REZENSION

ALL ABOUT ANIMALS

  • Genre: Wissensspiel
  • Jahr: 2022
  • Verlag: moses. Verlag
  • Autor: Peer Sylvester
  • Illustrationen: Laura Bednarski
  • Grafik: Kreativbunker
  • Spieler: 2 bis 5
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: ca. 30 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Wissenslevel: 10/10

Übertölpelt beim Schätzen

Na, wie viel wiegt ein Tölpel? Ist ein Wombat ein Allesfresser? Hat ein Impala einen Schwanz, und leben Steinböcke in Afrika? Viele Fragen sind offen, und ihre Antworten müsst ihr einschätzen. Wenn niemand ein Veto einlegt, kann es auch für eine falsche Antwort Punkte geben ...

3. NATUR-SPECIAL-TAGE 21.03.-25.03.2022


REGELN

Bildet die Spielfläche aus 4 von 12 Aussagetafeln. Ordnet sie im Quadrat an und legt jeweils zwischen zwei Tafeln zwei Risikofelder (je ein blaues und ein rotes). Mischt die Tierkarten nach Farbe (blau = leicht, rot = schwer). Entscheidet euch, in welcher Schwierigkeitsstufe ihr spielen wollt. Dann kann es auch schon losgehen!

Bist du am Zug, betrachte die aktuell aufgedeckte Tierkarte. Ordne sie nun einer Aussagetafel zu, indem du sie auf ein freies blaues Feld (die Aussage stimmt) oder ein freies rotes Feld (die Aussage stimmt nicht) legst. Es gibt je zwei Einsetzfelder für "Stimmt" (6 und 3 Punkte) und zwei Felder für "Stimmt nicht" (ebenfalls 6 und 3 Punkte). Alternativ kannst du die Karte auch auf ein freies Risiko-Plättchen legen. Dabei gilt das gleiche Prinzip wie auf den Aussagetafeln, nur muss die getroffene Entscheidung diesmal auf beide angrenzenden Tafeln zutreffen! 

Nun gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Niemand zweifelt deine Entscheidung an. Dann erhältst du die Punkte des Feldes, auf das du die Karte gelegt hast (6 oder 3 Punkte auf Aussagetafeln, 8 Punkte auf Risiko-Feldern). Die Karte bleibt dort liegen und blockiert das Feld für andere Spieler. Sie wird nicht (!) aufgedeckt, um die Lösung zu kontrollieren.
  • Ein Mitspieler zweifelt deine Entscheidung an. Wer meint, die Karte wurde falsch abgelegt, hat dreimal pro Partie die Möglichkeit, ein Veto einzulegen, indem ein entsprechender Chip aus dem eigenen Vorrat abgegeben wird. Wurde zurecht Veto eingelegt, bekommt der Zweifler 3 Punkte, während der aktive Spieler keine Punkte erhält (bzw. 2 Minuspunkte, wenn es sich um ein Risiko-Feld handelte). Wurde zu Unrecht ein Veto eingelegt, bekommt der aktive Spieler seine Punkte, während der Zweifler 3 Minuspunkte kassiert. Pro Antwort können auch mehrere Spieler ein Veto einlegen.


Die Punkte werden auf dem Rand der Spielschachtel markiert. Ggf. kann die Punktezahl auch in den negativen Zahlenbereich sinken.

Gespielt wird reihum. Nach jedem Spielzug ist der nächste Spieler in Sitzreihenfolge mit einem neuen Tier am Zug. Sollten auf einer Aussagetafel mindestens 3 Karten platziert worden sein, so kann der aktive Spieler sie, wenn er möchte, gegen eine neue austauschen. Dann entfernt er auch die Karten von angrenzenden Risiko-Feldern. Seine Tierkarte muss (!) der Spieler dann aber auf der neu aufgedeckten Tafel platzieren.

Gespielt wird, bis ein Spieler 30 Punkte erreicht oder überschreitet. Die Runde wird noch zu Ende gespielt. Wer nun die meisten Punkte besitzt, gewinnt.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • man kann viel über Tiere erfahren
  • man kann auch durch Raten gewinnen


CONTRA 

  • Schwächen in der Mechanik
  • Karten sind recht klein und dünn

MEINUNG

Dieses Spiel lässt mich wortwörtlich ein wenig ratlos zurück. Warum das so ist, erfahrt ihr gleich. Doch zunächst einmal möchte ich an ein grandioses Schätzspiel erinnern, das im Jahr 2008 erschien. Friedemann Friese erfand damals Fauna. Mit 360 großen Tierkarten und einer kurzweiligen Spielweise begeisterte das Spiel Quiz- und Tierfans. Ich selbst zähle mich auch zu beiden Gruppen, somit war ich sehr gespannt auf All About Animals.

Die erste kleine Enttäuschung beim Öffnen der Schachtel sind die Tierkarten. Die haben ein Mini-Format und sind zudem auch recht dünn. Auf der Vorderseite, die man im Spiel meistens sieht, steht nur der Name eines Tiers, ansonsten gibt es keine weiteren Infos. Die Rückseite der Karte zeigt dann Daten in 12 verschiedenen Kategorien und eine Mini-Illustration.

Das Spielprinzip hört sich theoretisch erst einmal trickreich an. Ich versuche also, mein gezogenes Tier auf einer Aussage mit möglichst vielen Punkten zu platzieren. Da ist dann aber auch schon der erste Glücksfaktor im Spiel. Die meisten Tiere auf blauen Karten kennt man, aber selbst darunter befinden sich welche, die man spontan nicht vor Augen hat. Umgekehrt sind die Tiere auf den roten Karten oft so unbekannt, dass man die Aussagen auf den Tafeln wirklich nur erraten kann. Aber auch im roten Kartendeck befinden sich Tiere, die wiederum eigentlich recht bekannt sind bzw. die man sich vom Namen ableiten kann ...

Wie erfolgreich man ist, hängt also stark vom gezogenen Tier ab  - und von der Auslage der Aussage-Tafeln. Manche sind schwerer einzuschätzen als andere. So hat der Startspieler sicher den Vorteil, eine sichere Antwort geben zu können. Gerade bei den Risiko-Feldern winken halt viele Punkte, und wenn ein Tier zufällig zu zwei Tafeln passt, wird man das entsprechende Risiko-Feld auch belegen. Dumm dann für die, die in ihrem Spielzug keine passende Kombo für ihr Tier vorfinden. Ja, notfalls sind im besten Fall immer noch 6 Punkte drin, aber es ist schon ein Unterschied, ob man eben nur 6 Punkte oder 8 Punkte holt, denn All About Animals ist ja ein kleines Punkte-Wettrennen. Macht ein Mitspieler, der direkt nach vorn prescht, keinen Fehler mehr, kann er u.U. gar nicht mehr eingeholt werden.

Solche Tierquiz-Spiele haben ja meistens auch einen pädagogischen Wert, liefern sie doch lehrreiche Informationen, die einem vorher sicher nicht alle bekannt waren. Hier kommt schon die nächste Krux: Was wirklich auf ein Tier zutrifft, erfahren wir nur dann, wenn ein Spieler ein Veto einlegt. Gibt der aktive Spieler bei einem Tier, was jeder kennt, eine offensichtlich richtige Antwort, wird niemand die gegebene Antwort anzweifeln. Das ist so lange gut, wie sich alle sicher sind. Kommen Zweifel auf, aber möchte man keine Punkte riskieren, bleibt die Frage, ob die Lösung wirklich stimmte ... So können ratzfatz Punkte ohne Überprüfung aufs Spielerkonto wandern. Dieses Anzweifeln einer Lösung gehört natürlich zum Konzept.

Die Vetos aber wiederum sind begrenzt. Und wenn sie weg sind, sind sie weg. Das merkt man besonders im 2-Spieler-Spiel. Hat man alle Vetos vergeben, kann ein Mitspieler bedenkenlos falsche Antworten geben, um die meisten Punkte abzugreifen. Das grüne 8-Punkte-Feld auf der Risiko-Tafel zwischen „Legt Eier" und "Hat Hörner, Stacheln oder ist giftig" ist noch frei? Genial! Ich soll einen Orang-Utan platzieren? Was soll‘s ... Lasse ich ihn doch einfach Eier legen und verpasse ihm Hörner ... Selbst wenn die Antwort so offensichtlich falsch ist, und ich auch weiß, dass ich hier eine falsche Antwort gebe, bekomme ich dann laut den Spielregeln 8 Punkte, wenn kein anderer Spieler mehr ein Veto-Plättchen besitzt, da es ja keine Überprüfung gibt. Sorry, aber das fühlt sich bei einem Wissensspiel dann doch unschön an und kann doch eigentlich auch nicht so gewollt sein. Mit mehr Spielern relativiert sich das zumindest ein wenig, da die Vetos meist breiter gestreut werden, aber selbst da kann es passieren, dass eine falsche Antwort mangels Veto-Plättchen nicht mehr angezweifelt werden kann.

Das alles schreit nach Hausregeln. Wir haben es hinterher mal so gespielt, dass wir jede Karte nach dem Ablegen überprüft haben. War die gegebene Antwort falsch, gab es auch keine Punkte. Sollte jemand die falsche Antwort des aktiven Spielers mit einem Veto erkannt haben, bekommt dieser drei Bonuspunkte, bei einem falschen Veto 3 Minuspunkte. So hatte man nun das Gefühl, tatsächlich nur für richtige Antworten Punkte zu machen, und zudem konnte man dadurch dann auch mehr über das Tier erfahren. Für uns wären das die sinnvolleren Regeln, die auch zu einer höheren Kultnote führen würden, denn das Legeprinzip mit den verschiedenen Aussagen ist ja eigentlich interessant.

Ich verstehe, dass man mit dem in der Anleitung vorgegebenen Zocker-Mechanismus ein wenig Spannung ins Spiel bringen wollte, aber dieser Versuch hat zumindest in unseren Spielrunden nicht so recht gezündet. Viele empfanden das Ablegen der Tierkarten dann oftmals beliebig - entweder, weil die korrekten Antworten bei den blauen Karten absolut offensichtlich waren, oder weil man bei den roten Karten einfach gar nicht wusste, was man da gerade einschätzt. Ja, wenn man das Spiel häufiger auf den Tisch bringt oder sich mit dem schönen beiliegenden Poster beschäftigt, auf dem alle Tiere abgedruckt sind, dann wird man dabei auch etwas lernen. Aber das dauert halt.

Wer mit dem beschriebenen Poker-Element klarkommt, auch damit, dass man Punkte für falsche Antworten bekommen kann, der erhält mit All About Animals zumindest eine schöne "Karteikarten"-Sammlung mit 200 Tieren und ihren Daten in verschiedenen Kategorien. Rein spielerisch wirkte der Mechanismus auf mich und meine Mitspieler leider nicht komplett ausgereift, da er zwischen dem Offensichtlichen und später teils unbestraften Fehlern schwanken kann. Im direkten Vergleich bleibt Fauna da für mich auf jeden Fall vorn. Man kann All About Animals sicher gut in der Familie spielen, ja, aber die Regeln stehen dem schönen Thema an mehreren Stellen einfach etwas im Weg. 

So leid mir das tut, und so gern ich das Spiel hätte mögen wollen: mehr als durchschnittliche 5 Kultpunkte kann ich in der vorliegenden Form leider im Vergleich zu ähnlichen Schätzspielen nicht vergeben. Für die vielen Infos und die Ausstattung an sich kann man das Spiel sicher zu Lehrzwecken dennoch gut gebrauchen. Es ist auch vergleichsweise günstig erhältlich. Aber letztlich wird das Spiel bei uns wohl nur noch mit Hausregeln auf den Tisch kommen, da der Schätzmechanismus nach unserem Empfinden nicht richtig ausbalanciert bzw. zu glückslastig wirkt für ein Spiel, bei dem es eigentlich auf Fakten ankommt. Wenn ihr das anders empfindet, lasst es uns gern wissen. So bleiben wir mit gemischten Gefühlen zurück, was schade ist, weil die Grundidee eigentlich Potenzial hat.

KULTFAKTOR: 5/10

Spielidee: 5/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 5/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 22.03.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: moses. Verlag
Weitere Fotos: Spielkultisten