REZENSION

ALMANAC: THE DRAGON ROAD

  • Genre: Familien-/ Strategiespiel
  • Jahr: 2020
  • Verlag: Kolossal Games
  • Autor: Scott Almes
  • Illustration: Jacqui Davis
  • Spieler: 2 bis 4
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: ca. 60 bis 90 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Initiativlevel: 7/10

Worker Placement, seitenweise!

In der neuen Almanac-Reihe begeben wir uns auf ein Eurogame-Abenteuer, bei dem wir uns in jeder Partie über verschiedene Pläne spielen. Wir setzen auf verschiedene Weise Worker ein, sammeln Ressourcen, erfüllen Aufträge und machen geheimnisvolle Begegnungen. Dann stellt sich die Frage: Wohin führt uns die Reise als nächstes?

REGELN

Hinweis vorab: Das Spiel ist bislang nur in englischer Sprache erhältlich (Stand: Oktober 2021).

Dreh- und Angelpunkt von Almanac ist das Abenteuerbuch mit Spiralbindung. Wir starten immer auf der ersten Doppelseite, Ort Nr. 1, „The Outpost“. Jede Doppelseite ist nach dem selben Schema aufgebaut. Auf der linken Seite finden wir einen Einführungstext, der die Spielgeschichte erzählt, dann die speziellen Regeln für diese Map sowie, in weiteren Orten, auch noch ein zum jeweiligen Ort passendes Einsetzfeld mit unterschiedlichen Funktionen. Außerdem werden am Ende der Seite zwei Orte präsentiert, von denen wir einen auswählen und dann dort weiterspielen. Auf der rechten Seite finden wir einen jeweils individuell gestalteten Spielplan - thematisch illustriert und immer mit einem eigenen Kniff. 

Jeder Spieler erhält vor Spielbeginn einen Wagen (mit Kisten als Ladung, in die wir Ressourcen füllen). Der Wagen hat eine gewisse Stärke (als Schild mit Zahl dargestellt), zudem bringt er uns erste Arbeiter (im Standardspiel 3 Stück). Weitere 3 Arbeiter kommen hinter den eigenen Sichtschirm. Diese zusätzlichen Worker können dann im Spiel freigeschaltet werden. Jeder Spieler erhält zudem Geld: der Startspieler eine Summe von 10, jeder weitere Spieler immer 2 mehr als sein Vordermann. Und zum Schluss zieht jeder Spieler noch zwei zufällige Verträge (= Auftragskarten). Die zeigen eine Kombination an Ressourcen, die ein Spieler zahlen muss, damit der Auftrag als erfüllt gilt und dann einen Vorteil im Spiel sowie Siegpunkte am Ende liefert.

Das Buch enthält 17 Spielpläne, wobei die Start-Map immer als erste bespielt wird, danach 4 Orte entsprechend der Wahl der Spieler und schließlich eine der beiden End-Maps. Insgesamt besuchen wir also pro Partie 6 Orte = 6 unterschiedliche Spielpläne.

Auf jedem Spielplan setzen die Spieler ihre Figuren reihum auf freie Einsetzfelder, immer den Regeln des Ortes folgend (z.B. nur eine Figur pro Hütte auf der Start-Map oder vom Rand einer Brücke und dann angrenzend an stehende Figuren auf der Valley-Map oder „stapelnd“ auf der Pyramiden-Map etc. ...).

Jede Map zeigt immer wiederkehrende Aktions-Symbole:

  • Ressourcen-Felder bringen die angezeigten Ressourcen. Die müssen in freie Kisten des eigenen Wagens gelegt werden.
  • Verkaufsfelder ermöglich es, gesammelte Ressourcen einer bestimmten Farbe zum angegebenen Preis zu verkaufen, d.h. sie in Geld einzutauschen.
  • Felder mit dem Wagenrad erlauben es, eine der ausliegenden zusätzlichen Wagen-Karten zu kaufen, wenn Geld und Ressourcen bezahlt werden. Jede Wagen-Erweiterung bringt eine zusätzliche Stärke, ggf. dauerhaft einen zusätzlichen Worker sowie stets Siegpunkte am Ende des Spiels.
  • Auf einem Stempel-Feld kann ein Auftrag erfüllt werden. Dazu werden die passenden Ressourcen bezahlt. Die Karte liefert dann ebenfalls Siegpunkte am Ende, aber auch schon während des Spiels einen Vorteil.
  • Auf einem Feld mit Feder kann ein neuer Auftrag angenommen werden. Da werden dann 3 zufällige Karten vom gemischten verdeckten Stapel der Verträge gezogen, einer ausgewählt und die beiden anderen zurück unter den Stapel geschoben.
  • Im Shop (Holztür) kann entweder eine beliebige Ressource genommen werden, eine Ressourcen-Art für je 3 Geld verkauft oder ein Schild-Token in den eigenen Besitz gelangen. So ein Schild bringt 2 Punkte und 1 zusätzliche Stärke.
  • Auf Location-Feldern kann die spezielle Ortsaktion ausgeführt werden. Da gibt es dann Token, die einem Vorteile bringen oder z.B. auch ein Minispiel, bei dem ein wenig gezockt wird, um einen Ertrag zu erhalten.


Kann oder möchte kein Spieler mehr einen weiteren Arbeiter einsetzen, wird nun um die Rolle des Anführers geboten. Jeder Spieler nimmt verdeckt einen Geldbetrag in seine Hand (vom Geld, das er hinter dem eigenen Sichtschirm besitzt). Dann werden die Beträge offenbart. Der Clou: Der Spieler, der am meisten geboten hat, zahlt letztlich nur den geringsten gebotenen Betrag aller Spieler.

Der Anführer wählt dann einen der angebotenen Orte aus, um dorthin zu reisen. In der Vorschau-Banderole sieht man, welche Ressourcen am neuen Ort besonders häufig bzw. besonders wertvoll sind.

Auf dem Weg zum neuen Ort findet eine Begegnung statt. Dazu wird die oberste Karte vom vor Spielbeginn zufällig aus je einer A- bis E-Karte zusammengestellten Begegnungsdeck abgehandelt. Manche Karten offerieren eine Auswahl von Aktionen, manche Karten lassen dem Anführer die Wahl zwischen zwei Optionen, die alle Spieler betreffen können, manche Karte führen zu einem Kampf. Da ist dann ein Kampfwert auf der Karte vorgegeben. Die Spieler addieren für sich jeweils ihre Stärke von Wagen, Karten und Token und werfen den braunen Kampfwürfel. Die erwürfelte Zahl wird hinzuaddiert, wobei es auch eine 0 gibt sowie ein X. Wird das X gewürfelt, ist der Kampf für den Spieler automatisch verloren. Ansonsten wird so lange reihum gekämpft, bis entweder ein Spieler den Kampf gewinnt und eine Belohnung erhält oder aber alle Spieler ihren Kampf verloren haben. Solche Karten können dann auch einen Malus für die Spieler bedeuten.

Nun wird auf der nächsten Map weitergespielt. Auf der letzten Map können noch einmal viele Ressourcen verkauft werden.

Dann folgt die Schlusswertung:

  • Der Erstplatzierte der letzten Map erhält den goldenen Schlüssel und 10 Extrapunkte.
  • Jeder hinzugekaufte Wagen bringt die aufgedruckten Punkte.
  • Jeder erfüllte Auftrag bringt die aufgedruckten Punkte. Nicht erfüllte Aufträge führen zu entsprechend vielen Minuspunkten!
  • Geld bringt ebenso Punkte wie manche Token und Karten.


Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • Eurogame als Abenteuer mit aktiven Entscheidungen, wie das Spiel fortgesetzt wird
  • 17 verschiedene Spielpläne in immer neuer Kombination
  • wechselnde Einsetz-Regeln für die Worker
  • Spielstory zieht sich durch die gesamte Partie


CONTRA

  • kleine spielerische Schwächen, die noch verbessert werden könnten

MEINUNG

Statt starren Spielplänen kommen in den letzten Jahren auch immer wieder gern Spielbücher mit Spiralbindung zum Einsatz, die dann aktiv bespielt werden können. So ist es leichter, verschiedene Spielwelten zu offerieren, die man einfach durch Umblättern erreicht. Besonders im Bereich der Storytelling-/ Abenteuerspiele gab es bislang solche Bücher - z.B. bei Aftermath oder Der Herr der Träume, um nur zwei Titel zu nennen. Das flexible Material wird nun zum Spielkonzept einer neuen Spielreihe von Scott Almes, nämlich Almanac.

Die erste Ausgabe, The Dragon Road, ist bislang (Stand: Oktober 2021) nur in englischer Sprache erhältlich. Ein gewisses Maß an Schul-Englisch sollte vorhanden sein, um alles zu verstehen, wobei das eigentliche Spiel dann gar nicht schwer ist. Almanac setzt auf klassisches Worker Placement, und das in diversen Abwandlungen auf gleich 17 Spielplänen, alle hübsch illustriert, alle mit eigenen Einsetz-Regeln, aber stets mit einer eingängigen Symbolik und einer grundlegenden Mechanik, die wir aus diversen Eurogames kennen. Kurz gesagt: Wir sammeln Ressourcen, tauschen sie in Geld und Punkte, kaufen Karten, erfüllen Aufträge. Ach ja, und ein bisschen Ameritrash ist auch im Spiel vorhanden, wenn wir uns mit Würfeln Begegnungen entgegenstellen. Da jeder Plan einer eigene Location-Funktion hat, kommt da keine Langeweile auf, zumal pro Partie nur 6 von 17 Plänen bespielt werden.

Im Spieldesign haben sich dann kleine spielerische Schwächen eingeschlichen, die man in zukünftigen Ausgaben vielleicht noch verbessern könnte. So kommt es, je nach Spielerzahl, immer wieder einmal vor, dass man dringend benötigte Felder nicht erreicht, da sie von anderen Spielern blockiert sind. Oft muss man sich auch erst zu einem Feld vorarbeiten, um es zu erreichen. Dummerweise schnappt es einem dann die Konkurrenz weg. Das fühlt sich manchmal etwas unfair an, zumindest temporär, denn bis zum Spielende gleicht sich meist doch alles aus. Trotzdem würde ich es schöner finden, wenn es noch „Not-Aktionen“ gäbe, z.B. dass das Erfüllen von Aufträgen auch im Shop möglich wäre, eventuell mit einem Aufpreis an Gold. Mit Hausregeln kann man das so spielen, wenn einem ZU viel Konkurrenz auf dem Spielplan einen Strich durch die eigenen Pläne macht.

Nun lebt Almanac also nicht von einer neuartigen Spielmechanik an sich. Generell kennen wir (fast) alles, was man hier so macht, aus anderen Spielen. Der Bietmechanismus ist vielleicht das Originellste, was es von der spielerischen Seite aus gibt. Dennoch fühlt sich Almanac frisch und unverbraucht an, denn der Fokus liegt ganz klar auf dem Erleben der Spielstory über mehrere Kapitel. So entdeckt man immer wieder neue Orte und neue Möglichkeiten, seine Worker zu platzieren. Das Ziel bleibt stets gleich, aber hier ist ganz klar der Weg das Ziel. Dadurch, dass die Spieler selbst die Wege und damit die Orte bestimmen, wo weitergespielt wird, entstehen immer neue Spielkombinationen. Gepaart mit den Karten, die ebenfalls in zufälliger Auswahl ins Spiel kommen, bleibt das Spiel zudem dauerhaft interessant, auch wenn man irgendwann alle Orte bereits kennt.

Vom Schwierigkeitsgrad her ordne ich Almanac als gehobenes Familien- bzw. einfaches Kennerspiel ein. Da hier viel von der Atmosphäre über die Abenteuer-Texte läuft, wäre eine deutsche Lokalisierung sicher für viele wünschenswert. Das Konzept beinhaltet eine Menge Potenzial. So vergebe ich, trotz der genannten Schwachstellen, schon jetzt sehr gute 8 Kultpunkte für ein absolut sympathisches Spiel, das mich bereits auf die zweite Edition, die im Jahr 2022 mit neuem Buch und neuem Thema erscheinen soll, freuen lässt. Werden da noch kleine Regeln optimiert, könnte das eine Reihe werden, die sich für mich sogar noch bis zur persönlichen Höchstbewertung steigern könnte. Für alle, die ein ungewöhnliches (Familien-) Worker-Placement-Spiel suchen (und zumindest einigermaßen fit in der englischen Sprache sind), ist Almanac auf jeden Fall ein kleiner Geheimtipp und eine Empfehlung meinerseits wert!


VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/1mP081HjuSI

KULTFAKTOR: 8/10

Spielidee: 9/10
Ausstattung: 8/10
Spielablauf: 7/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 14.10.2021

Bildnachweis:
Coverfoto: Kolossal Games
Weitere Fotos: Spielkultisten