem Hospital geholt werden, Geld oder GPS-Geräte besorgt werden können.
Wurden alle Karten aufgedeckt und ausgeführt, so können die Spieler reihum Ziele erfüllen. Dies können die Karten im eigenen Zielbereich oder die drei besonderen Ziele sein. Im Zielbereich können bis zu drei Karten liegen. Es gibt zwei Arten der Zielkarten: Personen und Aufträge. Jede dieser Karten verlangt nach Equipment, Geld und/oder bestimmten Karten zusammen in einem Kartenplatz am unteren Tableau-Ende. Equipment und Geld müssen dabei abgegeben werden, um das Ziel zu erfüllen. Personen geben in der Regel die Belohnung, dass sie eurem Team beitreten und auf die Hand genommen werden. Zusätzlich darf noch ein Marker auf einen Ort derselben Farbe der Person gelegt werden. Dieser Ort muss benachbart zu einem eigenen Marker liegen, oder der Spieler muss Transportscheine bezahlen, damit er den Würfel trotzdem legen kann. Aufträge geben verschiedene Belohnungen, aber meistens ist die Belohnung einen beliebigen Ort mit einem Marker zu belegen. Weiterhin wird der Auftrag links vom Tableau abgelegt. Er zeigt einen Effekt mit grünem Haken; dieser kann in Phase 8 genutzt werden.
Zwei der drei speziellen Ziele sind auf das Tableau aufgedruckt. Beide verlangen u.a. vier Karten bestimmter Farbe in einem Kartenplatz. Dafür winken ein vierter Kartenplatz für den eigenen Zug oder eine bessere Phase 8. Das letzte spezielle Ziel ist der Notfallplan. Dieser erlaubt es durch Erfüllen mehrerer Aufgaben mehrmals Geld zu erhalten. Jeder Spieler erfüllt in seinem Zug beliebig viele Ziele, solange er die Bedingungen erfüllt und die Kosten bezahlen kann.
Danach darf in Phase 4 erkundet werden. Jeder Spieler darf sich einen Bezirk aussuchen, welcher an mindestens einen eigenen Marker auf der Karte angrenzt, und sich dort alle Erkundungsmarker ansehen. Ganz unspektakulär kann der Spieler diese einfach zurücklegen und nichts geschieht. Oder der Spieler beschließt, dass er die abgebildete Belohnung eines Plättchens haben möchte. Dann muss er aber die darauf abgebildeten Ortungssymbole aufbringen. Diese können durch Personen aus Handkarten oder GPS-Geräte bezahlt werden, allerdings muss immer mindestens eine Person teilnehmen. Denn nach der Erkundung werden benutzte GPS-Geräte abgeworfen (wo sollte man denn die Batterie wieder aufladen?) und eine zufällige der teilnehmenden Personen kommt ins Hospital (rechter Tableau-Rand) und bleibt dort, bis sie durch einen Arzt (Spezialistenkarte) zurückgeholt wird. Die Belohnung und das Erkundungsplättchen selber darf der Spieler behalten.
Jetzt geht es auch schon in Phase 5, in welcher sich die Spieler neue Zielkarten kaufen können. Reihum dürfen die Spieler eine Karte kaufen. Die Auslage besteht aus drei Reihen mit je drei Karten. Der Preis einer Karte hängt von der Kartenanzahl in der Reihe ab. Je weniger Karten noch in der Reihe liegen, desto günstiger ist die Karte. Sobald eine Reihe leer ist, wird diese sofort mit drei Karten aufgefüllt. Diese Phase dauert an, bis alle Spieler nacheinander gepasst haben.
In Phase 6 wird aufgeräumt, denn nicht nur verschwindet aus jeder Reihe der Zielkartenauslage eine Karte, sondern auch alles Essen und Wasser muss entsorgt werden. Hierfür gibt es eine kleine Kompensation in Form von Geld oder GPS-Geräten.
In Phase 7 werden Bezirke gesichert. Sollte ein Spieler alle Orte eines Bezirkes besetzt haben, so stellt er eines seiner Häuschen in diesen Bezirk, was ihm eine weitere Aktion mit grünem Haken einbringt. Dann wird der Bezirk gewertet. Entsprechend der Tabelle erhält jeder Spieler Punkte abhängig von der Anzahl der Häuser, die an den gesicherten Bezirk angrenzen.
In Phase 8 darf jeder Spieler, der nur noch vier oder weniger Karten auf der Hand hat, Karten auf die Hand nehmen. Der Spieler nimmt alle Karten aus dem Kartenplatz seines Tableaus, der die meisten Karten beinhaltet, auf die Hand. Wurden Karten von dem Spieler aufgenommen, so darf er jede seiner Aktionen mit einem grünen Haken, welche sich am linken Rand seines Tableaus finden, ausführen.
Ist Phase 8 abgeschlossen, wandert der Phasenmarker und damit der Startspieler der Runde zum nächsten Spieler. Wird der Zielkartenstapel verbraucht, so endet das Spiel nach der Runde. Die Spieler zählen dann zu den im Spiel gesammelten Punkten noch die Punkte ihrer Personenkarten, welche nicht im Hospital liegen, dazu. Dann gibt es noch Punkte für verschiedene gesammelte Erkundungsplättchen und ein paar Trostpunkte für übriggebliebene Ausrüstungen und Geld. Es gewinnt der Rettungshelfermanager mit den meisten Punkten.
GALERIE
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CHECKPOINT
PRO
- Karten- und Aktionssystem
- Struktur des Tableaus
- verschiedene Strategien
CONTRA
- grafische Gestaltung
- nicht sprachneutral
- einiges an Zufall für viel Planung
MEINUNG
Das Licht ist ausgegangen, und bis die Sonne aufgeht, kommt es auch nicht wieder. Zum Glück hat mein Smartphone eine eingebaute Taschenlampe … aber wenn die ausgeht, dann ist der Akku des Handys leer und es gibt keinen Strom. Wäre dies tatsächlich so, so gäbe es einige Implikationen, über die wir besser nicht nachdenken wollen. Zum Glück gibt es ja das THW, den ASB und weitere Organisationen, die gerne in solchen Notlagen helfen. Nachdem in Hongkong der Strom ausgefallen ist, scheinen wir der Leiter einer Hilfstruppe zu sein, welche versucht, dafür zu sorgen, dass Leute mit dem Wichtigsten versorgt werden und wichtige Orte, wie Krankenhäuser oder Tankstellen, wieder ihren Betrieb aufnehmen können. Ich verstehe nur nicht, warum wie gegeneinander antreten und nicht zusammen arbeiten, aber vielleicht ist in der Hongkonger Gesellschaft einfach der Erfolgsdruck so hoch ...
Nun ja, wenn das Team aus Alexander Pfister und dem Verlag Eggertspiele (mittlerweile eine Marke von Plan B Games) ein Spiel publiziert, werden viele Freunde der Strategie und komplexer Spiele hellhörig, denn in der Vergangenheit konnte dieses Duo mit Spielen wie "Great Western Trail" und "Mombasa" spannende Spiele eben jener Gruppe überzeugen.
Und tatsächlich zeigt "Blackout Hong Kong" ein ähnliches Kartensystem wie "Mombasa". Wir füllen unsere Kartenplätze mit einer Karte pro Runde und führen die Aktionen der neuen Karten aus, später können wir nur einen Kartenplatz komplett leeren. Da wir manche Karten gerne schnell zurückhaben wollen, aber manchmal für Aufträge bestimmte Karten zusammen in einem Kartenplatz brauchen, ergeben sich viele Entscheidungen, die durchaus interessant sind und eine sorgfältige Planung benötigen. Ergänzt wird dies durch die Möglichkeit, Karten für das eigene Team durch das Erfüllen von Zielen zu erhalten. Jetzt sollten auch die Ziele abgestimmt werden auf die benötigten Farben für das eigene Einsatzteam … allerdings auch auf das Sichern der Distrikte.
Diese weitere Ebene, dass Ziele zusätzlich noch Klötzchen für den Stadtplan bringen, erscheint erst aufgesetzt, bis die Spieler realisieren, dass hier viele, viele Punkte geholt werden können. Auf diese Weise ist die Auswahl der Ziele recht vielschichtig: Zum einen die benötigten Bedingungen und Ausrüstungen, um das Ziel zu erfüllen, dann, ob das Ziel eine Person zu meinem Kartenstapel oder eine Häkchen-Aktion am Tableau-Rand hinzufügt und dann wiederum, welche Ort mich das Ziel markieren lässt. Diesen vielen Überlegungen stehen die zufällige Zuteilung der Ausrüstungen zu den Kartenfarben und die sich ändernden Zielpreise entgegen. Dies war aber in meinen Partien kein Problem, da sich immer Möglichkeiten ergeben, einen Zug sinnvoll zu nutzen.
So müssen die Spieler also eine Balance finden zwischen taktischen und strategischen Entscheidungen, denn für die großen Sonderziele, welche den vierten Kartenplatz und das einfachere Aufnehmen von Karten erlauben, müssen mindestens vier passende Karten in einem Slot liegen und das will geplant sein. Auch das Sichern eines Distriktes ist meistens ein über mehrere Züge geplantes Unterfangen.
Etwas fragwürdiger ist die "Erkunden"-Phase. Es ist Glück, ob bestimmte Plättchen in einem Distrikt liegen oder nicht, dann ist die Anzahl der Lokalisierungssymbole nicht vorhersehbar und dann geht auch noch ein zufälliger Charakter ins Hospital. Dies ist ein Punkt, der viele meiner Mitspieler ärgerte, aber fairerweise muss man sagen, dass die Spieler hier volle Kontrolle über das Risiko haben. Karten, die in der nächsten Runde dringend gebraucht werden, sollten nicht erkunden, und wenn man das Risiko eingeht, ist man selber schuld.
Der Deckbuilding-Aspekt, also das Kaufen weiterer Personen für das eigene Team, ist leider nicht so ausgeprägt. Es ist durchaus wichtig, dass man die richtigen Farben zur richtigen Zeit hat, und einige Spezialisten erlauben es einem sich weniger Sorgen um Geld zu machen etc., darum muss ich kontrolliert das Team erweitern. Ich hätte es aber interessant gefunden, wenn es möglich gewesen wäre, ein paar extremere Strategien zu verwenden. Könnte ich zum Beispiel mehrere Ärzte anheuern, dann könnte ich jede Runde beim Erkunden mehr riskieren.
Mein erster Eindruck war, dass es sich bei "Blackout Hong Kong" um eine taktischere Variante von "Mombasa" handelt, aber dies würde dem Spiel nicht gerecht werden. "Blackout" hat sein eigenes Spielgefühl, und es spielt sich zwar etwas flüssiger und weniger verkopft als "Mombasa", aber die Partien dauern immer noch recht lang. So 2 Stunden sollten bei mehr als 2 Spielern schon eingeplant werden.
Das eigene Flair wird natürlich vom Thema und der grafischen Gestaltung unterstützt. Die Holprigkeit des Themas habe ich ja oben schon erwähnt, auch wenn ich natürlich froh bin, dass es auch andere Themen als Mittelalter, Städtebau, Handel, Krieg oder den wilden Westen gibt. Die grafische Gestaltung ist aber eher so mäßig. Einerseits sind die Zielkarten mit den Personen schön mit einer nächtlichen Atmosphäre ausgestattet und funktionell sind sie auch, auch wenn sie einen Spritzer mehr Farbe am oberen Rand für die Übersicht der Kartenfarben in jedem Slot vertragen könnten. Andererseits ist die Dunkelheit des Spielplans furchtbar. Der praktisch schwarze Hintergrund mit den weißen Verbindungen und bunten Punkten sieht eher aus wie ein Prototyp. Lege ich meine Würfel auf einen Ort, so ist der farbige Punkt verdeckt, obwohl andere ja diesen Ort auch markieren können. Für Farbenblinde muss der Plan ein Alptraum sein. Wenn ich schon beim Meckern bin, sollte ich noch erwähnen, dass die Personenzielkarten zwar gut gestaltet sind, aber die Auftragszielkarten sehr nüchtern bis langweilig auf die Funktionalität reduziert worden sind. Das einzige Highlight ist hier, dass jeder Auftrag einen Namen hat. Dies hätte bei anderen Spielen auch ein bisschen was aufgewertet (Ich sehe dich an, Hadara!).
Die weißen Symbole auf dem gelben Würfel machen es recht schwierig, ein Informationssymbol vom Treibstoff-Symbol zu unterscheiden. Und die Zusammenfassung der Phasen auf dem Spielertableau, was ja eine total gute Sache ist, hätte man mit etwas mehr Arbeit auch sprachneutral umsetzen können. Ja ich weiß, dass das vermutlich ein eher untergeordneter Kritikpunkt ist. Für mich ist er wichtig, da meine Spielegruppen recht international sind. Vielleicht würde es mich bei vielen anderen Spielen nicht stören, aber von Eggertspiele bin ich da anderes gewohnt. Aber es gibt Licht am Horizont: Cranio Creations lokalisiert "Blackout Hong Kong" in Italien und sie verwenden ein verbessertes Design, bei dem z.B. die verschiedenen Farben auch verschiedene Symbole haben, die Farben auch um den Ort herum zu sehen sind etc. Dieses Design soll wohl auch für weitere deutsche Auflagen verwendet werden.
Irgendwie passt "Blackout Hong Kong" in die Eggert-Pfister-Trilogie und ist doch anders. Nicht so verkopft wie "Mombasa", weil es Zufallselemente gibt, aber nicht so innovativ wie "Great Western Trail", und der Schwierigkeitsgrad und die Komplexität sind ähnlich.
FAZIT: "Blackout Hong Kong" ist ein durch Karten angetriebenes Strategiespiel mit taktischen Elementen, welches für Planer mit einem Hang zum Risikomanagement gut geeignet ist. Auch das Thema ist etwas besonders, wenngleich es inhaltlich irgendwie nicht so ganz passen will.
KULTFAKTOR: 7/10
Spielidee: 8/10
Ausstattung: 6/10
Spielablauf: 7/10
TEAM-TREND
Die Kultfaktor-Wertungen weiterer Spielkultisten:
Andreas: 8/10
Matthias: 8/10
Ulf: 8/10
Klaus: 7/10
Marcel: 7/10
Ralf: 7/10
Torsten: 7/10
EUER REZENSENT
LUTZ
Wahl-Niederländer, Elektrochemiker, Zuvielspieler, Rätselenthusiast
Eine Rezension vom 25.11.2019
Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.
Bildnachweis:
Coverfoto: Eggertspiele / Pegasus Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten