REZENSION

A THIEF'S FORTUNE

  • Genre: Strategiespiel
  • Jahr: 2020 (deutsche Version)
  • Verlag: Artipia Games / deutsche Version: Taverna Ludica Games
  • Autoren: Konstantinos Kokkinis, Sotirios Tsantilas
  • Grafik: Kinetic
  • Spieler: 1 bis 4
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Dauer: ca. 45 bis 90 Minuten
  • Schwierigkeitsgrad: mittel
  • Taktiklevel: 7/10

Diebische Zeitreisen

Nabbarah ist eine Stadt voller Mythen. Als Diebe schlecht ihr euch in den königlichen Palast, um Schätze zu rauben. Doch was ist das? Eine mysteriöse Sanduhr ermöglicht bei der Berührung Zeitreisen. Und so können wir dann in die Zukunft sehen, um unser Handeln schon jetzt entsprechend planen!

REGELN

Es gibt mehrere Spielorte. Zunächst wird der in der Mitte liegende Markt eingerichtet. Dort werden alle Marker (Ressourcen, Zeit und Gefahren) platziert. Die drei Felder bleiben vorerst noch frei, sie bilden später eine gemeinsame "Zukunft". Die Rundenanzeige startet bei 1. Die Spielermarker beginnen auf der umlaufenden Siegpunktleiste bei der Null. Oberhalb dieses Tableaus werden drei verdeckte Stapel gebildet, getrennt nach Ort, Charakter und Ereignis. 


Jetzt wird der Spielerbereich eingerichtet: 

  • die zwei Trennstreifen werden so übereinander ausgelegt, dass zwischen ihnen Platz für Karten bleibt. Jede der entstehenden Reihen beinhaltet später eine Kartenart: Orte, Charaktere, Ereignisse.
  • Jetzt werden die Startkarten zufällig verteilt. Jeder Spieler erhält einen Ort. Dieser Ort bestimmt einen Charakter und die Startressourcen, die dem Spieler dann zur Verfügung stehen. Der Ort wird in die Reihe der Orte oberhalb des ersten Trennstreifens platziert. Der Charakter folgt in der Mitte.


Der Spielerbereich gliedert sich in einen Zeitstrom ein. Links der Trennstreifen befindet sich die Vergangenheit. Der Platz zwischen den Trennstreifen gilt als Gegenwart. Alles, was sich später rechts ansammelt, befindet sich in der Zukunft. 


Haben sich die Spieler auf einen Startspieler geeinigt, kann das Spiel beginnen. Das Spiel verläuft in mehreren Phasen insgesamt fünf Runden lang. 


Phase 1: Planung 

  • Die Planung beginnt, indem für jedes Feld der gemeinsamen Zukunft eine Karte (Ort, Charakter, Ereignis) gezogen und inkl. Ressourcen platziert wird.
  • Jeder Spieler zieht einen Ort, ein Ereignis und einen Charakter. Dazu dann noch zwei beliebige Karten. Diese fünf Karten werden auf die Hand genommen. 
  • Eine von den Karten wird direkt ausgewählt und in die eigene Zukunft rechts von den Trennstreifen gelegt (inklusive der Ressourcen in der linken oberen Ecke der Karte). 
  • Zwei Karten werden ausgewählt zum Weitergeben an den nächsten Spieler (rechts oder links, je nach Runde).
  • Die restlichen Karten bleiben vorerst beim Spieler. 


Dieser Vorgang wird wiederholt, bis jeder Spieler vier Karten in die eigene Zukunft gelegt hat. Die letzte Karte wird abgeworfen. Dafür darf man dann einen der beiden „Gefallen“ am unteren linken Rand auswählen (weitere Ressourcen oder Karten u.a.) 


Phase 2: Beute 

  • In Abhängigkeit von der Runde darf man sich eine bestimmte Anzahl Ressourcenmarker von den Karten der Zukunft nehmen. 
  • Immer wenn eine diese Karten keine Marker (außer Gefahren) mehr besitzt, rutscht diese in die Gegenwart. Sollte dabei die Höchstkartenzahl von vier Karten in einer Reihe überschritten werden, wird die erste Karte (links) direkt in die Vergangenheit geschoben und landet dort zunächst im Vergangenheitsstapel. Dieser wird am Spielende gewertet. Die einzelnen Karten bringen Siegpunkte, die die blaue Zahl unten rechts zeigt. Gefahren werden, sobald die Karte in die Gegenwart rutscht, auf die Felder der Gefahrenleiste gelegt. Für sie müssen später Ressourcen gezahlt werden.
  • Achtung: Beim Einschieben von Karten in die Gegenwart können Ortseffekte ausgelöst werden. Diese sollten also gleich kontrolliert werden.


Phase 3: Aktionen 

Es wird reihum gespielt. Beginnend beim Startspieler darf jeder Spieler genau zwei Aktionen durchführen. Er kann in beliebiger Kombination: 

  • Einen Charakter aktivieren und dessen mittlere Fähigkeit nutzen. Um die Nutzung anzuzeigen, wird die Karte um 90 Grad gedreht.
  • Ein Ereignis aktivieren. Ereignisse sind generell einmalig und werden danach in die Vergangenheit gelegt. Für sie müssen z.T. die richtigen Voraussetzungen geschaffen sein.
  • Für zwei Zeitplättchen darf sich der Spieler entweder eine beliebige Ressource aus der eigenen Zukunft holen oder eine der Ressourcen von einer der Karten aus der gemeinsamen Zukunft nehmen. Wird dabei eine Karte leer, muss er sie in die eigene Gegenwart legen (Kaskaden möglich).


Phase 4: Passen 

Die Spieler spielen ihre Aktionen, solange sie wollen und können. Sobald ein Spieler keine Aktion nutzen möchte, passt er. Der erste Spieler, der passt, erhält den Startspielermarker. 


Phase 5: Bestechung 

  • Für jedes Gefahrenplättchen in der eigenen Gegenwart muss der Spieler eine Ressource abgeben. Alles was ein Spieler nicht bezahlen kann, verliert er an Siegpunkten. Dafür aber wird auch die Gefahr entfernt.
  • Ortsaktionen für die Bestechungsphase treten jetzt in Kraft.


Phase 6: Rundenende 

  • Die gemeinsame Zukunft wird abgelegt.
  • Alle Charaktere werden wieder aufgerichtet.


Eine neue Runde beginnt, indem die Rundenanzeige weiterrutscht. Die Zahlen neben der Rundenzahl zeigen die Anzahl der Ressourcen, die sich die Spieler in der nächsten Beutephase nehmen können. 


Spielende: Nach der fünften Phase der fünften Runde endet das Spiel. Nun werden die Siegpunkte ermittelt: 

  • Es gibt Punkte für Karten im Vergangenheitsstapel (die blauen Zahlen werden addiert).
  • Für je fünf Basisressourcen (also nur Säbel, Lampe, Juwel) erhält ein Spieler einen Siegpunkt.


Es gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkten.

Das Spiel bietet zudem eine Solo-Variante.

 GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • interessanter Zeitreisen-Mechanismus
  • Engine Buider-Elemente mit Kettenreaktionen
  • schöne Gestaltung


CONTRA

  • das Glück spielt hier ebenfalls oft mit
  • hohe Downtime möglich

MEINUNG

 

Tja, da hat man als Dieb in des Königs Schatzkammer die volle Auswahl und nimmt ausgerechnet eine Sanduhr mit. Der Preis dafür ist hoch, denn nun sind alle Palastwachen hinter einem her. Doch die Sanduhr ist das tatsächlich wert, zeigt sie doch Einblicke in die eigene Zukunft. Ein Traum, den wohl viele von uns haben.

Erstmalig kam das Spiel bereits im Jahr 2018 in englischer Sprache auf den Markt. Seit 2020 ist es nun auch auf deutsch erhältlich. Das Material ist dabei durchdacht. Die Marker könnten etwas reichlicher sein, und statt der Trennstreifen wünscht man sich eher ein eigenes Spielertableau. Aber das ist Klagen auf recht hohem Niveau.

Die Anleitung zeigt dann: Nein, das ist kein Familienspiel. Es ist ein Kennerspiel, allerdings mit Glücksfaktor. Das muss man direkt wissen, um dann nicht zu viel zu erwarten. Trotzdem ist es für viele schwer, in der ersten Runde die Schauplätze zu überblicken -Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft – eine gemeinsame und eine eigene. Dazu dann noch die Kartenmöglichkeiten, die oft Kaskaden an Aktionen nach sich ziehen und viel Aufmerksamkeit benötigen. Das Spiel in Runden und Phasen verwirrt ungeübtere Spieler am Anfang, obwohl alles logisch aufgebaut ist. In unterschiedlichen Phasen können Kartenaktionen in Kraft treten. Wie gesagt, gut aufpassen ist angesagt!

Und nun gab es in unseren Testrunden verschiedene Meinungen: Während die einen das Spiel lieben, finden es die anderen zu glückslastig. Ich selbst mag es, muss jedoch die Meinungen der anderen anerkennen, und ihre Argumente zur Kenntnis nehmen. Kritik kam da bereits an der Anleitung auf. Die Reihenfolgen sind eher unlogisch aufgebaut, letztlich aber meist verständlich. Die Kurzanleitung wurde als wenig hilfreich empfunden. Der Draft-Mechanismus am Anfang kommt erst ab drei Spielern sinnvoll zur Geltung. Generell ist das Spiel zu dritt am optimalsten, da die Downtime bei vier Spielern doch recht hoch sein kann. Außerdem gibt es in der gemeinsamen Zukunft nur drei Kartenplätze, was dem letzten Spieler in Vollbesetzung nicht selten das Gefühl gibt, leer auszugehen.

Da der Startspielermarker bewusst durch frühzeitiges Passen gewählt werden kann, können sich Spieler dadurch benachteiligt fühlen, weil sie eben nicht auf Züge verzichten wollen. Das aber ist gewolltes taktisches Kalkül. Hinzu kommen die Kettenzüge. Eine Karte kann andere Aktionen an verschiedenen Orten im eigenen Spielerbereich nach sich ziehen. Wer Spiele mit solchen Kettenreaktionen und Engine-Builder-Effekten mag, der wird das Spiel abfeiern. Wer bei so etwas hingegen gern den Überblick verliert, wird das Spiel nicht mögen.

Nun richtet sich das A Thief's Fortune als Kennerspiel ja schon an erfahrenere Spieler. Die Interaktionen zwischen den Karten kommen jedoch zufällig ins Spiel, das bedauern einige Spieler, die sich hier mehr Einfluss gewünscht hätten. Die Startcharaktere werden zum Teil auch als unterschiedlich wertvoll empfunden. 


Schön dagegen ist das planerische Element: Da in der Gegenwart nur vier Karten je Art (Ort, Charakter, Ereignis) erlaubt sind, schieben nachrückende Karten andere Karten in die Vergangenheit, wo sie dann zwar bare Siegpunkte wert sind, aber für Aktionen nicht mehr zur Verfügung stehen. Das will stets bedacht sein. Auch die Sanduhren spielen im Spiel insgesamt eine stärkere Rolle, als das anfangs oft erwartet wird.

Das Solo-Spiel mit genauen Zielen kann tatsächlich gefallen, vor allem wegen seines störungsfreien Zug-Optimierens.

In der ursprünglichen Variante gab wohl weitere Karten. Die würde ich mir als eine sinnvolle Erweiterung wünschen, denn A Thief's Fortune ist ein interessantes und durchdachtes Kennerspiel mit einem reizvollen Mechanismus. Allerdings sollte es nur mit dem Wissen gespielt werden, dass die Optimierung auch an Zufall und Glück gekoppelt ist. 

KULTFAKTOR: 7/10

Spielidee: 8/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 7/10

EURE REZENSENTIN

GABI

Immer-und-Überall-Spielerin, Spieleberaterin, Krankenschwester

Eine Rezension vom 16.04.2021

ZWEITMEINUNG

Ich gehöre definitiv zu der Gruppe von Spielern, die A Thief's Fortune sehr gern mögen. Ich bin immer ein große Fan von Engine Builder-Effekten, von Synergien zwischen Aktionen. Genau das liefert mir A Thief's Fortune auf eine wunderbare Art und Weise.

Die Idee mit den verschiedenen Zeitabschnitten ist unverbraucht und wirklich interessant. Zwischen den Aktionsstreifen versuche ich, wertvolle Kombinationen aufzubauen, immer mit dem Wissen, dass neue Karten aus der Zukunft nachrücken. Da ist Timing im Umgang mit den Ressourcen gefragt, denn oftmals möchte ich eine bestimmte Karte noch gar nicht im aktiven Spielerbereich sehen, da sie mir ein wichtiges Zusammenspiel zweier Karten zerstören würde.

Umgekehrt ist mir auch viel daran gelegen, punkteträchtige Karten auf meinen Ablagestapel in die Vergangenheit zu bringen. Das wiederum erfordert das Nachschieben passender Karten. Ein schönes Dilemma, das mich vor taktische Entscheidungen stellt.

Dass ich bei allen Aktionen nichts vergessen sollte, muss ich mir allerdings immer wieder ins Gedächtnis rufen. Ja, in der Tat passiert es schnell, dass man vielleicht irgendeinen Effekt übersieht, den man durch eine Aktion ausgelöst hat. Mit Grüblern kann das Spiel daher, wie auch Gabi bereits erwähnte, dann eine entsprechende Downtime hervorrufen. Diese Zeit kann man aber meist gut nutzen, um seinen eigenen nächsten Spielzug schon etwas vorauszuplanen. Ja, man erhält zufällige neue Karten, kann ihre Arten aber zumindest in der Anzahl beeinflussen.

Drei Spieler sind dabei auch für mich vom Gefühl die beste Konstellation.

Fazit: Ich finde A Thief's Fortune wirklich sehr gelungen, mir macht es richtig Spaß, Karten so zu kombinieren und durch gutes Timing ins Rennen zu schicken, dass sie mir, in Abhängigkeit des bereits erwähnten Glücksfaktors, optimale Synergien liefern. Wenn das gut funktioniert, sind die Aktionsketten für mich dann immer die beste Belohnung, die mir ein taktisches Spiel liefern kann. Von mir gibt's daher sehr gute 8 Kultpunkte!

KULTFAKTOR: 8/10

Spielidee: 9/10
Ausstattung: 7/10
Spielablauf: 8/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Zweitmeinung vom 16.04.2021

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Artipia Games / Taverna Ludica Games
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