REZENSION

AETHERYA

  • Genre: Familien-/ Taktikspiel
  • Jahr: 2022
  • Verlag: Nostromo Éditions, im Vertrieb von Hutter Trade
  • Autor: François Bachelart
  • Grafik: Lucie Mercier, Emma Rakotomalala
  • Spieler: 1 bis 4
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Dauer: ca. 20 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
  • Taktiklevel: 6/10

Freundschaft oder Fehde?

Das Königreich Aetherya befindet sich im stetigen Wandel. Menschen, Elben, Goblins, Zwerge und Drachen leben hier zusammen, doch nicht alle vertragen sich miteinander. Unser Ziel: Die Konflikte reduzieren, indem die Plätze der Bewohner geschickt getauscht werden.

REGELN

Vorab: Es kann solo, kooperativ oder kompetitiv gespielt werden. Alles ist möglich. Ich beschreibe hier zunächst die kompetitiven Grundregeln:


Die kleinen quadratischen Königreich-Karten zeigen auf ihrer Rückseite die Anzahl der Spieler. So kann das Material rasch an die Spielerzahl angepasst werden.

Dann werden alle gewählten Karten gemischt und jeden Spieler jeweils vier Karten verteilt, die offen als 2x2-Raster ausgelegt werden. Es darf keine Karte im eigenen Raster doppelt ausliegen. Doppelte Karten werden ggf. mit einer neuen Karte vom Nachziehstapel getauscht. Jeder Spieler darf selbst entscheiden, wie er die Karten im eigenen Raster platziert.


Danach werden 12 weitere Karten vom Nachziehstapel an jeden Spieler verteilt, die nun verdeckt ringsum die vier Karten ausgelegt werden und so ein 4x4-Raster entstehen lassen. Die restlichen Königreichkarten bilden den verdeckten Nachziehstapel, dessen oberste Karte als erste Karte des Ablagestapels aufgedeckt wird. 


Als weiteres werden die Legenden-Karten gemischt. Sie gelten als zusätzliche Wertungskarten. Von ihnen werden 8 Karten gezogen und offen ausgelegt. Hat ein Spieler als erster eine dieser Karten im eigenen Raster erfüllt, erhält er diese Karte und die damit verbundenen zusätzlichen Siegpunkte.


Wer an der Reihe ist, zieht eine Karte: Entweder …

  1. die oberste offen ausliegende Karte vom Ablagestapel; in diesem Fall muss sie im eigenen Raster platziert werden, im Austausch gegen eine dort liegende offene oder verdeckte Karte, die dann abgelegt wird ODER
  2. die oberste verdeckte Karte vom Nachziehstapel;in diesem Fall DARF die Karte - nach dem Anschauen - nach den zuvor genannten Regeln im eigenen Raster platziert werden, sie darf alternativ aber auch abgeworfen werden. Wird sie abgeworfen, muss stattdessen eine verdeckte Karte des eigenen Rasters aufgedeckt werden.


Achtung: Offen sichtbare Drachen und Portale besitzen ein Schloss-Symbol. Sie dürfen ihren Platz nicht mehr verlassen!


Hat der Spieler seinen Zug beendet, folgt der nächste Spieler in Sitzreihenfolge. Er hat erneut die Auswahl aus den beiden Optionen. Es wird reihum gespielt, bis der erste Spieler seine letzte verdeckte Karte im eigenen Raster aufdeckt. Das Spiel endet sofort. Es folgt die Wertung.


Bei der Wertung fallen nun weitere Symbole auf den Karten ins Gewicht. Einige Königreich-Bewohner können sich z.B. nicht leiden, andere mögen sich besonders:


Mensch (Schwert):

  • Menschen mögen Ebenen (Getreide). Sie erhalten 2 Siegpunkte für jede direkt waagrecht oder senkrecht angrenzende Ebene (angrenzend gilt auch immer indirekt, über ein Portal verbunden).
  • Sie mögen Berge und Wald und erhalten für angrenzende Karten dieser Art 1 Siegpunkt.
  • Sie mögen keine Goblins = 2 Minuspunkte
  • Sie mögen keine Sümpfe = 1 Minuspunkt


Elf (Bogen): 

  • Elben mögen Wälder. Sie erhalten 2 Siegpunkte für jeden direkt waagrecht oder senkrecht angrenzenden Wald.
  • Sie mögen keine Goblins und keine Zwerge = 2 Minuspunkte
  • Sie mögen keine Sümpfe = 1 Minuspunkt


Zwerg (Axt): 

  • Zwerge mögen Berge. Sie erhalten 2 Siegpunkte für jeden direkt waagrecht oder senkrecht angrenzende Berg.
  • Sie mögen keine Goblins und keine Elfen = 2 Minuspunkte


Goblin (Dolch): 

  • Goblins mögen Sümpfe. Sie erhalten 3 Siegpunkte für jeden direkt waagrecht oder senkrecht angrenzenden Sumpf.
  • Sie mögen keine Menschen, Zwerge und Elfen = 2 Minuspunkte
  • Sie können keine Drachen zähmen!


Drache (Ei): 

  • Drachen müssen von mindestens zwei Bewohnern (außer Goblins) gezähmt werden, sonst gelten sie als Minuspunkte.
  • Der erste gezähmte Drache bringt 3 Punkte, zwei gezähmte Drachen bringen 10 Punkte und drei gezähmte Drachen bringen 18 Punkte.
  • Der vierte Drache im eigenen Raster bringt automatisch 6 Minuspunkte.


Zusätzlich werden die Legendenkarten (mit dem Kronen-Symbol) gewertet. Hier gibt es z.B. Aufgaben wie:

  • zwei gleiche Personen nebeneinander = 2 Punkte
  • drei gleiche Gelände nebeneinander = 3 Punkte
  • Zwei Zwerge liegen neben einem Goblin = 3 Punkte u.s.w.


Legendenkarten müssen nur einmalig erfüllt sein. Danach können eventuell konfliktlastige Karten im Königreich wieder ausgetauscht werden.


Wer am Ende die meisten Siegpunkte hat, gewinnt.


Das Spiel wird direkt mit einer optionalen Erweiterung geliefert

Jeder Spieler erhält ein identisches Set aus 12 Plättchen mit Charakteren und Gegenständen. Diese Kärtchen werden gemischt und verdeckt auf die äußeren Königreich-Karten im eigenen Raster platziert.


Ist nun ein Spieler an der Reihe, tauscht er wie gewohnt seine Karte. Deckt er dabei eine verdeckte Karte im eigenen Raster auf, darf er auch das dort befindliche Plättchen aufdecken und dessen Effekt ausführen oder in einem späteren eigenen Zug einsetzen. Im eigenen Zug können beliebig viele offene Plättchen genutzt werden. Dazu gehören z.B.:

  • Der Dieb: Das Plättchen wird abgeworfen, um einen offenen ausliegenden Gegenstand zu stehlen.
  • Der Stab: Ein Drache ist automatisch gezähmt. 
  • Die Kristallkugel: Im eigenen Zug kann man sich ein eigenes oder fremdes verdecktes Plättchen anschauen.
  • Der Stein der Macht ist ein Gegenstand, der am Ende Siegpunkte bringt.
  • Der Schmuggler: Das Plättchen wird abgeworfen, um ein offen ausliegendes Plättchen von einem Mitspieler zu kaufen. Der Preis ist ein beliebiger eigener offener „Stein der Macht“ u.s.w.


Wertung: Die Zahlen auf den eigenen Steinen der Macht werden addiert. Die letzte Stelle der Summe ergibt die zusätzlichen Siegpunkte des Spielers, z.B sind es bei der Zahl 12 entsprechend 2 Punkte, bei der Zahl 6 dann schon 6 Punkte etc.


Für die Solo- und die kooperative Variante sind weitere Regeln in der Anleitung zu finden. 

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • bekannte Ideen neu vereint
  • abwechslungsreiche Wertungen
  • schöne Gestaltung


CONTRA

  • einfache Grundidee wurde verkompliziert, daher mitunter Wartezeiten

MEINUNG

Allen Leuten Recht getan, ist eine Kunst, die keiner kann. So ist es auch im Königreich Aetherya. Elben, Zwerge, Goblins, Menschen, Drachen - alle leben in ein und der selben Welt und müssen miteinander klarkommen. Und wenn da nicht jeder so seine eigenen Bedürfnisse hätte, würde es ja auch gehen, aber …


Der spielerische Gedanke erinnert mich im ersten Augenblick an zwei bekannte Spiele: Zum einen an Der perfekte Moment, bei dem das logische Zusammenfügen von verschiedenen Persönlichkeiten in einem Bild im Vordergrund steht - und an Skyjo (und ähnliche Spiele mit anderem Namen, aber gleichem Konzept), bei denen der Kartentausch-Mechanismus zu finden ist. Genau diese Kombination, verpackt in ein klassisches Fantasy-Ambiente samt aller Klischees, sorgt für durchaus interessante Spielmomente. 


Ich lege also ein Grundraster aus verdeckten und offenen Karten aus und versuche durch geschicktes Tauschen dafür zu sorgen, dass die in meinem Reich lebenden Wesen möglichst zufriedengestellt werden. Portale helfen beim Zusammenstellen der Plätze, wenn sie gut positioniert sind. Und so zieht man eine offene oder verdeckte Karte und versucht, an eine gute und punkteträchtige Auslage zu kommen, wobei man die verschiedenen Regeln erst einmal verinnerlicht haben muss, um zu wissen, was gut zueinander passt - und was nicht. Diese Regeln werden zwar mit Symbolen auf jeder Karte noch einmal beschrieben, aber sie müssen auch in den Köpfen der Spieler verankert sein, um hier eine gute Auslage hinzubekommen.


Um dem Spiel dann noch einmal ein wenig weiteren Schwung zu verleihen, gibt es die Plättchen, die auf den Karten im Raster positioniert werden und besondere Aktionen bereithalten: Diebstahl, Tausch, Kauf usw. Leider fehlt hier dann eine kleine Spielerhilfe, denn gerade anfangs müssen die Kärtchen-Aktionen oft nachgeschlagen werden.


Das Material ist solide und erfüllt die üblichen Standards. Die Grafik ist hübsch und lädt in die Fantasy-Welt ein.


Und wie spielt es sich? Das Grundspiel zu zweit spielt sich insgesamt einfach und rasch. Hier greift die Erweiterung mit den Plättchen noch nicht richtig. Ab drei Spielern mit Erweiterung erhöht sich die Denkzeit wegen der Einzelregeln doch erheblich, zumal die Wertung die Spieltiefe maßgeblich beeinflusst. Eine Spielzeit von 20 Minuten pro SpielerIn ist dabei realistisch. Weitere Spieloptionen sind unter: http://nostromo-editions.com/aetherya-de zu finden. Sie bringen zusätzliche Veränderungen mit.


Fazit: Aetherya ist ein zum großen Brettspiel gewordenes, im Kern aber typisches Kartentausch-Spiel, wie wir es zuletzt häufiger gesehen haben. Die daran gekoppelte Wertung verleiht dem Spiel nun eine neue nicht zu unterschätzende Spieltiefe. Ob sich das beides gut verträgt, ist dann die Frage. Wer sein Königreich punkteträchtig aufbauen möchte, kämpft mit einem recht hohen Glücksfaktor. Wer hingegen ein einfaches, eben glückslastiges Spiel wie Skyjo bevorzugt, ist mit den Wertungsoptionen teils schon überfordert. Bedeutet: Das Spiel richtet sich wohl vornehmlich an Fans von Skyjo und Co., die dem ganzen einen erhöhten Denkanspruch hinzufügen wollen. Dass dieser jedoch zum Grübeln einlädt und auch mal Wartezeiten entstehen lässt, sollte einem gerade anfangs bewusst sein.

KULTFAKTOR: 6/10

Spielidee: 6/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 6/10

EURE REZENSENTIN

GABI

Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester

Eine Rezension vom 05.09.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Nostromo Éditions
Weitere Fotos: Spielkultisten