REZENSION

AUFBRUCH NACH NEWDALE

  • Genre: Strategiespiel
  • Jahr: 2019
  • Verlag: Lookout Spiele
  • Autor: Alexander Pfister
  • Grafik: Klemens Franz
  • Spieler: 1 bis 4
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: ca. 90 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: gelb
  • Taktiklevel: 6/10

Epische Produktionsketten

Im "Oh my goods"-Universum entdecken wir neues Land, müssen die Produktion von Gütern ans Laufen bringen und gleichzeitig, über insgesamt 8 Kapitel mit jeweils eigenen Karten und Spielplänen, drohende Gefahren aus dem Norden abwenden. 

REGELN

Spielaufbau

Der Aufbau in der Anleitung ist für Kapitel 1 gedacht und gilt grundsätzlich für alle anderen Kapitel, wobei bei diesen Besonderheiten anfallen können, welche im jeweiligen Kapitelaufbau beschrieben werden. Der Spielplan des jeweiligen Kapitels wird ausgebreitet und das Aktionstableau daneben gelegt. Je nach Spieleranzahl werden Bonusplättchen gezogen und auf die Bonusfelder verteilt; sollte dabei Bonusplättchen mehrfach vertreten sein, stapelt man diese übereinander. Die Warenmarker werden als allgemeiner Vorrat ausgelegt. Die allgemeinen Gebäude werden gemischt und zu einem verdeckten Nachziehstapel gebündelt. Aus den Ereigniskarten wird ein Stapel mit sieben verdeckten Karten gebildet.


Jeder Spieler sucht sich eine Farbe aus und nimmt ein Spielertableau und die jeweiligen Fortschrittplättchen und Spielsteine seiner Farbe. Zusätzlich erhält jeder die Karte "Kohlemine" und legt diese mit fünf Warenmarkern auf den vorgesehenen Platz. Zudem erhält jeder einen Geheimauftrag, welcher links vom Spielertableau abgelegt wird und zieht acht Karten vom Nachziehstapel auf die Hand, wovon er direkt drei wieder abwirft.


Auf den mit einem "S" markierten Standorten stellt jeder Spieler eines seiner Häuser.

In den Stoffbeutel werden die Gehilfen gefüllt und ein Startspieler ermittelt. In manchen Kapiteln werden noch Personenkarten in Höhe der Spieler gezogen und offen ausgelegt. Beginnend beim Spieler rechts vom Startspieler und weiter im Uhrzeigersinn, wählt jeder eine Person aus und legt diese offen vor sich aus. Zuletzt wird die Kapitelkarte und die Übersichtskarte "Schlusswertung" ausgelegt und jemand liest die Abschnitte "Was bisher geschah" und "Kapitelauftrag" laut vor.


Spielablauf

Ein Kapitel verläuft über sieben Runden, und jede Runde besteht aus sechs Phasen. Die ersten drei Phasen sind an keine Spielerreihenfolge gebunden, die Phasen danach entsprechend schon.


Phase 1: Ereignis

Der Startspieler deckt die oberste Karte vom Ereigniskartenstapel auf und liest sie vor. 

Das Ereignis wird in der entsprechenden Phase ausgeführt.


Phase 2: Planung

Alle setzen gleichzeitig ihre verfügbaren Aktionssteine. Die Aktionsfelder auf dem Spielertableau kann nur jeweils der eigene Spieler besetzen, die auf dem Aktionstableau jeder. In jedem Produktionsbereich (des Spielers) kann höchstens ein Aktionsstein eingesetzt werden. Die Aktionssteine haben eine Nummerierung, die für das Abhandeln der Aktionen wichtig ist. Man sollte also bereits hier gut planen!


Phase 3: Gehilfen

Der Startspieler zieht vier Figuren aus dem Beutel und stellt sie neben die abgebildeten Gehilfen der aktuellen Ereigniskarte. Dies ist der verfügbare Arbeitsmarkt.


Phase 4: Aktionen

Beginnend beim Startspieler und dann im Uhrzeigersinn, nimmt jeder seinen Aktionsstein Nr. 1 vom in Phase 2 besetzten Feld und führt die jeweilige Aktion aus. Danach wird dies mit Aktionsstein Nr. 2 wiederholt usw.

Besteht eine Aktion aus mehreren Teilen, werden diese nacheinander von links nach rechts ausgeführt bzw. von oben nach unten. Teile, die man nicht nutzen kann oder will, darf man überspringen. Sollte man die Aktion komplett verfallen lassen, erhält man stattdessen eine Karte vom Nachziehstapel.

- Bauen: Mit dieser Aktion können Gebäude gebaut werden. Es gibt die Sondergebäude- und die Produktionsgebäudekarten, die man nach einem Bau entsprechend am Spielertableau platziert. Um ein Gebäude zu bauen, muss man die Baukosten in Münzen zahlen. Je nachdem, an welchen Ort man ein Gebäude baut, kann ein Rabatt entstehen.

Die Münzen werden als Waren dargestellt z.B. ist eine Ware auf der Kohlefabrik am Anfang jeweils eine Münze wert.


Hat man ein Gebäude gebaut, muss man ein Haus an einem Ort errichten, an welchem man noch kein Gebäude besitzt, und der maximal zwei Felder von einem anderen eigenen Gebäude entfernt ist. Sobald man ein Gebäude platziert, könnte es eine Erschließungsprämie geben, die der erste Bauherr dieses Ortes erhält. Zusätzlich kann man sich eines von den benachbarten Bonusplättchen nehmen (falls vorhanden und man nur einen Schritt benötigt hat, also direkt benachbart baut).


- Fortschritt: Man kann für vier Münzen einen der beiden Fortschrittmarker vom Spielertableau nutzen und so die verbesserte permanente Fähigkeit und zusätzlich zwei Siegpunkte erhalten.


- Handkarten: Man wirft, bis auf eine, alle seine Handkarten ab und zieht entsprechend viele nach plus zusätzlich drei weitere.


- Schwarzmarkt: Zwei Handkarten werden abgeworfen, und die Kohlemine erhält vier Waren. Außerdem darf man eine zusätzliche Ware auf ein beliebiges Gebäude setzen.


- Nachwuchs: Für sieben Münzen kann man seinen Aktionsstein Nr. 3 kaufen oder für 13 Münzen den Aktionsstein Nr. 4 und erhält drei Siegpunkte.


- Produzieren: Es gibt zwei Arten der Produktion.


Über Gehilfen:
Auf dem Gebäude steht, wie viele Gehilfen der jeweiligen Farbe man für die Produktion benötigt. Unter/ über dem Gebäude sind zwei bis drei Felder, auf welche der Aktionsstein gelegt werden muss. Hier kann man zwischen "schlampiger Produktion" (es werden weniger Gehilfen benötigt als auf dem Gebäude angegeben), "ordentlicher Produktion" (man muss genau die Vorgabe des Gebäudes erfüllen) oder "außerordentlicher Produktion" (es müssen mehr Gehilfen der selben Farbe zur Verfügung gestellt werden als angegeben) wählen. Je nach Produktion, werden mehr oder weniger Waren produziert. Pro fehlendem Gehilfen bei einer Produktion kann man drei Waren ausgeben, um diesen auszugleichen.

Über Verkettung:
Unabhängig davon, ob die Produktion über Gehilfen erfolgreich war oder nicht, kann man zusätzlich/ alternativ die Produktionskette des Gebäudes nutzen.


Es gibt drei Arten von Produktionsketten:
- Rohstoff: Man wirft eine Handkarte ab und erhält den dort angegebenen Rohstoff und produziert in einem Gebäude die entsprechende Ware. 

- Einzelware: Man nimmt ein Warenmarker und schiebt ihn auf eine passende Karte, wo eine entsprechende Ware hergestellt wird (z.B. ein Rind wird zu Fleisch verarbeitet).

- Warenset: Man verschiebt einen oder mehrere Warenmarker der abgebildeten Sorte entsprechend des Produktionsgebäudes und erhält dort die entsprechende Ware.


Immer, wenn man durch Verkettung Waren herstellt, erhält man nach Abschluss der Verkettung genau einen Warenmarker zusätzlich mehr, als man eigentlich produziert hat.


Phase 5: Bauen

Beginnend beim Startspieler darf jeder genau ein Gebäude bauen. Dies ist keine Aktion bzw. muss nicht extra ausgewählt werden. Wer nicht bauen kann oder will, zieht stattdessen zwei Karten nach.


Phase 6: Sondergebäude

Beginnend beim Startspieler, darf jeder die Effekte der eigenen gebauten Sondergebäude jeweils einmal nutzen.

Personenkarten
Sie gelten nicht als Handkarten und bringen einen einmaligen Vorteil.


Rundenende

Sobald alle sechs Phasen durchlaufen wurden, wird die aktuelle Ereigniskarte aus dem Spiel genommen, die ausliegenden Gehilfen zurück in den Stoffbeutel gelegt und dieser an den nächsten Spieler weitergereicht. Dieser ist nun der neue Startspieler.


Die Siegpunktleise

Punkte erhält man im Laufe des Spiels und bei der Schlusswertung. Die Siegpunkte werden entsprechend mit dem eigenen Marker festhalten. Sollte man eine Markierung auf der Siegpunktleiste überschreiten, erhält man sofort zwei Karten.


Ende des Spiels

Nach sieben Runden endet das Spiel. Am Ende der siebten Runde darf jeder noch die Produktionsketten aller eigenen Produktionsgebäude nutzen; es gibt jedoch keinen Verkettungsbonus mehr.


Schlusswertung

Es gibt fünf Möglichkeiten, Siegpunkte zu erhalten:

1. Militärstärke: Je nachdem wie stark man ist, erhält man entsprechend viel Siegpunkte.

2. Kapitelauftrag: Man kann für eine bestimmte vorher festgelegte Ware zusätzliche Punkte erhalten.

3. Restwaren: Die Waren werden in Münzen umgerechnet, für je fünf Münzen gibt es einen Siegpunkt.

4. Geheimauftrag: Für das Erfüllen gibt es zwei Siegpunkte.

5. Gebäudekarten: Sie sind entsprechend viele Siegpunkte wert, wie auf der Karte angegeben.


Der Sieger startet im nächsten Kapitel auf letzter Position. Das Kapitelende wird noch vorgelesen und ein neues Kapitel gestartet.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • tolle Produktionsketten (Engine Building)
  • gutes Spielmaterial


CONTRA

  • viel Kartenglück
  • die Story wirkt aufgesetzt und ist kaum spürbar

MEINUNG

Das Brettspiel "Aufbruch nach Newdale" ist ein Sequel zum Kartenspiel "Oh my Goods" und spielt thematisch wieder im Königreich Longsdale. Nicht nur optisch finden wir uns im Kartenspiel wieder, auch regeltechnisch kommt uns einiges bekannt vor. 


Die Optik des Spiels mag ich sehr, und die Qualität des Materials ist gut. Auch wenn es ein Brettspiel sein soll,  wird der größte Teil des Spiels mit und über die Karten gespielt. 


Die Regeln sind nicht allzu schwer, höchsten Anfänger könnten sich hier schwer tun. Die Anleitung ist gut strukturiert und hat auf den letzten Seiten noch Übersichten über diverse Karten und Bonusplättchen, sodass man die Symbolik nicht interpretieren muss, falls es nötig sein sollte. Auch finde ich es schön, dass der Spielablauf auf dem eigenen Spielertableau dargestellt wird.


Das Spiel wird als Kampagnenspiel mit acht Kapiteln angepriesen und dies ist in meinen Augen eher nicht der Fall. Es gibt zwar eine "Story", die ist aber so dünn wie Butterbrotpapier. Der erste und größte Text passt auf eine DIN A6-Seite und die weiteren Texte der Story sind höchstens erweiterte Flavor-Texte, welche zu Beginn und am Ende eines Kapitels vorgelesen werden. Zwar gibt es immer wieder andere Ziele, durch welche wir mehr Siegpunkte bekommen, aber diese sind sich so ähnlich, dass man da nicht den großen Unterschied spürt. Man kann die Kapitel auch einfach so spielen und muss sich nicht an die Reihenfolge halten. In manchen Kapiteln sind noch optionale Aktionen vorhanden, welche eine kleine Abwechslung bringen. Von Kapitel zu Kapitel werden neue Gebäude freigeschaltet; wirklich viel Varianz entsteht aber auch hier nicht.


Bei "Aufbruch nach Newdale" dreht sich alles um die Gebäude und die vorhandenen Produktionsstätten. Mit diesen können wir nämlich Waren herstellen; diese wiederum haben einen gewissen Wert, wodurch wir noch mehr und bessere Gebäude kaufen können. Alternativ - und hier entsteht der Reiz - bauen wir uns mit verschiedenen Gebäuden eine Produktionsmaschine auf, sodass das eine Gebäude eine Ware (z.B. Rinder) liefert und das andere Gebäude diese weiterverarbeitet (in dem Fall zu Fleisch). Hat man entsprechende Produktionsketten aufgebaut, freut man sich. Allerdings kann der Weg hierhin etwas frustrierend sein. 

Das größte Problem und für mich persönlich sehr störend für ein Strategiespiel dieser Art ist es, dass vieles glücksabhängig ist. Es beginnt schon beim Arbeitsmarkt und der Planung. Wir kennen zu Beginn nur einige der vorhandenen Arbeiter und müssen entsprechend planen. Nun kann man entsprechend zocken und hoffen, dass noch benötigte Arbeiter gezogen werden - oder man guckt dann in die Röhre bzw. muss Handkarten opfern, damit die Aktion nicht komplett hinüber ist, alternativ kann man als Trost eine weitere Karte ziehen. Um zu gewinnen, muss man manchmal ein gewisses Risiko eingehen. Diesen Teil von Glück mag ich grundsätzlich aber, und er hat auch seinen Reiz, da man Misserfolge entsprechend einplanen kann.


Anders sieht es hier mit dem Kartenglück aus. Die gezogenen Karten kann man nicht beeinflussen, und zieht man hier Karten, die man nicht genötigt, sieht es schon schlecht für einen aus. Zwar hat man die Möglichkeit mehr Karten zu ziehen, indem man z.B. auf eine Aktion verzichtet, aber in dem Moment geht halt die wertvolle Aktion flöten, was einen zurückschlägt. Liegt ein Gebäude ganz unten im Kartenstapel, kommt man unter Umständen gar nicht daran.


Die Interaktion beschränkt sich auf die Bauplätze auf dem Spielbrett. Wer zuerst an einem Ort baut, erhält einen kleinen Bonus. Daher ist es egal, mit wie vielen Spielern man das Spiel spielt, man merkt es nur an der Spielzeit.


Insgesamt habe ich gemischte Gefühle bei "Aufbruch nach Newdale". Im Kern macht das Spiel Spaß, und die Produktionsketten wissen zu begeistern. Leider spielt das Glück eine wesentliche Rolle. Wenn man sich mit diesem Gedanken anfreunden kann, erhält man ein gutes Spiel, das 7 Kultpunkte wert ist. Wenn man es öfters bzw. gar als Kampagne spielt, würde ich jedoch behaupten, dass dieser Kultwert sinkt, da es, trotz der unterschiedlichen Spielpläne und neuen Gebäude, die dann ins Spiel kommen, eher eintönig wirkt und gar nicht die große Abwechslung bereithält, die die verschiedenen Kapitel suggerieren.

KULTFAKTOR: 6-7/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 6/10

EUER REZENSENT

MANUEL

Paragraphenreiter, Pausenclown, Erklärbär, Nintendo-Kind

Eine Rezension vom 18.02.2021

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Lookout Spiele
Weitere Fotos: Spielkultisten