REZENSION

7 WONDERS ARCHITECTS

  • Genre: Familienspiel
  • Jahr: 2021 
  • Verlag: Repos Production / im Vertrieb von Asmodee
  • Autor: Antoine Bauza
  • Grafik: Etienne Hebinger
  • Spieler: 2 bis 7
  • Alter: ab 8 Jahren
  • Dauer: ca. 25 Min.
  • Schwierigkeitsgrad: leicht
  • Taktiklevel: 5/10

Weltwunder für Einsteiger

Durch taktisch kluges Auswählen von Karten errichtet ihr Schritt für Schritt euer Weltwunder, engagiert euch nebenbei in der Wissenschaft, aber auch militärisch, um die Konkurrenz auszustechen und möglichst viele Punkte zu machen!

REGELN

Wähle zunächst eines der sieben Weltwunder, nimmt dir die Aufbewahrungsbox und baue das Wunder so zusammen, wie es der Bauplan vorschreibt (mit der Gerüst-Seite nach oben). Mische zudem das beiliegende Kartendeck und lege es dann offen in die Kartenbox. Diese Box stellst du neben dir ab. Alle anderen machen das nun genauso mit ihrem gewählten Bauwerk. So sitzt dann schließlich jeder immer genau zwischen zwei Kartenboxen. In der Mitte wird zudem ein großer Gemeinschafts-Kartenstapel errichtet, allerdings verdeckt. Außerdem wird - je nach Spielerzahl - noch eine gewisse Anzahl an Friedensmarkern ausgelegt. Nun werden noch drei zufällige Fortschrittsmarker aufgedeckt und in die Auslage gelegt. 

Gespielt wird reihum. Bist du an der Reihe, musst du eine Karte nehmen und direkt ausspielen. Verfügbar ist immer die sichtbare Karte in der Box links von dir ODER die sichtbare Karte in der Box rechts von dir ODER die oberste verdeckte Karte des Gemeinschaftsstapels. 

Je nachdem, welche Karte du genommen hast, passiert nun folgendes:

  • Graue Karten liefern Ressourcen. Dein Weltwunder besteht aus fünf Bauabschnitten, die vom Fundament aus nach oben errichtet werden müssen. Jeder Bauabschnitt kostet dich eine bestimmte Anzahl an gleichen oder verschiedenen Ressourcen. Hast du diese zusammen, wirfst du die Karten ab und drehst den Bauabschnitt auf die „Gebaut"-Seite. Jeder Abschnitt bringt dir am Spielende die aufgedruckten Siegpunkte und teilweise einen sofortigen Effekt, der bei jedem Weltwunder anders ausfällt (z.B. zusätzliche Karten etc.).
  • Gelbe Karten liefern Münzen. Münzen dienen beim Abwerfen als Joker-Ressource.
  • Blaue Karten liefern Siegpunkte am Ende des Spiels. Ist zudem ein Katzensymbol auf der Karte zu sehen, erhältst du die Katzen-Figur (beim ersten Mal aus der Schachtel, ab dem zweiten Symbol immer vom aktuellen Besitzer). Ist die Katze in deinem Besitz, darfst du dir zu Beginn deines Spielzuges die verdeckte Karte des Stapels aus der Tischmitte geheim ansehen, bevor du dich entscheidest, welche Karte du nimmst.
  • Grüne Karten liefern jeweils eine von drei Erfindungen. Hast du zwei gleiche Symbole oder drei verschiedene gesammelt, wirfst du die Karten ab und erhältst einen Fortschrittsmarker - entweder einen offen liegenden oder den obersten verdeckten vom Stapel. Die Fortschrittsmarker bringen dir einen dauerhaften Vorteil, den du ab sofort einmal in jedem deiner Spielzüge einsetzen darfst. Auch gibt es Marker, die dir am Spielende für bestimmte Dinge Punkte bringen.
  • Rote Karten liefern dir Schutzschilde. Karten mit einem Horn (oder auch zwei Hörnern) lassen Konflikte entstehen. Drehe entsprechend viele Friedensmarker auf die rote Rückseite. Wurden alle Marker umgedreht, wird der Konflikt ausgetragen, in dem nun jeder von euch die Anzahl seiner Schilde mit denen seines rechten und linken Nachbarn vergleicht. Besitzt dein Nachbar weniger Schilde als du selbst, erhältst du einen Konfliktmarker, der am Spielende Siegpunkte bringt. Somit kannst du pro Konflikt 0, 1 oder 2 Marker erhalten. Im Anschluss wird der Frieden wiederhergestellt. Gib die roten Karten mit Hörnern ab, die anderen roten Karten behältst du in deiner Auslage.


Gespielt wird, bis einer von euch alle fünf eigenen Bauabschnitte des gewählten Weltwunders fertiggestellt hat. Nun gibt es eine Schlusswertung, bei der jeder seine Punkte zählt:

  • Jeder errichtete Bauabschnitt bringt die aufgedruckten Punkte.
  • Jede blaue Karte bringt die aufgedruckten Punkte.
  • Jeder errungene Konfliktmarker bringt 3 Punkte.
  • Teilweise bringen die grünen Fortschrittsmarker nun Punkte für gesammelte Sachen, z.B. 2 Punkte pro grünem Marker oder 1 Punkt pro Konfliktmarker im eigenen Besitz etc.
  • Wer zum Zeitpunkt der Schlusswertung die Katze besitzt, erhält 2 Bonuspunkte.


Wer die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt.

Im Spiel zu zweit gibt es eine leichte Änderung bei der Konflikt-Wertung im Spiel. Die Anzahl der Marker im Verhältnis zum Gegenspieler bestimmt, ob du keinen, einen oder zwei Marker bei einem Konflikt erhältst.

GALERIE

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CHECKPOINT

PRO

  • tatsächliches Errichten der Weltwunder liefert nun auch optisch Erfolgserlebnisse
  • einfache Regeln holen Gelegenheitsspielerund Kinder mit ins Boot
  • kleine taktische Entscheidungen bzgl. des Timings gefordert


CONTRA

  • für 7 Wonders-Profis zu einfach und glückslastig
  • Kartenauswahl kann mitunter etwas unausgeglichen sein 
  • je mehr mitspielen, umso höher die Downtime

MEINUNG

7 Wonders ist wohl zweifelsfrei ein moderner Klassiker. Auch heute wird das Spiel noch gern als Referenz zum Erklären des Draft-Mechanismus‘ (eine Karte behalten, die anderen weitergeben) herangezogen. Dass genau dieser Mechanismus in 7 Wonders Architects nun dem Rotstift zum Opfer fiel, deutet schon etwas darauf hin, wo uns der Weg hinführt.

Doch von vorn. Öffnen wir die Schachtel, sticht erst einmal etwas ins Auge: die Ordnung. Jedes Weltwunder hat seine praktische Sortierbox, mit Kartendeck, und dafür ebenfalls noch einmal einen praktischen Kartenspender. Am Material lässt sich echt nichts aussetzen. So errichtet dann jeder zunächst ein Gerüst seines Monuments, das er im Spiel bauen möchte. Und je weiter der Baufortschritt, umso imposanter wird das Bauwerk. Ja, in der neuen Fassung haben wir tatsächlich das Gefühl, ein Weltwunder zu erschaffen, was beim Ursprungsspiel eher abstrakter Natur ist.

Die Anleitung ist bewusst simpel aufgebaut. Vielleicht hätte an manchen Stellen ein zusätzlicher Erklärungssatz auch nicht geschadet, aber letztlich ist alles schnell zu begreifen, und man merkt: Hier wurden die bekannten Elemente des Spiels auf ein Minimum heruntergebrochen. So finden wir, bis auf die komplexeren lilafarbenen Karten, wieder alle typischen Kartenarten im Spiel, jedoch stark vereinfacht, und das nicht nur von der reduzierteren Illustration. Es werden keine Unterschiede mehr zwischen verschiedenen Ressourcen gemacht, nur noch die Anzahl an unterschiedlichen oder identischen Symbolen zählt. So kann ich das Fundament meines Bauwerks auch mit Glas oder Papyrus legen, wenn gerade kein Stein in die Auslage kommt. Münzen sind nur noch Joker, Bezahlen muss ich hier nichts mehr. Somit verschwindet ein interessantestes taktisches Element des Ursprungsspiels. Da musste man nämlich immer zusehen, wie man an die benötigten Baustoffe gelangt und sie notfalls von den Nachbarn kaufen.

Die Nachbarn sind jetzt nur bei Konflikten von Bedeutung. Die militärische Stärke wird wie üblich vergleichen, nur jetzt in eigenem Tempo und ohne Minuspunkte. Die grünen Fortschrittssymbole dienen auch nur noch der Bezahlung der ausliegenden Marker. Diese wiederum, an 7 Wonders Duel angelehnt, liefern Extrapunkte und Vorteile, genau wie manche Bauabschnitte des eigenen Weltwunders. Dass die thematische Einordnung ebenfalls minimiert wurde, sieht man daran, dass blaue Karten z.B. einfach „blaue Karten“ sind, die Siegpunkte bringen. Eine atmosphärische Einordnung gibt es nicht.

Die Hauptneuerung liegt dann aber in der Kartenauswahl. Niemand hat mehr 7 Karten auf der Hand, von denen er eine wählt und die anderen weiterreicht ... Jetzt heißt es einfach „Take that". Linke oder rechte Karte. Oder die verdeckte aus der Mitte. Das beschleunigt den Ablauf der Auswahl, birgt aber auch eine höhere Glücksabhängigkeit in sich. Zudem kann es passieren, dass meine Nachbarn (meistens unbewusst) bei der Kartenauswahl ausgerechnet beide Stapel bevorzugen, die zu mir zeigen. Schon ist meine Auswahl noch geringer. Zu zweit ist das Spiel tatsächlich am besten planbar, da alle Entscheidungen beide Spieler betreffen. Mit mehr Spielern kann es da zu kleinen Ungleichgewichten kommen. Dadurch, dass jetzt nicht mehr alle gleichzeitig spielen, sondern reihum, kommt es gerade in Vollbesetzung auch zu etwas mehr Wartezeiten, wenngleich die Spielzüge insgesamt schon flott von der Hand gehen.

Klingt jetzt so, als ob man 7 Wonders ein wenig die Seele geraubt hätte? Nein, das möchte ich nicht bestätigen. Aber ich möchte warnen: Wer 7 Wonders auch heute noch gern spielt und sich vielleicht sogar mit den Erweiterungen eingedeckt hat, der ist bei 7 Wonders Architects eher fehl am Platz. Das Spiel ist keine Weiterentwicklung, keine Steigerung von dem, was wir kennen. Im Gegenteil. 7 Wonders Architects, und das sehen wir auch schon an der niedrigeren Altersangabe, ist ganz klar das neue Einstiegsspiel in der Welt von 7 Wonders. Es bringt einem verschiedene Konzepte näher, ohne die Spieltiefe des Ursprungsspiels zu erreichen bzw. überhaupt erreichen zu wollen. Ganz klar hat man sich hier auf eine neue Zielgruppe eingeschossen. Familien mit Kindern, Wenig- und Gelegenheitsspieler finden mit den Architekten nun wesentlich schneller Zugang zum Spiel, da viel Rechnerei entfällt.

7 Wonders Architects ist also im Vergleich eine „Light"-Version, aber sie ist trotzdem kurzweilig und auch nicht banal. Da gibt es schon auch kleine taktische Entscheidungen zu treffen, vor allem, was das Timing angeht, denn wenn ich einen Bonus auslöse, sollte der mir in diesem Moment auch was bringen. Zudem kommt jetzt der Wettrennen-Charakter ins Spiel, da es keine festgelegte Rundenzahl gibt, sondern einfach derjenige das Spiel beendet, der als erster sein Weltwunder errichtet hat. Ob dass dann der Gewinner ist, ist dann noch einmal eine andere Frage. Die Schlusswertung geht, wie der Rest, jedenfalls ebenso ratzfatz.

Die größte Bürde erfährt 7 Wonders Architects in meinen Augen in dem nicht zu vermeidenden Vergleich. Wenn ein so etabliertes Spiel schon viele Fans gefunden hat, dann möchten diese keine Rückschritte gehen. Andere Autoren oder Verlagen hätten die neue Version vielleicht die „Junior"-Version genannt, um keine falschen Erwartungen zu wecken, wobei das Spiel natürlich kein Kinderspiel ist. 7 Wonders Architects empfiehlt sich ganz klar als Familienspiel mit einer schönen Tischpräsenz für all diejenigen, die 7 Wonders noch nicht kennen oder denen das Ursprungsspiel zu kompliziert war. Echte 7 Wonders-Meister hingegen werden 7 Wonders Architects wohl nur als Absacker spielen. 

Wenn man also die Zielgruppe berücksichtigt, erfüllt das Spiel ganz klar seinen Zweck. Dafür gibt es von mir - wie passend - dann auch insgesamt gute 7 Punkte! Kenner- oder Expertenspieler hingegen gehören dagegen weniger zu der anvisierten Zielgruppe.

VIDEO

Unser Video zum Spiel findet ihr auf YouTube:  https://youtu.be/4tKcOmoYtsc

KULTFAKTOR: 7/10

Spielidee: 7/10
Ausstattung: 9/10
Spielablauf: 7/10

EUER REZENSENT

INGO

Vielspieler, Skifahrer, Italien-Fan, Medienheini

Eine Rezension vom 17.01.2022

Dieser Spieletest wurde unterstützt durch ein Rezensionsexemplar.

Bildnachweis:
Coverfoto: Repos Production / Asmodee
Weitere Fotos: Spielkultisten